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Dokument-ID: 1098487

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 154/20p; OGH; 15. April 2021

GZ: 5 Ob 154/20p | Gericht: OGH vom 15.04.2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. F*****, 2. A*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Andreas Fritsch, Dr. Ralf Vetter, Rechtsanwälte in Lustenau, gegen die Antragsgegner 1. G*****, 2. A*****, beide *****, beide vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, 3. C*****, 4. M*****, beide *****, wegen § 52 Abs 1 Z 4 iVm § 24 Abs 6 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 19. Juni 2020, GZ 1 R 99/20x-76, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. Dezember 2020, GZ 1 R 99/20x-83, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 26. Februar 2020, GZ 22 Msch 5/17h-62, abgeändert wurde, den

Teilsachbeschluss

und

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Hinsichtlich des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft EZ ***** KG ***** vom 30. Juni 2017 betreffend Balkonsanierung und Zaunerrichtung samt Genehmigung der Kostenentnahme vom Baukonto (EUR 14.232,93) wird dem Revisionsrekurs dahin Folge gegeben, dass der erstinstanzliche Sachbeschluss insoweit wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

II. Hinsichtlich des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft EZ ***** KG ***** vom 30. Juni 2017 betreffend die Sanierung/Instandsetzung des Vorplatzes – Variante Asphaltierung beim Haus ***** samt Nebenarbeiten – wird dem Revisionsrekurs dahin Folge gegeben, dass die Entscheidung des Rekursgerichts aufgehoben und diesem insoweit die neuerliche Entscheidung aufgetragen wird.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens.

Begründung

[1] Die Antragsteller sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft mit einem Mehrparteienwohnhaus. Ihnen kommt Wohnungseigentum an der Wohnung W 4 und am Abstellplatz EP 4 zu. Der Erstantragsgegner und die Zweitantragsgegnerin waren bei Antragstellung noch Mit- und Wohnungseigentümer aller übrigen Anteile, somit der Mehrheit, verbunden mit Wohnungseigentum an den Wohnungen W 1, 2 und 3 und den Abstellplätzen EP 1, 2 und 3. Während des Verfahrens haben sie ihre Miteigentumsanteile mit Wohnungseigentum an den Wohnungen W 1 und 3 sowie Abstellplätzen EP 1 und 3 an die Tochter des Erstantragsgegners und deren Ehemann verschenkt, die sich am Verfahren nicht beteiligt haben.

[2] Die Hausverwalterin forderte die Miteigentümer der Liegenschaft mit Schreiben vom 9. Juni 2017 zur Abstimmung im Weg eines Umlaufbeschlusses einerseits über die im Jahr 2011 bereits durchgeführte Sanierung der Balkone der Wohnungen Top 1 und 3 und die ebenfalls bereits veranlasste Zaunerrichtung auf einer Allgemeinfläche als Absturzsicherung, andererseits über die geplante Sanierung des Vorplatzes auf. Hintergrund war ein Zivilverfahren zwischen den Antragstellern und Erstantragsgegner und Zweitantragsgegnerin wegen angeblich unrechtmäßiger Entnahme von EUR 14.232,93 vom „Baukonto“ für die Balkon- und Zaunsanierung. Das Erstgericht hatte die Unrechtmäßigkeit festgestellt, das Berufungsgericht dieses Urteil aber aufgehoben. Nach Auffassung der Hausverwalterin waren die Sanierung der Balkone und die Errichtung des Zaunes zur Absturzsicherung zwar Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung, zu denen der Verwalter auch ohne Mehrheitsbeschluss berechtigt gewesen wäre. Zur abschließenden rechtlichen Klarstellung wurde aber ein Umlaufbeschluss angestrebt. Betreffend Sanierung des Vorplatzes der Wohnanlage verwies die Verwalterin auf entsprechende Angebote. Der Pflasterbelag sei durch Setzungen in keinem guten Zustand mehr, bei der Einfahrt in die Garage sei er abgerissen und es habe sich eine Schwelle und Stolperfalle gebildet. Sanierung und Neuverlegung der bestehenden Pflastersteine kosteten laut Anbot EUR 7.524,–, der Abtrag und die Verlegung neuer Pflastersteine EUR 4.058,20, die kostengünstigste Variante wäre der Abtrag der Pflastersteine und anschließende Asphaltierung des gesamten Vorplatzes um EUR 2.891,45.

