Firmenbuch und Verbesserungsauftrag: Mitunter ein Buch mit sieben Siegeln
RA Dr. Michael Zwirchmayr setzt sich in diesem Beitrag mit einigen Beispielen aus der Praxis der österreichischen Handelsgerichte im Zusammenhang mit der Eintragung bzw Änderung von Gesellschaften im Firmenbuch auseinander.
Die GmbH gilt gemeinhin als wohl beliebteste Gesellschaftsform in Österreich. Will man die Gründung solcher Gesellschaften beim Firmenbuch zur Eintragung anmelden, so sind damit regelmäßig – von Gesellschaften mit einem Stammkapital von über EUR 100.000,00 einmal abgesehen – Diplomrechtspfleger betraut, denen gemäß § 2 Z 4 iVm § § 22 Abs 2 Z 1 lit b) RpflG diese „Sachen des Firmenbuchs“ (so § 2 Z 4 RpflG) zur Erledigung zukommen. § 11 GmbHG sieht vor, dass die Eintragung der Gesellschaft durch Eintragung des Gesellschaftsvertrags im Firmenbuch vorgenommen wird. Dabei hat das Gericht von Amts wegen eine formelle wie auch materielle Prüfung des Eintragungsbegehrens vorzunehmen.
Mitunter kommt es vor, dass der oder die zuständige Rechtspfleger/in dem Eintragungsbegehren zunächst einen Verbesserungsauftrag im Sinn des § 17 FBG erteilt. Denn ist die Anmeldung zur Eintragung in das Firmenbuch unvollständig oder steht der Eintragung ein sonstiges behebbares Hindernis entgegen, so hat das Gericht dem Antragsteller die Behebung des Mangels aufzutragen. Zuallermeist werden diese Verbesserungsaufträge auch zu Recht erteilt, und nicht selten ist ihre Ursache dem einen oder anderen Flüchtigkeitsfehler im Eintragungsbegehren geschuldet. Dem ist allerdings nicht immer so:
Zwar verfügen Rechtspfleger aufgrund ihrer Ausbildung an sich wohl zweifellos über die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse, die für die Beurteilung der Frage, ob ein solches behebbares Hindernis iSd § 17 FBG vorliegt oder nicht, notwendig sind. Allein scheint es der oder die Eine mitunter etwas gar streng zu nehmen oder aber umgekehrt die eine oder andere Bestimmung nicht mehr ganz so präsent zu haben, oder aber – und das scheint fast der häufigste Anwendungsfall, einer Bestimmung ein besonderes Begriffsverständnis zugrunde zu legen. Dies führt beim Antragsteller des Eintragungsgesuchs (oder besser gesagt bei dessen rechtsfreundlicher Vertretung) mitunter zu Kopfzerbrechen und lässt einen zunächst mehr oder weniger ratlos zurück.
Aktuelle Beispiele des Autors aus der „Gerichtspraxis“
Um dem Leser zu verdeutlichen, was hierunter zu verstehen ist, sei auf nachfolgende exemplarische Auflistung an „wahren Begebenheiten“, mit denen der Autor dieses Beitrags bereits zu kämpfen hatte, verwiesen:
- Der Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, wonach „Beschlüsse schriftlich (auch per Telefax oder E-Mail) gefasst werden“ können, „soweit dem kein zwingendes Formerfordernis entgegensteht“, wurde zunächst die Eintragung mit dem Hinweis verweigert, dass hier wohl eine allfällig gesetzlich vorgesehene notarielle Form umgangen werden sollte und die Bestimmung daher dem GmbHG widerspreche. Sprache kann durchaus komplex sein.
- Gemäß § 34 Abs 1 GmbHG werden Beschlüsse in der Generalversammlung gefasst, „es sei denn, dass sämtliche Gesellschafter sich im einzelnen Fall schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder doch mit der Abstimmung im schriftlichen Weg einverstanden erklären.“ Diese an sich klare Bestimmung führte zu einer Klausel im Gesellschaftsvertrag, wonach Beschlüsse „auch durch Abstimmung gemäß § 34 GmbH gefasst werden“ können. Soweit, so gut. Nicht aber für das im Anlassfall zuständige Gericht: Es fehle der Bestimmung nämlich der Zusatz, dass dies nur dann gelte, wenn „sämtliche Gesellschafter der Beschlussfassung im Umlaufweg zustimmen.“ Auch der Hinweis auf den Wortlaut des zuvor zitierten § 34 GmbHG vermochte das Gericht im Anlassfall nicht umzustimmen.
