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Dokument-ID: 933199

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 37/17k; OGH; 19. April 2017

GZ: 6 Ob 37/17k | Gericht: OGH vom 19.04.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Steyr zu FN ***** eingetragenen R***** Privatstiftung mit dem Sitz in *****, wegen Eintragung von Änderungen der Stiftungsurkunde über den Revisionsrekurs der Privatstiftung sowie der Vorstandsmitglieder Univ.-Prof. Dr. R***** S*****, Dr. U***** S*****, sowie Dr. W***** M*****, alle vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. Jänner 2017, GZ 6 R 210/16v-8, womit der Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 3. November 2016, GZ 21 Fr 2694/16a-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die mit Antrag vom 13. September 2016 angemeldete Änderung der Stiftungsurkunde in Punkt VI. im Firmenbuch einzutragen ist.

Das Erstgericht hat die erforderlichen Veranlassungen vorzunehmen.

Begründung

Zuletzt war mit Notariatsakt vom 29.03.2016 die Stiftungsurkunde neu gefasst worden. Gemäß Punkt II. sind R***** H*****, geboren *****, und die H***** U***** Privatstiftung Stifter. Gemäß VI. sind Stiftungsorgane 1. der Stiftungsvorstand, 2. der Stiftungsprüfer, 3. der Familienbeirat und 4. der Aufsichtsrat (nur in den vom Gesetz zwingend vorgesehenen Fällen). Nach IV. erfolgt die Regelung über Zuwendungen an Begünstigte in der Stiftungszusatzurkunde.

Insbesondere kann gemäß VI. jedes Mitglied des Stiftungsvorstands bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Stifter R***** H***** abberufen werden. Nach dem Ableben von R***** H***** steht dieses Recht dem Familienbeirat zu.

Solange der Stifter R***** H***** lebt, bestellt dieser, wenn ein Mitglied des Stiftungsvorstands aus dem Stiftungsvorstand ausscheidet, das neue Mitglied des Stiftungsvorstands. Nach dem Ableben des Stifters R***** H***** geht das Bestellungsrecht auf den Familienbeirat über.

Gemäß VII. besteht der Familienbeirat zunächst aus dem Stifter R***** H***** oder einer von ihm namhaft gemachten Person. Nach dem Ableben des Stifters steht gemäß VII.3. der Ehegattin des Stifters und jedem Stamm nach R***** H***** im Sinne des Parentelsystems (§§ 731 ff ABGB) das Recht zu, ein Mitglied des Stiftungsbeirats namhaft zu machen. […].

Gemäß VI.1. durften nähere beschriebene Rechtshandlungen, die in ihrer Gesamtheit weitgehend den Aufgaben des Aufsichtsrats nach § 25 Abs 1 PSG iVm § 95 Abs 5 Z 1 bis 6 AktG gleichkommen, nur nach Anhörung des Familienbeirats durchgeführt werden.

Allein diese Bestimmung wurde mit Notariatsakt vom 13.09.2016 geändert und beantragte die Privatstiftung die Eintragung dieser Änderung der Stiftungsurkunde. Der in Punkt VI.1. geänderte Text lautet wie folgt:

„Nachfolgende Rechtshandlungen dürfen vom Stiftungsvorstand erst nach Anhörung des Familienbeirats durchgeführt werden, wobei auf Verlangen des Familienbeirats diesem eine sechswöchige Überlegungsfrist einzuräumen ist. Sofern sich der Beirat zumindest zur Hälfte aus externen Beiratsmitgliedern (Personen im Sinn des § 23 Abs 2 Satz 3 PSG gelten nicht als externe Beiratsmitglieder) zusammensetzt oder das Gesetz oder die Rechtsprechung eine Bindung des Stiftungsvorstands auch an einen mehrheitlich von Begünstigten besetzten Familienbeirat zulässt, bedürfen folgende Maßnahmen der Zustimmung des Familienbeirats:

a) Gründung, Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und Beteiligungen sowie Erwerb, Veräußerung und Belastungen von Liegenschaften;

