Dokument-ID: 680155

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 11/14z; OGH; 13. März 2014

GZ: 5 Ob 11/14z | Gericht: OGH vom 13.03.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Hurch, die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer sowie die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. H***** S*****, 2. DI G***** S*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in Mödling, gegen die Antragsgegnerin DDr. F***** GmbH, *****, vertreten durch DDr. Fürst Rechtsanwälte GmbH in Mödling, sowie der weiteren Parteien 1. Dr. M***** A*****, 2. Mag. L***** A*****, 3. Dr. K***** M*****, 4. G***** M*****, 5. A***** T*****, 6. S***** T*****, 7. P***** K*****, 8. P***** A*****, 9. Dr. E***** A*****, 10. M***** O*****, 11. T***** M*****, 12. G***** H*****, 13. E***** W*****, 14. C***** S*****, 15. E***** S*****, 16. DI Dr. R***** W*****, 17. D***** W*****, 18. E***** H*****, 19. E***** S*****, 20. Ing. N***** B*****, 21. Mag. K***** D*****, 22. DI (FH) B***** P*****, 23. E***** A*****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 20 Abs 3 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss (richtig: Sachbeschluss) des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 18. Juni 2013, GZ 19 R 139/12w-27, womit infolge Rekurses der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 13. September 2012, GZ 8 Msch 47/09k-20, bestätigt wurde, nachstehenden

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller wird Folge gegeben. Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Der Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft EZ 2632 GB ***** wird aufgetragen, binnen sechs Wochen sämtlichen Mit- und Wohnungseigentümern dieser Liegenschaft eine Bewirtschaftungskostenabrechnung für das Jahr 2008 zu übermitteln und ihnen in geeigneter Weise Einsicht in die entsprechenden Belege zu gewähren.

Die Abrechnung hat dergestalt zu erfolgen, dass

1. sämtliche Aufwendungen der Liegenschaft – mit den im Folgenden bezeichneten Abweichungen – auf die Mit- und Wohnungseigentümer sämtlicher Objekte der Liegenschaft nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode 2008 aufzuteilen sind;

2. folgende Abweichungen vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel sind einzuhalten:

2.1 Die Aufteilung der Reparaturkosten hat nach ihrer Zuordenbarkeit zu einzelnen Objekten dergestalt zu erfolgen, dass hinsichtlich des straßenseitigen Wohnhauses sowie hinsichtlich der einzelnen Reihenhäuser eigene Abrechnungseinheiten zu bilden sind. Die nicht eindeutig bestimmten Objekten zuzuordnenden Kosten von Erhaltungsarbeiten sind allen Mit- und Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile aufzuerlegen.

2.2 Die auf die Benützung des Saunaraums und des Kellerstüberls des Wohnhauses entfallenden besonderen Aufwendungen sind auf die zur Nutzung dieser Objekte berechtigten Wohnungseigentümer verhältnismäßig aufzuteilen.

2.3 Für die Wasser- und Abwasserkosten sind eigene Abrechnungseinheiten für das Wohnhaus einerseits und die Einzelhäuser andererseits je nach Vorhandensein von Subzählern zu bilden.

Für den Fall der nicht rechtzeitigen Befolgung dieses Auftrags wird der Antragsgegnerin eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.000,– angedroht.“

Die Antragsgegnerin ist schuldig, den Antragstellern die mit EUR 1.581,82 bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (darin EUR 316,46 USt und EUR 105,– Barauslagen) sowie die mit EUR 490,– bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin EUR 57,14 USt und EUR 148,– Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Antragsgegnerin ist weiters schuldig, den Antragstellern die mit EUR 630,75 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin EUR 68,19 USt und EUR 222,– Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Auf der Liegenschaft EZ 2632 GB ***** mit der Liegenschaftsadresse ***** und ***** befinden sich neben einem acht Objekte umfassenden Mehrparteienhaus (*****) auch noch acht Reihenhäuser (*****).

Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer der Wohnung W7 und des Autoabstellplatzes 1 im Haus *****.

Es liegt eine undatierte „Benützungsregelung“ (Beilage ./1) vor, die als „Nachtrag zu Punkt 7 des Wohnungseigentumsvertrags“ bezeichnet wird.

