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Stornierung von Pauschalreisen und Kostenrückerstattung
Gastautor Dr. Albert Scherzer gibt in diesem Beitrag einen Kurzüberblick darüber, welche Rücktrittsrechte und Kostenrückerstattungen für Kunden bestehen und in welchen Fällen ein Reiseveranstalter zur Stornierung der Reise berechtigt ist.
Eine Pauschalreise im rechtlichen Sinne liegt bereits dann vor, wenn zumindest zwei verschiedene Leistungen zu einem einheitlichen Entgelt angeboten werden oder die Reise auf Wunsch der Kunden im Rahmen eines einzigen Vertrags (selbst oder durch den Veranstalter) zusammengestellt wird.
Der Reisende kann gem § 10 Abs 1 PRG vor Beginn der Pauschalreise jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Pauschalreisevertrag zurücktreten. Tritt der Reisende vom Pauschalreisevertrag zurück, kann der Reiseveranstalter die Zahlung einer angemessenen und vertretbaren Entschädigung verlangen.
Kostenfreies Rücktrittsrecht des Kunden?
Dem Kunden steht überdies ein Stornorecht ohne Zahlung einer Entschädigung zu, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Der Kunde hat in diesem Fall Anspruch auf volle Erstattung aller für die Pauschalreise getätigten Zahlungen, erhält aber keine darüber hinaus gehende Entschädigung.
Reisenden steht allerdings nur dann ein kostenfreies Rücktrittsrecht zu, wenn die Abreise unmittelbar bevorsteht. Bei Reisen, die erst weit in der Zukunft stattfinden, muss somit zugewartet werden um feststellen zu können, ob eine kostenfreie Stornierungsmöglichkeit besteht.
„Unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände“
Als Beispiele für „unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände“ gelten etwa Kriegshandlungen, andere schwerwiegende Beeinträchtigungen der Sicherheit wie Terrorismus, erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit wie einen Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel. Außerdem können diese Umstände als gegeben erachtet werden, wenn etwa örtliche Behörden ein Einreiseverbot verhängen oder Flughäfen sperren oder wenn im Reisepaket gebuchte Dienstleistungen, wie Veranstaltungen oder Besuche von Sehenswürdigkeiten, einfach nicht mehr erbracht werden können.
Hinweis:
Bei den Reisewarnungen ist zu überprüfen, ob es sich um „bloße Sicherheitswarnungen“ (Stufe 4), partielle Reisewarnungen für einzelne Orte (Stufe 5) oder Reisewarnungen für ganze Länder oder Gebiete (Stufe 6) handelt. In der Regel akzeptieren Pauschalreiseanbieter den Rücktritt ab Stufe 5, bei Stufe 4 hängt dies meist von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist aber dringend zu beachten, dass eine Reisewarnung keine zwingende Voraussetzung darstellt! Siehe OGH 1 Ob 257/01b.
Kann der Reiseveranstalter stornieren?
Der Reiseveranstalter kann vor Beginn der Pauschalreise gegen volle Erstattung aller für die Pauschalreise getätigten Zahlungen (ohne Zahlung einer zusätzlichen Entschädigung) vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn sich für die Pauschalreise weniger Personen als die im Vertrag angegebene Mindestteilnehmerzahl angemeldet haben und die Rücktrittserklärung des Reiseveranstalters dem Reisenden innerhalb der im Vertrag festgelegten Frist zugeht, spätestens jedoch
- 20 Tage vor Beginn der Pauschalreise bei Reisen von mehr als sechs Tagen
- 7 Tage vor Beginn der Pauschalreise bei Reisen zwischen zwei und sechs Tagen
- 48 Stunden vor Beginn der Pauschalreise bei Reisen, die weniger als zwei Tage dauern
Außerdem kann der Reiseveranstalter den Vertrag stornieren, wenn er
- aufgrund unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert ist
- und seine Rücktrittserklärung dem Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch vor Beginn der Pauschalreise zugeht.