b) Gewährung oder Aufnahme von Krediten oder Darlehen, wenn der Betrag von EUR 500.000,– überschritten wird (Betrag wertgesichert nach VPI 2010; Ausgangsbasis für die Berechnung ist die für März 2016 verlautbare Indexzahl im Verhältnis zur Indexzahl bei Vornahme der durchzuführenden Rechtshandlungen), wobei wirtschaftlich zusammengehörende Kredite oder Darlehen zusammenzurechnen sind;

c) Übernahme, Pachtung oder Verpachtung, Stilllegung oder Liquidation von Unternehmen, Betrieben oder Teilbetrieben;

d) Übernahme von Haftungen und Belastungen des Stiftungsvermögens, wenn der Betrag von EUR 500.000,– überschritten wird (wertgesichert gem lit b).

Bei nachfolgenden Rechtshandlungen besteht generell nur ein Anhörungsrecht des Familienbeirats (auch dann, wenn sich der Familienbeirat zumindest zur Hälfte aus externen Beiratsmitgliedern zusammensetzt):

e) Erteilung von Steuerberatung/Vertretungsmandanten, von Buchhaltungsmandanten, Rechtsberatung/Vertretungsmandanten an einzelne Mitglieder des Stiftungsvorstands, wobei erforderlichenfalls auch die Zustimmung des Gerichts einzuholen ist.

f) Zur Ausübung der Gesellschafterrechte in Beteiligungsgesellschaften einschließlich der Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Geschäftsführern der Beteiligungsgesellschaft in allen Angelegenheiten gem lit a bis lit e (ausgenommen bei Gefahr in Verzug wie etwa das Fehlen eines handlungsfähigen Vorstands oder Geschäftsführers).“

Das Erstgericht äußerte Bedenken gegen die Zulässigkeit der beantragten Änderung, die es in der Aufsichtsratsähnlichkeit und Vorstandsähnlichkeit des Beirats erblickte. Die Unabhängigkeit des Vorstands müsse bestehen bleiben und dürften die Unvereinbarkeitsbestimmungen nicht umgangen werden. Im Hinblick auf das Zustimmungsrecht des Beirats sei von einer unzulässigen Degradierung des Vorstands zu einem bloßen Vollzugsorgan auszugehen. Die Bezugnahme auf eine „geänderte Rechtsprechung“ sei zu unbestimmt und schon deswegen nicht eintragungsfähig.

Hierauf entgegneten die Privatstiftung und sämtliche Vorstandsmitglieder, angesichts der immer wieder geäußerten Kritik an der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs betreffend die Unzulässigkeit eines mehrheitlich vom Begünstigten besetzten Familienbeirats sei nicht auszuschließen, dass sich diese Rechtsprechung ändere und der Oberste Gerichtshof auch ohne Gesetzesänderung eine solche Bindung des Stiftungsvorstands zulassen werde. Andernfalls würde dem Stifter eine Anpassung seiner Stiftungsurkunde an eine geänderte Rechtsprechung nach seinem Ableben genommen werden. Sämtliche der Geschäfte, die einer Zustimmung des „fremdbesetzten“ Familienbeirats bedürften, seien außergewöhnliche Geschäfte. Dass ein Beirat nicht aufsichtsratsähnlich sein dürfe, gehe aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht hervor. Es sei lediglich wichtig, dass der Vorstand nicht zu einem bloßen Vollzugsorgan degradiert werden dürfe. Dies sei hier nicht der Fall.

Daraufhin wies das Erstgericht den Antrag auf Eintragung der Änderungen ab. In seiner Begründung betonte es nochmals den Willen des Gesetzgebers, die Unabhängigkeit des Vorstands zu stärken und zulässige Einflussnahmen auf diesen einzuschränken. Durch die Novellierung des Privatstiftungsgesetzes durch das BudgetbegleitG 2011 habe sich an diesen Grundsätzen nichts geändert. Hier sei der Familienbeirat nicht nur für die Abberufung des Vorstands und für die Bestimmung von dessen Vergütung zuständig, sondern werde nach dem Ableben des Stifters auch für dessen Bestellung zuständig. Unter Berücksichtigung der neu hinzugekommenen zustimmungspflichtigen Geschäfte blieben dem Vorstand im Falle der beantragten Änderung nicht jene Mindestkompetenzen, die notwendig seien, um seine Unabhängigkeit in ausreichendem Maße zu gewähren. Vielmehr würde die Bewilligung der Änderung der Stiftungsurkunde zugunsten des Familienbeirats zu einer unzulässigen Degradierung des Vorstands zu einem bloßen Vollzugsorgan führen. Weiters könne aus Punkt VI.1. lit f) geschlossen werden, dass bei Gefahr im Verzug jenes Anhörungsrecht zu einem Zustimmungsrecht wechsle. In Bezug auf die „geänderte Rechtsprechung“ als Bedingung bzw Erweiterung der Zustimmungsmöglichkeit sei diese Fassung zu unbestimmt und daher auch nicht eintragungsfähig.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Schon nach der derzeit gültigen Stiftungsurkunde komme dem Beirat hinsichtlich der Bestellung und Abberufung des Vorstands und damit auf die Gestion der Privatstiftung ein maßgeblicher Einfluss zu. Während zu Lebzeiten des Stifters R***** H***** dieser das neue Stiftungsvorstandsmitglied bestelle, gehe danach dieses Bestellungsrecht auf den Familienbeirat über. Darüber hinaus könne jedes Mitglied des Stiftungsvorstands bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Stifter R***** H*****, nach seinem Ableben vom Familienbeirat abberufen werden. Im Familienbeirat seien dann nach Punkt VII.3. möglicherweise die Ehegattin des Stifters und Nachkommen des Stifters R***** H***** persönlich vertreten. Damit sei in der Stiftungsurkunde aber schon bisher nicht dafür vorgesorgt, dass bei Entscheidungen über eine Abberufung aus anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG angeführten Gründen Begünstigten, Angehörigen von Begünstigten oder von Begünstigten oder Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragten Personen nicht mehr als die Hälfte der Stimmen zukomme. Dazu komme, dass die Abberufungsmöglichkeit des Vorstands durch den Beirat bei Vorliegen „wichtiger“ Gründe dem Beirat einen weiten Spielraum einräume. Die dadurch bereits geschwächte Stellung des Vorstands erfahre durch das durch die geänderte Stiftungsurkunde dem Familienbeirat zukommende Zustimmungsrecht hinsichtlich der dort näher umschriebenen Geschäfte eine weitere maßgebliche Einschränkung seiner Geschäftsführung. Das eröffne dem Familienbeirat im Zusammenhang mit dem weit gefassten Abberufungsrecht die Möglichkeit, den Stiftungsvorstand in seinen Entscheidungen zu lenken. Zwar sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts der Stiftungsurkunde eine Befugnis des Beirats zur Bestimmung der Vergütung des Vorstands nicht zu entnehmen, doch gingen die Einflussmöglichkeiten des Beirats über eine bloße Kontroll- und Beratungsfunktion hinaus. Durch die beabsichtigte Regelung sei der Beirat zwar nicht im Stande, jedes vom Vorstand beabsichtigte Rechtsgeschäft durch sein Zustimmungsrecht zu verhindern, in Zusammenschau mit dem ihm zukommenden Abberufungsrecht werde dennoch der vom Gesetzgeber beabsichtigten Unabhängigkeit des Vorstands nicht ausreichend Rechnung getragen.

Nicht korrekturbedürftig sei auch die Auffassung des Erstgerichts, wonach der Verweis auf eine „geänderte Rechtsprechung“ nicht ausreichend bestimmt sei. Wenngleich darunter von den Rekurswerbern eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verstanden werde, gehe dies aus der Textierung der entsprechenden Klausel in der Stiftungsurkunde nicht hervor.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend seien.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; er ist auch berechtigt.

