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Dokument-ID: 1193021

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 98/24s; OGH; 6. November 2024

GZ: 6 Ob 98/24s | Gericht: OGH vom 06.11.2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* GmbH, *, vertreten durch Mag. Alexander Singer als Kollisionskurator, dieser vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagten Parteien 1. A* GmbH, *, 2. Dr. R*, vertreten durch Gewessler Rechtsanwaltsges.m.b.H. in Wien, wegen 19.130 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Februar 2024, GZ 5 R 184/23z-51, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 15. September 2023, GZ 43 Cg 53/20x-45, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Revision wird in Ansehung der Klageforderung von EUR 4.963,– sA zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung insoweit selbst zu tragen.

II. Im Übrigen – in Ansehung der Klageforderung von EUR 14.167,– sA – wird der Revision Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die darauf entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

[1] Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Deren jeweils 50 % Gesellschafterinnen sind zwei weitere Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

[2] Eine dieser beiden Gesellschafterinnen ist die Erstbeklagte. Der Zweitbeklagte ist deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer. Überdies ist er gemeinsam mit einer anderen Person kollektiv vertretungsbefugter Geschäftsführer der Klägerin.

[3] Der zweite kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer der Klägerin ist seinerseits Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der anderen (ebenfalls 50 % haltenden) Gesellschafterin der Klägerin.

[4] Die Klägerin errichtete auf einer Liegenschaft durch Zu- und Umbau eine Wohnhausanlage mit 47 Wohn- und Büroeinheiten und 22 KFZ-Abstellplätzen.

[5] Im Juni 2013 hatten der Zweitbeklagte und der andere Geschäftsführer erstmalig über die Möglichkeit gesprochen, dass jeder von ihnen eine der Dachgeschosswohnungen Top 13/II, Top 40/I bzw Top 39/I kaufen könnte.

[6] In einer (schriftlichen) Optionsvereinbarung, (rück-)datiert mit 20.10.2012, wurde zwar den Geschäftsführern der Klägerin eine Option eingeräumt, jeweils eine Wohung kaufen zu können, und zwar dem Zweitbeklagten in Bezug auf entweder Top 13/II (zu einem Kaufpreis von EUR 800.000,–), Top 40/I (Kaufpreis EUR 950.000,–) oder Top 39/I (Kaufpreis EUR 850.000,–) samt zwei Stellplätzen, jedoch wurde diese Vereinbarung vom zweiten Geschäftsführer nicht gegengezeichnet.

[7] Der Zweitbeklagte teilte dem Makler mit, dass die drei Dachgeschosswohnungen aus dem Verkauf genommen würden, veranlasste ab Sommer 2013 einige bauliche und ausstattungstechnische Änderungen in der Wohnung Top 40/I (im Weiteren nur mehr: Top 40) und zog dort Ende November/Anfang Dezember 2013 ein.

[8] Er stellte dem Sohn seiner Lebensgefährtin die Wohnung Top 10/II (im Weiteren nur mehr: Top 10) zur Verfügung, welche von diesem spätestens ab Oktober 2013 bewohnt wurde.

[9] Im Herbst 2013 war die Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Geschäftsführern der Klägerin bereits von Unstimmigkeiten und Streit geprägt. Der zweite Geschäftsführer beschwerte sich Ende November 2013 darüber, dass er vom „im Gange“ befindlichen Umzug des Zweitbeklagten in Top 40 erfahren habe, und erachtete eine „dringende Klärung“ für notwendig. Der Zweitbeklagte stand dagegen auf dem Standpunkt, der zweite Geschäftsführer habe sich vereinbarungswidrig geweigert, die Formalitäten für den Kauf zu erfüllen, obwohl er gewusst habe, dass er (der Zweitbeklagte) umziehen habe müssen, während dieser wiederum meinte, der Zweitbeklagte wolle den Kauf erzwingen.

[10] Nach einigen Vorschlägen und Angeboten, die Streitigkeiten zwischen den beiden Geschäftsführern beizulegen, gelang letztlich eine Einigung über den Kauf der beiden Wohnungen samt Stellplätzen, und es kam am 21. 5. 2014 zur Unterfertigung der Kaufverträge.

[11] Über Antrag der zweiten Gesellschafterin vom 23.10.2018 wurde zur Vertretung der Klägerin für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der nun einschreitende Kollisionskurator bestellt. Die Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses trat mit der am 13.12.2019 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 71/19p ein, womit dem Revisionsrekurs der hier Erstbeklagten nicht Folge gegeben worden war.

[12] Die Klägerin verfolgt mit ihrer am 21.07.2020 eingebrachten Klage Zahlung für die unberechtigte Nutzung der beiden Wohnungen und Stellplätze. Sie stützt sich dafür auf einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, auf Geschäftsführerhaftung und auf Bereicherungsrecht.

[13] Der Zweitbeklagte und der zweite Geschäftsführer seien (bloß) gemeinsam vertretungsbefugte Geschäftsführer der Klägerin. Es habe zur Nutzung der Wohnungen kein Einverständnis des zweiten Geschäftsführers gegeben. Schuldner des Rückersatzanspruchs seien beide Beklagten. Aufgrund der wirtschaftlichen Identität zwischen Erstbeklagter und Zweitbeklagtem liege eine direkte Leistung (auch) an die Erstbeklagte und damit ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor.

[14] Die Beklagten bestritten und wendeten Gegenforderungen ein. Sie brachten vor, die Nutzung der Wohnungen samt Garagenplätzen sei rechtmäßig erfolgt. Der Zweitbeklagte sei im Zeitraum der Benutzung aufgrund mündlich abgeschlossener Kaufverträge bereits deren außerbücherlicher Eigentümer gewesen. Der Umstand, dass der Zweitbeklagte deren Gesellschafter und Geschäftsführer sei, sei keine ausreichende Basis für eine eventuelle Haftung der Erstbeklagten für eine behauptete Einlagenrückgewähr, zumal die Erstbeklagte aus dieser Transaktion weder direkt noch indirekt bereichert sei. Die Nutzung der Wohnungen durch den Zweitbeklagten und eine „Räumungsklage“ seien mit der Vereinbarung über die Unterzeichnung der Kaufverträge „erledigt“ worden. Es seien „Mietzinse bis einschließlich April 2014“ geltend gemacht worden, weswegen ausdrücklich der Verjährungseinwand erhoben werde. Dies betreffe die Verjährungsfrist von fünf Jahren für Einlagenrückgewähr und Geschäftsführerhaftung sowie die dreijährige Verjährungsfrist für die „Bereicherung aufgrund regelmäßiger Zahlungen“. Die Klage sei verspätet erhoben worden. Weiters wendeten die Beklagten Gegenforderungen ein.

