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Überstundenvergütung und Überstundenpauschale
Rechtliche Grundlagen
§ 6 AZG | Überstundenarbeit |
§ 7–9 AZG | Verlängerung der Arbeitszeit, Höchstgrenzen der Arbeitszeit |
§ 10 AZG | Überstundenvergütung |
§ 2g AVRAG | Entgelt bei Pauschalentgeltvereinbarungen |
§ 3 LSD-BG | Anspruch auf das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt |
§ 29 LSD-BG | Unterentlohnung, Strafbestimmungen |
Allgemeines
Geleistete Überstunden sind grundsätzlich einzeln abzurechnen. In der Praxis werden allerdings häufig Vereinbarungen getroffen, welche eine pauschale Abgeltung von Überstunden vorsehen.
Derartige Vereinbarungen sind – nicht nur bei leitenden Angestellten – grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0051519).
Das gilt sowohl für Vereinbarungen, die für die gesamte Arbeitszeit ein einheitliches Entgelt festsetzen, als auch Vereinbarungen, die nur die Überstundenvergütung pauschalieren (vgl aktuell OGH 29.3.2012, 9 ObA 160/11m).
Zu beachten ist allerdings, dass eine Pauschalentlohnungsvereinbarung den Arbeitnehmer nicht daran hindert, über die Pauschale hinausgehende Ansprüche zu erheben, wenn und soweit sein unabdingbarer Anspruch auf Vergütung der Mehrleistungen durch die vereinbarte Pauschalentlohnung im Durchschnitt nicht gedeckt ist (RIS-Justiz RS0051519). Es ist daher eine genaue Abgrenzung darüber erforderlich, welche Entgeltbestandteile die Normalarbeit und welche die Überstunden betreffen (vgl aktuell: OGH 29.3.2012, 9 ObA 160/11m).
Ohne Widerrufsvereinbarung muss die Pauschale grundsätzlich auch dann weitergezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer in einzelnen Verrechnungsperioden wesentlich weniger Überstunden leistet als ursprünglich gedacht oder die Notwendigkeit der Leistung von Überstunden infolge geänderter Umstände zur Gänze wegfällt (RIS-Justiz RS0051648).
Einige Kollektivverträge sehen (Rahmen-)Bedingungen für Pauschalentlohnungsvereinbarungen vor, sodass ein Blick in den maßgeblichen Kollektivvertrag vor Vereinbarung einer Pauschale geboten ist.
Überstunden, die dadurch entstanden sind, dass die nach dem Kollektivvertrag täglich zulässige Normalarbeitszeit überschritten wird, sind auch während Zeiten, für die Corona-Kurzarbeit vereinbart wurde, gesondert zu entlohnen (vgl OGH 9 ObA 29/22p).
Formvorschriften
Eine bestimmte Form ist für eine Pauschalierungsvereinbarung nicht erforderlich: Sie kann durch Einzelvertrag entweder ausdrücklich oder schlüssig getroffen werden, ohne dass es auf deren Bezeichnung ankäme (vgl aktuell: OGH 9 ObA 160/11m). Dem Arbeitnehmer muss aber bei Vertragsabschluss klar erkennbar sein, was mit der gewährten Pauschale abgegolten sein soll (zB Normallohn und Überstundenzuschlag nach § 10 AZG) und dass es sich um eine Pauschalierungsvereinbarung handelt (RIS-Justiz RS0051519).
Die Zahl der zu leistenden Überstunden muss in der Pauschalierungsvereinbarung nicht genannt werden (Schrank, Arbeitszeit Kommentar5 [2018], Rz 25 zu § 10 AZG, S 306).
Gem § 2 Abs 2 Z 9 AVRAG müssen im Dienstvertrag bzw dem Dienstzettel allerdings die betragsmäßige Höhe des Grundgehalts oder -lohns für die Normalarbeitszeit sowie weitere Entgeltbestandteile angeführt werden (ab 01.01.2016, vgl in diesem Zusammenhang § 2g AVRAG).
Erlaubtheit der Überstundenleistung
§§ 7–9 AZG, welche die Grenzen der zulässigen Erbringung von Überstunden betreffen, wurden durch die Arbeitszeitgesetz-Novelle 2018 (mit BGBl I 53/2018, Inkrafttreten am 01.09.2018) wesentlich geändert.
