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Krankenhausaufenthalt von Kind und Mutter: Gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs 3a FamZeitbG?
Wurden Mutter und Kind wegen einer die Mutter betreffenden medizinischen Indikation stationär im Krankenhaus aufgenommen, ist der Anspruch auf Familienbonus und das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts nach § 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG zu prüfen.
Geschäftszahl
OGH 25.01.2022, 10 Ob S 82/21p
Norm
§§ 2 Abs 3, 2 Abs 3a FamZeitbG
Leitsatz
Quintessenz:
Wurden Mutter und Kind wegen einer die Mutter betreffenden medizinischen Indikation stationär im Krankenhaus aufgenommen, ist der Anspruch auf Familienbonus und das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts nach § 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG zu prüfen. Die tatsächliche Wohngemeinschaft ist in einem solchen Fall zwar aufgehoben; die Wirtschaftsgemeinschaft der Eltern sowie ihre Absicht, auf Dauer zu dritt eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu führen, bleiben aber bestehen.
OGH: Im Anlassfall wurde die mit dem Kläger und dem gemeinsamen Kind in einem Haushalt lebende Ehegattin des Klägers wenige Tage nach der Entbindung stationär im Krankenhaus aufgenommen. Da sie ihr Kind stillte, wurde dieses mit seiner Mutter ins Krankenhaus aufgenommen. Dort pflegte der Kläger, anders als die kranke Mutter, das Kind im Ausmaß von deutlich mehr als vier Stunden täglich.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG setzt der Anspruch auf Familienbonus ua voraus, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben. Ein solcher liegt vor, wenn alle drei Personen in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Das Vorliegen einer „dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ bejaht die Judikatur dann, wenn eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft tatsächlich aufgenommen wird mit der Absicht, sie auf Dauer zu führen.
Nach § 2 Abs 3a FamZeitbG wird bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise ein gemeinsamer Haushalt angenommen.
Dem OGH zufolge ist während des stationären Krankenhausaufenthalts der Mutter die tatsächliche Wohngemeinschaft der Eltern zwar aufgehoben, das gemeinsame Wirtschaften sowie das für die Annahme einer „dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ wesentliche Element der Absicht, diese auf Dauer zu führen, bleiben aber bestehen. Es liegt daher weiterhin ein gemeinsamer Haushalt vor.
Die Konstellation des Anlassfalls, dass das Kind gemeinsam mit seiner Mutter ins Krankenhaus aufgenommen wurde, fällt nicht in den Anwendungsbereich der Sonderregel des § 2 Abs 3a FamZeitbG, die nur für medizinisch indizierte Krankenhausaufenthalte des Kindes gilt. Es kommt in dieser Konstellation daher nicht darauf an, ob die Ehegattin des Klägers das Kind während des Krankenhausaufenthalts im Mindestmaß von durchschnittlich vier Stunden täglich pflegte und betreute.
Das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts ist vielmehr nach der generellen Regel des § 2 Abs 3 FamZeitbG zu prüfen. Mit dem Kind bestand ein gemeinsamer Haushalt an der Familienwohnadresse. Die durch die Erkrankung der Mutter und das nachvollziehbare Bestreben, das Stillen möglichst zu unterstützen, begründete zeitliche begrenzte Abwesenheit von der gemeinsamen Wohnung beendete die auf Dauer angelegte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, die auch auf das Willenselement der Eltern abstellt, nicht. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Kläger das räumliche und persönliche Naheverhältnis der Familienmitglieder durch seine ausgedehnte Anwesenheit im Krankenhaus innerhalb der Möglichkeiten des Spitalsbetriebs aufrechterhielt.