[15] Die Klägerin setzte dem Einwand der Verjährung entgegen, es habe die erforderliche Bestellung eines Kurators die Verjährungsfrist gehemmt, wenn nicht unterbrochen.

[16] Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit EUR 19.130,– als zu Recht, die Gegenforderungen hingegen als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagten dementsprechend zur Leistung von EUR 19.130,– .

[17] Es ging – mangels Nachweises einer Einigung vor April 2014 – von einer verbotenen Einlagenrückgewähr in Form der unentgeltlichen Nutzung der Wohnungen aus und bejahte einen Rückzahlungsanspruch gem § 83 Abs 1 GmbHG gegenüber beiden Beklagten. In der entgeltlosen Nutzung der Wohnungen liege eine Leistung an die Erstbeklagte als Gesellschafterin der Klägerin, die dieser zuzurechnen sei, weil der Zweitbeklagte deren Alleineigentümer sei. Dieser hafte als unechter Dritter und wirtschaftlicher Eigentümer solidarisch mit der Erstbeklagten.

[18] Den Einwand der Verjährung erachtete das Erstgericht als nicht berechtigt, weil zwar der Zeitraum zwischen dem Kaufvertragsdatum vom 21.05.2014 und der Klagseinbringung am 21.07.2020 die Frist des § 83 Abs 5 GmbHG auch unter Berücksichtigung der Unterbrechungswirkung des Antrags auf Bestellung eines Prozess- oder Kollisionskurators überschreite. Es sei der Zweitbeklagte aber auch Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Wegen einer Interessenkollision sei eine gesetzmäßige Wahrung der Interessen des Vertretenen nicht zu erwarten gewesen. Zwischen Mai 2014 und 23.10.2018, als der Antrag auf Bestellung eines „Prozesskurators“ gestellt worden sei, sei es zur Verjährungshemmung iSd § 1494 ABGB gekommen.

[19] Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Es teilte zwar die Ansicht des Erstgerichts, dass weder ein mündlicher Kaufvertrag noch eine Optionsvereinbarung wirksam abgeschlossen worden sei, jedoch verneinte es eine Haftung der Erstbeklagten schon deshalb, weil Leistungsempfänger der Einlagenrückgewähr der Zweitbeklagte, nicht aber die Erstbeklagte gewesen sei.

[20] Darüber hinaus hielt es die Ansprüche für verjährt. Die für die erfolgte Gebrauchsüberlassung einer Liegenschaft geltend gemachten Kondiktionsansprüche nach § 877 ABGB analog würden der sinngemäß heranzuziehenden dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB unterfallen. Zwar liege keine Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Beklagten vor, sehr wohl aber eine bewusste – wenn auch mangels Zustimmung des zweiten Geschäftsführers nicht rechtswirksame – Zuwendung der Nutzungsmöglichkeiten. Sowohl die dreijährige als auch die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 83 Abs 5 GmbHG seien abgelaufen. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem zu 6 Ob 170/23b entschiedenen erheblich, sodass eine abweichende Beurteilung der Verjährungshemmung geboten sei. Es sei der zweite kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer von Anbeginn an gegen die Wohnungsnutzung aufgetreten. Der Rückersatzanspruch nach § 83 Abs 1 GmbHG sei grundsätzlich durch die Geschäftsführer geltend zu machen und setzte keinen Gesellschafterbeschluss voraus. Sollte der Geschäftsführer untätig bleiben, hätte die Minderheit die Möglichkeit, die Rückforderungsansprüche der Gesellschaft gemäß § 48 GmbHG geltend zu machen. Bei Klagserhebung gegen den Geschäftsführer sei ein Notgeschäftsführer zu bestellen. Eine solche Antragstellung sei hier durch die zweite Gesellschafterin erfolgt, wäre aber auch direkt durch den zweiten Geschäftsführer möglich gewesen. Eine Hemmung der Verjährung nach § 1494 ABGB analog sei daher in concreto nicht geboten und würde dazu führen, dass der zweite Geschäftsführer, der die Unbilligkeit einer Maßnahme gekannt und nicht gebilligt habe, dennoch beliebig lang mit der Setzung der erforderlichen Schritte zuwarten könnte, statt den ihn treffenden Pflichten nachzukommen und Interessen der Klägerin zu verfolgen. Auch die mit der Antragstellung auf Bestellung des Kollisionskurators verbundene Unterbrechungswirkung nach § 1497 ABGB greife nicht Platz, weil die Klage von diesem nicht binnen angemessener Frist nach seiner Bestellung eingebracht worden sei.

[21] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision wegen seines bewussten Abweichens von der zu 6 Ob 170/23b ergangenen Rechtsprechung zu.

Rechtliche Beurteilung

[22] Die Revision der Klägerin ist in Ansehung des Begehrens von EUR 4.963,– absolut unzulässig. Im Übrigen ist sie zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und im Sinn des in eventu gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

I. Zur Unzulässigkeit der Revision in Ansehung des Betrags von EUR 4.963,– wegen Nutzung der Wohnung Top 10 samt eines Garagenabstellplatzes für 7,66 Monate à EUR 650,– von Oktober 2013 bis 21.05.2014:

[23] I.1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand – und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts –, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RS0053096; RS0042753). § 55 Abs 1 JN ist als Ausnahme vom Grundsatz der Nichtzusammenrechnung anzusehen. Daher scheidet eine Zusammenrechnung im Zweifel aus (RS0122950). Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RS0042741; RS0106759). Fehlt es an einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang, so muss als Entscheidungsgegenstand jeder dieser Ansprüche einzeln betrachtet werden.

[24] Diese Regelung ist gemäß Abs 4 leg cit auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend (vgl auch RS0053096).

[25] Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über den anderen Anspruch ohne ergänzendes Sachvorbringen entscheiden zu können (RS0042766; RS0037648 [T4]). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt etwa dann vor, wenn die Ansprüche aus derselben Rechtsnorm oder demselben Vertrag abgeleitet werden, zB aus einem einheitlichen Liefervertrag (RS0037648). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RS0037648 [T11, T18, T20]; RS0037899).

[26] Keine Zusammenrechnung findet nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei Ansprüchen aus lediglich gleichartigen Verträgen statt (RS0037648 [T15]; RS0037926 [T26]). Ebenso wenig kommt es zu einer Zusammenrechnung bei Begehren auf Nichtigerklärung verschiedener Gesellschafterbeschlüsse iSd § 41 GmbHG aus verschiedenen Gründen, die nicht in gleicher Weise alle angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse betreffen (6 Ob 221/16t; RS0042928).