Diese „Benützungsregelung“ lautet wie folgt:

Straßenseitiges Wohnhaus:

Die allgemeinen Flächen des Kellers vom straßenseitigen Wohnhaus stehen nur den Eigentümern dieses Wohnhauses für die Benützung zur Verfügung. Die Benützung der Einrichtungsgegenstände der laut Plan eingezeichneten Waschküche (jetzt Saunaraum) und des Kinderwagen- und Abstellraumes samt Vorraum (jetzt Kellerstüberl) darf nur von den Wohnungseigentümern verwendet werden, welche sich an den Errichtungskosten beteiligen werden. Die Kostenabrechnung, wie zB Strom, erfolgt getrennt.

Reihenhäuser:

Ausschließliches Nutzungsrecht des jeweils zu einem Haus gehörenden Gartenteiles (auf der Westseite, bzw West- und Südseite für Haus 1) mit genauer Beschreibung dieses Teiles (zB Plankopie mit Kennzeichnung in der Beilage) für die jeweilige Partei.

Kinderspielplatz:

Die Benützung des Kinderspielplatzes steht sowohl den Eigentümern des straßenseitigen Wohnhauses, wie auch den Reihenhausbesitzern zur Verfügung.

Erhaltung (Pflege der Grünflächen) und Schneeräumung:

Die Pflege der allgemeinen Flächen hinsichtlich der allgemeinen gärtnerischen Instandhaltung sowie Schneeräumung, erfolgen auf gemeinsame Rechnungen aller Eigentümer; zB Parkplätze, Vorgarten, Einfriedungsmauer (allgemein) …

Rücklage:

Erhaltungsbeitrag

Alle Wohnungseigentümer verzichten auf die Einbehaltung einer Rücklage.

Aufteilung der Reparaturkosten:

In Abweichung des Anteilsschlüssels werden die Reparaturkosten wie folgt aufgeteilt:

A) Wohnhaus straßenseitig:

Übernimmt alle Reparaturkosten, die eindeutig diesem Haus zuzuordnen sind, zur Bezahlung und die Aufteilung erfolgt nach den Anteilen der 8 Wohnungseigentümer.

B) Reihenhäuser:

Die Reparaturkosten, die eindeutig den Reihenhäusern zuzuordnen sind, übernehmen zur Zahlung die jeweils betroffenen Reihenhausbesitzer.

C) Allgemeine Kosten:

Alle Reparaturkosten, die nicht eindeutig zuzuordnen sind, übernimmt die Gesamtheit der Eigentümer zur Zahlung gemäß ihrer Anteile.

Wasserabrechnung:

Für die Reihenhausbenützer wurde ein eigener Wassersubzähler installiert und es erfolgt daher die Wasserverrechnung für die Reihenhäuser getrennt vom straßenseitigen Wohnhaus.

Hausordnung:

Für das straßenseitige Wohnhaus ist eine eigene Hausordnung nach Bedarf nach Anteilen zu beschließen.

Weiters ist eine Hausordnung nach Bedarf, die das straßenseitige Wohnhaus wie auch die Reihenhäuser betrifft, nach Anteilen zu beschließen.

Verwaltung:

Die Wohnungseigentümer beauftragen eine behördlich konzessionierte Hausverwaltung mit der Verwaltung des straßenseitigen Wohnhauses und der Reihenhäuser.

Diese Vereinbarungen gehen auf die Rechtsnachfolger über und die jeweiligen Eigentümer haften auch für ihre Mieter.

Die Antragsteller erwarben mit Kaufvertrag vom August 2000 ihre Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an W7 und Autoabstellplatz 1. Den Nachtrag zu Punkt 7 des Wohnungseigentumsvertrags (Beilage ./1) unterfertigten sie nicht.

Die Wohnungseigentümer betrauten die G***** OHG mit der Hausverwaltung, der sie aufgrund der getroffenen Benützungsregelung vorgaben, dass Betriebskosten, welche die gesamte Liegenschaft betreffen (zB Grundsteuer), auf alle Eigentümer entsprechend der Anteile aufgeteilt werden und im Übrigen die Verrechnung getrennt nach Reihenhäusern und Wohnhaus zu erfolgen hat (Beilage ./2 vom 16.10.1990).

