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Dienstverhinderung wegen Krankheit in Zeiten von COVID-19
Lesen Sie in diesem Beitrag, was für Unternehmen bezüglich des Entgeltfortzahlungsanspruchs bei Dienstverhinderung, z. B. aufgrund einer COViD-19-Infektion, zu beachten ist. Welche Bestimmungen gelten bei Quarantäne?
Ist der Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit nach Antritt des Dienstverhältnisses an der Leistung seiner Dienste verhindert, so behält er gem § 8 Abs 1 AngG und § 2 Abs 1 EFZG für eine bestimmte Dauer seinen Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer darf die Dienstverhinderung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet haben.
Daraus ergeben sich folgende Anspruchsvoraussetzungen:
- nach Antritt des Dienstverhältnisses
- Krankheit (Verhinderungsgrund)
- an der Leistung seiner Dienste verhindert (Dienstverhinderung)
- kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden
Entgeltfortzahlung ab Dienstantritt
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung hängt vom Antritt des Dienstverhältnisses ab. Die Dienstverhinderung muss „nach Antritt“ des Dienstverhältnisses eingetreten sein, dh der Arbeitnehmer muss seine Arbeit tatsächlich erstmalig aufgenommen haben. Es ist unbeachtlich, ob bereits der vereinbarte Beginn des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist. Dass die Ursache für die Dienstverhinderung bereits vor dem tatsächlichen Antritt bestanden hat, ist für den Entgeltfortzahlungsanspruch unbeachtlich. Maßgeblich ist nur, dass die Dienstverhinderung selbst nach dem Antritt des Dienstverhältnisses entsteht („ausbricht“).
Dienstverhinderung als Grundvoraussetzung
Der Begriff „Krankheit“ ist arbeitsrechtlich nicht definiert. Dabei wird auf den allgemeinen Sprachgebrauch und das medizinische Verständnis zurückgegriffen. „Krankheit“ ist nach hA jede Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, wobei es auf die Notwendigkeit einer Krankenbehandlung nicht ankommt. Steht die Erkrankung in engerem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, dann handelt es sich um eine Berufskrankheit.
Wesentliche Voraussetzung ist, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers führen. Nach hA liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn es dem Arbeitnehmer infolge der Gesundheitsbeeinträchtigung unmöglich ist oder er nur mit der Gefahr einer Verschlimmerung seines Zustands (=unzumutbar) in der Lage ist, seiner bisher ausgeübten Tätigkeit nachzugehen. Der gesundheitliche Zustand des Arbeitnehmers muss umfassend in Mitleidenschaft gezogen sein und ihn an der Verrichtung der geschuldeten Tätigkeit verhindern.
Alles eine Frage des Verschuldens
Den Arbeitnehmer darf an der Verhinderung kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden treffen. Behauptet der Arbeitgeber ein solches Verschulden, so muss er dies beweisen.
Vorsatz liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer die Dienstverhinderung mit „Wissen und Willen“ verursacht hat. Dem Arbeitnehmer war der Eintritt der Dienstverhinderung bewusst. Grobe Fahrlässigkeit ist eine ungewöhnliche, auffallende Vernachlässigung, sofern der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar war. Auch die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanpassung führen sollte, ist bei der Beurteilung miteinzubeziehen.
Anzeige- und Nachweispflicht
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, ohne Verzug die Dienstverhinderung dem Arbeitgeber anzuzeigen (zu melden) und auf Verlangen des Arbeitgebers eine Bestätigung der zuständigen Krankenkasse oder eines Amts- oder Gemeindearztes über Ursache und Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen.
Kommt der Arbeitnehmer diesen beiden Verpflichtungen nicht nach, so verliert er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf das Entgelt. Die Unterlassung bildet keinen Entlassungsgrund. Einzige Sanktion ist der Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruchs. Nur unter besonderen Umständen kann eine unterlassene oder verspätete Meldung eine Entlassung rechtfertigen, zB der Arbeitnehmer wusste, dass dem Arbeitgeber durch die unterlassene Meldung ein wesentlicher Schaden erwachsen werde und ihm die rechtzeitige Meldung leicht möglich gewesen wäre.
Die ärztliche Bestätigung muss im Gegensatz zur Meldung der Dienstverhinderung nur auf konkretes Verlangen des Arbeitgebers vorgelegt werden. Im Arbeitsvertrag findet sich oft eine Bestimmung, dass der Arbeitnehmer zur Vorlage einer ärztlichen Bestätigung verpflichtet ist. Diese „Verpflichtung“ hat den Sinn, dass der Arbeitnehmer von sich aus die Bestätigung vorlegt. Ohne konkrete Aufforderung des Arbeitgebers im Anlassfall hat die Nichtvorlage der Bestätigung – auch bei vertraglicher Regelung – für den Arbeitnehmer hingegen keine Konsequenzen. Er behält seinen Entgeltfortzahlungsanspruch.
