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Zeiterfassung – was gilt hinsichtlich der Aufzeichnungspflicht?
Lesen Sie in diesem Beitrag, welche Regeln für Arbeitszeitaufzeichnungen – auch im Homeoffice – gelten. Was muss bei manuellen oder digitalen Zeiterfassungen beachtet werden, um Strafen zu vermeiden?
Wie die Aufzeichnungen konkret vorgenommen werden müssen, ist gesetzlich nicht näher festgelegt. Der Arbeitgeber kann die Art der Erfassung bzw des Systems der Aufzeichnungen – ob händisch oder automationsunterstützt – festlegen, ohne dass ein besonderes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 96 Abs 1 Z 3 ArbVG) oder des Arbeitnehmers (§ 10 AVRAG) greift, es sei denn, dass der Arbeitgeber eine Kontrollmaßnahme einführen möchte, welche die Menschenwürde berührt. Da eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht besteht, liegt die besondere Ausnahme von der erzwingbaren notwendige Mitbestimmung vor (§ 96a Abs 1 Z 1 Satz 2 ArbVG).
Die Aufzeichnungspflicht
Die Aufzeichnungen haben in der Betriebsstätte zu erfolgen. Auch bei Arbeiten außerhalb der Betriebsstätte müssen Arbeitszeitaufzeichnungen geführt werden, zB bei Dienstreisen, bei Lenkern, im Außendienst etc. In solchen Fällen müssen die Aufzeichnungen zeitnah in die Betriebsstätte transferiert werden, sofern nicht eine elektronische Direkteingabe zB über einen Remote-Zugriff über Smart-Phone auf das elektronische Zeiterfassungssystem möglich ist.
Die geleisteten Arbeitsstunden müssen mit der Uhrzeit des Beginns, der Pausen und des Endes schriftlich aufgezeichnet werden, bei Geltung von Durchrechnungszeiträumen auch deren Beginn und Dauer. Erforderlich ist auch die Aufzeichnung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit, damit auch die Einhaltung der Ruhezeiten geprüft werden kann. Beginn und Ende der Durchrechnungszeiträume sind jedenfalls in den Arbeitszeitaufzeichnungen festzuhalten.
Die Aufzeichnung von bloßen Stundensalden ist nicht ausreichend. Saldenaufzeichnungen sind gem § 26 Abs 3 AZG nur dann zulässig, wenn die Lage der Arbeitszeit und der Arbeitsort weitgehend selbst bestimmt werden kann oder die Tätigkeit überwiegend in der Wohnung ausgeübt wird. Dann ist es ausreichend, nur die Tagesarbeitszeit festzuhalten.
Keine Aufzeichnungspflicht
Zeiten des Urlaubs, arbeitsfreie Feiertage, Krankenstände sind nicht notwendigerweise aufzuzeichnen, da sie nur entgeltpflichtige Zeiten ohne Arbeitspflicht darstellen. Die Kennzeichnung als Entgeltfortzahlungszeit empfiehlt sich jedoch, wie auch selbstverständlich die Aufzeichnung der Urlaubszeiten.
Keiner Aufzeichnungspflicht unterliegt, welche Arbeiten geleistet worden sind. Nur bei Lenkern sind Lenkzeiten, sonstige Arbeitsleistungen und Arbeitsbereitschaft zu unterscheiden. Zeiten der Arbeitsbereitschaft und Dienstreisebewegungszeiten sind aufzuzeichnen, da es sich hierbei um Arbeitsleistungen handelt (§ 20b AZG). Bloße Rufbereitschaften (§ 20a AZG) sind jedoch nicht aufzuzeichnen, sondern es besteht erst im Einsatzfall Aufzeichnungspflicht. Allerdings empfiehlt es sich, Rufbereitschaften als solche gekennzeichnet aufzuzeichnen.
Die Verpflichtung zur Aufzeichnung über Ruhepausen kann gem § 26 Abs 5 AZG entfallen, wenn durch Betriebsvereinbarung oder, sofern kein Betriebsrat besteht, durch schriftliche Einzelvereinbarung Beginn und Ende der Ruhepause festgelegt wird bzw es dem Arbeitnehmer überlassen wird, innerhalb eines festgelegten Zeitraums die Ruhepause zu konsumieren und von dieser Vereinbarung nicht abgewichen wird (zB der Arbeitnehmer hat zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr die Pause zu konsumieren). Der Entfall der Pausenaufzeichnung ist jedoch nur dann anzuwenden, wenn ein konkretes Ausmaß der Pause festgelegt ist.
