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Hausdurchsuchung im Kartellrecht
Im Bereich des Wettbewerbsrechts kommt es bei Bestehen eines begründeten Anfangsverdachts zu Hausdurchsuchungen. Rechtsgrundlage für Hausdurchsuchungen durch die Bundeswettbewerbsbehörde ist § 12 WettbG.
Eine Hausdurchsuchung setzt regelmäßig einen Antrag der BWB auf Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehles beim Kartellgericht voraus, welches darüber mit Beschluss entscheidet.
Bewilligung einer Hausdurchsuchung
Die Bewilligung einer Hausdurchsuchung durch das Kartellgericht erfordert
- die schlüssige Behauptung eines Verstoßes gegen das Kartellgesetz,
- das Vorliegen von konkreten Umständen, aus denen sich der begründete Verdacht ergibt,
- eine stichhaltige Begründung, weshalb die Hausdurchsuchung zur Erhärtung dieses Verdachts erforderlich und verhältnismäßig ist.
Eine Hausdurchsuchung ist zur Erreichung des Aufklärungszwecks immer dann geeignet, wenn erst nach Informationsquellen gesucht werden muss bzw die Vollständigkeit bereits vorhandener Beweise überprüft werden soll, weil ein Auskunftsersuchen nach § 11a WettbG voraussetzt, dass die Unterlagen bereits bekannt sind bzw freiwillig zur Verfügung gestellt werden.
Falls sich Mitarbeiter im Rahmen einer kartellrechtlichen Hausdurchsuchung nicht korrekt verhalten, kann das einschneidende Konsequenzen haben. So kann etwa die Behinderung der Behörden bei der Hausdurchsuchung zu hohen Geldbußen führen, unabhängig davon, ob letztendlich ein Kartellrechtsverstoß festgestellt wird oder nicht.
Aufdeckung anderer Kartellverstöße
Für nicht vom Hausdurchsuchungsbefehl gedeckte Ergebnisse einer Hausdurchsuchung besteht gem § 11 Abs 1 WettbG ein Beweisverwertungsverbot. Werden im Rahmen einer Hausdurchsuchung Unterlagen aufgefunden, die einen zusätzlichen Wettbewerbsverstoß vermuten lassen („Zufallsfunde“), kann dies bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen weitere Ermittlungen nach sich ziehen.
Das grundsätzlich geltende Beweisverwertungsverbot ist somit nur auf dasjenige Verfahren beschränkt, weswegen die Hausdurchsuchung stattfindet. Ein neues Verfahren kann allein auf Basis eines Aktenvermerks eingeleitet werden, wodurch die indirekte Verwertung von Zufallsfunden möglich wird.
Wie gestaltet sich der Rechtsschutz?
Der Rechtsschutz richtet sich danach, welche Ermittlungsakte bekämpft werden sollen. Dabei ist zwischen der Bekämpfung des Hausdurchsuchungsbefehles und den Handlungen der Behörde im Verlauf der Hausdurchsuchung zu unterscheiden.
Ein Unternehmen hat unter den Voraussetzungen des § 12 Abs 5 WettbG die Möglichkeit, der Prüfung, Einsichtnahme oder Beschlagnahme einzeln bezeichneter Unterlagen zu widersprechen.
Dieser Widerspruch ist jedoch nur sehr eingeschränkt möglich, nämlich
- gegen die Einsichtnahme in bestimmte, einzeln bezeichnete Unterlagen oder
- gegen die Beschlagnahme unter Berufung auf eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit oder ein Aussageverweigerungsrecht gem § 157 Abs 1 Z 2 bis 5 StPO.
In einem solchen Fall sind die Unterlagen geeignet, gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und dem Kartellgericht vorzulegen; zuvor dürfen sie nicht eingesehen werden.
Ein Beschluss, mit dem ein Hausdurchsuchungsbefehl durch das Kartellgericht genehmigt wird, kann binnen 14 Tagen mit Rekurs bekämpft werden; er hat keine aufschiebende Wirkung.
Zustellung des Hausdurchsuchungsbefehls
Fristauslösend ist die Zustellung des schriftlichen Hausdurchsuchungsbefehles, allerdings erfolgt die Überprüfung durch das Kartellobergericht im Wege einer ex-ante-Prüfung, dh der OGH stellt bei der Prüfung der Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Hausdurchsuchungsbefehles ab. Lag ein begründeter Verdacht vor und war die Hausdurchsuchung erforderlich und verhältnismäßig, so wird dem Rechtsmittel keine Berechtigung zuerkannt.
Maßnahmenbeschwerde
Weiters in Betracht kommt die Maßnahmenbeschwerde. Das Verwaltungsgericht ist nur dann für die Behandlung einer Maßnahmenbeschwerde zuständig, wenn die gerichtliche Anordnung im Sinne eines Exzesses überschritten wurde. Als Exzess gelten einzelne Maßnahmen der Mitarbeiter der BWB anlässlich einer Hausdurchsuchung, die mit dem Wortlaut bzw dem Sinngehalt des gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehls nicht im Einklang stehen.
In einem solchen Fall liegt ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor, da die Maßnahme nicht mehr der Justiz, sondern der Verwaltung zugerechnet wird.
Gegen einen Exzess der BWB steht binnen sechs Wochen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu. Aufschiebende Wirkung wird der Beschwerde aufgrund des öffentlichen Interesses an der Aufdeckung von Kartellverstößen idR nicht erteilt.
Beispiele für Exzesse
- Durchführung einer Hausdurchsuchung ohne kartellgerichtliche Anordnung
- Die eingehende Befragung von Mitarbeitern im Zusammenhang mit dem Vorwurf eines Kartellverstoßes
- Die nicht vom Hausdurchsuchungsbefehl gedeckte Durchsuchung von Orten und detaillierte Prüfung von Unterlagen
- Der Beginn mit der Durchsuchung, ohne dem Unternehmen zuvor Gelegenheit zu geben, das Gesuchte freiwillig herauszugeben
Richtige Verhaltensweise im Notfall
- Zuerst gilt es, Ruhe zu bewahren. Korrektes und höfliches Verhalten der Behörde gegenüber ist dringend notwendig.
- Es sollte bereits zuvor ein interner Notfallplan erstellt werden, der nun genau einzuhalten ist.
- Da die Wettbewerbsbehörde sofort mit der Hausdurchsuchung beginnen kann, sind umgehend die Rechtsanwälte beizuziehen.
- Rechtlich relevante Fragen sollten nur im Beisein des Rechtsanwaltes beantwortet werden. Die Verweigerung der Beantwortung von Fragen darf keinesfalls ohne Abstimmung mit dem Rechtsanwalt erfolgen.
- Die Vorbesprechung mit der Behörde sollte daher dafür genutzt werden, den Ablauf der Hausdurchsuchung zielgerichtet auf den Untersuchungsgegenstand auszurichten.
- Es ist zu veranlassen, dass versiegelte Räumlichkeiten ununterbrochen von geeignetem Wachpersonal bewacht werden.
- Es ist untersagt, Informationen hinsichtlich der Hausdurchsuchung an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, da dadurch die Ermittlungen der Wettbewerbsbehörde beeinträchtigt werden können. Auch Mitteilungen an Medien etc dürfen nur nach vorheriger Abstimmung mit der Behörde erfolgen.
- Unter keinen Umständen dürfen während der Hausdurchsuchung Unterlagen zerstört werden oder Datenträger gelöscht oder vernichtet werden!
- Der Behörde werden ausschließlich jene Information und Unterlagen zugänglich gemacht, die auch tatsächlich angefordert werden.