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, bei einem Rücktritt dem Reisenden alle von diesem oder in dessen Namen für die Pauschalreise geleisteten Beträge unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen ab Zugang der Rücktrittserklärung, zu erstatten!
Wenn passiert wenn die Geschäftsgrundlage wegfällt?
Im Gegensatz zu Pauschalreisen haben Personen, die Reiseleistungen einzeln gebucht haben, nicht immer ein vergleichbares Rücktrittsrecht. Solche Fragen tauchen häufig in Zusammenhang mit Flügen und deren Stornierung auf.
Ein Vertrag darf dann gelöst werden, wenn im Festhalten am Vertrag, im Beharren auf Verpflichtungen, deren Erfüllung dem Schuldner nicht mehr zumutbar ist, geradezu ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben erblickt werden muss. Dieses Recht muss einem Vertragspartner insbesondere dann eingeräumt werden, wenn die objektive Geschäftsgrundlage fortgefallen ist, also der im Vertragsinhalt zum Ausdruck gelangte, von beiden Teilen anerkannte wesentliche Vertragszweck (Endzweck iSd § 901 ABGB) – auch ohne dass die Leistung als solche unmöglich geworden wäre – nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden ist. Wesentlicher Vertragszweck kann hierbei auch die Höhe der zu erbringenden Gegenleistung sein. Kostenfreie Stornierung wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage ist dann möglich, wenn die Reise für den Reisenden mit unzumutbaren Risiken verbunden ist. Dies hängt von den konkreten Umständen ab (RIS-Justiz RS0111962).
Es sind somit Gründe erforderlich, die dafürsprechen, dass die aktuelle Situation weit über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht. Allerdings wird dabei von der Rechtsprechung ein doch recht strenger Maßstab angelegt. Auch Reisewarnungen des Außenministeriums gelten als starkes Indiz, dass eine erhöhte Gefahrenlage besteht. Der Umkehrschluss (keine Reisewarnung – keine gratis Stornierung) ist hingegen unzulässig. Es ist auch nicht korrekt, wenn von Reiseveranstaltern behauptet wird, es seien Warnungen der Stufe 5 oder 6 erforderlich!
Steuern und Gebühren zurück!
Steuern und Gebühren sind grundsätzlich bereits im Kaufpreis des Tickets enthalten, es sei denn, es fallen örtliche Flughafensteuern an, die unmittelbar beim Einchecken erhoben werden.
Die Verordnung (EG) Nr 1008/2008 verpflichtet Luftfahrtunternehmen, Reiseveranstalter und Reisevermittler zu einer transparenten Darstellung der verrechneten Flugpreise.
Die Steuern und Gebühren sind immer gesondert auszuweisen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof auch in seinem Urteil zu C-290/16 anlässlich einer Klage gegen Air Berlin.
Für jeden nicht angetretenen oder verpassten Flug steht es dem Fluggast zu, die Steuern und Gebühren zurück zu fordern (was insbesondere bei Kurzstrecken-Billigflügen den Großteil des entrichteten Entgelts ausmacht, obwohl sich die betroffenen Fluglinien in der Vergangenheit vermehrt rechtswidrig gegen die Rückzahlung wehrten).Der Fluggast hat zudem Anspruch auf Erstattung des gesamten Flugpreises, wenn die Fluggesellschaft den Sitzplatz vor Reisebeginn noch anderweitig vergeben konnte. Der Fluggesellschaft steht es in diesem Zusammenhang nicht zu, ein pauschales Entgelt für die Bearbeitung der Stornierung verlangen.
Achtung bei Buchung und Umbuchung im Hinblick auf Corona!
Wenn zum Zeitpunkt der Buchung bzw Umbuchung ein bestimmter Umstand (zB Reisewarnung, Einreiseverbote etc) schon bekannt war, ist ein kostenfreies Stornieren der späteren Reise nicht mehr möglich.