[3] Mit Schreiben vom 30. 6. 2017, angeschlagen am gleichen Tag, gab die Verwalterin das Abstimmungsergebnis bekannt. Während Erst- und Zweitantragsgegner mit ihrer Mehrheit dafür stimmten, waren die Antragsteller dagegen. Der Wortlaut der Beschlüsse (./A) lautete auszugsweise wie folgt:

„Die durchgeführte Abstimmung im Umlaufverfahren über die Sanierung/Instandsetzung des Vorplatzes beim Haus ***** samt Nebenarbeiten ergab folgendes Ergebnis:

Für die Sanierung des Vorplatzes Variante neue Pflastersteine samt Nebenarbeiten

0/1356 Anteile

Für die Sanierung des Vorplatzes Variante

Asphaltierung samt Nebenarbeiten

928/1356 Anteile

Gegen die Sanierung

428/1356 Anteile

Der Beschluss ist somit mit einer Mehrheit von 68,44 % für die Sanierung des Vorplatzes Variante Asphaltierung zustande gekommen.“

[4] Der zweite Beschluss lautete:

„Die durchgeführte Abstimmung im Umlaufverfahren über die Balkonsanierung und Zaunerrichtung samt Genehmigung der Kostenentnahme vom Baukonto (14.232,93 EUR) ergab folgendes Ergebnis:

Die bezeichnete Maßnahme samt der Entnahme der Kosten wird genehmigt

928/1356 Anteile

Die bezeichnete Maßnahme samt der Entnahme der Kosten wird nicht genehmigt

428/1356 Anteile

Der Beschluss ist somit mit einer Mehrheit von 68,44 % zustande gekommen.“

[5] Die Antragsteller begehrten mit Schriftsatz vom 07.07.2017 die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit, hilfsweise Aufhebung bzw Unterlassung der Maßnahmen hinsichtlich dieser beiden Beschlüsse. Diese seien widerrechtlich und rechtsmissbräuchlich erfolgt und dienten nur dazu, das Rückgängigmachen von rechtswidrigen Handlungen der Mehrheitseigentümer zu verhindern. Die Anfechtung wurde auf formelle Mängel, Gesetzwidrigkeit, Fehlen der erforderlichen Mehrheit sowie die Dominatorregel gestützt. Der Umlaufbeschluss betreffend Balkonsanierung und Zaunerrichtung sei nicht ausreichend bestimmt, weil nicht klar sei, welche Kostenentnahme vom Baukonto erfolgen solle, die Rechnungen seien nicht nachvollziehbar. Der Erstantragsgegner habe eigenmächtig und gegen den Willen der Antragsteller Aufträge vergeben und Zahlungen vom gemeinsamen Baukonto getätigt. Die Maßnahmen seien nicht notwendig und daher außerordentliche Verwaltung gewesen, sie hätten zu einer Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Gebäudes geführt. Von Balkonsanierung und Maschendrahtzaun hätten die Antragsteller keinen Vorteil, dies beeinträchtige sie übermäßig, eine Rücklage zur Finanzierung sei nicht vorhanden. Drei Angebote seien nicht vorgelegen. Der Erstantragsgegner und die Zweitantragsgegnerin hätten nicht mitstimmen dürfen. Der Zaun mache den Antragstellern den Zugang zu Allgemeinflächen unmöglich. Die Sanierung des Vorplatzes sei nicht notwendig, die erforderlichen drei Kostenvoranschläge seien nicht eingeholt worden, die Beschlussfassung sei unbestimmt.