Seit 01.09.2018 bestehen folgende Überstundengrenzen:
- Pro Woche sind maximal 20 Überstunden zulässig. Ein Jahres-Kontingent an Überstunden, welches nicht überschritten werden darf, besteht nicht mehr.
- Es darf eine Tagesarbeitszeit von zwölf Stunden nicht überschritten werden (statt vorher 10 Stunden).
- Gem § 8 AZG neu kann die Arbeitszeit zur Vornahme von Vor- und Abschlussarbeiten unter gewissen Voraussetzungen um eine weitere halbe Stunde ausgedehnt werden.
- Die maximale Wochenarbeitszeit beträgt gem § 9 AZG grundsätzlich 60 Stunden (statt vorher im Regelfall 50 Stunden).
- § 7 Abs 2, 4 und 4a AZG wurden ersatzlos gestrichen, § 7 Abs 5 geändert.
- Überstunden setzen – wie bisher – einen erhöhten Arbeitsbedarf voraus.
- Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf innerhalb eines – Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschritten werden (wie bisher).
Hinweis:
Ob die oben beschriebenen neuen Arbeitszeitgrenzen im Einzelfall tatsächlich ausgeschöpft werden können, ist davon abhängig, was im Arbeitsvertrag des betroffenen Dienstnehmers, dem anwendbaren Kollektivvertrag und in den maßgeblichen Betriebsvereinbarungen vereinbart wurde.
§ 32c Abs 10 AZG sieht nämlich vor, dass Regelungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen, die für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen vorsehen, durch die Änderungen des BGBl I 53/2018 nicht berührt werden.
Hinweis:
Die 11. und 12. tägliche Arbeitsstunde stellt im Regelfall eine zuschlagspflichtige Überstunde dar.
§ 6 Abs 1 AZG sieht nämlich vor, dass eine Überstunde immer dann anzunehmen ist, wenn
- die Grenzen der nach §§ 3 bis 5a AZG zulässigen wöchentlichen Normalarbeitszeit überschritten werden oder
- die tägliche Normalarbeitszeit überschritten wird, die sich aufgrund der Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit gem §§ 3 bis 5a und 18 Abs 2 AZG ergibt.
Die Normalarbeitszeit gem §§ 3 ff AZG wurde durch die Arbeitszeitnovelle 2018 nicht geändert. Sie beträgt 8 Stunden täglich, soweit keine Ausnahme greift. Die 11. und 12. Arbeitsstunde stellen daher im Regelfall zuschlagspflichtige Überstunden dar.
Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Überstundenarbeit?
Arbeitnehmer dürfen wie bisher zur Überstundenarbeit gem § 6 Abs 2 AZG nur dann herangezogen werden,
- wenn diese nach dem AZG zugelassen ist und
- berücksichtigungswürdige Interessen des Arbeitnehmers der Überstundenarbeit nicht entgegenstehen.
Darüber hinaus steht Arbeitnehmern ab 01.09.2018 ein besonderes Ablehnungsrecht zu. Es steht ihnen gem § 7 Abs 6 AZG frei, Überstunden nach § 7 und § 8 Abs 1 und 2 AZG ohne Angaben von Gründen abzulehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird, dies gerechnet netto ohne Ruhepausen (vgl Schrank in Arbeitszeit Kommentar [2018]5, Rz 20 zu § 7 AZG).
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen wegen dieses besonderen Ablehnungsrechts nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung.
Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deswegen gekündigt, können sie die Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten. § 105 Abs 5 des ArbVG gilt sinngemäß.
Vergütung von Überstunden, die nicht zulässig sind?
Generell ist zu beachten, dass die Erlaubtheit der Überstundenleistung keine Voraussetzung der Vergütungspflicht ist.
Man kann daher auch vereinbaren, dass für den Fall der Überschreitung der gesetzlichen Höchstgrenzen der Arbeitszeit fünfzig Überstunden monatlich mit der Pauschalvereinbarung abgegolten werden sollen (RIS-Justiz RS0051511).
Eine All-In-Vereinbarung kann auch unzulässige Überstunden wirksam einbeziehen, es bedarf dazu aber einer entsprechenden Vertragsklausel im Arbeitsvertrag (vgl Arb 13.347, OLG Wien, 7 Ra 77/16v).
Schränkt die Pauschalierungsvereinbarung die Vereinbarung auf die gesetzlich zulässigen Überstunden ein, sind nur diese abgedeckt und die unzulässigen Überstunden gesondert zu vergüten. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich vernünftige Vertragsparteien nur zu Mehr- und Überstunden im gesetzlich zulässigen Ausmaß verpflichten wollten (OLG Wien, 28.9.2016, 7 Ra 77/16v).