1.1. Die Änderung der Stiftungsurkunde betrifft ausschließlich die Befugnisse des Beirats. Strittig ist im vorliegenden Fall nicht die „Aufsichtsratsähnlichkeit“ eines Beirats (6 Ob 42/09h), die zur Folge hat, dass die Unvereinbarkeitsbestimmung des § 23 Abs 2 Satz 2 PSG auch auf diesen anzuwenden ist. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass hier ein Aufsichtsrat mit den gesetzlich vorgesehenen Aufgaben (§ 25 PSG) errichtet werden muss (§ 22 PSG). Vielmehr geht es darum, welche Kompetenzen einem Beirat zugewiesen werden können, ohne dass der Vorstand dadurch zu einem bloßen „Vollzugsorgan“ degradiert würde (6 Ob 60/01v; 6 Ob 139/13d; Csoklich, Folgen der OGH-Entscheidung zum Begünstigteneinfluss beim aufsichtsratsgleichen Beirat, PSR 2010, 4 [7]).

1.2. In der geänderten Fassung der Stiftungsurkunde ist ein Zustimmungsrecht nur vorgesehen, wenn sich der Beirat zumindest zur Hälfte aus externen Beiratsmitgliedern zusammensetzt oder das Gesetz oder die Rechtsprechung eine Bindung des Stiftungsvorstands auch an einen mehrheitlich vom Begünstigten besetzten Familienbeirat zulässt.

2.1. Dass einem Beirat Zustimmungsvorbehalte eingeräumt werden können, ist aus den Gesetzesmaterialen zum BBG 2011 eindeutig abzuleiten (981 BlgNR 24. GP 68).

2.2. Die in der Änderung der Stiftungsurkunde vorgesehenen Zustimmungspflichten entsprechen im Wesentlichen dem Katalog des § 95 AktG. Lediglich die Zustimmungspflicht für die Gründung von Unternehmen geht über den Kreis der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürftigen Geschäfte des § 95 AktG hinaus. Dazu ist allerdings darauf zu verweisen, dass eine Privatstiftung selbst nicht gewerblich tätig sein darf, sodass schon deshalb bei einer Privatstiftung die Gründung eines Unternehmens ein außergewöhnliches Geschäft darstellt. Einen derartigen Schritt an die Zustimmung eines Beirats zu binden, ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für den Zustimmungstatbestand des Erwerbs, der Veräußerung und der Belastung von Liegenschaften. Die in § 95 Abs 1 Z 2 AktG enthaltene Einschränkung, dass hier eine Genehmigung des Aufsichtsrats nur dann erforderlich ist, wenn diese Maßnahmen nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, fehlt im vorliegenden Fall. Dies erklärt sich jedoch schon daraus, dass bei einer Privatstiftung derartige Maßnahmen in aller Regel eben nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören. Der Sache nach liegt daher in der Änderung der Stiftungsurkunde keine über den Katalog des § 95 AktG hinausgehende Einschränkung des Stiftungsvorstands.

2.3. Durch die an § 95 AktG orientierten Regelungen, wobei teilweise auch eine Wertgrenze von EUR 500.000,– vorgesehen ist, unterscheidet sich die Ausgestaltung der Stiftungsurkunde im vorliegenden Fall deutlich von dem der Entscheidung 6 Ob 95/15m zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem jedes Rechtsgeschäft, das für die Stiftung „von Bedeutung“ ist, die Zustimmung des Beirats erfordert hätte.

3. Die Abberufungskompetenz des Familienbeirats hat durch die Änderung der Stiftungsurkunde keine Änderung erfahren und ist daher im vorliegenden Firmenbuchverfahren nicht neuerlich zu prüfen (vgl 6 Ob 35/16i), zumal auch die nunmehr vorgesehenen Änderungen die Rückwirkung auf die Auslegung dieser Bestimmung entfalten. Dazu ist zudem darauf zu verweisen, dass nach § 14 PSG in der Fassung BBG 2011 eine Abberufung aus anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG angeführten Gründen durch ein Stiftungsorgan nur dann möglich ist, wenn in diesem die Begünstigten oder deren Angehörige bzw Beauftragte nicht die Mehrheit der Stimmrechte haben (§ 14 Abs 4 PSG).