[6] Die Antragsgegner wendeten ein, es habe sich um Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung gehandelt, die Balkone seien allgemeiner Teil der Liegenschaft und sanierungsbedürftig gewesen. Die Errichtung des Maschendrahtzaunes zur Absturzsicherung sei ordentliche Verwaltung. Ein unverhältnismäßiger Nachteil der Antragsteller durch die Sanierung des defekten Vorplatzes der Wohnanlage sei nicht erkennbar.

[7] Das Erstgericht wies den Antrag ab. Die Sanierungsarbeiten an den Balkonen seien aufgrund der schadhaft gewordenen Betontragekonstruktion durch eindringende Feuchtigkeit ordentliche Verwaltungsmaßnahmen, der Maschendrahtzaun zur Absturzsicherung sei erforderlich und eine „Gefahr in Verzug Maßnahme“ gewesen. Eine nachträgliche Beschlussfassung sei zulässig. Ausschließungsgründe im Sinn des § 24 Abs 3 WEG lägen nicht vor. Der Beschlussgegenstand sei ausreichend bestimmt. Für bereits durchgeführte Erhaltungsarbeiten gebe es keine Verpflichtung zur Einholung dreier Kostenvoranschläge. Die Grundsätze der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit seien nicht verletzt, zumal der Aufwand für die Sanierung der Balkone sogar höher als im Beschluss genannt gewesen wäre und Betonsanierung sowie Abdichtung aus bautechnischer Sicht erforderlich gewesen seien. Der Austausch des Holzgeländers durch Eternit sei sinnvoll, weil die Eternitplatten bereits 10 Jahre nach Montage gegenüber dem wartungsintensiven Holzgeländer kostengünstiger seien. Die Änderung des Erscheinungsbildes des Gebäudes sei bei der Beschlussanfechtung im Rahmen der ordentlichen Verwaltung irrelevant. Dass die mit der Balkonsanierung verbundenen Kosten höher gewesen seien als im Beschluss angeführt, führe nicht zu dessen Aufhebung, weil allen Beteiligten der Umfang der Arbeiten genau bekannt gewesen sei. Ein unverhältnismäßiger Nachteil der Antragsteller durch Sanierung des Maschendrahtzaunes liege nicht vor. Die – im Übrigen verfristete – Dominatorregel des § 30 Abs 2 WEG sei nicht anzuwenden. Eine Sanierung des gesamten Vorplatzes sei zwar aus technischer Sicht nicht erforderlich, sodass sie außerordentliche Verwaltungsmaßnahme sei. Eine übermäßige Beeinträchtigung der Antragsteller sei aber nicht erkennbar. Eine nur partielle Sanierung würde dem Interesse der Miteigentümer widersprechen.

[8] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller Folge und stellte die Rechtsunwirksamkeit beider Beschlüsse fest. Die Beweisrüge der Antragsteller behandelte es nicht, weil es bereits die Rechtsrüge als berechtigt ansah. Betreffend Balkonsanierung ziele der Umlaufbeschluss nämlich darauf ab, den Antragsgegnern durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft die Möglichkeit zu eröffnen statt der Behebung der Mängel am Geländer eine Sanierung durch Anbringung von Eternitplatten samt Handläufen vorzunehmen. Dabei gehe es nicht um die Wahrnehmung von Pflichten oder Interessen der Gemeinschaft, weshalb keine Verwaltungsmaßnahme, sondern eine Verfügung im Sinn des § 16 WEG vorliege. Da die damit bewirkte Änderung schutzwürdige Interessen der übrigen Wohnungseigentümer – wie die äußere Erscheinung des Hauses – beeinträchtigen könnte, fehle dem Mehrheitsbeschluss die gesetzliche Grundlage, er sei unbefristet anfechtbar. Da der Beschluss über die Balkonsanierung nicht zwischen Betonsanierung, Abdichtung der Balkone und Anbringung der Eternitplatten unterscheide, sei die Zerlegung in Verwaltungsmaßnahmen einerseits und Verfügungen andererseits ausgeschlossen. Das betreffe auch die Zaunerrichtung, sodass der Beschluss insgesamt zu beseitigen sei.