- Nach der Rspr können Gründungskosten im Ausmaß von bis 20 % des Stammkapitals von der Gesellschaft getragen werden; bei Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung sollte demnach eine entsprechende Klausel, wonach diese Kosten bis zu EUR 2.000,00 aus Gesellschaftsmittel bestritten werden, unbedenklich sein – im Anlassfall jedoch nur dann, wenn sich nicht der Passus „zuzüglich 20 % USt“ in der Klausel findet – denn so „könnte ja versucht werden, diese Grenze auszuhebeln und deutlich mehr Geld aus der Gesellschaft zu ziehen.“ Der Hinweis auf die Unternehmereigenschaft und den Vorsteuerabzug allein brachte keinen Erfolg – erst das Versprechen, diese Bestimmung künftig so nicht mehr in den Verträgen vorzusehen, stimmte das Gericht um.
- Gemäß § 29 UGB muss sich jede neue Firma von allen an demselben Ort bereits bestehenden und in das Firmenbuch eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden. Dass diese Bestimmung im Konzern zu reduzieren ist (zB AB Holding GmbH – AB Linz GmbH, AB Graz GmbH, aber auch AB Buchhaltungs GmbH, AB Vertriebs GmbH etc), hat schon der OGH ausgesprochen. Nun mag man vermuten, ein dezenter Hinweis auf die einschlägige Judikatur führe zur Gegenstandslosigkeit eines diesbezüglich ergangenen Verbesserungsauftrags. Schwierig wird es jedoch dann, wenn das Gericht den Standpunkt vertritt, eine „Beteiligungsgesellschaft, die eine Tochtergesellschaft errichte, sei kein Konzern, denn darunter stelle man sich gemeinhin etwas ganz anderes vor.“ § 115 GmbHG konnte letztlich Abhilfe schaffen.
- Überhaupt scheinen Firmenwortlaute mancherorts ein besonderes Problembewusstsein hervorzurufen: Zu einem beantragten Firmenwortlaut einer Phantasiefirma, in deren Mitte sich die Ziffer „2“ (englisch: two bzw phonetisch to) befand, um sich deren Doppeldeutigkeit zunutze zu machen (zB Water2Wine GmbH), befand das Gericht zunächst, dass dieser schlicht nicht gefalle und überhaupt kein vernünftiger Firmenwortlaut sei – und man dies dem Antragsteller so erklären solle. Die beantragte Eintragung erfolgte letztendlich weniger aufgrund juristischer Raffinesse, denn vielmehr durch bekräftigendes Problemverständnis (arg: „die Liberalisierung des Firmenrechts – keine Glanzleistung der Legistik“), das es jedoch mit dem eisernen Willen der Mandantschaft, die sich stets Anglizismen bediene, nicht aufnehmen könne.
Natürlich bestünde in all diesen Beispielen die Möglichkeit, auf dem – berechtigten – Standpunkt des Eintragungsbegehrens zu verharren und gegen eine abweisende Entscheidung des Firmenbuchgerichts mittels Rekurs an das örtlich zuständige Oberlandesgericht vorzugehen. Allein ist daraus in aller Regel für den Antragsteller (die Mandantschaft) unmittelbar nichts gewonnen, ganz im Gegenteil: Solange das Verfahren nicht (stattgebend) abgeschlossen ist, kommt es jedenfalls nicht zur beantragten Eintragung – und damit im Fall der Gesellschaftsgründung nicht zur vollen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft, entsteht diese doch erst mit Eintragung im Firmenbuch (§ 2 Abs 1 GmbHG).
Praxistipp
Da man dem eigenen Klienten, der oftmals schon kein Verständnis für eine mehrwöchige Bearbeitungszeit bei Gericht auch ohne ergangenem Verbesserungsauftrag zeigt, mit alldem erst gar nicht konfrontieren möchte, erweist sich zuallermeist der Griff zum Telefonhörer als nützlich. Hier kann es jedoch mitunter vorkommen, dass man als Parteienvertreter mit der Frage konfrontiert wird, ob man denn nicht wisse, dass das Firmenbuchverfahren kein mündliches sei und überhaupt ein Rechtsanwalt wissen müsse, dass diese oder jene Eintragung gewiss unzulässig sei (so bspw zunächst geschehen im oben angeführten Beispiel zum Firmenwortlaut bei Konzerngesellschaften).
Fazit
Tatsächlich aber lässt sich eine Vielzahl von Missverständnissen auf kurzem Wege ausräumen und zeigen sich die meisten Rechtspfleger diesbezüglich äußerst pragmatisch und kooperativ. Ungleich weniger Hoffnung auf telefonischen Erfolg (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel!) darf man sich nach hingegen in Angelegenheiten des Grundbuchs machen, die gemäß § 2 Z 3 RpflG ebenso in die Zuständigkeit der Diplomrechtspfleger fallen – aber das ist eine andere Geschichte …
Autor
Dr. Michael Zwirchmayr ist Rechtsanwalt und Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG. Zuvor war er unter anderem mehrere Jahre Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien.