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Aktuelle OGH-Entscheidung: Zustimmungserfordernis zum Einbau einer Klimaanlage in einer Mietwohnung
Gastautor Mag. Martin Brunnhauser von der MVÖ erläutert in diesem Beitrag die weiterhin ablehnende Judikatur zum Ersatz der Zustimmung im Falle eines nachträglichen Einbaus einer Klimaanlage in eine Mietwohnung.
Aktuelle OGH-Entscheidung
5 Ob 59/21v
Voraussetzungen
MieterInnen, die wesentliche Veränderungen bzw Verbesserungen an ihrem Mietgegenstand vornehmen möchten, müssen diese beabsichtigten Arbeiten ihren VermieterInnen anzeigen. Wenn diese nicht binnen zwei Monaten die geplante Veränderung ablehnen, so gilt die Zustimmung als erteilt (sog. Zustimmungsfiktion). Sollten VermieterInnen jedoch die Veränderung rechtzeitig ablehnen, so kann die Zustimmung durch eine Schlichtungsstelle bzw ein Gericht ersetzt werden. Es sind allerdings etliche Voraussetzungen zu erfüllen, sodass eine Entscheidung gegen den Willen der VermieterInnen erwirkt werden kann.
Wenn die Veränderung dem jeweiligen Stand der Technik und der Übung des Verkehrs entspricht, einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient und auch die einwandfreie Ausführung gewährleistet ist, sind wesentliche Bedingungen erfüllt. Der Mieter muss zudem die Kosten tragen. Auch dürfen keine Beeinträchtigungen schutzwürdiger Interessen des Vermieters oder eines anderen Mieters zu besorgen sein. Eine Schädigung des Hauses, im Besonderen eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, soll nicht erfolgen und eine Gefahr für die Sicherheit von Personen und Sachen darf nicht bewirkt werden.
Eine besondere Herausforderung stellt zumeist der Nachweis der in Abs 1 Z 2 des § 9 MRG angeführten Voraussetzungen, dass „die Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient“, dar.
Der zweite Absatz des § 9 MRG sieht hier zwar eine Erleichterung vor, der Nachweis der Verkehrsüblichkeit und des Vorliegens eines wichtigen Interesses kann unterbleiben, wenn es sich bspw um geförderte Maßnahmen handelt, eine solche lag bei dem hier zu behandelnden Sachverhalt – Einbau eines Splitklimageräts – aber nicht vor.
Zum Sachverhalt
Die BewohnerInnen einer geförderten Neubauwohnung in Wien leiden in den Sommermonaten unter den in dieser Dachgeschosswohnung zustande kommenden hohen Temperaturen. Die vorhandenen Außenjalousien und das Sonnensegel am Balkon vermögen alleine nicht eine weitere Absenkung unter 29 °C in sommermonatlichen Nächten zu erwirken. Den BewohnerInnen wird in dieser Zeit ein erholsamer Schlaf verunmöglicht. Auch führt die ständige Abschattung der Wohnungsfenster zu mangelnder natürlicher Belichtung. Diese Umstände führen sogar zu gesundheitlichen Problemen der BewohnerInnen. Die MieterInnen wollten daher am Dach des Hauses eine Außeneinheit einer so genannten Split-Anlage errichten und vier Inneneinheiten im Inneren der Wohnung installieren lassen. Die Verbindung der Innengeräte mit dem am Flachdach zu positionierenden Außengerät sollte innerhalb eines vorhandenen Leitungsschachtes verlegt werden. Die Eingriffe in die Bausubstanz, sowie die Inanspruchnahme allgemeiner Teile wäre damit nur marginal, da keine Durchdringung der Außenhaut erforderlich gewesen wäre. Die Positionierung am Dach hätte weit geringere Auswirkungen auf das äußere Erscheinungsbild als die geläufigere Anbringung an den Fassaden der Häuser. Auf dem Dach ist bereits ein Außenklimagerät der im Haus situierten BILLA-Filiale installiert.
Die MieterInnen zeigten die geplante Veränderung der Vermieterin an, doch diese verweigerte fristgerecht die Zustimmung. Es war bekannt, dass der OGH bei den an ihn herangetragenen Fällen zu Klimageräten in Mietwohnungen bislang nie die fehlende Zustimmung des Vermieters ersetzt hatte. Dennoch waren die MieterInnen zuversichtlich, dass es bei ihrer konkreten geplanten Veränderung zu einem anderen Ausgang kommen würde.
Verfahrensablauf
Die MieterInnen waren daher gezwungen, vertreten durch den Autor, einen Antrag bei der Schlichtungsstelle einzubringen. Die Schlichtungsstelle sah in ihrer ausführlichen Entscheidung den Nachweis über das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen als erbracht und entschied, dass die Vermieterin nicht berechtigt wäre, die geplante Veränderung den AntragstellerInnen zu verweigern.
Die Entscheidung erwuchs nicht in Rechtskraft. Der Einzelrichter des Bezirksgerichts wies den Antrag in der Folge ab, da der Nachweis über das Vorliegen der Verkehrsüblichkeit nicht erbracht wurde.