[9] Hinsichtlich des Vorplatzes liege eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme vor, allerdings habe die Verwalterin es unterlassen, gemäß § 20 Abs 4 WEG drei Angebote für die Erneuerungsarbeiten einzuholen. Damit sei der Beschluss wegen klaren Verstoßes gegen eine zwingende Vorschrift des WEG gesetzwidrig.

[10] Über Aufforderung des Obersten Gerichtshofs bewertete das Rekursgericht den Wert des Entscheidungsgegenstands für die Sanierung der Balkone und Errichtung der Maschendrahtzaunes einerseits und für die Sanierung des Vorplatzes andererseits mit jeweils EUR 10.000,– übersteigend, ließ den ordentlichen Revisionsrekurs aber nicht zu.

[11] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin, die eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses anstreben.

[12] Die Antragsteller beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsrekursbeantwortung den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben. Die weiteren Antragsgegner haben sich auch am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

[13] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil dem Rekursgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Er ist auch berechtigt.

[14] Die Erst- und Zweitantragsgegner machen im Wesentlichen geltend, das Rekursgericht missachte bei seiner Beurteilung, die Sanierung der Balkonbrüstung sei nur im persönlichen Interesse der Eigentümer gelegen, die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Abgrenzung von Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen. Danach sei darauf abzustellen, ob die Veränderung gemeinschaftlichen oder individuellen Interessen des Wohnungseigentümers diene, was nach objektiven Nutzungsmöglichkeiten zu beurteilen sei. Die notwendige Sanierung der Balkone der Wohnungen W 1 und W 3 sei ordentliche Verwaltung und nicht Verfügung gewesen, die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes allein ändere daran nichts. Zu Unrecht geht das Rekursgericht von einem untrennbaren Zusammenhang im Beschluss über Balkonsanierung und Zaunerrichtung aus. Letztlich sei die Auffassung des Rekursgerichts, ein Beschluss verstoße gegen § 24 Abs 6 WEG 2002, wenn der Verwalter seine Verpflichtung zur Einholung von drei Vergleichsanboten nach § 20 Abs 4 WEG 2002 verletze, durch höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht gedeckt.

Rechtliche Beurteilung

[15] Dazu wurde erwogen:

[16] I. Zum Beschluss betreffend Balkonsanierung, Zaunerrichtung und Genehmigung der Kostenentnahme vom Baukonto in Höhe von EUR 14.232,93:

[17] 1. Gemäß § 24 Abs 6 WEG 2002 kann jeder Wohnungseigentümer innerhalb eines Monats ab Anschlag eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festgestellt wird. Beschlüsse in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung können überdies nach § 29 WEG angefochten werden. Das WEG definiert den Begriff der Verwaltung nicht, sondern setzt ihn voraus. Verwaltungshandlungen zielen darauf ab, gemeinschaftliche Pflichten zu erfüllen oder gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0109188 [T12]). Sie erfordern gemeinschaftliches Vorgehen, weil es um die wohlverstandenen Interessen aller Teilhaber geht (RS0109188 [T3]). Verwaltungshandlungen für die Gemeinschaft der Miteigentümer sind einerseits von bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen einzelner Teilhaber, andererseits von Verfügungen über das Gemeinschaftsgut oder einzelne Anteile daran zu unterscheiden (5 Ob 216/15y; RS0109188). Von bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Miteigentümer heben sich Verwaltungshandlungen dadurch ab, dass mit ihnen Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden, während die Abgrenzung zu Verfügungen nach den Auswirkungen der Geschäftsführungsakte auf das gemeinschaftliche Gut und/oder die Anteile der Miteigentümer vorzunehmen ist (5 Ob 216/15y). Abzustellen ist dabei auf objektive Kriterien (vgl RS0123021; 5 Ob 216/15y). Nach diesen Grundsätzen ist die rein eigennützige Verbauung oder sonstige Veränderung allgemeiner Teile der Liegenschaft durch einen der Miteigentümer keine Maßnahme der Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft (RS0109188 [T13]; 5 Ob 216/15y). Soweit Änderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft daher nur der vorteilhafteren Nutzung eines Wohnungseigentumsobjekts dienlich sein sollten, sind sie vom weiten Änderungsbegriff des § 16 Abs 2 WEG 2002 umfasst, dies selbst dann, wenn davon ausschließlich allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind (RS0083108 [T1]). Diesfalls liegt eine Verfügung des Wohnungseigentümers über sein Objekt vor, bei der schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer deren Zustimmung oder die Genehmigung des Außerstreitrichters erfordert (5 Ob 250/05h mwN; RS0083156).