Der Umfang der Pauschale hängt von der Auslegung der Vereinbarung ab. Es sollte daher bei der Formulierung darauf geachtet werden, ob mit der Pauschale neben Überstunden auch andere Ansprüche des Arbeitnehmers, wie etwa Mehrstunden, abgegolten werden sollen. Unter „Mehrstunden“ versteht man grundsätzlich jene Arbeitsleistungen, die im Zeitraum zwischen der einzel- bzw kollektivvertraglich vereinbarten Normalarbeitszeit (zB 25 Wochenstunden) und der gesetzlichen Normalarbeitszeit (also im Regelfall 40 Wochenstunden) erbracht werden. Das vereinbarte Arbeitszeitausmaß wird also überschritten. Es liegen aber (noch) keine Überstunden vor.
Auswirkung der Arbeitszeitnovelle 2018 auf Überstundenpauschalen?
Ob mit einer Pauschalvereinbarung auch die (neue) 11. und 12. Überstunde pro Tag mit abgegolten ist, hängt von der Auslegung der betroffenen Pauschalvereinbarung ab.
Ist die Vereinbarung entsprechend weit formuliert (etwa „alle wie immer gearteten Überstunden“, „jedwede Überstunden“), wird die 11. und 12. Überstunde pro Tag mitumfasst sein.
Unklar bleibt, wie sich in diesem Fall das Wahlrecht des Arbeitnehmers gem § 10 Abs 4 AZG (Geld oder Zeitausgleich für die 11. und 12. Arbeitsstunde) auswirkt.
Denkbar wäre, dass der Arbeitgeber die Pauschalierungsvereinbarung (anteilig) kürzen kann, wenn sich der Arbeitnehmer (rechtsmissbräuchlich) für Zeitausgleich als Ausgleich für die 11. und 12. Stunde pro Tag anstelle einer Abgeltung in Geld entscheidet. Es fehlt aber höchstgerichtliche Judikatur zu dieser Frage.
Anpassung der Pauschale bei Gehaltserhöhungen
Überstundenpauschalen, bei denen eine bestimmte Stundenzahl an Überstunden abgedeckt werden soll, sind bei (kollektivvertraglichen) Gehaltserhöhungen anzupassen.
Unechte Überstundenpauschalen, die auf einen bestimmten Eurobetrag lauten, erhöhen sich demgegenüber bei Gehaltserhöhungen im Regelfall nicht, außer bei solchen kollektivvertraglichen Ist-Lohn-Erhöhungen, die auch Pauschalierungen erfassen (Schrank, Arbeitszeit Kommentar [2018]5, Rz 24 zu § 10 AZG, S 305). Es kann allerdings der Fall eintreten, dass bei entsprechender Unterdeckung weniger Überstunden abgedeckt sind (Schrank, Arbeitszeit Kommentar [2018]5, Rz 24 zu § 10 AZG, S 305).
Kürzung der Überstundenpauschale
Wurde eine Pauschalentlohnung von Überstunden ohne Vorbehalt des Widerrufs vereinbart, ist diese fester Entgeltbestandteil geworden und kann auch bei Verringerung der Überstundenleistung des Arbeitnehmers unter das seinerzeit zugrundegelegte Ausmaß vom Arbeitgeber nicht einseitig widerrufen werden. Es sei denn, diese Möglichkeit wurde ausdrücklich vereinbart (zB Entzug der Pauschale wegen Minderleistung des Arbeitnehmers vgl OGH 8 ObA 2/23m).
Ausweisung des Grundgehalts oder -lohnes im Arbeitsvertrag bzw Dienstzettel
Gem § 2g AVRAG ist bei Pauschalentgeltvereinbarungen, die ab dem 01.01.2016 geschlossen werden, im Arbeitsvertrag oder dem Dienstzettel Grundgehalt – oder -lohn – iSd § 2 Abs 2 Z 9 AVRAG betragsmäßig anzuführen.
Unterbleibt eine Angabe, hat der Arbeitnehmer zwingend Anspruch auf Grundgehalt oder -lohn einschließlich der branchen- und ortsüblichen Überzahlungen, welche am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebühren.