Die AntragstellerInnen versuchten im Antrag die Verkehrsüblichkeit mit einem Verzeichnis über diverse Klimageräte, die an umliegenden Gebäuden installiert sind, darzulegen. Vier Klimageräte dieses Verzeichnisses bezogen sich auf Klimageräte von Gewerbebetrieben, während die weiteren 7 Standorte des Verzeichnisses sich über einen Radius von 700 m erstreckten. Das Erstgericht war der Ansicht, dass die die Gewerbebetriebe betreffenden Adressen bei der Betrachtung der Verkehrsüblichkeit von Klimaanlagen im privaten Bereich nicht zu berücksichtigen sind. Die übrigen Standorte stellten für das Gericht unter Berücksichtigung der Vergleichsfläche eine zu geringe Anzahl für einen Rückschluss auf das Vorliegen einer Verkehrsüblichkeit dar.
Rekurs
Dagegen richtete sich der Rekurs der AntragstellerInnen. Das Landesgericht äußerte sich nicht dazu, ob eine Unterscheidung von gewerblichen und privaten Klimageräten zu erfolgen hat. Es bestätigte jedoch, dass die Anzahl der auf der Vergleichsfläche vorhandenen Klimageräte zu gering für den Schluss auf eine Verkehrsüblichkeit war. In bemerkenswerter Weise führte es jedoch aus, dass die geplante Installation des Klimaaußengeräts lediglich marginale Eingriffe erfordern würde, und eben keine weitwendige Inanspruchnahme allgemeiner Teile von Nöten sei. Daher ergäbe sich die Verkehrsüblichkeit bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Es befand, dass Wohnungen in Gebäuden, die noch bis in jüngster Zeit ohne technische Ausstattungen zur Klimatisierung errichtet wurden, mittlerweile aufgrund der in den letzten Jahren eingetretenen und noch zu erwartenden Klimaentwicklung („Erderwärmung“) nachgerüstet werden müssen, um zu Wohnzwecken geeignete Räumlichkeiten zu erhalten. Dies sei als notorisch anzusehen und ergäbe sich mittlerweile aus der allgemeinen Lebenserfahrung.
Der Rekurs der AntragstellerInnen war damit berechtigt, der Revisionsrekurs, den die Antragsgegnerin in der Folge erhob, war jedoch zulässig.
Entscheidung des OGH
Der Senat des OGH folgte der aus der Klimaentwicklung abgeleiteten Schlussfolgerung des Landesgerichts nicht. Das Nachrüsten von Wohnungen mit Klimageräten um zu Wohnzwecken geeignet zu sein ist keineswegs zwingend und vermag den zur Bejahung der Verkehrsüblichkeit zu erbringenden Tatsachenbeweis daher nicht zu ersetzen. Bestätigt hat der Senat jedoch die Sichtweise des Erstgerichts, wonach die zur Kühlung von Geschäftsräumen installierten Klimaanlagen außer Betracht bleiben müssen und dass unter Berücksichtigung der Vergleichsfläche eine zu geringe Anzahl an Klimageräten für einen Rückschluss auf das Vorliegen einer Verkehrsüblichkeit vorliegt.
Daran vermochte auch der in der Revisionsrekursbeantwortung erhobene Einwand der AntragstellerInnen, dass die Umgebung um das gegenständliche Haus nicht so stark besiedelt ist, wie dies in anderen, überwiegenden Teilen Wiens der Fall ist, nichts zu ändern. Das gegenständliche Haus ist nämlich von einigen Feldern und etlichen Einfamilienhäusern umgeben. Unter Berücksichtigung dieses Umstands sollte die Anzahl der vorgelegten Klimageräte im Umkreis von 700 m aus Sicht der AntragstellerInnen daher als Nachweis für das Vorliegen einer Verkehrsüblichkeit ausreichen.
Der OGH hielt fest, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 2 MRG ein strenger Maßstab anzulegen ist und dass es auf die subjektiven Interessen der MieterInnen und der hier konkret ins Treffen geführten persönliche Bedürfnisse (fehlender erholsamer Schlaf) nicht ankommt. Auch der in der Literatur geforderten dynamischen Auslegung des § 9 MRG im Sinne eines Rechtsanspruchs der MRG-MieterInnen auf zeitgemäßes wohnen lehnte der OGH explizit ab.
Fazit und Ausblick
Nachdem in diesem Verfahren bereits der Nachweis des Vorliegens einer Verkehrsüblichkeit nicht gelang, blieb der weitere, ebenfalls schwer zu erbringende Nachweis über das Vorliegen eines wichtigen Interesses der MieterInnen unbehandelt.
Solange nicht weit mehr private Klimageräte installiert sind, wird der Nachweis der Verkehrsüblichkeit nicht erbracht werden können. Eine Erleichterung in der Form, dass aufgrund nur marginaler Eingriffe lediglich die allgemeine Lebenserfahrung zum Nachweis der Verkehrsüblichkeit anstelle eines Tatsachenbeweises ausreichend ist, ist weiterhin nicht gegeben. Festzuhalten ist, dass nicht jedes für den Einbau eines Klimageräts geführtes Verfahren erst vor dem Höchstgericht endet und dass es mitunter gelingt vorgelagerte Instanzen von der Verkehrsüblichkeit und wichtigen Interessen der MieterInnen zu überzeugen
Autor
Mag. Martin Brunnhauser ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.