[18] 2. Da die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft – abgesehen von den Fällen des § 18 Abs 2 WEG – grundsätzlich auf Angelegenheiten der Verwaltung beschränkt ist (§ 18 Abs 1 WEG), können und dürfen Mehrheitsbeschlüsse nach ständiger Rechtsprechung (RS0130070) nur Maßnahmen der Verwaltung zum Gegenstand haben. Ein ihre Kompetenz überschreitender Beschluss der Eigentümergemeinschaft kann unbefristet bekämpft und zur Klarstellung der Rechtslage beseitigt werden (5 Ob 226/18y; RS0130070 [T2]). Zunächst ist daher die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage nach der Kompetenz der Eigentümergemeinschaft zur Beschlussfassung in Bezug auf die Balkonsanierung zu erörtern. Seine Auffassung, die Behebung der Mängel am Holzgeländer der Balkone der Top 1 und 3 durch Anbringung von Eternitplatten einschließlich der erforderlichen Handläufe sei nicht Verwaltungsmaßnahme, weil im alleinigen Interesse des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin gelegen, ist nicht zu teilen.

[19] 3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0130029) zeigt die im WEG 2002 zwingend vorgesehene schriftliche Verständigung der Wohnungseigentümer durch den Hausanschlag als allein Anfechtungsfristen auslösendes Moment deutlich, dass nur der schriftlich zur Kenntnis gebrachte Text des Beschlusses für die Beurteilung maßgeblich ist, was Gegenstand des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft sowie der Anfechtung durch die Wohnungseigentümer ist. Ein vom Wortlaut nicht gedeckter oder davon abweichender subjektiver Parteiwille der an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer ist nicht relevant. Entscheidend ist eine objektive Sichtweise, der Beschluss ist allerdings der Auslegung zugänglich, der aus dem Wortlaut selbst ersichtliche Zweck der Beschlussfassung ist miteinzubeziehen (5 Ob 40/19x). Gegenstand und Zweck der Beschlussfassung bedingen einen ausreichend bestimmten Beschlussgegenstand, wobei an die Bestimmtheit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind. Es reicht aus, wenn daraus das Vorgehen der Eigentümer durch die Beschreibung des Begehrens und des anspruchsbegründenden Sachverhalts so deutlich hervorgeht, dass damit der mit der Beschlussfassung verfolgte Zweck, den möglichen Interessenskonflikt zu lösen, erreicht ist. Auf welche Weise und mit welchem Wortlaut eine Alternative durchzusetzen ist, bedarf keiner Festlegung (5 Ob 40/19x). Die Beurteilung des Erstgerichts, der Beschluss sei auf Basis dieser Rechtsprechungsgrundsätze ausreichend bestimmt, ist nicht zu beanstanden.

