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Strafgesetzbuch (StGB)
§ 52b. Gerichtliche Aufsicht bei staatsfeindlichen und terroristischen Strafsachen sowie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen
(1) Wird ein Rechtsbrecher, der
- wegen einer strafbaren Handlung nach dem Verbotsgesetz oder wegen staatsfeindlicher Verbindung (§ 246), staatsfeindlicher Bewegung (247a) oder religiös motivierter extremistischer Verbindung (§ 247b),
- wegen terroristischer Vereinigung (§ 278b), terroristischer Straftaten (§ 278c), Terrorismusfinanzierung (§ 278d), Ausbildung für terroristische Zwecke (§ 278e), Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f), Reisen für terroristische Zwecke (§ 278g) oder Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a) („terroristische Strafsachen“) oder
- wegen einer strafbaren Handlung nach dem fünfundzwanzigsten Abschnitt
zu einer Freiheitsstrafe verurteilt oder gegen den wegen einer solchen Handlung eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme angeordnet worden ist, bedingt entlassen, so hat das Gericht für die Dauer der Probezeit gerichtliche Aufsicht anzuordnen, soweit die Überwachung des Verhaltens des Rechtsbrechers, insbesondere hinsichtlich der Befolgung einer Weisung gemäß § 51 Abs. 2 erster Satz oder Abs. 3 oder einer Weisung, bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, notwendig oder zweckmäßig ist, ihn von weiteren solchen mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten.
(2) § 52a Abs. 2 und 3 sind sinngemäß anzuwenden.
(3) Vor Ablauf der ersten Hälfte der gerichtlichen Aufsicht hat das Gericht eine Fallkonferenz einzuberufen, um das Verhalten des Rechtsbrechers während gerichtlicher Aufsicht zu beurteilen und jene Maßnahmen festzulegen, die dazu dienen, die Einhaltung von Weisungen sicherzustellen sowie den Verurteilten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 Bundesgesetz über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes (Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz – SNG), BGBl. I Nr. 5/2016, die Koordinationsstelle für Extremismusprävention und Deradikalisierung im Straf- und Maßnahmenvollzug sowie die Bewährungshilfe und gegebenenfalls sonstige Einrichtungen, die in die gerichtliche Aufsicht eingebunden sind, sind daran zu beteiligen. Eine solche Konferenz kann auch zu einem früheren Zeitpunkt oder wiederholt von Amts wegen oder auf Anregung der zur Mitwirkung berechtigten Stellen angeordnet werden und ist jedenfalls drei Monate vor Ablauf der gerichtlichen Aufsicht durchzuführen. Die Teilnehmer einer Fallkonferenz sind ermächtigt, einander personenbezogene Daten zu übermitteln, soweit dies für die Zwecke der Fallkonferenz erforderlich ist. Die Teilnehmer sind – sofern sie nicht ohnehin der Amtsverschwiegenheit unterliegen – zur vertraulichen Behandlung der Daten verpflichtet; darüber sind sie zu informieren.
(BGBl. I Nr. 223/2022)
(4) Dem Rechtsbrecher, der aufgrund einer strafbaren Handlung nach Abs. 1 zu einer mindestens achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, kann ferner die Weisung erteilt werden, während gerichtlicher Aufsicht die für eine elektronische Überwachung der Befolgung von Weisungen, die Gebote oder Verbote zum örtlichen Aufenthalt beinhalten, angemessenen, technisch geeigneten Mittel – mit Ausnahme der Dauer des Aufenthaltes in der eigenen Wohnung – ständig am Körper in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, soweit die elektronische Überwachung unbedingt notwendig ist, um durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach Abs. 6 ein weisungsgemäßes Verhalten sicherzustellen und der Rechtsbrecher seine Zustimmung erteilt hat. Das Gericht hat dabei insbesondere die Tatumstände sowie das Umfeld des Rechtsbrechers, die bereits gesetzten Deradikalisierungmaßnahmen sowie sein Verhalten während der Haft oder Maßnahme zu berücksichtigen. Mit der Durchführung der Überwachung hat das Gericht die Überwachungszentrale für den elektronisch überwachten Hausarrest zu beauftragen.
(5) Das Gericht hat die unbedingte Notwendigkeit der elektronischen Überwachung unbeschadet des Abs. 3 zumindest jährlich zu überprüfen. Dabei hat das Gericht die nach Abs. 2 in Verbindung mit § 52a Abs. 2 gewonnen Informationen zu berücksichtigen. Wurde dem Rechtsbrecher eine Weisung zu Deradikalisierungsmaßnahmen erteilt, so ist auch die damit befasste Person oder Stelle im Überprüfungsverfahren beizuziehen. Bei Wegfall der unbedingten Notwendigkeit ist die elektronische Überwachung unverzüglich zu beenden.
(6) Bei einer Weisung nach Abs. 4 werden mit Hilfe der vom Betroffenen mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über dessen Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung erhoben und gespeichert. Unbeschadet des § 76 Abs. 2 StPO dürfen die Daten nur verwendet werden, soweit dies für die folgenden Zwecke erforderlich ist:
- zur Feststellung eines Verstoßes gegen ein in einer Weisung nach § 51 Abs. 2 oder 3 enthaltenes Gebot oder Verbot zum örtlichen Aufenthalt oder
- zur Ergreifung von Maßnahmen, die sich an einen Verstoß gegen eine Weisung anschließen können.
(7) Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Abs. 6 zweiter Satz hat die Verarbeitung der Daten zur Feststellung von Verstößen nach Abs. 6 Z 1 automatisiert zu erfolgen und sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern. Diese Daten sind spätestens zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Abs. 6 Z 1 und 2 genannten Zwecke verwendet werden. Bei jedem Abruf der Daten sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und der Bearbeiter zu protokollieren. Die überwachte Person ist über jeden Zugriff auf ihre Daten zu informieren. Die Protokolldaten dürfen nur für die Kontrolle der Zulässigkeit der Abrufe verwendet werden und sind nach zwölf Monaten zu löschen.
(8) Die Kosten der elektronischen Überwachung trägt der Bund.
(9) Die Bundesministerin für Justiz ist ermächtigt, durch Verordnung Richtlinien über die Art und die Durchführung der elektronischen Überwachung zu erlassen.