4.1. Nicht zu beanstanden sind auch die Anhörungsrechte in Punkt VI.1. e) und f) der geänderten Stiftungsurkunde, die keiner wesentlichen Änderung unterzogen wurden. Durch ein bloßes Anhörungsrecht wird die Unabhängigkeit des Vorstands nicht beeinträchtigt. Ein bloßes Anhörungsrecht hat auch nicht die Aufsichtsratsähnlichkeit des Beirats zur Folge.

4.2. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts kann Punkt VI.1. lit f der Stiftungsurkunde nicht dahin verstanden werden, dass bei Gefahr im Verzug das Anhörungsrecht sich in ein Zustimmungsrecht verwandle. Vielmehr trägt diese Regelung eindeutig der in derartigen Fällen bestehenden besonderen Dringlichkeit dadurch Rechnung, dass sie die Befugnisse des Beirats einschränkt und eben das Anhörungsrecht entfallen lässt. Ein Verständnis dahin, dass in besonders dringenden Fällen sogar eine Zustimmung des Beirats erforderlich sei, stünde weder mit dem Wortlaut noch mit dem evidenten Zweck der Regelung in Einklang.

4.3. In der Einräumung eines Anhörungsrechts für den Fall, dass ein Beratungs- oder Vertretungsmandat an einzelne Mitglieder des Stiftungsvorstands erteilt wird, liegt auch kein Verstoß gegen § 17 Abs 5 PSG bzw § 25 Abs 3 PSG. Sofern kein Aufsichtsrat eingerichtet ist, bedürfen derartige Rechtsgeschäfte der Zustimmung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts (§ 17 Abs 5 PSG; vgl 6 Ob 139/13d). Die Einräumung eines Anhörungsrechts eines anderen Organs oder einer anderen Stelle ist regelmäßig keine unzulässige Übertragung der Kompetenz an dieses Organ (vgl auch Zollner, Die eigennützige Privatstiftung aus dem Blickwinkel der Stiftungsbeteiligten 356 f).

5.1. Nicht zu beanstanden ist auch die Aufnahme einer Regelung in die Stiftungsurkunde, die ausdrücklich der Möglichkeit einer künftigen Änderung des Gesetzes oder der Rechtsprechung Rechnung trägt. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen ist dies zweifellos im Sinne einer Änderung der einschlägigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verstehen. Es kann dem Stifter nicht verwehrt werden, bei Gestaltungsentscheidungen, die Jahrzehnte lang wirken können, auch für den Fall einer Änderung des Gesetzes oder der Rechtsprechung Vorsorge zu treffen.

5.2. Dass künftigen Änderungen des Gesetzes oder der Rechtsprechung allenfalls auch durch ein Änderungsrecht des Stiftungsvorstands nach § 33 Abs 2 PSG Rechnung getragen werden könnte, steht dem nicht entgegen, zumal das Änderungsrecht des Stiftungsvorstands in Vergleich zur Änderung der Stiftungsurkunde durch den Stifter im Rahmen eines vorbehaltenen Änderungsrechts eingeschränkteren Voraussetzungen unterliegt (vgl dazu 6 Ob 198/13f).

6. Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs spruchgemäß Folge zu geben und die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde im Firmenbuch anzuordnen. Der Auftrag an das Erstgericht zur Setzung der erforderlichen Maßnahme gründet sich auf § 20 Abs 2 FBG.

Leitsätze

  • Zulässigkeit von Zustimmungsrechten des Familienbeirats zu Entscheidungen des Stiftungsvorstands

    Bloße Anhörungsrechte des Beirats einer Privatstiftung sind grundsätzlich nicht dazu geeignet, den Vorstand in seiner Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, Zustimmungsrechte sind solange nicht dazu geeignet, als sie die Kriterien des § 95 AktG erfüllen. Sie sind dementsprechend zulässig. Ein Zustimmungsrecht für den Erwerb von Liegenschaften benötigt bei Privatstiftungen keinen Zusatz iSd § 95 Abs 1 Z 2 AktG, dass dieses nur außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes gelte.
    WEKA (ffa) | Judikatur | Leitsatz | 6 Ob 37/17k | OGH vom 19.04.2017 | Dokument-ID: 933201