Es steht nicht fest, dass eine schriftliche Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer dahingehend vorlag, in diesem Sinn von der Vereinbarung Beilage ./1 abzugehen.

In den folgenden Betriebskostenabrechnungen wurden Ausgaben für Strom, Wasser, Verwaltungskosten, Grundsteuer, Winterdienst, Reinigung der Außenanlage, Gartenpflege, Kanal, Müllbeseitigung und Spesen des Geldverkehrs mit 67,91 % den Reihenhäusern und 32,09 % dem Wohnhaus angelastet. Die ausschließlich für das Wohnhaus getätigten Ausgaben wie Hausbesorgerservice, Rauchfangkehrer, Reinigungsarbeiten, Versicherungsprämien, wurden ausschließlich den Wohnungseigentümern des Wohnhauses angelastet.

Die Antragsteller bekämpften seit der Betriebskostenabrechnung 2004 jährlich diesen Abrechnungsmodus.

Diesem Abrechnungsmodus folgt auch die verfahrensgegenständliche Bewirtschaftungskostenabrechnung für 2008.

Darin sind Ausgaben für das Wohnhaus in Höhe von EUR 12.599,09, für die Reihenhäuser von EUR 16.680,09 enthalten.

Die Rücklagenabrechnung für das Jahr 2008 erfolgte getrennt für das Wohnhaus und die Reihenhäuser.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrten die Antragsteller, der Antragsgegnerin eine gesetzmäßige Betriebskosten- und Rücklagenjahres-abrechnung für 2008 samt Einsicht in die Belege unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufzutragen.

Die vorgelegte Abrechnung sei weder schlüssig noch entspreche sie den gesetzlichen Grundlagen. Die getrennte Abrechnung von Wohnungseigentumsobjekten auf einer Liegenschaft nach bestimmten Aufwendungskreisen entspreche weder den gesetzlichen Bestimmungen, noch liege eine diesbezügliche, wirksame, auch die Antragsteller bindende Vereinbarung vor. Weder durch Gesetz noch durch Vereinbarung sei gedeckt, dass bestimmte Aufwendungen für die Liegenschaft nur den Wohnungseigentümern des Wohnhauses angelastet würden, was beispielsweise die Position Hausbesorgerservice betreffe.

Überdies sei den Antragstellern keine Gesamtabrechnung gelegt worden, sondern ausschließlich eine des Wohnhauses und die Einsicht in Urkunden verweigert worden.

Insbesondere wenden sich die Antragsteller gegen ihre Bindung an die als Grundlage dieser Abrechnungsart herangezogene Benützungsvereinbarung. Diese sei nicht im Grundbuch angemerkt, die Antragsteller hätten erst im Jahr 2000 ihre Anteile erworben und diese Vereinbarung nicht übernommen.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags. Die für das Jahr 2008 gelegte Abrechnung der Bewirtschaftungskosten und der Rücklage entspreche den gesetzlichen Vorgaben und den zwischen den Mit- und Wohnungseigentümern getroffenen Vereinbarungen. Dass verschiedene Aufwendungen wie etwa für das Hausbesorgerservice, den Rauchfangkehrer oder die Versicherungen nur den Eigentümern des Wohnhauses auferlegt worden seien, sei sachgerecht und entspreche überdies dem in der Benützungsvereinbarung manifestierten Willen der Wohnungseigentümer, weil diese Aufwendungen nur zugunsten des Wohnhauses geleistet worden seien. Diesen Aufwendungen stünden korrespondierende Aufwendungen der Reihenhausmiteigentümer gegenüber, die diesen unmittelbar in Rechnung gestellt worden seien. Die gewählte Abrechnungsart habe von Anfang an so bestanden. Es entspreche der Benützungsregelung, die Abrechnung getrennt nach Reihenhäusern und Wohnhaus vorzunehmen.

Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen wies das Erstgericht den Antrag ab. Die für das Jahr 2008 fristgerecht gelegte Betriebskostenabrechnung erfasse die gesamte Liegenschaft, sei nach Ausgabengruppen gegliedert, führe Einzelpositionen unter Bezugnahme auf Belege an und entspreche in der Trennung der Ausgaben der getroffenen Benützungsregelung. An diese seien die Antragsteller auch ohne Anmerkung dieser Vereinbarung im Grundbuch gebunden.

Dem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es verwarf den Einwand der Antragsteller, an die Benützungsregelung (richtig: Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels) nicht gebunden zu sein. Eines schriftlichen Beitritts habe es auch ohne bücherliche Anmerkung dieser Vereinbarung bei einem Erwerb nach dem 01.03.1994 nicht bedurft. Der Einwand, dass die Vereinbarung Beilage ./1 nicht von sämtlichen Wohnungseigentümern getroffen worden sei, sei als Neuerung unbeachtlich.

Im Weiteren teilte das Rekursgericht die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass sich die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten des Jahres 2008 zulässigerweise am vereinbarten Verteilungsschlüssel laut Beilage ./1 orientiert habe. Zu dieser Ansicht gelangte das Rekursgericht, indem es die infrage stehende Vereinbarung ergänzend auslegte. Eine derartige Auslegung sei auch dort, wo ein gesetzliches Schriftformgebot bestehe, zulässig, allerdings durch den Formzweck beschränkt. Dabei erachtete das Rekursgericht für entscheidend, dass sich in der Vereinbarung Beilage ./1 zu verschiedenen Positionen abweichende Kostentragungsregeln fänden. So sei im letzten Satz der Position „Straßenseitiges Wohnhaus“ der Satz enthalten, dass die Kostenabrechnung, wie zB Strom, getrennt zu erfolgen habe. Hingegen sei bei der Frage der Pflege der Grünflächen und der Schneeräumung, der Parkplätze und Vorgarteneinfriedungsmauer festgehalten, dass deren Aufwand auf gemeinsame Rechnung aller Eigentümer erfolge. Die Wasserabrechnung sei eindeutig dahin geregelt, dass ein Subzähler für die Reihenhausbenützer installiert sei und daher die Wasserverrechnung für die Reihenhäuser getrennt vom straßenseitigen Wohnhaus erfolge. Hinsichtlich der Aufteilung der Reparaturkosten sei sogar ausdrücklich „in Abweichung des Anteilsschlüssels“ eine gesonderte Kostentragung für die einzelnen Reihenhäuser einerseits und das Wohnhaus andererseits vereinbart worden.

Aus der Gesamtheit der Vereinbarungen über Kostentragungsregeln lasse sich in objektiver Auslegung des Wortlauts der Vereinbarung der Schluss ziehen, dass nur jene Aufwendungen, die ausdrücklich der Kostentragung durch alle Gemeinschafter zugeordnet seien, von allen zu tragen seien, die übrigen jedoch nach der Verursachung durch ein bestimmtes Objekt. Unfallversicherung, Hausbesorgerservice, Rauchfangkehrer, Reinigung durch Dritte und Versicherungskosten seien nach ihrer Entstehung zuordenbare Kosten und dem erkennbaren Vereinbarungswillen entsprechend zu verrechnen.

Die Antragsgegnerin habe daher ihrer Abrechnungspflicht entsprochen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 10.000,– übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen gewesen seien.

Gegen diesen (richtig:) Sachbeschluss erhoben die Antragsteller einen außerordentlichen Revisionsrekurs verbunden mit einer Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG.

In Verkennung der Rechtslage – für das Revisionsrekursverfahren im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ist gemäß § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG die Wertgrenze von EUR 10.000,– maßgeblich – fasste das Rekursgericht einen Beschluss nach § 63 Abs 3 AußStrG und erklärte den Revisionsrekurs für doch zulässig.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs begehren die Antragsteller die Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer Stattgebung ihres Begehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin, der bereits vom Rekursgericht die Möglichkeit einer Revisionsrekursbeantwortung eingeräumt wurde, beantragt darin, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist – ungeachtet des Ausspruchs des Rekursgerichts – wegen korrekturbedürftiger rechtlicher Fehlbeurteilung zulässig. Er ist auch berechtigt.

1. Eingangs ist klarzustellen, dass die hier infrage stehende Vereinbarung Beilage ./1, die als „Benützungsregelung“ bezeichnet wird, nicht nur Regelungen über die Benützung allgemeiner Teile der Liegenschaft enthält, die hier nicht verfahrensgegenständlich sind, sondern auch für bestimmte Aufwendungen von den Liegenschaftsanteilen abweichende Aufteilungsgrundsätze im Sinn des § 19 Abs 2 WEG 1975, nun § 32 Abs 2 WEG 2002, festlegt.