Dies kann zu einer nicht unbeträchtlichen Verteuerung der Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber führen und ist vor allem für die Prüfung einer Unterdeckung von Relevanz:
Zu berücksichtigen ist nämlich, dass Grundgehalt oder -lohn einschließlich der branchen- und ortsüblichen Überzahlungen, welche am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebühren, im Regelfall deutlich höher sein werden, als das kollektivvertragliche Mindestgehalt oder der Mindestlohn, welche bei All-In-Entgelten regelmäßig zur Prüfung einer Unterdeckung herangezogen werden. Die Nachforderungsansprüche des Arbeitnehmers können daher deutlich höher sein, wenn die (zwingenden) Mindestansprüche auf dieser Basis berechnet werden.
Überstundenpauschale und Schwangerschaft
Ändert sich aufgrund einer Schwangerschaft der Arbeitnehmerin das Beschäftigungsverhältnis, sichert § 14 Abs 1 MSchG die Weiterzahlung des bisherigen Entgeltes. Dies ist aber nur der Fall, wenn die Änderung der Beschäftigung aufgrund der in § 14 MSchG normierten Beschränkungen (zB Beschäftigungsverbot wegen Entbindung oder Verbot der Nachtarbeit) erfolgte. Ein Anspruch besteht auf das Entgelt, das die Arbeitnehmerin während der letzten 13 Wochen des Dienstverhältnisses vor der Änderung des Beschäftigungsverhältnisses bezogen hat.
Der OGH musste sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage auseinandersetzen ob, auch das Entgelt für Überstunden sowie eine Überstundenpauschale von der Pflicht zur Fortzahlung des Entgeltes § 14 MSchG umfasst ist (OGH 25.01.2022, 8 ObA 35/21m).
Der OGH führte aus, dass nach § 14 Abs 1 MSchG der Durchschnittslohn gesichert wurde, der sich aus dem Normallohn sowie den Zulagen und Zuschlägen zusammensetzt. Von der Weiterzahlungspflicht sei aber nicht das Entgelt für die Leistung von Überstunden, auch für den Fall der Vereinbarung einer zulässigen Überstundenpauschale, umfasst.
Während einer Schwangerschaft können daher trotz einer Weiterbeschäftigung Verdiensteinbußen dadurch entstehen, dass Mehrleistungen tatsächlich nicht mehr erbracht und daher nicht mehr bezahlt werden.
Demnach besteht kein Anspruch auf die ursprünglich vereinbarte Überstundenpauschale während einer Schwangerschaft.
Verjährung/Verfall
Verfall
Eine Möglichkeit, Nachforderungsansprüche hintanzuhalten, liegt in der Vereinbarung einer entsprechenden Verfallsfrist für die Geltendmachung von Mehrleistungen.
Die Verfallsklausel zwingt den Arbeitnehmer, allfällige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis möglichst bald und damit zu einer Zeit geltend zu machen, in der nicht nur ihm selbst, sondern auch dem Arbeitgeber die zur Klarstellung des rechtserheblichen Sachverhalts notwendigen Beweismittel in aller Regel noch zur Verfügung stehen. Sie hat daher den Zweck, dem Beweisnotstand zu begegnen, in welchem sich der Arbeitgeber bei verspäteter Geltendmachung befinden würde (RIS-Justiz RS0034417).
Hinweis: Verfall des Überstundenentgelts bei einer Pauschalvereinbarung
Bei einer Pauschalvereinbarung kann die Frist für den Verfall von Überstundenentgelt nicht vor dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, zu dem ein Anspruch erstmals geltend gemacht werden kann. In der Regel ist dieser Zeitpunkt mit dem Ende des Durchrechnungszeitraums anzusetzen. Durchrechnungszeitraum für Überstundenpauschale ist (mangels abweichender Vereinbarung) das Kalenderjahr (Ris-Justiz RS0131677, OGH 9 ObA 28/17h).
Es sollte daher aus Arbeitgebersicht im Einzelvertrag vorgesehen werden, dass Überstunden binnen einer bestimmten Frist beim Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden müssen, widrigenfalls das Entgelt für die geleisteten Überstunden verfällt. Oft sehen auch Kollektivverträge entsprechende Verfallsbestimmungen vor.
Drei bis vier Monate zur Geltendmachung der Überstunden wurden im Regelfall als zulässig angesehen, da diese Frist die Geltendmachung der Überstunden ohne sachlichen Grund nicht übermäßig erschwert (RIS-Justiz RS0016688, T28, RIS-Justiz RS0016688). Kürzere Fristen sind im Regelfall als bedenklich anzusehen.
