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Beschränkungen für die Gewinnausschüttung in Zeiten von COVID-19
Die Gastautoren Dr. Lukas Schenk (Foto) und Dr. Florian Linder geben in diesem Beitrag einen guten Überblick über das gesetzliche Gewinnausschüttungsverbot und Beschränkungen aufgrund der Treuepflicht.
Negative wirtschaftliche Entwicklungen aufgrund der COVID-19-Krise können bei Gesellschaften Beschränkungen in Hinblick auf die Ausschüttbarkeit von Gewinnen auslösen. Dies kann bereits Gewinne aus dem Geschäftsjahr 2019 betreffen.
1. Gesetzliches Gewinnausschüttungsverbot
Bei einer erheblichen und voraussichtlich nicht bloß vorübergehenden Verschlechterung des Vermögens einer GmbH durch eingetretene Verluste oder Wertverminderungen besteht (wie bisher) eine gesetzliche Ausschüttungssperre (§ 82 Abs 5 GmbHG). Die Regelung ist zwingend und bezweckt ebenso – wie § 82 Abs 1 GmbHG – (zumindest auch) den Gläubigerschutz.
Für Aktiengesellschaften besteht keine entsprechende gesetzliche Regelung. Eine analoge Anwendung auf die Aktiengesellschaft ist strittig. Höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt soweit ersichtlich.
Eine Vermögensminderung ist voraussichtlich nicht bloß vorübergehend, wenn beispielsweise ungeplante und quantitativ bedeutende negative Planabweichungen vorliegen und sich bis Jahresende keine Besserung abzeichnet (vgl. Wenger/Ebner, RWZ 2020, 148). Übliche Kurs- und Preisschwankungen sind regelmäßig nicht zu berücksichtigen (Bauer/Zehetner in Straube GmbHG § 82 Rn 43). Zur Erheblichkeit vertritt die hL, dass es auf das Vorliegen einer Unterbilanz nicht ankomme.
Die Verschlechterung des Vermögens muss zwischen dem Schluss des Geschäftsjahres (Stichtag des Jahresabschlusses) und der Fassung des Feststellungsbeschlusses eingetreten sein. Verschlechterungen nach der Feststellung des Jahresabschlusses sind in Hinblick auf § 82 Abs 5 GmbHG irrelevant.
Der Bilanzgewinn ist in einem der erlittenen Vermögensminderung entsprechenden Betrag von der Ausschüttung ausgeschlossen und auf neue Rechnung vorzutragen. Die Höhe der Vermögensminderung kann praktisch durch die Aufstellung einer Zwischenbilanz ermittelt werden. Der (an sich) ausschüttungsfähige Bilanzgewinn ist um den so ermittelten Verlust zu reduzieren. Nur der verbleibende Teil des Bilanzgewinns darf ausgeschüttet werden, der Rest ist (wie ein Gewinnvortrag) auf neue Rechnung vorzutragen.
Der Geschäftsführer (und allenfalls auch der Aufsichtsrat) hat vor Feststellung des Jahresabschlusses auf eine derartige Verschlechterung hinzuweisen. Der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Auszahlung zu verweigern, wenn und soweit die Gesellschafter die Ausschüttung – entgegen § 82 Abs 5 GmbHG –beschließen (OGH 31.01.2013, 6 Ob 100/12t).
2. Beschränkungen aufgrund der Treuepflicht
Verschlechterungen der Vermögenslage nach der Feststellung des Jahresabschlusses sind – wie bereits dargelegt – in Hinblick auf § 82 Abs 5 GmbHG unbeachtlich. Eine analoge Anwendung von Abs 5 auf solche Verschlechterungen wird abgelehnt (Bauer/Zehetner in Straube GmbHG § 82 Rn 45).
Stimmt der Gesellschafter für eine Ausschüttung des Bilanzgewinnes, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen allerdings treuwidrig (und damit anfechtbar) sein. Ein Verstoß gegen die Treuepflicht wird etwa dann angenommen, wenn die Interessen der Gesellschaft an der Thesaurierung die Interessen des Gesellschafters an der Ausschüttung massiv überwiegen. Dies ist dann der Fall, wenn das Interesse der Gesellschaft an der Bildung der Rücklage besonders stark ausgeprägt ist, nämlich dann, wenn die Rücklagenbildung für die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft erforderlich ist (OGH 31.01.2013, 6 Ob 100/12t). Ein „Ausschüttungsverbot“ aufgrund der Treuepflicht kann daher vor allem bei Existenzgefährdung der Gesellschaft angenommen werden.
3. Restriktionen bei Inanspruchnahme finanzieller Maßnahmen
Davon abgesehen sind bei Inanspruchnahme finanzieller Maßnahmen die in den COFAG-Richtlinien enthaltenen Restriktionen zu beachten. So gelten beispielsweise bei Inanspruchnahme von Direktzuschüssen, Garantien (Übernahme von Haftungen durch die COFAG für Verbindlichkeiten des Unternehmens) und Direktkrediten (Gewährung von Direktkrediten durch die COFAG in Form von Überbrückungskrediten) aufgrund der Richtlinie ein (absolutes) Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot für bestimmte Zeiträume sowie weitere Einschränkungen wie beispielsweise eine maßvolle Dividenden- und Gewinnausschüttungspolitik für die verbleibende Laufzeit der finanziellen Maßnahme.
Autoren
Dr. Lukas Schenk:
Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Umstrukturierungen-Umgründungen, Gesellschaftsrecht einschließlich Gesellschafterkonflikt und Geschäftsführerberatung, Gewerberecht sowie Arbeitsrecht.
MMag. Dr. Florian Linder:
MMag. Dr. Florian Linder ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien und ist ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschafts- und Unternehmensrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Liegenschafts-, Miet- und Wohnrecht.
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