2. Zunächst ist allerdings der Einwand der Antragsteller, an diese Vereinbarung nicht gebunden zu sein, weil sie diese nicht unterfertigt hätten, nicht zielführend. Seit In-Kraft-Treten des 3. WÄG BGBl 1993/800 mit 01.01.1994 und damit des § 19 WEG 1975 idF des 3. WÄG bindet eine Vereinbarung abweichender Verteilungsschlüssel im Wohnungseigentumsrecht auch den Einzelrechtsnachfolger unabhängig von deren Ersichtlichmachung im Grundbuch (5 Ob 310/03d MietSlg 56.080; Würth in Rummel² § 32 WEG Rz 4).

3. Nach § 32 Abs 1 WEG 2002 sind wie schon davor nach § 19 Abs 1 WEG 1975 idF des 3. WÄG die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Nur dann, wenn eine Vereinbarung im Sinn des § 32 Abs 2 WEG 2002 (davor § 19 Abs 2 WEG 1975 idF des 3. WÄG) einen von dieser Regelung abweichenden Aufteilungsschlüssel oder eine von der Liegenschaft abweichende Abrechnungseinheit festlegt, ist eine Aufteilung der Bewirtschaftungskosten dergestalt vorzunehmen.

4. Eine richtige Abrechnung (RIS-Justiz RS0117889) der Bewirtschaftungskosten hat den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen zu entsprechen (5 Ob 167/03z wobl 2004/67, 277 [Call]). Sie ist stets liegenschaftsbezogen vorzunehmen und hat sich grundsätzlich auf die ganze Liegenschaft zu beziehen (5 Ob 1068, 1069/95 wobl 1996/94 [Call]).

Weil sich die formellen und inhaltlichen Anforderungen, die an die Abrechnung zu stellen sind, aus dem Zweck der Abrechnungspflicht ergeben (RIS-Justiz RS0070610), muss die Abrechnung derart gestaltet sein, dass der Wohnungseigentümer ihr auch entnehmen kann, ob die Aufteilungsgrundsätze des § 32 Abs 1 und – wenn derartige vereinbart sind – die des Abs 2 WEG 2002 beachtet wurden. Das führt zum Ergebnis, dass jeder Wohnungseigentümer Anspruch auf eine Abrechnung der liegenschaftsbezogenen Gesamtaufwendungen hat und die jeweils Betroffenen Anspruch auf Abrechnung der abweichenden Abrechnungseinheiten (Abrechnungskreise) haben. Über die einheitsüberschreitenden Abrechnungsdetails sind die jeweils nicht zu dieser Einheit gehörenden Wohnungseigentümer zu informieren (vgl 5 Ob 82/12p MietSlg 64.496; RIS-Justiz RS0109167).

5. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts trägt die Vereinbarung Beilage ./1 die von der Antragsgegnerin gehandhabte, oben dargestellte Form der Abrechnung der Bewirtschaftungskosten der Liegenschaft nicht.

5.1 Das Rekursgericht hat zwar zutreffend die Grundsätze wiedergegeben, die für die Auslegung einer einem Schriftformgebot unterliegenden Vereinbarung gelten (vgl dazu P. Bydlinski in KBB ABGB³ § 886 Rz 2 mwN), ist jedoch zu einem unrichtigen und korrekturbedürftigen Auslegungsergebnis gelangt:

Jedes Auslegungsergebnis ist nämlich am Formgebot zu messen. Die vom Formzweck erfassten Abreden müssen in der Urkunde, die Gegenstand der Auslegung ist, zumindest angedeutet sein (vgl 1 Ob 213/03k ÖBA 2004, 481 [P. Bydlinski]; 1 Ob 163/00b ÖBA 2001, 477 [P. Bydlinski]).

In der zu beurteilenden Vereinbarung sind die allgemeinen Bewirtschaftungsaufwendungen der Liegenschaft weder enthalten noch ist ihr ein Abrechnungsmodus für diese, nach welchen Kriterien auch immer, zu entnehmen.

