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Dokument-ID: 009678

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 255/08f; OGH; 26. März 2009

GZ: 6 Ob 255/08f | Gericht: OGH vom 26.03.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Kalivoda sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen Dr. Franz J***** Privatstiftung mit dem Sitz in Wien, wegen Abberufung von Mitgliedern des Vorstands der Privatstiftung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners Dr. Franz J. S*****, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer Rechtsanwalt KG in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. August 2008, GZ 28 R 8/08i-31, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Das am 13.03.2009 eingebrachte Ersuchen des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

1. Auch im außerstreitigen Verfahren gilt der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels; Nachträge sind prinzipiell unzulässig (RIS-Justiz RS0007007 [T10, T12]). Daher war das vom Rechtsmittelwerber (lange nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) eingebrachte „Ersuchen“, mit dem weitere Rechtsfragen dargetan wurden, zurückzuweisen.

2. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor. Das Rekursgericht hat weder Feststellungen getroffen noch eine Beweiswürdigung „frei von einem Ermittlungsverfahren“ vorgenommen. Wenn es die vom Rechtmittelwerber dargelegte Rechtfertigung seiner Unterlassung „für nicht überzeugend“ befand, so erhellt aus dem Zusammenhang mit den anschließenden Ausführungen, dass es den (behaupteten) Wunsch des Stifters nicht zur Verneinung einer groben Pflichtverletzung des Antragsgegners genügend ansah.

3. Gemäß § 27 Abs 2 iVm § 40 PSG hat der für den Sitz der Privatstiftung zuständige, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufene Gerichtshof erster Instanz im Verfahren außer Streitsachen Mitglieder von Stiftungsorganen auf Antrag oder von Amts wegen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuberufen. Als Beispiel wichtiger Gründe nennt das Gesetz unter anderem die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben. Ob ein wichtiger Grund vorliegt ist letztlich unter dem Gesichtspunkt zu sehen, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in Zukunft gewährleistet ist. Mit Rücksicht auf die bei der Privatstiftung fehlenden Kontrollmechanismen ist der Beurteilung kein strenger Maßstab zugrundezulegen (6 Ob 278/00a SZ 73/196). Die Frage, ob ein „wichtiger Grund“ für die Abberufung eines Mitglieds eines Stiftungsorgans (im Anlassfall: des Stiftungsvorstands) gegeben ist, insbesondere ob eine Pflichtverletzung vorliegt bzw ob diese grob ist, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass sie regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 63 Abs 1 AußStrG bildet. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass der Rechtsmittelwerber – Vorsitzender des Stiftungsvorstands – nach den Umständen des Falls dadurch, dass er die von ihm im Namen des Stifters vorgenommene Änderung der Stiftungszusatzurkunde betreffend die nach dem Ableben des Stifters Begünstigten erst nach dem Tod des Stifters – Monate nach dem Tag der Änderung – den übrigen Mitgliedern des Stiftungsvorstands bekanntgab, seine Pflicht zur Offenheit und zum Informationsaustausch den anderen Mitgliedern des Stiftungsvorstands gegenüber grob verletzte, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Gemäß § 33 Abs 3 PSG hat der Stiftungsvorstand die Tatsache der Änderung der Stiftungszusatzurkunde zur Eintragung in das Firmenbuch einzutragen. Auf die strittige Frage, ob die Eintragung dieser Tatsache im Firmenbuch bloß deklarativ (so 7 Ob 53/02y) oder konstitutiv (N. Arnold, PSG² § 33 Rz 72 mwN) wirkt, muss im Zusammenhang mit dem Anlassfall nicht eingegangen werden. Durch das monatelange Zurückhalten der Bekanntgabe der Änderung der Stiftungszusatzurkunde hat er eine Kontrolle des aktuellen Stands der Stiftungszusatzurkunde durch die anderen Mitglieder des Stiftungsvorstands verhindert.

Ob auch die weitere vom Rekursgericht angenommene Pflichtwidrigkeit des Rechtsmittelwerbers vorliegt, ist für die Entscheidung nicht wesentlich.

3. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass für die Abberufung eines anderen Mitglieds des Stiftungsvorstands der hiefür vom Rechtsmittelwerber geltend gemachte Grund kein „wichtiger Grund“ im Sinn des § 27 Abs 2 PSG ist, liegt im Bewertungsspielraum des Rekursgerichts.

4. Auf die mit dem außerordentlichen Revisionsrekurs vorgelegten Urkunden ist ebensowenig wie auf neue Tatsachenbehauptungen im Rechtsmittel einzugehen, verstößt doch diese Vorgangsweise gegen das Neuerungsverbot im Revisionsrekursverfahren (§ 66 Abs 2 AußStrG).

Leitsätze

  • Abberufung eines Mitglieds des Stiftungsvorstandes

    Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist immer unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Privatstiftung zu sehen, letztlich vor allem unter dem Gesichtspunkt, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in der Zukunft gewährleistet ist.
    Judikatur | Leitsatz | 6 Ob 255/08f | OGH vom 26.03.2009 | Dokument-ID: 260521