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27.09.2021 | Wohnrecht | ID: 1100950

Klagsmöglichkeit bei eigenmächtigen Eingriffen eines Wohnungseigentümers

Eva-Maria Hintringer

OGH aktuell: Sind Wohnungseigentümer berechtigt, eigenmächtige Eingriffe eines anderen Wohnungseigentümers in das gemeinsame Eigentum mit Eigentumsfreiheitsklage abzuwehren?

Geschäftszahl

OGH 27.05.2021, 4 Ob 18/21g

Norm

§ 16 WEG 2002; § 523 ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Nimmt ein Wohnungseigentümer eigenmächtig Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt vor, obwohl die Änderungen schutzwürdige Interessen der übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigen können (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002), können die übrigen Wohnungseigentümer gegen ihn mit der Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB vorgehen. Wohnungseigentümer sind also berechtigt, eigenmächtige Eingriffe auch eines anderen Wohnungseigentümers in das gemeinsame Eigentum mit Eigentumsfreiheitsklage abzuwehren.

OGH: Die klagende Wohnungseigentümerin erhob gegen den beklagten Mieter Mietzins- und Räumungsklage betreffend ein Geschäftslokal und eine Wohnung. Der Mieter wendete einen 100 %-igen Mietzinsminderungsanspruch wegen der fehlenden Lüftungsanlage im Geschäftslokal (einem Restaurant) und damit auch Unbrauchbarkeit der als Dienstwohnung für Mitarbeiter vorgesehenen Wohnung ein. Zum Zeitpunkt der Vermietung war eine Lüftungsanlage vorhanden, allerdings war auch eine Klage von anderen Wohnungseigentümern anhängig, die auf die Entfernung der Anlage gerichtet war. Dieser Klage wurde später stattgegeben, wodurch das Geschäftslokal nicht zu dem vereinbarten Zweck verwendbar war. Der Mieter hatte im Mietvertrag die Verpflichtung zur Erlangung erforderlicher behördlicher Bewilligungen übernommen.

Der Wohnungseigentümer ist zu Änderungen seines Wohnungseigentumsobjekts zu den in § 16 Abs 2 WEG 2002 normierten Bedingungen berechtigt. Schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Wohnungseigentümer (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002) verpflichtet allerdings dazu, die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer bzw die gerichtliche Genehmigung einzuholen.

Liegt eine solche Zustimmung nicht vor bzw setzt sich der Wohnungseigentümer über den Widerspruch eines anderen Wohnungseigentümers hinweg, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann nach stRsp im streitigen Rechtsweg mit Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB in Anspruch genommen werden. Die Wohnungseigentümer sind also berechtigt, eigenmächtige Eingriffe auch eines anderen Wohnungseigentümers in das gemeinsame Eigentum mit Eigentumsfreiheitsklage abzuwehren. Im Streitverfahren ist nur die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung und die Eigenmacht, nicht aber die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Die fehlende Zustimmung anderer Miteigentümer kann nach stRsp auch im Nachhinein durch einen gerichtlichen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden, dh auch dann, wenn die Änderung bereits durchgeführt wurde.

Damit führt aber im Anlassfall die von den Miteigentümern des Gebäudes erwirkte Entscheidung hinsichtlich der Entfernung der Lüftungsanlage noch nicht zur Unmöglichkeit des bedungenen Gebrauchs am Geschäftslokal. Die Genehmigung kann nämlich auch nachträglich eingeholt werden.

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