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Dokument-ID: 102540

Vorschrift

Rechtsanwaltsordnung (RAO)

Inhaltsverzeichnis

§ 8a.

idF BGBl. I Nr. 19/2020 | Datum des Inkrafttretens 22.03.2020 | Datum des Außerkrafttretens 31.12.2024

(1) Der Rechtsanwalt ist im Hinblick auf die hier besonders hohe Gefahr der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) verpflichtet, alle Geschäfte besonders sorgfältig zu prüfen, bei denen er im Namen und auf Rechnung seiner Partei Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführt oder für seine Partei an deren Planung oder Durchführung mitwirkt und die Folgendes betreffen:
(BGBl. I Nr. 141/2009)

  1. den Kauf oder den Verkauf von Immobilien oder Unternehmen,
  2. die Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten, die Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten oder
  3. die Gründung, den Betrieb oder die Verwaltung von Trusts, Gesellschaften, Stiftungen oder ähnlichen Strukturen, einschließlich der Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel. (BGBl. I Nr. 10/2017)

(2) Der Rechtsanwalt hat angemessene und geeignete Strategien und Verfahren zur Erfüllung der ihm im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) auferlegten Sorgfaltspflichten in Ansehung von Parteien, Verdachtsmeldungen, der Aufbewahrung von Aufzeichnungen, interner Kontrolle, Risikobewertung und Risikomanagement sowie zur Sicherstellung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und der Kommunikation innerhalb seiner Kanzlei einzuführen und aufrechtzuerhalten, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) zusammenhängen, vorzubeugen und diese zu verhindern. Davon umfasst sind auch in einem angemessenen Verhältnis zu seiner konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe seiner Kanzlei stehende Strategien, Kontrollen und Verfahren (einschließlich einer dahingehenden Mitarbeiterüberprüfung) zur wirksamen Minderung und Steuerung der auf Unionsebene, innerstaatlicher Ebene sowie bei sich selbst (Abs. 3) ermittelten Risiken von Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB). Diese Maßnahmen haben bei Rechtsanwalts-Gesellschaften gegebenenfalls auch die Bestellung eines der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalts zum Compliance-Beauftragten für den Bereich der Verhinderung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) zu umfassen. Die laufende Einhaltung der Strategien, Kontrollen und Verfahren ist zu überwachen, dies gegebenenfalls durch den bestellten Compliance-Beauftragten; soweit erforderlich sind die getroffenen Maßnahmen zu verbessern.
(BGBl. I Nr. 61/2019)

(3) Der Rechtsanwalt hat ferner eine Analyse und Bewertung des für ihn bestehenden Risikos der Inanspruchnahme seiner Tätigkeit zu Zwecken der Geldwäscherei (§ 165 StGB) und Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) durchzuführen, wobei dies in einem angemessenen Verhältnis zu seiner konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe seiner Kanzlei zu stehen hat. Risikofaktoren, die sich bezogen auf seine Kunden, auf bestimmte Länder und geografische Gebiete oder auf bestimmte Produkte, Dienstleistungen, Transaktionen oder Vertriebskanäle ergeben, sind dabei besonders zu berücksichtigen. Diese Risikobewertungen sind vom Rechtsanwalt aufzuzeichnen, auf aktuellem Stand zu halten und auf Anforderung der Rechtsanwaltskammer zur Verfügung zu stellen. Tatsachen, die der Rechtsanwalt unter den in § 8c Abs. 1 dritter Satz genannten Voraussetzungen erfahren hat, müssen nicht in die schriftlichen Risikobewertungen aufgenommen werden.
(BGBl. I Nr. 19/2020)

(4) Um feststellen zu können, ob es sich bei einer Partei oder deren wirtschaftlichem Eigentümer um eine politisch exponierte Person, ein Familienmitglied einer politisch exponierten Person oder um eine einer politisch exponierten Person bekanntermaßen nahestehende Person (§ 8f Abs. 2 bis 4) handelt, hat der Rechtsanwalt ferner ein in einem angemessenen Verhältnis zu seiner konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe seiner Kanzlei stehendes, risikobasierte Verfahren einschließendes Risikomanagementsystem einzuführen und aufrecht zu erhalten.
(BGBl. I Nr. 10/2017)

(5) Verfügt ein Rechtsanwalt über eine Kanzleiniederlassung, so hat er sowohl von der Hauptniederlassung (Kanzleisitz) als auch der Kanzleiniederlassung anzuwendende Strategien und Verfahren für die Zwecke der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, darunter Datenschutzstrategien sowie Strategien und Verfahren für den internen Informationsaustausch, einzurichten und aufrechtzuerhalten; Entsprechendes gilt für Zweig- oder Kanzleiniederlassungen einer Rechtsanwalts-Gesellschaft. Diese Strategien und Verfahren sind auf Ebene der Zweig- oder Kanzleiniederlassungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittländern wirksam umzusetzen.
(BGBl. I Nr. 61/2019)