Die Bestätigung kann von der zuständigen Krankenkasse oder eines Amts- oder Gemeindearztes ausgestellt werden. Der Arbeitnehmer hat hier ein Wahlrecht. Nach hM ist eine Bestätigung auch durch einen Vertragsarzt möglich, nicht jedoch durch einen Wahlarzt (keine vertragliche Beziehung zum zuständigen Krankenversicherungsträger).
Verhalten im Krankenstand
Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich für Arbeitnehmer die Verpflichtung, sich im Falle einer Krankheit oder eines Unglücksfalles und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird. Der Arbeitnehmer darf kein Verhalten setzen, das den Krankheitsverlauf negativ beeinflusst und/oder den Heilungsprozess verzögert.
Der Arbeitnehmer hat die für die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit notwendigen ärztlichen Anordnungen zu befolgen. Auch wenn ausdrückliche Anordnungen des Arztes über das Verhalten im Krankenstand fehlen, darf der Arbeitnehmer die nach der allgemeinen Lebenserfahrung üblichen Verhaltensweisen nicht betont und offenkundig verletzen. Das Verhalten des Arbeitnehmers muss nicht tatsächlich zu einer Verlängerung des Krankenstandes führen. Es genügt bereits die Eignung, den Genesungsprozess zu verzögern.
Der Arbeitnehmer verliert den Entgeltfortzahlungsanspruch für jene Zeit, um die sich der Krankenstand durch sein „schädliches“ Verhalten verlängert.
Entgeltfortzahlungsanspruch bei Dienstverhinderung
Der Arbeitnehmer behält bei Krankheit pro Arbeitsjahr für eine gewisse Zeit seinen Anspruch vollständig, danach 4 Wochen zur Hälfte gemessen am Arbeitsentgelt. Bei wiederholter Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unglücksfall innerhalb eines Arbeitsjahres besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nur, wenn die Dauer des Anspruches bei der Ersterkrankung noch nicht erschöpft ist. Dh Arbeitnehmer können nur noch einen eventuell bestehenden Restanspruch aus der Dauer der Ersterkrankung ausschöpfen. Mit Beginn des neuen Arbeitsjahres entsteht ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch in voller Höhe.
Anzeigepflichtige Krankheiten
§ 1 des Epidemiegesetzes sieht diverse Krankheiten vor, die einer Anzeigepflicht unterliegen. Der Anzeigepflicht nach dem Epidemiegesetz unterliegen Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle in Zusammenhang mit COVID-19 (Verordnung BGBl II Nr 15/2020). Dies ist aus der genannten Verordnung zu entnehmen.
Für Arbeitgeber ist im Epidemiegesetz keine ausdrückliche Meldepflicht an die Bezirksverwaltungsbehörde (das Gesundheitsamt) vorgesehen. Den Arbeitgeber treffen Fürsorgepflichten, die die Vorsorge für den Schutz des Lebens und der Gesundheit der anderen Arbeitnehmer umfasst. Aus dieser Fürsorgepflicht kann sich im Einzelfall ergeben, dass der Arbeitgeber einen Verdachts- oder Erkrankungsfall an die zuständige Behörde zu melden hat.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht macht es keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer an einer anzeigepflichtigen Krankheit iSd Epidemiegesetz oder an einer anderen Krankheit erkrankt ist, die zur Arbeitsunfähigkeit führt:
Entgeltfortzahlung in Zusammenhang mit COVID-19
Das Epidemiegesetz regelt die Entgeltfortzahlung gesondert. Wird der Arbeitnehmer behördlich unter Quarantäne gestellt, hat der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen Vergütungsbeitrag für die gesamte Dauer der behördlichen Maßnahme zu bezahlen. Der Vergütungsbeitrag richtet sich nach dem regelmäßigen Entgelt iSd Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Der Arbeitnehmer erhält damit weiterhin sein regelmäßiges Entgelt.
Der Arbeitgeber kann den an den Arbeitnehmer gezahlten Vergütungsbeitrag vom Bund zurückverlangen. Der Arbeitgeber hat diesen Anspruch binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen. Nach dieser Frist erlischt der Anspruch.
Was gilt in Quarantäne?
Bei einer verhängten Quarantäne wird der Entgeltanspruch aufrecht bleiben. Dies wird dann als unverschuldete Dienstverhinderung zu werten sein, deren Bestimmungen sich sowohl im Gesetz (§ 8 Abs 3 AngG) als auch in zahlreichen Kollektivverträgen wiederfinden. Im Falle einer behördlichen Anordnung der Quarantäne besteht nach dem Epidemiegesetz ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Arbeitgeber können in Folge innerhalb von drei Monaten Kostenersatz beim Bund beantragen. Bei einer nachgewiesenen Ansteckung und der daraus folgenden ärztlichen Krankschreibung liegt ein „klassischer“ Krankenstand vor.