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08.10.2020 | Kanzleipraxis | ID: 1075330

Erwachsenenvertretung – Wichtige Punkte

Sabine Barbach - WEKA (red)

Dieser Beitrag gibt einen guten Kurzüberblick zur Erwachsenenvertretung: Welche Formen gibt es, wer darf nicht als Erwachsenenvertreter eingesetzt werden? Ist ein Erwachsenenvertreter zur Verschwiegenheit verpflichtet?

Formen der Erwachsenenvertretung

Es gibt 4 verschiedene Formen der Vertretung eines Erwachsenen:

  1. Solange man entscheidungsfähig ist, kann man selbst eine Vorsorgevollmacht erstellen.
  2. Gewählte Erwachsenenvertretung: Diesfalls bestimmt eine nicht mehr voll handlungsfähige Person einen gewählten Erwachsenenvertreter für sich.
  3. Gesetzliche Erwachsenenvertretung: Mangelt es an einer Vorsorgevollmacht und einer gewählten Erwachsenenvertretung besteht die Möglichkeit einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung.
  4. Gerichtliche Erwachsenenvertretung: Dann, wenn keine andere Vertretung möglich ist, kommt es zur gerichtlichen Erwachsenenvertretung.

Soweit eine volljährige Person bei Besorgung ihrer Angelegenheiten entsprechend unterstützt wird oder selbst, besonders durch eine Vorsorgevollmacht, für deren Besorgung im erforderlichen Ausmaß vorgesorgt hat, darf für sie kein Erwachsenenvertreter tätig werden.

Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter hat danach zu trachten, dass die vertretene Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann, und sie, soweit wie möglich, in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen.

Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter hat die vertretene Person von beabsichtigten, ihre Person oder ihr Vermögen betreffenden Entscheidungen rechtzeitig zu verständigen und ihr die Möglichkeit zu geben, sich dazu in angemessener Frist zu äußern. Die Äußerung der vertretenen Person ist zu berücksichtigen, es sei denn, ihr Wohl wäre hierdurch erheblich gefährdet.

Schließt eine volljährige Person, die nicht entscheidungsfähig ist, ein Rechtsgeschäft des täglichen Lebens, das ihre Lebensverhältnisse nicht übersteigt, so wird dieses mit der Erfüllung der sie treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.

Wer darf nicht als Erwachsenenvertreter eingesetzt werden?

Als Vorsorgebevollmächtigter und Erwachsenenvertreter darf nicht eingesetzt werden, wer

  1. schutzberechtigt iSd § 21 Abs 1 ABGB ist,
  2. eine dem Wohl der volljährigen Person förderliche Ausübung der Vertretung nicht erwarten lässt, etwa wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, oder
  3. in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer vergleichbar engen Beziehung zu einer Einrichtung steht, in der sich die volljährige Person aufhält oder von der diese betreut wird.

Regelungen für Vorsorgevollmachen und Erwachsenenvertretungen

• Eine Person darf nur so viele Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen übernehmen, wie sie unter Bedachtnahme auf die damit verbundenen Pflichten, insbesondere jene zur persönlichen Kontaktaufnahme, ordnungsgemäß besorgen kann. Insgesamt darf eine Person – ausgenommen ein Erwachsenenschutzverein – nicht mehr als 15 Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungen übernehmen. Ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) kann diese Anzahl überschreiten, wenn er aufrecht in der Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten oder Notaren eingetragen ist.

Hinweis:

Auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer Wien ist im öffentlichen Bereich eine Liste der Erwachsenenvertreter angeführt, ebenso wie ein farblich markierter Hinweis, ob die jeweiligen Erwachsenenvertreter noch Kontingent für weitere Erwachsenenvertretungen besitzen.