(6) Bei Zweig- oder Kanzleiniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist sicherzustellen, dass den im betreffenden Mitgliedstaat zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG und der Richtlinie 2006/70/EG, ABl. Nr. L 141 vom 05.06.2015 S. 73, in der Fassung der Richtlinie (EU) 2018/843 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. Nr. L 156 vom 19.06.2018 S. 43, verabschiedeten nationalen Rechtvorschriften Folge geleistet wird. Handelt es sich um eine Zweig- oder Kanzleiniederlassung in einem Drittland, dessen Mindestanforderungen an die Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung weniger streng als die dazu in diesem Bundesgesetz getroffenen Bestimmungen sind, so sind die Anforderungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden, soweit das Recht des Drittlandes dies zulässt.
(BGBl. I Nr. 19/2020)

(7) Der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwalts-Gesellschaft hat für den Fall, dass die Umsetzung der Strategien und Verfahren gemäß Abs. 5 nach dem Recht eines Drittlandes nicht zulässig ist, die Rechtsanwaltskammer zu informieren. Zudem ist sicherzustellen, dass von der Zweig- oder Kanzleiniederlassung in diesem Drittland zusätzliche Maßnahmen angewendet werden, um dem Risiko der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung wirksam zu begegnen. Diese zusätzlichen Maßnahmen und deren Eignung sind im Rahmen der Aufsicht (§ 23 Abs. 2) von der Rechtsanwaltskammer zu überprüfen; erforderlichenfalls hat die Rechtsanwaltskammer zusätzliche Aufsichtsmaßnahmen zu treffen, im Rahmen derer auch der Auftrag erteilt werden kann, dass im betreffenden Drittland keine Geschäfte und Transaktionen im Sinn des § 8a Abs. 1 vorgenommen werden dürfen oder entsprechende Geschäftsbeziehungen nicht eingegangen werden dürfen oder zu beenden sind.
(BGBl. I Nr. 61/2019)

(8) Ein Informationsaustausch, einschließlich personenbezogener Daten von Kunden, zwischen Haupt- und Zweig- oder Kanzleiniederlassung für die Zwecke der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ist zulässig; insbesondere können die Dokumente und Informationen, die für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden erforderlich sind, und die mit einer Verdachtsmeldung übermittelten Informationen zwischen Haupt- und Zweig- oder Kanzleiniederlassung weitergegeben werden, um die Strategien und Verfahren gemäß Abs. 5 zu erfüllen. Eine Weitergabe ist nicht zulässig, wenn der Bundesminister für Inneres (Bundeskriminalamt, Geldwäschemeldestelle gemäß § 4 Abs. 2 Bundeskriminalamt-Gesetz) oder die zentrale Meldestelle eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Drittlandes andere Anweisungen erteilt.
(BGBl. I Nr. 61/2019)

(Anm. d. Red.: Gem. BGBl. I Nr. 93/2024 gilt ab 01.01.2025:
„(9) Der Rechtsanwalt hat darüber hinaus gezielte finanzielle Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung zu beachten, die gemäß dem Beschluss (GASP) 2016/849 des Rates vom 27. Mai 2016 über restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Volksrepublik Korea und zur Aufhebung des Beschlusses 2013/183/GASP, ABl. Nr. L 141 vom 28.05.2016 S. 79, und dem Beschluss 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP, ABl. Nr. L 195 vom 27.07.2010 S. 39, sowie gemäß der Verordnung (EU) 2017/1509 des Rates vom 30. August 2017 über restriktive Maßnahmen gegen die Demokratische Volksrepublik Korea und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 329/2007, ABl. Nr. L 224 vom 31.08.2017, S. 1, und der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010, ABl. Nr. L 88 vom 24.03.2012 S. 1, verhängt werden und sowohl das Einfrieren von Vermögenswerten als auch das Verbot, Gelder oder andere Vermögenswerte unmittelbar oder mittelbar zugunsten der Personen und Organisationen bereitzustellen, umfassen, die in Beschlüssen des Rates auf der Grundlage von Art. 29 des Vertrags über die Europäische Union auf der Grundlage von Art. 215 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union benannt wurden. Zu diesem Zweck ist eine Risikoanalyse zu erstellen und es sind Strategien, Kontrollen und Verfahren einzurichten, um das Risiko der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung zu mindern und zu steuern. Die Abs. 2, 3 und 5 bis 8 sind sinngemäß anzuwenden, wobei die danach vorzusehenden Instrumente Maßnahmen zur Erkennung von Risikofaktoren und potenziellen Anzeichen für die Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung oder potenziell risikogeneigten Konstellationen sowie ein entsprechendes Risikomanagementsystem zu umfassen haben. Sinngemäß anzuwenden ist ferner § 12 Abs. 3.

(10) Die in schriftlicher Form festzulegenden und laufend anzuwendenden Strategien, Kontrollen und Verfahren nach Abs. 9 haben ebenso wie die entsprechende Risikoanalyse in einem angemessenen Verhältnis zur konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe der Kanzlei zu stehen. Die beim Rechtsanwalt in Verwendung stehenden Rechtsanwaltsanwärter und die sonstigen bei ihm Beschäftigten sind mit diesen Instrumenten durch geeignete und angemessene Maßnahmen vertraut zu machen (§ 21b Abs. 2). Die Einhaltung der internen Vorschriften, die Teil der Strategien, Kontrollen und Verfahren sind, ist zu überwachen, dies gegebenenfalls durch den bestellten Compliance-Beauftragten; soweit erforderlich sind die getroffenen Maßnahmen zu verbessern.“)