Zu beachten ist allerdings, dass die Verfallsfrist für nicht von einer Überstundenpauschale gedeckte Überstunden nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung frühestens in jenem Zeitpunkt zu laufen beginnen kann, in dem die Berechtigung des Anspruches auf Überstundenentlohnung feststellbar ist. Bei Überstunden, die in Durchschnittsbetrachtung nicht mehr von einer Pauschale abgedeckt werden, ist zu berücksichtigen, dass erst nach Beendigung des Beobachtungszeitraums errechnet werden kann, ob überhaupt Überstunden vorliegen, die neben einer Pauschale noch gesondert zu entlohnen sind.
Eine etwaige Verfallsfrist beginnt daher frühestens mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem klar ist, dass die Pauschale nicht ausreicht. Für den Beginn der Verfallsfrist für Überstunden, die nicht durch eine vereinbarte Überstundenpauschale abgegolten sind, kann daher frühestens jener Zeitpunkt infrage kommen, zu dem die Überstunden eines Beobachtungszeitraums abrechenbar sind (OGH 29.1.2014, 9 ObA 166/13x, OLG Wien 12.3.2004, 8 Ra 20/04a).
Wenn der Arbeitgeber am Ende des Beobachtungszeitraumes bzw bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Abrechnung durchführt, kann kein Verfall eintreten (OLG Wien 12.3.2004, 8 Ra 20/04a).
Gem § 26 Abs 9 AZG werden Verfallsfristen gehemmt, wenn wegen des Fehlens von Arbeitszeitaufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unzumutbar ist.
Die Geltendmachung des Verfalles oder einer Verjährungsfrist kann außerdem als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet werden, wenn dem Arbeitnehmer durch das Verhalten des Arbeitgebers die Geltendmachung seiner Ansprüche erschwert oder praktisch unmöglich gemacht wurde (RIS-Justiz RS0016688, T29).
Einzelvertragliche Verfallsfristen dürfen zudem gesetzlich oder kollektivvertraglich vorgesehene Verfallsfristen nicht verkürzen.
Für die außergerichtliche Geltendmachung kollektivvertraglicher Ansprüche innerhalb der Verfallsfrist genügt es grundsätzlich, wenn diese so weit konkretisiert werden, dass der Arbeitgeber erkennen kann, welche Ansprüche ihrer Art nach gemeint sind. Legt sich aber der (noch dazu rechtsanwaltlich vertretene) Arbeitnehmer auf einen exakten Betrag fest, kann sich der Arbeitgeber auf die angesprochene Höhe des Anspruchs einstellen, sodass einer Erhöhung der Forderung nach Ablauf der Verfallsfrist mit dem Einwand des Verfalls entgegengetreten werden kann (vgl Ris-Justiz RS0034446, RS0034441).
Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer mit gewöhnlichem Arbeitsort in Österreich das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt erhalten. Arbeitgeber, die diese Pflicht verletzen, begehen eine Verwaltungsübertretung (§ 29 LSD-BG). Daraus lässt sich aber – nach der höchstgerichtlichen Judikatur – kein Rückschluss auf die (weitere) Wirksamkeit kollektivvertraglicher Verfallsfristen ziehen (OGH 28.11.2017, 9 ObA 136/17s).
Verjährung
Eine Verjährung der Überstundenvergütung tritt im Regelfall ein, wenn der Arbeitnehmer sein Recht auf Überstundenvergütung nicht binnen 3 Jahren gerichtlich geltend macht (vgl § 1486 Z 5 ABGB). Es handelt sich gem § 1502 ABGB um eine Frist, die durch Vereinbarung verkürzt werden kann. Für den Beginn des Laufes der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1486 Z 5 ABGB ist der Zeitpunkt entscheidend, zu dem der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis (zB mangelnde Fälligkeit) mehr entgegensteht (vgl OGH 9 ObA 87/13d).
Der Sinn einer Fallfrist für Überstundenentgelt liegt vor allem darin, dass bei Geltendmachung des Entgelts für länger zurückliegende Überstunden regelmäßig schwierige Beweisprobleme auftreten. Der Zweck von Verfallsklauseln liegt darin, dem Beweisnotstand bei späterer Geltendmachung zu begegnen. Sie zwingen den Arbeitnehmer, allfällige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis möglichst bald und damit zu einer Zeit geltend zu machen, in der nicht nur ihm selbst, sondern auch dem Arbeitgeber die zur Klarstellung des rechtserheblichen Sachverhalts notwendigen Beweismittel in aller Regel noch zur Verfügung stehen (vgl OGH 9 ObA 46/23i).