Eine „getrennte Kostenabrechnung“ ist im ersten Absatz der Vereinbarung nur insofern vorgesehen, als die berechtigten Benützer des Saunaraums und des Kellerstüberls gesondert mit dadurch entstehenden Aufwendungen zu belasten sind. Diese Vereinbarung hat das Rekursgericht im Zusammenhang mit anderen Teilen der Vereinbarung offenbar so ausgelegt, dass zwischen dem Wohnhaus und den Einzelhäusern insgesamt eine Kostentrennung dahingehend vorzunehmen wäre, dass die Bewirtschaftungskosten der Gesamtliegenschaft in zwei Verrechnungskreise aufzuteilen wären, sodass 67,91 % den Reihenhäusern und 32,09 % dem Wohnhaus anzulasten wären und im Weiteren einzelne Kostenpositionen nur den Wohnungseigentümern des Hauses, offenbar nach dem Grundsatz der Verursachung. Dieses Auslegungsergebnis findet keine wie immer geartete Grundlage im Wortlaut der Vereinbarung. Für eine derart beabsichtigte Vorgangsweise fehlt es auch an jeglicher Andeutung. Die Klarstellung in der Vereinbarung, dass Erhaltung, Pflege und Schneeräumung der Allgemeinflächen und gärtnerisch gestalteten Flächen, der Parkplätze, Vorgärten und der Einfriedungsmauer „auf gemeinsame Rechnung aller Eigentümer“ erfolgen, kann nicht ernsthaft als Argument dafür gewertet werden, der gesetzliche Aufteilungsschlüssel habe nur dort zu gelten, wo er besonders erwähnt werde.

Diese nicht zu billigende Auslegung der Vereinbarung durch die Vorinstanzen bedurfte daher einer Korrektur, die mangels gegenteiliger Behauptungen nach ihrem Wortlaut vorzunehmen war.

Die konkret und als „Abweichung des Anteilsschlüssels“ formulierte Vereinbarung über die Aufteilung der Reparaturkosten stellt insoweit den Vertragswillen eindeutig klar. Insoweit sind getrennte Abrechnungeinheiten zu bilden.

Es ist daher im vorliegenden Fall von einer Unrichtigkeit der Verwaltungsabrechnung auszugehen, weil diese den getroffenen Vereinbarungen nicht entsprach.

Bei Überprüfung der Richtigkeit hat das Gericht nicht bloß einen Auftrag an den Verwalter zur Richtigstellung der Abrechnung zu erlassen, sondern gemäß § 34 Abs 3 WEG die Unrichtigkeit bestimmter Positionen bindend festzulegen (vgl 5 Ob 82/12p). Dem wurde, weil im vorliegenden Fall nicht einzelne Positionen die Unrichtigkeit bewirkten, sondern Abrechnungsgrundsätze falsch angewendet wurden, insofern Rechnung getragen, als die Feststellung der Unrichtigkeit der Abrechnung durch die Festlegung der bindenden Vorgaben einer richtigen und in diesem Sinn erstmals neu zu erstellenden Abrechnung erfolgte.

Der Revisionsrekurs der Antragsteller war daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Korrekturen der beanspruchten Kosten waren insofern vorzunehmen, als die Höhe der Pauschalgebühren zweiter und dritter Instanz richtigzustellen war und ein 10 % übersteigender Streitgenossenzuschlag bei (bloß) amtswegiger Beiziehung aller übrigen, dann nicht eingeschrittenen Mit- und Wohnungseigentümer nicht der Billigkeit entspricht.

Leitsätze

  • Zur richtigen Abrechnung der Bewirtschaftungskosten

    Grundsätzlich hat eine richtige Abrechnung der Bewirtschaftungskosten den gesetzlichen sowie vertraglichen Grundlagen zu entsprechen. Dabei ist sie immer liegenschaftsbezogen vorzunehmen und muss sich im Prinzip auf die gesamte Liegenschaft konzentrieren. Jeder Wohnungseigentümer hat Anspruch auf eine Abrechnung der liegenschaftsbezogenen Gesamtaufwendungen und die jeweils Betroffenen verfügen über einen Anspruch auf eine Abrechnung der abweichenden Abrechnungseinheiten.
    WEKA (wed) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 11/14z | OGH vom 13.03.2014 | Dokument-ID: 680149