[20] 3.2. Gegenstand der Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft war nach dem Text des Beschlusses aber die Balkonsanierung (wie sie im Jahr 2011 tatsächlich vorgenommen worden war) an den Balkonen der Wohnungen Top 1 und Top 3 in ihrer Gesamtheit. Nach den – insoweit unbekämpften – Feststellungen war diese Sanierung wegen an der Balkonunterseite aufgetretener Betonschäden notwendig. Die Betonschäden waren auf Witterungseinflüsse und undichte Fliesenfugen auf den Balkonböden, durch die Wasser eingedrungen war, zurückzuführen, wobei der Feuchtigkeitseintritt und die Witterungseinflüsse zu Betonabplatzungen an der Tragekonstruktion geführt hatten. Saniert wurde der Beton an sich, dazu wurden die Balkonböden abgedichtet und das Balkongeländer erneuert. Anstelle des Fliesenbelags der Balkonböden wurden Holz und Kupfer verlegt. Die als Balkongeländer angebrachten Holzprofile wurden durch Eternitplatten ersetzt. Einige Holzprofile des Geländers waren nämlich bereits herausgebrochen und nicht mehr vorhanden, noch vorhandene Profile hätten beschichtet werden müssen, was alle 10 Jahre zu wiederholen gewesen wäre. Feststellungen, die Sanierungsbedürftigkeit sei „rechtswidrig und eigenmächtig“ von Erstantragsgegner und Zweitantragsgegnerin herbeigeführt worden, die auch die fehlenden Holzprofile entsorgt hätten, wurden nicht getroffen, sodass diese Argumentation in der Revisionsrekursbeantwortung nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht.

[21] 3.3. An der Reparaturbedürftigkeit (vgl RS0116998) der Balkone einschließlich ihrer Geländer, die die Vorinstanzen übereinstimmend bejaht haben, ist auf Basis der Feststellungen nicht zu zweifeln. Zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungen gehören aber auch dann noch zur Erhaltung im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 iVm § 3 MRG, und somit zur ordentlichen Verwaltung, wenn dabei Veränderungen vorgenommen werden, die gegenüber dem vorigen Zustand als „Verbesserungen“ anzusehen sind. Dies ist hier bei allen Sanierungsmaßnahmen an den Balkonen der Fall:

[22] 3.4. Abzustellen ist auf die Definition der ordentlichen Verwaltung in § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 – demnach gehört dazu insbesondere die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft iSd § 3 MRG einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und die Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, dass die „Außenhaut“ des Gebäudes nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung allgemeiner Teil ist (RS0069976; vgl auch RS0083334), wobei bei Balkonen und Terrassen auch auf funktionelle Kriterien abzustellen ist (RS0069976 [T5]). Die Balkontüre wurde ebenso bereits als zur Außenhaut des Gebäudes gehörig beurteilt (RS0069976 [T8]) wie ein Balkongeländer (5 Ob 61/19k). Im Fall eines schadhaften Balkonaufbaus, der zur Gänze erneuert werden musste, um Schutz vor Durchfeuchtung zu bieten, sprach der Fachsenat aus (5 Ob 154/08w), dass derartige Schäden deutlich über bloß oberflächliche Mängel des Bodenbelags hinausgehen. Sie betreffen funktionell auch die Substanz des Hauses, sodass deren Sanierung ordentliche Verwaltung ist.

[23] 3.5. All dies gilt auch für die hier zu beurteilenden Sanierungsmaßnahmen an den Balkonen einschließlich der Geländer, deren Austausch nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht etwa deshalb erfolgte, weil sie den Antragsgegnern nicht mehr gefielen, sondern weil sie aufgrund herausgebrochener Holzprofile des Geländers schadhaft waren. Die für den Erhaltungsbegriff erforderliche Schadensgeneigtheit, Funktionseinschränkung und Reparaturbedürftigkeit (auch) der Balkongeländer lag daher vor. Dass die Eigentümergemeinschaft beschlossen hätte, den Erstantragsgegner und die Zweitantragsgegnerin zu einer eigentümlichen, (nur) von ihnen geplanten baulichen Gestaltung des Balkonbereichs durch Anbringung von Eternitplatten (in einer den baurechtlichen Vorgaben nicht entsprechenden Geländerhöhe) zu ermächtigen, ist entgegen der Auffassung des Rekursgerichts weder den Feststellungen noch dem schriftlichen Inhalt des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft zu entnehmen.