Zeitaufzeichnung im Homeoffice
Für Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung (Homeoffice) ausüben, sind ausschließlich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen (vgl § 26 Abs 3 AZG). Das „Überwiegen“ bezieht sich auf die Arbeitszeit der einzelnen Tage, an denen Homeoffice-Tätigkeit vereinbart wurde (Risak in Brodil [Hrsg], Entgrenzte Arbeit, 29). Auch Pfeil und Schrank zufolge kann nur das Verhältnis der geleisteten Arbeitszeiten in Stunden herangezogen werden, wodurch längere Homeoffice-Arbeitsstunden genügen (Pfeil AZG4 Rz 10; Schrank AZG5 Rz 11). Sind die Arbeitszeiten fix vorgegebenen, dann muss der Arbeitnehmer Abweichungsaufzeichnungen gem § 26 Abs 5a AZG führen.
Aufzeichnung bei fixer Arbeitszeiteinteilung
Im Falle einer schriftlich festgehaltenen fixen Arbeitszeiteinteilung haben die Arbeitgeber lediglich deren Einhaltung zumindest am Ende jeder Entgeltzahlungsperiode sowie auf Verlangen des Arbeitsinspektorates zu bestätigen. Es sind nur Abweichungen von dieser Einteilung laufend aufzuzeichnen. Kommt es zu Abweichungen von der schriftlich fixen Einteilung, sind diese Abweichungen laufend aufzuzeichnen. Eine schriftlich festgehaltene fixe Arbeitszeiteinteilung besteht dann, wenn diese in echten Betriebsvereinbarungen oder schriftlichen Einzelvereinbarungen aufscheinen.
Die Voraussetzung ist beispielsweise auch dann erfüllt, wenn in schriftlichen Dienstplänen eine eindeutige Arbeitszeiteinteilung schriftlich festgehalten ist, welche auch deutlich den einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden kann.
Wer führt die Aufzeichnungen?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die schriftlichen Aufzeichnungen herzustellen. Der Arbeitgeber kann jedoch mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser die Aufzeichnungen selbst führt (§ 26 Abs 2 AZG). Eine einseitige Weisung des Arbeitgebers ist unzulässig. Arbeitnehmer können gem § 26 Abs 4 AZG auch mittels Betriebsvereinbarung verpflichtet werden, die Aufzeichnungen zu führen, jedoch nur, wenn es sich um Arbeitnehmer gem § 26 Abs 4 AZG handelt.
Die Vereinbarung der Aufzeichnung durch den Arbeitnehmer wird aus praktischen Erwägungen insbesondere bei gleitender Arbeitszeit getroffen, jedoch auch bei anderen flexiblen Arbeitszeitformen. Ausgeschlossen ist eine solche Vereinbarung jedoch, wenn eine Ruhezeitenverkürzung iSd § 12 Abs 2a AZG vorliegt (Schichtwechsel bei werk- und sonntags ununterbrochen fortlaufender Schicht).
Es drohen Strafen bei Verletzung der Aufzeichnungspflicht
Besonders sei darauf hingewiesen, dass Aufzeichnungspflichten hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitnehmers gesondert nach § 28 AZG zu bestrafen sind, wenn durch das Fehlen der Aufzeichnungen die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar wird. Die mangelhafte Aufzeichnung bildet den Straftatbestand.
Manuelle Zeiterfassungssysteme
Mangels digitaler Einrichtungen werden handschriftliche Zeiterfassungssysteme und Stechuhr-Systeme verwendet. Damit wird die tatsächliche Arbeitszeit gemessen. Der Arbeitgeber erteilt den Arbeitnehmern die Weisung, die Stechuhr zu betätigen und die Arbeitnehmer haben diese Weisung zu befolgen. Sofern keine gesonderte Vereinbarung getroffen wird, ist das Betätigen der Stechuhr die erste bzw letzte Arbeitshandlung am Arbeitstag. Das bedeutet, der Arbeitnehmer stellt seine Arbeitsleistung in diesem Zeitraum dem Arbeitgeber zur Verfügung, hält sich zur Arbeitsleistung bereit und unterliegt dessen Weisungen. Aus diesem Grund ist diese Zeit als Arbeitszeit zu qualifizieren. Daraus ergibt sich auch, dass der Weg von der Stechuhr bis zum eigentlichen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers ebenso zur Arbeitszeit gerechnet wird.
