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30.03.2022 | Ehe- und Familienrecht | ID: 1112581

Feststellung der Vaterschaft bei eingetragener Partnerschaft

Stanislava Doganova

Aktuelle OGH-Entscheidung zur Frage, ob ein Antrag auf Feststellung der Vaterschaft nach § 144 Abs 1 Z 1 ABGB zur Feststellung einer sich bereits aus dem Gesetz ergebenden Vaterschaft in Frage kommt.

Geschäftszahl

OGH 20.10.2021, 9 Ob 49/21b

Norm

§ 144 ABGB, § 145 ABGB, § 146 ABGB, § 1 EPG, § 2 EPG, § 3 EPG

Leitsatz

Quintessenz:

Ein Antrag auf Feststellung der Vaterschaft nach § 144 Abs 1 Z 1 ABGB zur Feststellung einer sich bereits aus dem Gesetz ergebenden Vaterschaft kommt nicht infrage. Im Verhältnis zum Standesamt als Antragsgegner im gegenständlichen Verfahren ist eine Prüfung der Vaterschaft des Antragstellers im Rahmen des Personenstandsverfahrens vorzunehmen, in dem auch eine Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht vorgesehen ist (§ 4 PStG 2013).

OGH: Die nach dem ABGB begründete Abstammung und deren Änderung sowie die Feststellung der Nichtabstammung wirken gemäß § 140 ABGB gegenüber jedermann.

Der Ehemann der Mutter ist gemäß § 144 Abs 1 Z 1 ABGB ex lege der Vater. Diese Wirkung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Anders als vor dem FamErbRÄG 2004 ist die Vaterschaft nach Z 1 auch nicht mehr an eine gesetzliche Vermutung geknüpft. Vielmehr wird ausdrücklich gesagt, dass die Geburt des Kindes unmittelbar den Status der Abstammung vom Ehemann der Mutter begründet. Der Ehemann der Mutter ist im Rechtssinn der Vater (ErlRV 471 BLGNR XXII. GP, 14 zur Vorläuferbestimmung des § 138 ABGB; Pierer in Deixler-Hübner, Handbuch Familienrecht2 [2020], I.C.1. (Allgemeines); Hopf/Höllwerth in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 § 144 Rz 2).

Eine rechtlich bestehende Abstammung gilt solange, bis sie auf die gesetzlich vorgesehene Weise beseitigt wird. Letzteres ist nur für die Vaterschaft möglich. Die Vaterschaft kraft Ehe der Mutter wird durch Feststellung der Nichtabstammung (§ 151 ABGB) aufgehoben, das Vaterschaftsanerkenntnis durch Unwirksamerklärung (§ 154 ABGB) und die gerichtlich festgestellte Vaterschaft durch einen Abänderungsantrag im außerstreitigen Verfahren. Darüber hinaus kann jede nach § 144 ABGB bestehende Vaterschaft durch das wirksame Anerkenntnis eines anderen Mannes (§ 147 Abs 2 ABGB) oder im Wege eines „Vätertauschverfahrens“ (§ 150 ABGB) beseitigt werden. Die von § 140 ABGB erwähnte „Feststellung der Nichtabstammung“ ist nur ein Fall, in dem eine gesetzlich begründete Vaterschaft aufgehoben wird (Fischer-Czermak in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 140 Rz 2).

Mit Erkenntnis vom 04.12.2017, AZ G 258/2017 ua (G 258-259/2017-9), hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge „verschiedenen Geschlechtes“ in § 44 ABGB sowie die Wortfolgen „gleichgeschlechtlicher Paare“ in § 1 EPG, „gleichen Geschlechts“ in § 2 EPG sowie § 5 Abs 1 Z 1 EPG als verfassungswidrig auf. Daraus resultierte die Öffnung sowohl der Ehe als auch der eingetragenen Partnerschaft gleichermaßen für verschieden- als auch gleichgeschlechtliche Paare. Eine gesetzliche Anpassung (ua) des § 144 Abs 1 Z 1 ABGB erfolgte nicht.

In der Lehre wird vertreten, dass durch das Erkenntnis des VfGH in § 144 Abs 1 Z 1 ABGB eine nachträgliche Gesetzeslücke entstanden ist und die Bestimmung deshalb auf verschiedengeschlechtliche eingetragene Partnerschaften analog anzuwenden ist. Fischer-Czermak weist darauf hin, dass im Gegensatz zu gleichgeschlechtlichen Partnerinnen, auf die § 144 Abs 2 Z 1 ABGB abstelle, bei verschiedengeschlechtlichen Partnern – wie in der Ehe – davon ausgegangen werden könne, dass das Kind im Normalfall vom eingetragenen Partner der Mutter stamme (Fischer-Czermak, Reformbedarf im Ehe- und Partnerschaftsrecht, JRP2020, 15).

Aus den obigen Ausführungen folgt, dass unabhängig von der Frage, ob § 144 Abs 1 Z 1 ABGB analog auf Väter von in eingetragenen Partnerschaften geborenen Kindern anzuwenden ist, ein Antrag auf Feststellung der Vaterschaft nach § 144 Abs 1 Z 1 ABGB zur Feststellung einer sich bereits aus dem Gesetz ergebenden Vaterschaft nicht in Betracht kommt. Im Verhältnis zur Antragsgegnerin ist eine Prüfung der Vaterschaft des Antragstellers im Rahmen des Personenstandsverfahrens vorzunehmen, in dem auch eine Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht vorgesehen ist (§ 4 PStG 2013).