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02.10.2024 | Arbeitsrecht | ID: 1185579

Welche persönlichen Dienstverhinderungsgründe sind anerkannt?

WEKA (cva)

Erscheint ein Arbeitnehmer nicht zum Dienst, weil bestimmte persönliche Dienstverhinderungsgründe vorliegen, hat der Arbeitgeber das Entgelt „für eine verhältnismäßig kurze Zeit“ weiter zu bezahlen.

Der Grundgedanke ist, dass Termine und private Angelegenheiten des Angestellten oder Dienstnehmers (idF gemeinsam Arbeitnehmer) in der Freizeit wahrzunehmen sind. Ist dies nicht möglich, so behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung trotz Dienstverhinderung, wenn er

  • durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe,
  • ohne sein Verschulden,
  • während einer verhältnismäßig kurzen Zeit

an der Leistung seiner Dienste verhindert wird. Diese Bestimmung ist vom Gesetzgeber als „Generalklausel“ gestaltet worden.

Unter einer „verhältnismäßig kurzer Zeit“ ist jedenfalls die Dauer bis zu einer Woche zu sehen, und zwar pro Dienstverhinderungsgrund. In Einzelfällen ist auch eine längere Dienstverhinderung möglich.

Die hM nimmt jedoch für die Wortfolge „verhältnismäßig kurzen Zeit“ zwei Konkretisierungen vor:

  • Da kein genauer Bezugszeitraum angegeben ist, wird darunter pro Anlassfall verstanden
  • Als Auslegungshilfe wird für die Dauer ein Richtwert von einer Woche pro Anlassfall herangezogen (vgl Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm³, § 8 AngG Rz 157 mwN)

Die Konkretisierung „pro Anlassfall“ ist deswegen wichtig, da mehrere Dienstverhinderungen, die ihren Grund in derselben Ursache haben („gleichartige Termine“ zB Arzttermine wegen desselben Leidens), zusammenzurechnen sind. Kommt es zu einer Dienstverhinderung aus einer anderen (neuen) Ursache, entsteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen einer Dienstverhinderung, dies sogar dann, wenn zwischen der vorigen und dieser Dienstverhinderung noch gar kein Dienstantritt erfolgte (vgl Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm³, § 8 AngG Rz 156 mwN).

Die eine Woche (pro Anlassfall) gilt als Richtwert. Ein Überschreiten ist daher im Einzelfall durchaus möglich. Die hM zieht als Faktoren für die zulässige Dauer der Dienstverhinderung die Dienstdauer und die Art bzw Wichtigkeit des Hinderungsgrundes heran. Je mehr Zeit der Hinderungsgrund in Anspruch nimmt, desto länger kann eine Dienstverhinderung gerechtfertigt sein, zB Abholung eines Schriftstückes von einer Behörde oder ein Arzttermin mit intensiverer Behandlung.

Dauert die Dienstverhinderung länger als „eine verhältnismäßig kurze Zeit“, ändert dies nach hM grundsätzlich nichts am Anspruch des Dienstnehmers auf seine Entgeltfortzahlung für die verhältnismäßig kurze Zeit. Für den darüberhinausgehenden Zeitraum besteht keine Entgeltfortzahlung (vgl Drs in Neumayr/Reissner, ZellKomm³, § 8 AngG Rz 158 mwN).

Als „eine Woche“ gilt das Stundenausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit.

Die Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruches richtet sich nach dem Ausfallsprinzip, dh er bekommt grundsätzlich jenes Entgelt, das er verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte.

Achtung – Entfall der Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers

Bei elementarsten Ereignissen wie Lawinenabgang, Hochwasser, also einer elementaren Katastrophe und wenn eine große Anzahl von Arbeitnehmern von einem umfassenden Ereignis betroffen sind, entfällt grundsätzlich die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

Gründe für Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts bei Vorliegen sonstiger wichtiger Gründe, die seine Person betreffen und er an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, zB bei:

  • Eigener Hochzeit
  • Geburt des eigenen Kindes
  • Hochzeit, Todesfall von nahen Angehörigen
  • Arztbesuch, Vorladung zu Behörden
  • Umzug, Übersiedlung

Kollektivverträge

Zusätzlich ist für die Gewährung von sonstigen Dienstverhinderungsgründen der jeweilige Kollektivvertrag heranzuziehen. In nahezu allen Kollektivverträgen werden unter dem Titel „Freizeit/Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung“ persönliche Dienstverhinderungsgründe und die dafür gebührende Freizeit angeführt.

Beispiele: Anerkannte Dienstverhinderungsgründe

Folgende Gründe wurden als wichtige Gründe des Arbeitnehmers anerkannt (so diese Termine nicht in der Freizeit möglich sind):

  • Notwendige Arztbesuche, Vorsorgeuntersuchungen, Zahnbehandlungen oder ärztlich angeordnete physikalische Behandlungen sowie alle ärztlich angeordneten ambulatorischen Heilbehandlungen. (Für Gesundheitsstörungen, die zu Arbeitsunfähigkeit führen, gelten die Regelungen zur Dienstverhinderung im Krankheitsfall.)
  • Vorladungen vor Gericht, Ämter und Behörden
  • Dringende Behördenwege, die nicht telefonisch erledigt werden können.
  • Sponsionsfeier des Sohnes (im konkreten Fall waren 4 Stunden angemessen), nicht jedoch für den Bruder, der weder im gemeinsamen Haushalt lebt noch diesen finanziell unterstützt.
  • Erfüllung einer Impfpflicht
  • Tätigkeit als fachkundiger Laienrichter
  • Begräbnisse: für Begräbnisse von Personen, die nicht in Kollektivverträgen angeführt sind, ist die Gradesnähe und die menschliche soziale Bindung zu beachten.
  • Gaszählerkommissionierung, wenn der Arbeitnehmer hierfür keine geeignete Vertretung findet.
  • Pflege und Betreuung von Familienmitgliedern, einschließlich das Aufsuchen medizinischer Einrichtungen als Besuch oder Begleitung der erkrankten Person.

Beispiele: Keine Dienstverhinderungsgründe

Abgelehnt wurden als wichtige Gründe zB

  • Fortbildungsprogramme in privatem Eigeninteresse
  • Ablegung von Prüfungen, die im Eigeninteresse des Arbeitnehmers liegen (zB Jagd- oder Führerscheinprüfung), es sei denn, diese Prüfungen liegen im Interesse des AG
  • Private Massagebehandlungen
  • Termine beim Anwalt, es sei denn, der Termin ist nur während der Arbeitszeit möglich oder der Arbeitnehmer hat auf den Termin keinen Einfluss.
  • Bankwege werden aufgrund der „Online-Möglichkeiten“ in der hL abgelehnt.
  • Wohnungsrenovierungen

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