[27] I.1.2. Die Begehren auf Zahlung in Höhe von EUR 4.963,– für Top 10 samt Garagenplatz und von EUR 14.167,– für Top 40 samt Garagenplatz beruhen darauf, dass der Zweitbeklagte Top 40 ab Dezember 2013 nutzte, während er dem Sohn seiner Lebensgefährtin Top 10 schon ab Oktober 2013 zur Verfügung gestellt hatte. Es geht damit um zwei verschiedene Objekte, die zu verschiedenen Zeitpunkten bezogen bzw zur Verfügung gestellt wurden. Ein Vorbringen dazu, warum die beiden Ansprüche zusammenzurechnen sein sollten, wurde nicht erstattet. Die Klägerin behauptet vielmehr in der Revision selbst, der für sie als Vertreter bestellte Kollisionskurator sei zur Führung von drei Gerichtsverfahren bestellt worden, und führt in der dazu erstellten Auflistung der drei Verfahren die hier verfolgten Ansprüche als zwei separate „Klagsführungen“ an. Ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang liegt zwischen den geltend gemachten Ansprüchen für die jeweilige Wohnung samt Stellplatz nicht vor, und es sind die beiden Begehren nach dem Grundsatz der Nichtzusammenrechnung einzeln zu betrachten.

[28] I.1.3. Die Revision ist damit in Ansehung des Begehrens von EUR 4.963,– gem § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insoweit EUR 5.000,– nicht übersteigt.

[29] I.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben auf den maßgeblichen Rechtsmittelausschluss nicht hingewiesen und müssen deshalb die Kosten ihrer insoweit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienenden Revisionsbeantwortung selbst tragen (vgl RS0035979; 2 Ob 221/23y; 6 Ob 119/22a; 10 Ob 16/24m).II. Zur Revision in Ansehung des Betrags von EUR 14.167,– wegen Nutzung der Wohnung Top 40 samt eines Garagenabstellplatzes von Dezember 2013 bis 21. 5. 2014:

II.1. Solidarhaftung der Erstbeklagten

[30] II.1.1. Vorweg sei anlässlich der Auseinandersetzung mit der Frage des Bestehens einer Solidarhaftung der unmittelbaren Gesellschafterin wegen einer Zuwendung an den mittelbaren Gesellschafter klargestellt, dass verbotene Einlagenrückgewähr auch dann stattfinden kann, wenn die Zuwendung des Vermögensguts der Gesellschaft an einen (unmittelbaren oder mittelbaren) Gesellschafter (oder einen unechten Dritten) – wie hier – auf dem Handeln eines kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführers beruht.

[31] Wirksam vertreten ist eine Gesellschaft im Rahmen der verbotenen Einlagenrückgewähr nämlich tatsächlich nie. Die durch einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr ex tunc bewirkte (RS0038454) Nichtigkeit lässt einen solchen Vertrag oder ein solches Geschäft von Anfang an unwirksam sein (6 Ob 39/03h; 6 Ob 207/20i [Rz 31]). Wenn zu 6 Ob 202/19p ausgesprochen wurde, dass das Verbot der Einlagenrückgewähr die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer – weil sie das Unternehmen im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu führen haben (RS0059774) – beschränkt und den Geschäftsführern für den Bereich der Einlagenrückgewähr bei Geschäften mit Gesellschaftern die Vertretungsmacht insoweit insgesamt fehlt (ErwGr 5.5. f), wurde damit bereits deutlich gemacht, dass es den Geschäftsführern für Geschäfte, in denen eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt, immer an der Vertretungsmacht mangelt. In Wahrheit fehlt also (bei richtiger Betrachtung) jedem – auch dem einzelvertretungsbefugten – Geschäftsführer bei Abschluss des gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßenden konkreten Geschäfts und der dies bewirkenden Handlung (immer) die Geschäftsführungsbefugnis. Rechtswirksame Vertretung ist also nicht Voraussetzung für den Anspruch auf Rückgewähr (was auch im Fall des erkennbaren Missbrauchs der Vertretungsmacht gilt [vgl 1 Ob 28/15x]), weil verbotene Einlagenrückgewähr immer Hand in Hand mit unwirksamer Vertretung geht.

[32] Für den Akt der Leistung selbst (etwa Zahlung oder Herausgabe eines Gegenstands) wird es im Übrigen im Regelfall gar nicht auf die wirksame rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis ankommen, sondern bloß auf die bewusste Zuwendung eines offenkundig der Gesellschaft gehörigen Vermögensguts als Leistung der Gesellschaft. Auch bei einer von einer Angestellten (die nicht Geschäftsführerin ist) namens der Gesellschaft irrtümlich überhöht veranlassten Überweisung vom Konto der Gesellschaft (wobei auch ein gesamtvertretungsbefugter Geschäftsführer häufig für das Geschäftskonto alleine zeichnungsberechtigt ist), läge eine Leistung der Gesellschaft vor. Für eine Zurechnung der „Leistung“ ist ausreichend, dass die (ja auch faktisch stattgefundene) Zuwendung des Vermögensguts einer Gesellschaft bewusst (im Wissen um die Zurverfügungstellung namens der Gesellschaft) auf einer Handlung einer Person beruht, die diese Zuwendung als eine (wenn auch etwa auf einem nicht wirksamen Rechtsgeschäft beruhende) Leistung namens der Gesellschaft auffassen lässt. Hier handelte bei Übergabe der Wohnung der als ihr Vertretungsorgan bestellte Geschäftsführer erkennbar (vermeintlich in Erfüllung einer mit der Gesellschaft – tatsächlich nicht abgeschlossenen – mündlichen Vereinbarung) für die Gesellschaft.

[33] II.1.2. Ebenso wenig ist – weil die Kapitalerhaltungsvorschriften nach ihrem Sinn und Zweck jede unmittelbare oder mittelbare Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft verringert (RS0105518; RS0105532) – zweifelhaft, dass auch die bloße Nutzung einer Wohnung (hier samt Garagenstellplatz) grundsätzlich einen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften darstellen kann (zur unentgeltlichen Sachüberlassung siehe 6 Ob 195/18x [ErwGr 1.1.]). Unzulässig sind nämlich Zuwendungen und Vergünstigungen aller Art (RS0105532), die einem Fremdvergleich nicht standhalten. Wirtschaftlich betrachtet hatte die Zurverfügungstellung von Wohnraum einen Wert. Wesentlich ist, dass die Gesellschaft diesen Wohnwert einem mittelbaren Gesellschafter zur Verfügung stellte. Dies hätte sie bei einem Dritten nicht kostenlos getan; vielmehr hätte sie dafür Entgelt verlangt. Darauf, ob die Gesellschaft – ansonsten – hypothetisch nicht „vorgehabt“ hätte, die Wohnung zu vermieten, kann es damit nicht ankommen, was schon die Vorinstanzen völlig zutreffend erkannt haben (vgl etwa 6 Ob 206/17p zur zu Lasten der Gesellschaft gehenden Bevorzugung durch Gewährung eines Darlehens aufgrund der Gesellschafterstellung, in welcher Entscheidung darauf hingewiesen wurde, dass Nicht-Banken im Normalfall keinen Geldkredit begeben). Eine Erörterung des im Firmenbuch eingetragen Geschäftszweigs der Klägerin („Vermietung von Wirtschaftsgütern“) ist daher für die Bejahung eines Rückgewährungsanspruchs nach § 83 GmbHG entbehrlich.

[34] I.1.3. Adressaten des Rückersatzanspruchs nach § 83 GmbHG sind an erster Stelle die in § 83 Abs 1 GmbHG genannten „Gesellschafter“ (RS0105536). Es ist in Rechtsprechung und Lehre aber längst anerkannt, dass auch ehemalige Gesellschafter, sofern die Leistung im Hinblick auf die ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wird (RS0105518 [T7]; RS0105532 [T7]; RS0105536 [T8]), unechte Dritte (vgl 6 Ob 195/18x) oder die „wahren Gesellschafter“ (vgl nur Auer, GmbHG² § 82 Rz 10 mwN), also etwa der Treugeber oder (wie hier) mittelbare Gesellschafter, passivlegitmiert sein können. Selbst echte Dritte können bei Kollusion oder grober Fahrlässigkeit nach § 83 Abs 1 GmbHG rückgabepflichtig sein (RS0105536).

[35] II.1.4. Einen Fall der gleichzeitigen Inanspruchnahme von unmittelbarem und mittelbarem Gesellschafter für „dieselbe“ Leistung mittels Solidarhaftung hatte der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht zu entscheiden.

[36] Das Berufungsgericht, dem die Beklagten beipflichten, lehnte Solidarhaftung der unmittelbaren Gesellschafterin unter Berufung auf die von Artmann vertretene Ansicht, die zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft stehende Tochtergesellschaft hafte nur dann, wenn sie die Leistung an das Mutterunternehmen veranlasst habe (Artmann in Artmann/Karollus, AktG6 § 56 Rz 10), ab. Es verneinte nach seiner Begründung „Veranlassung“ mit dem Argument, es sei die Leistung nur dem Zweitbeklagten zugekommen.

[37] II.1.5. Die Literatur ist in dieser Frage nicht einheitlich; Haberer geht, wenn die Leistung an die mittelbar beteiligte Großmutter- oder Urgroßmuttergesellschaft erfolgte, von einem Rückgewähranspruch (nur) direkt gegenüber der mittelbaren Gesellschafterin aus und lehnt Solidarhaftung der Muttergesellschaft ab, weil diese selbst ja nichts erhalten habe (Haberer in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung im Konzern Rz 11.148 [Stand 01.07.2016, rdb.at]).

[38] Diese Auffassung vertreten auch Bauer/Zehetner, dies allerdings mit der Erstreckung der Haftung doch auch auf die unmittelbare Gesellschafterin, wenn die verbotene Leistung auf Veranlassung der dazwischengeschalteten Muttergesellschaft oder kollusiv oder unter grob fahrlässiger Unkenntnis der Muttergesellschaft vom Verstoß erfolgte. Dann könne der Rückgewähranspruch auch gegen die Muttergesellschaft gerichtet werden (Bauer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 82 Rz 85 [Stand 1. 12. 2017, rdb.at]).

[39] Karollus ist der Ansicht, es sei „etwa bei Leistungen an die Muttergesellschaft oder an einen sonstigen mittelbaren Gesellschafter geradezu abwegig, einen Rückgewähranspruch gegen den unmittelbaren Gesellschafter eingreifen zu lassen, der ja selbst nicht einmal mittelbar etwas erhalten hat, sondern vielmehr bei der Leistung übersprungen wurde“. Es wäre vor dem Hintergrund der Wertungen des Verbots der Einlagenrückgewähr höchst bedenklich, wenn die Zwischengesellschaft für die Sünden ihrer Gesellschafter büßen müsste. Auch bei Leistungen zwischen Schwestergesellschaften soll der Rückgewähranspruch direkt zwischen diesen eingreifen. Insoweit hält er aber allenfalls aus dem Rechtsgedanken des § 9 EKEG, der einen Erstattungsanspruch der kreditgebenden Gesellschaft gegen den gemeinsamen Gesellschafter vorsehe, zusätzlich eine Solidarhaftung des gemeinsamen Gesellschafters für ableitbar (Karollus, Einlagenrückgewähr und verdeckte Gewinnausschüttung im Gesellschaftsrecht, in Leitner, Handbuch Verdeckte Gewinnausschüttung3 [2021] 41 ff [50]).

[40] Eckert/U. Schmidt halten (im Konzern) zwar für das Verhältnis von Enkel und Großmutter Solidarhaftung bei Veranlassung für möglich (Eckert/U. Schmidt, Haftungsfragen im Konzern, in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 13.40 [Stand 01.07.2016, rdb.at]), meinen aber zu Leistungen im Schwesternverhältnis, es bedürfe angesichts der Passivlegitimation der Empfängergesellschaft eines Durchgriffs auf den gemeinsam Gesellschafter nicht, um dem Kapitalerhaltungsgebot auf Ebene der leistenden Gesellschaft Geltung zu verschaffen (Eckert/U. Schmidt aaO, Rz 13.44).

[41] Soweit Auer äußert, es sei „auch“ der „wahre Gesellschafter“ ersatzpflichtig, ist nicht ganz eindeutig, ob nur dieser oder dieser neben dem unmittelbaren Gesellschafter haften solle. „Veranlassung“ als Zurechnungskriterium lehnt Auer ab, weil das Verbot der Einlagenrückgewähr keine Verhaltenshaftung normiere und es nicht auf einen schädigenden Eingriff des Gesellschafters ankomme (Auer GmbHG² § 82 Rz 26 f, 39). Er sieht grundsätzlich denjenigen Gesellschafter in der Pflicht, der eine unzulässige Zahlung erhalten hat (Auer GmbHG² § 83 Rz 10 f), behandelt den mittelbaren Gesellschafter als Verbotsadressaten und stellt ihn dem Gesellschafter gleich (Auer GmbHG² § 82 Rz 20 f), welche Ausführungen insgesamt wohl eher als Ausdruck einer der Solidarhaftung des unmittelbaren Gesellschafters abgeneigten Haltung aufzufassen sein werden.

[42] II.1.6. Für eine Solidarhaftung des Gesellschafters mit dem mittelbaren Gesellschafter als unechtem Dritten treten dagegen Reich-Rohrwig (Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH und GmbH & Co KG [2004] 166), Köppl (in U. Torggler, GmbHG § 82 Rz 10, 13 [Stand: 01.08.2014, rdb.at]; dies in Eckert/Schopper, Innsbrucker Schriften zum Unternehmensrecht, Band 5 [2014], Das Verbot der „Einlagenrückgewähr“ unter besonderer Berücksichtigung Dritter 142 [147 f]), Schmidsberger (Eigenkapitalersatz versus Einlagenrückgewähr, GesRZ 1997, 14 [18]), der bei enger wirtschaftlicher Verbindung von einer wirtschaftlichen Einheit von Gesellschafter und Empfänger ausgeht, Foglar-Deinhardstein (in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG2 [2024] 82 Rz 75; ders, Verdeckte Gewinnausschüttung [2019] XI. Rückersatzanspruch der Kapitalgesellschaft Rz 1/207) und nicht zuletzt auch Saurer – jedenfalls bei Treuhänder und Treugeber, auch wenn die Leistung direkt an den Hintermann erfolgte – ein (Saurer in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 56 Rz 15, 18 [Stand 01.06.2021, rdb.at]) ein.

[43] Rüffler bejaht Solidarhaftung bei Veranlassung der Leistung „im eigenen Interesse“. Für die Konstellation der Gewährung eines Kredits an eine Schwestergesellschaft geht er dabei von einer Vermutung der Veranlassung bei höherer Beteiligung an der empfangenden Gesellschaft durch die (gemeinsame) Muttergesellschaft aus (Rüffler in Kalss/Rüffler, Eigenkapitalersatz [2004], Konzernfinanzierung im Lichte des EKEG 111 [129 iVm 132 f]).

[44] Auch Koppensteiner weist darauf hin, dass Dritter und Gesellschafter bei vom Gesellschafter veranlasster Zahlung an den Dritten Gesamtschuldner sein sollen (Rüffler/Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz3 [2007] § 83 Rz 7; vgl auch Bayer in MünchKomm AktG6 [2024] § 62 Rn 18 ff).

[45] II.1.7. Der erkennende Senat schließt sich für einen Fall wie den vorliegenden, in dem der mittelbare Gesellschafter alleiniger Anteilseigner der zwischengeschalteten Gesellschaft und überdies auch deren Geschäftsführer ist, den Befürwortern der Solidarhaftung von unmittelbarem und mittelbarem Gesellschafter an. Die Leistung an ihn erfolgte hier (auch) causa societatis seiner Beteiligung an der Erstbeklagten. Wegen seiner Verbundenheit über die Erstbeklagte mit der Klägerin (worin wohl auch der Grund für seine Bestellung als Geschäftsführer beider Gesellschaften liegt) erfolgte eine Zuwendung, die ansonsten nicht stattgefunden hätte. In der Zuwendung an ihn als den mittelbaren Gesellschafter liegt nur deshalb eine verbotene Einlagenrückgewähr, weil sie der Leistung an einen unmittelbaren Gesellschafter gleichgehalten wird, und nur deshalb hat die Klägerin überhaupt einen Rückersatzanspruch nach § 83 GmbHG, sodass die Erstbeklagte auch für Letzteres nicht „auszublenden“ ist. Es erlangte zwar scheinbar nur ihr unmittelbarer Gesellschafter einen Vorteil, jedoch liegt zum einen bei der vorliegenden Konstellation der Gedanke einer wirtschaftlichen Einheit nahe. Zum anderen wird auch bei Leistungen an sonstige nahe Angehörige nicht geprüft, inwieweit dadurch dem Gesellschafter tatsächlich selbst ein echter Vorteil erwächst.

[46] Ausgehend von diesen Überlegungen kann die unentgeltliche Zuwendung als eine von der Erstbeklagten vermittelte Leistung aufgefasst und dahin „zerlegt“ werden, dass darin eine über die Erstbeklagte vermittelte und ihr daher als zu ihren Gunsten zu wertende Leistung liegt, mit der uno actu (auch) eine unentgeltliche Zuwendung der unmittelbaren Gesellschafterin an ihren Gesellschafter, den Zweitbeklagten, vorgenommen wurde. Hier kommt – als durchaus häufige Konstellation im Gesellschaftsrecht – außerdem hinzu, dass die Positionen der Geschäftsführung der Klägerin, jener der Erstbeklagten und die Stellung als Alleingesellschafter bei der Erstbeklagten allesamt vom Zweitbeklagten verkörpert werden. Die Erstbeklagte wusste damit über alle Vorgänge bestens Bescheid, und es hätte „ihr“ Geschäftsführer sich gegen die Nutzung wenden müssen, war doch für jeden voll informierten Beobachter bei objektiver Betrachtung ersichtlich, dass eine Einigung tatsächlich ausstand und die Zuwendung unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Einlagenrückgewähr zu unterbleiben gehabt hätte.

[47] Nach dem Grundprinzip der §§ 82 f GmbHG soll sich die Gesellschaft wegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr an ihre Gesellschafter (und mit ihrem Anspruch auf Rückersatz an das nach § 92c JN zuständige Gericht am Sitz der Gesellschaft) wenden können (vgl zu Abgrenzungsschwierigkeiten, wollte man einem bloß mittelbar an der „Handelsgesellschaft“ Beteiligten die Eigenschaft als „Mitglied“ [wenn auch unter dem Blickwinkel der Beurteilung der Zuständigkeit] zuerkennen, 17 Ob 21/23x). Es ist daher nicht einleuchtend, warum sich die Klägerin auf den Zweitbeklagten als alleinigen Haftungsfonds verweisen lassen müsste, zumal mit dem Durchgriff auf den Zweitbeklagten dem Kapitalerhaltungsgebot auf Ebene der leistenden Gesellschaft nur bei tatsächlicher Erfüllung des Anspruchs Genüge getan ist. Wäre dieser nicht liquid oder auch nur für eine Exekution nicht greifbar, ginge dies zu Lasten der leistenden Gesellschaft, deren Vermögen wegen der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung mit der Erstbeklagten geschmälert wurde.

[48] Die solidarische Haftung der Erstbeklagten mit dem Zweitbeklagten für die verbotene Einlagenrückgewähr ist damit zu bejahen.

II.2. Verjährung

[49] II.2.1. Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (RS0037797). Für den Beginn der Verjährungsfrist ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich der Anspruchsgegner, in der Regel die Beklagte, beweispflichtig (RS0034456). Den Beklagten ist zwar darin Recht zu geben, dass die Pflicht, den Sachverhalt vorzutragen, aus dem sich eine Hemmung der Verjährung ableiten lässt, die Klägerin traf (vgl RS0034647 [T1]). Bei Nachweis einer sich aus diesen Tatsachen ergebenden Hemmung lag es aber wiederum an den Beklagten, Umstände, die deren Wegfall oder die Beendigung bewirkten, darzulegen.