Das Bestehen eines Stechuhr-Kontrollsystems impliziert, dass damit, also mit den auf den Stempelkarten aufscheinenden, das Eintreffen im Betrieb einerseits und das Verlassen des Betriebes andererseits markierenden Zeitangaben, der Beginn und das Ende der Arbeitszeit festgehalten, somit die tatsächliche Arbeitszeit gemessen wird. Sofern keine besondere vertragliche Vereinbarung besteht, ist das Betätigen der Stechuhr die jeweils erste und letzte tägliche „Arbeitshandlung“. Einem Gegenbeweis, etwa in Form eines Zeugen, kann nur dann entsprechendes Gewicht zukommen, wenn im konkreten Betrieb neben dem Stechuhr-Kontrollsystem ein weiteres Kontrollsystem besteht, wodurch Abweichungen festgestellt werden
Digitale Zeiterfassungssysteme
Will der Arbeitgeber nicht auf die Zustimmung des Betriebsrats angewiesen sein, sind beispielweise händische Aufzeichnungen, die Verwendung von Magnetkarten, Chips, oder Ähnliches eine Option. Für den Einsatz von Kontrollsystemen, die mit biometrischen Daten arbeiten (zB Fingerabdruck- oder Augenscan) ist gem § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG die Zustimmung des Betriebsrats (mangels Betriebsrats die der einzelnen Arbeitnehmer gem § 10 AVRAG) notwendig. Die Einführung und Verwendung elektronischer Zeiterfassungssysteme steht grundsätzlich im freien Belieben des Arbeitgebers. Nur wenn die Maßnahmen bzw Systeme die Menschenwürde berühren, so ist die Einführung und Verwendung dieser nur bei Zustimmung des Betriebsrats in Form einer Betriebsvereinbarung zulässig.
So berührt zB die Verwendung eines GPS-Ortungssystems in einem Dienstfahrzeug des Arbeitnehmers während dessen Arbeitszeit und Freizeit die Menschenwürde. Solche Kontrollen des Arbeitgebers außerhalb der Dienstzeit sind jedenfalls unzulässig (Löschnigg, Arbeitsrecht¹³ Rz 11/116; Rebhahn in Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat, Bd 34, Alles unter Kontrolle?, 144; vgl EGMR Bsw 35623/05 Pkt I.2.a., sowie OGH 9 ObA 120/19s). Mangels Einrichtung eines Betriebsrats ist die Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer erforderlich (§ 10 AVRAG).
Konsequenzen falscher Angaben
Schuldhaft falsche Eintragungen oder Verfälschungen sind rechtswidrig, wenn sie wesentliche Auswirkungen auf die daraus zu ziehenden Konsequenzen haben. Der Arbeitgeber sieht sich dann mit Verwaltungsstrafen konfrontiert. Bei Arbeitnehmern kann dies eine wesentliche Pflichtvernachlässigung darstellen oder auch einen Arbeitszeitbetrug und somit Untreue im Dienst, was zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung und damit zur Entlassung führen kann. Das wiederholte Unterlassen der Erfassung des Arbeitsendes, allenfalls auch unabhängig von einem damit verbundenen Schädigungs- oder Täuschungsvorsatzes des Dienstnehmers, kann das Vertrauensverhältnis erschüttern. Dies trifft bei Angestellten zu (§ 27 AZ 1 AngG). Bei Arbeitern macht nur eine strafbare Handlung vertrauensunwürdig, sodass ein Entlassungsgrund vorliegen würde. Der Arbeitgeber hat die Strafbarkeit des Verhaltens des Arbeitnehmers, zB die vorsätzliche Manipulation der Arbeitszeitaufzeichnungen und damit auch die subjektive Tatseite zu beweisen. Eine Pflichtvernachlässigung iSd § 82 lit f GewO muss beharrlich erfolgen, damit die Entlassung gerechtfertigt ist.