  • Mehrere Erwachsenenvertreter können für eine Person nur mit jeweils unterschiedlichem Wirkungsbereich eingesetzt und im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis eingetragen werden.
  • Eine Person kann in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung jemanden bezeichnen, der für sie als Erwachsenenvertreter tätig oder nicht tätig werden soll. Die verfügende Person muss hierfür fähig sein, die Bedeutung und Folgen einer Erwachsenenvertretung sowie der Verfügung in Grundzügen zu verstehen, ihren Willen danach zu bestimmen und sich entsprechend zu verhalten.
  • Die Erwachsenenvertreter-Verfügung muss schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Mitarbeiter eines Erwachsenenschutzvereins errichtet und im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis eingetragen werden. Hegt die eintragende Person Bedenken gegen das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit der verfügenden Person, so hat sie die Eintragung abzulehnen und bei begründeten Anhaltspunkten für eine Gefährdung des Wohles der volljährigen Person unverzüglich das Pflegschaftsgericht zu verständigen.
  • Die verfügende Person kann die Erwachsenenvertreter-Verfügung jederzeit widerrufen. Der Widerruf muss von einem Notar, Rechtsanwalt oder Mitarbeiter eines Erwachsenenschutzvereins im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis eingetragen werden. Die Eintragung hat auf Verlangen der vertretenen Person zu erfolgen. Für den Widerruf genügt es, dass die verfügende Person zu erkennen gibt, dass die Verfügung nicht mehr gelten soll. Auf diese Möglichkeiten kann sie nicht verzichten.
  • Ein Erwachsenenvertreter hat mit der vertretenen Person in dem nach den Umständen des Einzelfalls erforderlichen Ausmaß persönlichen Kontakt zu halten. Der Kontakt soll mindestens einmal im Monat stattfinden.
  • Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter ist (außer gegenüber dem Pflegschaftsgericht) zur Verschwiegenheit über alle ihm in Ausübung seiner Funktion anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet.
  • Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter hat aber auf entsprechende Anfrage hin dem Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten sowie den Eltern und Kindern der vertretenen Person über deren geistiges und körperliches Befinden und deren Wohnort sowie über seinen Wirkungsbereich Auskunft zu erteilen. Dies gilt nicht, soweit die vertretene Person etwas anderes verfügt hat, oder zu erkennen gibt, dass sie eine solche Auskunftserteilung nicht will, oder diese ihrem Wohl widerspricht.
  • Ein Erwachsenenvertreter ist nicht zur Betreuung der vertretenen Person verpflichtet. Ist sie aber nicht umfassend betreut, so hat er sich, unabhängig von seinem Wirkungsbereich, darum zu bemühen, dass ihr die gebotene medizinische und soziale Betreuung gewährt wird.
  • Ein Erwachsenenvertreter hat dem Gericht jährlich über die Gestaltung und Häufigkeit seiner persönlichen Kontakte mit der vertretenen Person, ihren Wohnort, ihr geistiges und körperliches Befinden und die für sie im vergangenen Jahr besorgten und im kommenden Jahr zu besorgenden Angelegenheiten zu berichten. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen bestimmt.
  • Ein Erwachsenenvertreter, der mit der Verwaltung des Vermögens oder des Einkommens der vertretenen Person betraut ist, hat dem Gericht bei Antritt der Vermögenssorge nach gründlicher Erforschung des Vermögensstandes das Vermögen im Einzelnen anzugeben und in weiterer Folge Rechnung zu legen. Das Gericht hat seine Tätigkeit zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohles der vertretenen Person zu überwachen und die dazu notwendigen Aufträge zu erteilen. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen bestimmt.
  • Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter ist verpflichtet, die Vollmachtsurkunde sowie die nach § 140h NO erforderlichen ärztlichen Zeugnisse bis zur Beendigung seiner Vertretung aufzubewahren und auf Verlangen des Gerichts diesem zu übermitteln.
  • Ist das Wohl einer vertretenen Person gefährdet, so hat das Gericht jederzeit von Amts wegen die zur Sicherung des Wohles nötigen Verfügungen zu treffen.

Zur Verschwiegenheit verpflichtet?

Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter ist nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit

  1. ihn davon die insoweit entscheidungsfähige vertretene Person entbunden hat,
  2. die vertretene Person zur Offenlegung verpflichtet ist oder
  3. die Offenlegung zur Wahrung ihres Wohles erforderlich ist.

Zur Haftung des Erwachsenenvertreters

Ein Vorsorgebevollmächtigter oder Erwachsenenvertreter haftet der vertretenen Person für jeden durch sein Verschulden verursachten Schaden. Das Gericht kann die Ersatzpflicht insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie den Vertreter unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades des Verschuldens oder seines besonderen Naheverhältnisses zur vertretenen Person, unbillig hart träfe.

Die zur zweckentsprechenden Ausübung der Vertretung notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die angemessenen Kosten einer zur Deckung der Haftung nach Abs 1 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem gewählten und gesetzlichen Erwachsenenvertreter von der vertretenen Person zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden; ist der einzelne Nachweis dem Erwachsenenvertreter nicht zumutbar, so ist ein angemessener Pauschalbetrag zu erstatten. Für den gerichtlichen Erwachsenenvertreter gilt § 276 Abs 4 ABGB.

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