[50] Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihre Geschäftsführer kollektivvertretungsbefugt sind, und auf eine beim Zweitbeklagten als ihrem Geschäftsführer bestehende Interessenkollision hingewiesen, weswegen ja auch die Bestellung eines Kollisionskurators bewirkt wurde, und (ebenso schon im Verfahren erster Instanz) ausdrücklich den Standpunkt eingenommen, die hier erforderliche Bestellung eines Prozesskurators habe die Verjährungsfrist gehemmt, womit sie ausreichend Tatsachen zur – von den Vorinstanzen auch behandelten – Hemmung der Verjährung nach § 1494 ABGB analog vorgebracht hat.

[51] II.2.2. Der Oberste Gerichtshof wendet § 1494 ABGB in bestimmten Fällen analog auf Gesellschaften an. Die Überlegung zur Hemmung der Verjährung von Ansprüchen Minderjähriger, die über keine ordnungsgemäße Vertretung verfügen, weil vom Vertreter wegen einer Interessenkollision eine gesetzmäßige Wahrung ihrer Rechte nicht zu erwarten ist, lassen sich nämlich wegen der gleichgelagerten Schutzbedürftigkeit von Gesellschaften auf jene Fälle übertragen, in denen es wegen einer Interessenkollision nicht zu erwarten ist, dass der Geschäftsführer während seiner Tätigkeit allfällige Rückersatzansprüche der Gesellschaft gegen sich selbst gemäß § 83 GmbHG durchsetzen würde (zuletzt 6 Ob 170/23b [Rz 17 f] EvBl 2024/133 = GesRZ 2024, 190 [Auer] = Foglar-Deinhardstein, GES 2024, 171 = Fellner/Müller, GES 2024, 180).

[52] Verbleiben der Gesellschaft „unbefangene“ Mitglieder des Kollegialorgans (wegen einer Einschränkung ihrer Vertretungsbefugnis) nicht mehr in vertretungsbefugter Anzahl, ist daher von einer Hemmung der Verjährungsfrist auszugehen, weil eine ordnungsgemäße Vertretung der Gesellschaft nicht möglich ist (6 Ob 170/23b [Rz 24 f]).

[53] Die zu 6 Ob 18/14m zur gesetzlichen Vertretung von Minderjährigen entwickelte Rechtsprechung, wonach der „kollisionsfreie“ Elternteil für die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen des Minderjährigen (damals in concreto gegen die Lebensgefährtin des Vaters) bei gemeinsamer Obsorge alleinvertretungsbefugt ist und es deshalb keiner Bestellung eines Kollisionskurators bedarf, ist nicht auf die Vertretung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu übertragen, weil grundsätzlich – also auch bei Maßnahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs – auch bei gemeinsamer Obsorge jeder Elternteil von Gesetzes wegen alleinvertretungsbefugt ist (§ 167 Abs 1 ABGB). Nur bei Angelegenheiten, die über den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb hinausgehen (wozu eine Klagsführung zählt), bedarf es (bloß) der Zustimmung des anderen Elternteils, darüber hinaus aber außerdem noch der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung legen dagegen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag nach ihrem Willen und von vorneherein ganz grundsätzlich selbst fest, durch wieviele Personen die Gesellschaft vertreten werden soll (vgl § 15 GmbHG).

[54] II.2.3. Während das Erstgericht eine Hemmung der Verjährung bejahte, lehnte das Berufungsgericht eine analoge Anwendung von § 1494 ABGB in der vorliegenden Konstellation ab, weil es dem zweiten Geschäftsführer (und der zweiten Gesellschafterin) möglich gewesen wäre, die zur Verfolgung der Ansprüche „notwendigen Schritte einzuleiten“. Nicht ganz klar lässt sich aus der Entscheidung des Berufungsgerichts, dabei ableiten, ob es die Ansicht vertritt, dass § 1494 ABGB grundsätzlich (von Beginn an) nicht analog anzuwenden wäre, oder ob es davon ausgeht, dass eine (anfängliche) Hemmung schon fünf Jahre vor der Einbringung der Klage beendet gewesen war.

[55] II.2.4. Ersteres ist jedenfalls nicht zu teilen, weil jedem Anspruchsberechtigten die „volle“ vom Gesetz eingeräumte Verjährungsfrist zustehen soll und die Schutzwürdigkeit der Gesellschaft nicht per se deshalb zu verneinen ist, weil – selbstredend immer erst nach gewissem zeitlichen Verlauf – der an sich erst einmal gegebene Vertretungsmangel beseitigt werden kann. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass in der ersten logischen Sekunde nach der die verbotene Einlagenrückgewähr bewirkenden Handlung jedenfalls keine ordnungsgemäße Vertretung vorliegt und die Verjährung diesbezüglicher Ansprüche einer Gesellschaft vorerst in analoger Anwendung von § 1494 ABGB gehemmt ist, und zwar in Form der Anlaufhemmung.

[56] Die Fristenhemmung nach § 1494 ABGB bewirkt nämlich, wenn es schon von Beginn der Verjährungsfrist an einer ordentlichen gesetzlichen Vertretung mangelt, eine Fortlaufshemmung (Anlaufhemmung), sodass der Fristbeginn (grundsätzlich) bis zum Wegfall des Hindernisses hinausgeschoben wird (6 Ob 170/23b [Rz 16]).

[57] II.2.5. Im vorliegenden Fall verfügte – weil der zum Rückersatz Verpflichtete als einer von zwei für die Vertretung notwendigen Geschäftsführern fungierte und bei ihm für die Geltendmachung dieses Anspruchs eine Interessenkollision bestand – die Gesellschaft (schon) in der ersten logischen Sekunde nach der die verbotene Einlagenrückgewähr bewirkenden Handlung nicht über eine ordnungsgemäße (interessenkollisionsfreie) Vertretung. Die Verjährung der diesbezüglichen Ansprüche der Gesellschaft war somit vorerst in analoger Anwendung von § 1494 ABGB gehemmt. Damit wäre es an den Beklagten gelegen, die für ihren Standpunkt günstigen Tatsachen, aus denen sich konkret ein Wegfall der Anlaufhemmung (und damit hier überhaupt der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist) ab einem bestimmten Zeitpunkt vor tatsächlicher Beseitigung des Vertretungsmangels ableiten ließe, zu behaupten (und zu beweisen).

[58] Die Beklagten haben sich aber im Verfahren erster Instanz zum Einwand der Verjährung überhaupt bloß auf den Zeitablauf von (mehr als) drei bzw fünf Jahren hinsichtlich der Entgelte für die „Mietzinse bis einschließlich April 2014“ bis zur Klage berufen. Weder haben sie Vorbringen zum gebotenen Verhalten der anderen Gesellschafterin oder des zweiten Geschäftsführers hinsichtlich einer zeitlich früheren Setzung von Schritten zur Anspruchsverfolgung und einem daran anschließenden früheren Ende des Vertretungsmangels erstattet, noch haben sie insoweit einen Anleitfehler des Erstgerichts in der Berufung releviert. Dazu sei nur angemerkt, dass sich die Klägerin schon im Verfahren erster Instanz ganz klar auf eine Hemmung der Verjährung wegen der Erforderlichkeit der Bestellung eines Prozesskurators berufen hatte und das Erstgericht daraufhin erörterte, dass das Vorbringen der Klägerin sehr wohl Einfluss auf die Berechnung der Verjährungsfristen haben könne, sowie die Beischaffung des Pflegschaftsakts über die Bestellung des Kollisionskurators für notwendig hielt. In dieser Situation wären die Beklagten gehalten gewesen, einen früheren Wegfall der Hemmung der Verjährung entsprechend darzulegen. Vorbringen dazu haben sie aber im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Auch in der Revisionsbeantwortung legen sie ganz pauschal dar, der zweite Geschäftsführer sei nicht handlungsunfähig gewesen, eine analoge Anwendung von § 1494 ABGB würde dem nicht vom Interessenkonflikt betroffenen Geschäftsführer einräumen, die Hemmung für eigene, gesellschaftsfremde Motive zu missbrauchen.

[59] II.2.6. Wiewohl daher mangels Vorbringen Überlegungen dazu, ob eine Unterlassung des unbefangenen (zweiten) Kollektivgeschäftsführers früher auf die Herstellung einer ordnungsgemäßen Vertretung zu dringen oder eine Unterlassung der Anspruchsverfolgung durch eine Gesellschafterin nach § 48 GmbHG der Gesellschaft überhaupt zum Nachteil anzulasten wären, entbehrlich sind, sei trotzdem zu dieser Problematik festgehalten, dass es um eine Forderung im „Innenverhältnis“ zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern oder Organen geht und überdies das dem Erhalt des Stammkapitals dienende Verbot der Einlagenrückgewähr letztlich dem Schutz der Gläubiger dienen soll, die auf die Vertretung und Geltendmachung solcher Forderungen keinen Einfluss haben. Bei pflichtwidriger, schuldhafter Säumnis des „unbefangenen“ Geschäftsführers mag freilich dessen Haftung gegenüber der Gesellschaft für eine durch den Zeitablauf verschlechterte Bonität des Schuldners und damit der Einbringlichkeit der Forderung die Folge sein (dazu Auer, Glosse zu 6 Ob 170/23b GesRZ 2024, 190). Im Regelfall wird es aber durchaus objektiv geboten, weil wirtschaftlich vernünftig und von einem „unbefangenen“ Kollektivgeschäftsführer auch zu erwarten sein, vorerst zu versuchen, Meinungsdifferenzen oder sogar Missstände der Geschäftsführung oder mit den Gesellschaftern außergerichtlich zu bereinigen. Er muss nämlich – sofern kein Fall vorliegt, der sofort zur Beseitigung der Vertretung durch den mit einer Interessenkollision behafteten („befangenen“) Geschäftsführer zu führen hätte – in anderen Fragen weiterhin die Geschäfte der Gesellschaft gemeinsam mit dem „befangenen“ Geschäftsführer führen und die Kosten einer zu erwirkenden anderen Vertretung der Gesellschaft in Bezug auf die konkrete mit einer Interessenkollision belastete Forderung bedenken.

[60] II.2.7. Noch weniger wären sofortige Maßnahmen im Regelfall von den Gesellschaftern zu erwarten oder zu verlangen. Die Gesellschafter sind grundsätzlich nicht das zur Vertretung berufene Organ der Gesellschaft. Die Geltendmachung von Forderungen nach § 48 GmbHG durch Gesellschafter nennt als Voraussetzung grundsätzlich nach ihrem Wortlaut einen der Geltendmachung vorhergehenden ablehnenden Beschluss der Gesellschafter (vgl auch Harrer in Gruber/Harrich GmbHG² § 48 Rz 6). Während bei Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG ein Beschluss der Gesellschafter zu fassen ist, bedarf es eines solchen Beschlusses für die Verfolgung von Ansprüchen nach § 83 GmbHG jedoch nicht (RS0125863 [T1, T2]). Die Geltendmachung durch die Gesellschafter zöge für diese als „Vertretung der Gesellschaft“ Tätige für die Dauer des Rechtsstreits hinsichtlich des Verkaufs ihrer Anteile die Einschränkung der Zustimmung der Gesellschaft nach sich (vgl § 48 Abs 3 leg cit). Überdies können sie über Antrag der Beklagten zur Leistung von „angemessener Sicherheit“ für die den Beklagten drohenden Nachteile verpflichtet werden (§ 48 Abs 4 GmbHG). Welche Bedeutung Abs 2 leg cit, wonach die Klage binnen eines Jahres von dem Tag der erfolgten oder vereitelten Beschlussfassung, im hier zu betrachtenden Fokus des Entfalls der Hemmung der Verjährung, zukäme, ist ebenso offen. Zudem wäre in concreto ein Gesellschafter hier bei Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung nach § 83 GmbHG gegen den Zweitbeklagten als mitttelbaren Gesellschafter mit der Frage belastet, ob er sich dafür überhaupt auf eine Klagebefugnis nach § 48 GmbHG stützen könnte. Die Bestimmung erfasst nach ihrem Wortlaut (soweit hier von Bedeutung) Ansprüche gegen „Gesellschafter“ (§ 48 Abs 1 GmbHG), sodass fraglich wäre, ob sie überhaupt einen mittelbaren Gesellschafter erfasst.

[61] Gesellschafter werden zudem vordergründig darauf vertrauen können, dass der „unbefangene“ kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer hinsichtlich etwaiger Ansprüche wegen verbotener Einlagenrückgewähr tätig werden wird, und dürfen dem Geschäftsführer (im Regelfall) auch vorrangig und zeitlich an erster Stelle den Versuch einer außergerichtlichen Bereinigung solcher Streitpunkte einräumen.

[62] II.2.8. Die Frage, ab wann nun ein unbefangener kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer einer Gesellschaft oder ein Gesellschafter Schritte zur Beseitigung des Vertretungsmangels zu setzen gehabt hätte und wann der Vertretungsmangel dann (schon früher) beendet gewesen wäre (sodass die Verjährungsfrist zu laufen begonnen hätte), wird sich immer nur im Einzelfall und ausgehend vom dazu erstatteten – hier aber fehlenden – Vorbringen beantworten lassen.

[63] II.2.9. Selbst wenn man im vorliegenden Fall die Ansicht zugrunde legte, es folge grundsätzlich aus einer Unterlassung der Setzung von (früheren) Schritten seitens eines „unbefangenen Kollektivgeschäftsführers“ – ab einem bestimmten Zeitpunkt – zu Lasten der Gesellschaft der Wegfall der Hemmung der Verjährung, läge hier kein Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist (nach § 25 Abs 6 und § 83 Abs 5 GmbHG) vor Klagseinbringung vor.

[64] Die im Regelfall angebrachten Versuche, Differenzen (hier über den Abschluss einer schon zuvor mündlich vereinbarten Option und die Wohnungen) außergerichtlich und „untereinander“ zu klären, hatten einen „Teilerfolg“ für sich. Schließlich war es im Mai 2014 zur Unterfertigung von Kaufverträgen über die beiden Wohnungen und Garagenplätze an den Zweitbeklagten gekommen. Die Beklagten vertreten dazu die – mangels Feststellungen zum Parteiwillen noch nicht abschließend prüfbare – Auffassung, es seien mit diesem Vertragsschluss die (zuvor in den Raum gestellte) „Räumungsklage“ und auch die Nutzung der Wohnungen „erledigt“ worden. Nach der gegenteiligen Auffassung der Klägerin war die Frage der Abgeltung der nicht im Einvernehmen mit dem zweiten, nicht von der Interessenkollision betroffenen Geschäftsführer vorgenommenen Nutzung noch offen und bedurfte einer Regelung. Auch insoweit musste dem zweiten Kollektivgeschäftsführer aber noch ein Zeitraum für eine außergerichtliche Regelung – offenbar unterschiedlich (als vom Kaufvertrag bereits umfasst bzw eben nicht erfasst) gesehener – weiterhin offener Punkte verbleiben. Sogar dann, wenn man dafür von einem sicherlich zu kurzem Zeitraum von nur 14 Tagen ausginge, wären die Ansprüche nicht verjährt.

[65] Wäre der Antrag auf Bestellung eines Kollisionskurators schon 14 Tage nach Abschluss des Kaufvertrags (fiktiv) am 04.06.2014 eingebracht worden und schlösse man daran den Zeitverlauf des Verfahrens an, wäre es hypothetisch zu einer rechtskräftigen Bestellung des Kollisionskurators am 25.07.2015 gekommen. Die Dauer dieses Verfahrens (in dem über Rekurs und Revisionsrekurs der Erstbeklagten zu entscheiden war) kann der Gesellschaft aber nicht zur Last gelegt werden.

[66] Hypothetisch wäre also – mit früherer rechtskräftiger Bestellung der ordnungsgemäßen Vertretung (hier: des Kollisionskurators) – der die (Anlauf-)Hemmung der Verjährung bewirkende Vertretungsmangel womöglich schon am 25.07.2015 weggefallen und es hätte die fünfjährige Verjährungsfrist damals zu laufen begonnen. Auch dann wäre sie aber in Ansehung der Einbringung der Klage am 21.07.2020 nicht abgelaufen gewesen.

[67] II.2.10. Die geltend gemachten Ansprüche wegen Geschäftsführerhaftung und Einlagenrückgewähr (§§ 25, 83 GmbHG) sind damit nicht verjährt.

[68] II.3.1. Warum das Berufungsverfahren – wie die Beklagten in der Revisionsbeantwortung behaupten – mangelhaft geblieben sein sollte, weil das Berufungsgericht sich nicht mit dem (von den Beklagten vorgetragenen) Argument, im Erzwingenwollen der Kaufverträge (durch den Zweitbeklagten) sei konkludent die Ausübung einer Option gelegen, bleibt unverständlich. Die Beklagten gehen dabei mit ihren Argumenten von einer rechtswirksam vereinbarten Option hinsichtlich der Wohnung Top 40 aus, die aber von den tatsächlich getroffenen Feststellungen nicht getragen wird. Aus dem Umstand, dass die Geschäftsführer im Anhang zu Bilanz und GuV-Rechnung der Klägerin für das Geschäftsjahr 2012 per 25.07.2013 (unter anderem) festhielten, dass zur Absicherung der Fremdfinanzierung für die beiden Geschäftsführer „eine Option“ bestehe, lässt nicht auf eine „konkludente mündliche Vereinbarung“ (im Übrigen: eines konkreten und bestimmten Inhalts) im Sinne eines zwingenden Schlusses schließen, weil dieser Inhalt eines Anhangs zu Bilanz und GuV-Rechnung nicht dem strengen Maßstab, der an konkludente Willenserklärungen (vgl RS0014146) anzulegen ist, genügt. Im Verfahren erster Instanz hatten die Beklagten überdies behauptet, es sei im Juni 2013 mündlich ein Kaufvertrag (nicht eine Option) über die Wohnung Top 40 durch den Zweitbeklagten und eine Option zugunsten des zweiten Geschäftsführers vereinbart worden.

[69] II.3.2. Während daher die Frage des Fehlens einer wirksamen Vereinbarung, der Verjährung und der Solidarhaftung der Erstbeklagten für verbotene Einlagenrückgewähr (wie auch die schon in der Berufung nicht mehr relevierten Gegenforderungen) abschließend geklärt sind, fehlen – um den Grund des Anspruchs klären zu können – noch Feststellungen zum Parteiwillen bei Abschluss des Kaufvertrags zu Top 40 in Bezug auf das Nutzungsentgelt und solche zu dessen Höhe, worauf schon das Berufungsgericht (für den Fall der Ablehnung seiner Rechtsansicht) völlig zutreffend hingewiesen hat.

[70] II.4. Die Entscheidung über die auf den Anspruch von EUR 14.167,– entfallenden Kosten beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Leitsätze

  • Zur Anlaufhemmung bei Ansprüchen nach § 83 GmbHG

    Die Anlaufhemmung des § 1494 ABGB ist analog auf Gesellschaften anzuwenden, wenn wegen einer Interessenkollision nicht zu erwarten ist, dass (einer) der Geschäftsführer allfällige Rückersatzansprüche der Gesellschaft gegen sich selbst gem § 83 GmbHG durchsetzen würde. Verfügt die Gesellschaft somit nicht in vertretungsbefugter Anzahl über unbefangene Mitglieder des Kollegialorgans, ist von einer Hemmung der Verjährungsfrist auszugehen.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 6 Ob 98/24s | OGH vom 06.11.2024 | Dokument-ID: 1193004