Widerrufbarkeit
Aus Arbeitgebersicht sollte nach Möglichkeit vereinbart werden, dass die Überstundenpauschale widerrufen werden kann.
Mangels einer Widerrufsvereinbarung muss die Pauschale ansonsten nämlich auch dann weitergezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer in einzelnen Verrechnungsperioden wesentlich weniger Überstunden leistet als ursprünglich gedacht oder die Notwendigkeit der Leistung von Überstunden infolge geänderter Umstände zur Gänze wegfällt (RIS-Justiz RS0051648).
Der Widerruf der vereinbarten Überstundenpauschale hat entweder ausdrücklich oder konkludent zu erfolgen. Eine bestimmte Form ist nicht erforderlich. Aus Beweisgründen ist ein schriftlicher Widerruf zu empfehlen. Die bloße „Einstellung der Auszahlung“ der Überstundenpauschale kann nämlich im Regelfall nicht ohne jeden Zweifel dahin verstanden werden, dass der Arbeitgeber die Absicht hat, die Überstundenpauschale zu widerrufen (OGH 24.6.2015, 9 ObA 30/15z).
Der Arbeitgeber darf Widerrufsvorbehalte nur nach billigem Ermessen ausüben. Letzteres wird aber anzunehmen sein, wenn die realen Mehrleistungen und die Höhe der Pauschale erheblich auseinanderklaffen (OGH 27.7.2011, 9 ObA 61/11b). Gleiches gilt, wenn die durchschnittliche Überstundenleistung des Arbeitnehmers zurückgeht (OGH 24.2.2009, 9 ObA 113/08w, ARD 6023/1/2010).
Der Vorbehalt, am Jahresende die tatsächlich geleisteten Überstunden den bereits bezahlten gegenüberzustellen, wurde von der Rechtsprechung als Vereinbarung eines Vorbehaltes, die Pauschalabrechnung zu widerrufen, qualifiziert (OGH 9.7.2008, 9 ObA 91/07h). Gleiches gilt, wenn die Überstundenpauschale ausdrücklich nach der tatsächlich zu leistenden Zahl der Überstunden bemessen wurde und sich der Arbeitgeber vorbehalten hat, auch in Zukunft die Überstundenpauschale nach den im Jahresdurchschnitt zu leistenden Überstunden festzusetzen (OGH 4.5.1994, 9 ObA 28/94, ARD 4577/7/94).
Alternativ zu einem Widerrufsvorbehalt kann die Überstundenpauschale befristet abgeschlossen werden. Von der Rechtsprechung wurde sogar die Zulässigkeit der mehrfachen Befristung einer Mehrdienstpauschale bejaht, da der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat, eine Pauschalentlohnung regelmäßig auf ihre Konkordanz mit den tatsächlich erbrachten Mehrleistungen des Arbeitnehmers zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen (OGH 27.7.2011, 9 ObA 61/11b).
Beispiel:
Ein Dienstnehmer hat im Dienstvertrag eine Überstundenpauschale vereinbart, die Überstunden im Ausmaß von 15 Überstunden pro Monat abdecken soll. Ein Widerrufsvorbehalt wurde nicht vorgesehen. Auch wenn infolge geänderter wirtschaftlicher Umstände die Notwendigkeit der Leistung von Überstunden durch den betroffenen Dienstnehmer zur Gänze wegfallen würde, muss der Arbeitgeber die Überstundenpauschale mangels Widerrufsvorbehalts weiterbezahlen (OGH 9 ObA 28/94, ARD 4577/7/94, OGH 9 ObA 206/90, ARD 4249/34/91). Hätte der Dienstgeber eine Widerrufsmöglichkeit mit dem Dienstnehmer vereinbart, könnte er die Pauschale nach billigen Ermessen den geänderten Verhältnissen anpassen. Alternativ hätte eine Befristung der Überstundenpauschale auf 1 Jahr vorgesehen werden können.
Bei All-In-Entgelten kann die überstundenbedingte Überzahlung im Regelfall nicht wirksam widerrufen werden, da es sich um einen unselbstständigen Bestandteil des Gehalts bzw Lohns des Arbeitnehmers handelt.