[24] 3.6. Im Übrigen wären Arbeiten, die der Behebung von Baugebrechen dienen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden, als privilegiert auch im Anwendungsbereich des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 unabhängig von der Höhe der damit verbundenen Kosten durchzuführen (5 Ob 61/19k). Sollten die aus dem Geländer herausgebrochenen Holzprofile daher zu einer Absturzgefahr für Personen auf den Balkonen geführt haben – was aus den Feststellungen nicht mit Sicherheit hervorgeht – wäre sogar von einem jedenfalls § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu unterstellenden ernsten Schaden des Hauses in den Objekten W 1 und W 3 auszugehen. Zur (derzeit noch) zu geringen Geländerhöhe ist auf die Feststellungen zu verweisen, dass der baurechtlich geforderte Handlauf für die Geländer der Wohnungen 1 und 3 bereits vorhanden ist, allerdings aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen den Miteigentümern durch die Antragsgegner bislang nicht angebracht wurde. Die mittels Beweisrüge im Rekurs bekämpfte Feststellung über die Kosten des Handlaufs, dessen exakte Lauflänge und die Erforderlichkeit eines Handlaufs bei Wiederanbringung von Fliesen ist für die rechtliche Abgrenzung von Verfügung und einer Verwaltungshandlung unerheblich und die begehrte Ersatzfeststellung (eines höheren Aufwands für den Handlauf, der bei Fliesen nicht erforderlich gewesen wäre), würde für sich allein am Vorliegen einer ordentlichen Verwaltungsmaßnahme ebenso noch nichts ändern.

[25] 3.7. Dass es anlässlich der Sanierung des Balkongeländers zu einem Austausch des Materials kam, ändert an dieser Beurteilung nichts. Der Fachsenat hatte sich bereits mehrfach mit dem Austausch von Holzfenstern und -türen gegen Kunststofffenster und -türen – selbst in architektonisch wertvollen Gebäuden – zu beschäftigen (vgl 5 Ob 144/05w; 5 Ob 208/16y) und ordnete sie als notwendige Erhaltungsmaßnahmen selbst bei Verwendung eines anderen Materials unter Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der ordentlichen Verwaltung nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu. Daran ist auch für den hier zu beurteilenden Fall festzuhalten. Die behauptete Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes allein macht daher die Verwaltungsmaßnahme noch nicht zu einer Verfügung im Sinn des § 16 WEG.

[26] 3.8. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (5 Ob 7/18t; 5 Ob 208/16y; RS0120092) bedeutet das in § 24 Abs 6 WEG 2002 normierte Anfechtungsrecht der Minderheit gegen Beschlüsse der Mehrheit wegen Gesetzwidrigkeit nicht, dass eine umfängliche Inhaltskontrolle der Maßnahme der ordentlichen Verwaltung nach den Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen hätte. Der überstimmten Minderheit soll vielmehr die Einhaltung zwingender Bestimmungen des WEG garantiert werden, allenfalls noch erweitert um „krasse“ Verstöße gegen die genannten Grundsätze. Die vom Erstgericht vertretene Auffassung, der Austausch des Holzgeländers durch Eternitplatten, die keiner laufenden Wartung bedürfen, entspreche den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, ist nicht zu beanstanden. Während die Eternitplatten bei einer wartungsfreien Lebensdauer von 40 bis 50 Jahren 8.007,08 EUR kosteten, hätte der Ersatz und die Beschichtung noch vorhandener Holzprofile bereits ca EUR 6.000,– gekostet, jede im 10 Jahresabstand erforderliche neue Beschichtung weitere EUR 3.000,–.

[27] 3.9. Dass Gegenstand der Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit einem Wohnungseigentümer oder mit einer Person, mit der dieser durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden ist, gewesen wäre, sodass dem Erstantragsgegner und der Zweitantragsgegnerin iSd § 24 Abs 3 WEG 2002 kein Stimmrecht zugestanden wäre, ist nicht zu erkennen. Diese Beurteilung des Erstgerichts blieb im Übrigen bereits im Rekursverfahren unbeanstandet.

[28] 3.10. Da sich nach ständiger Rechtsprechung (RS0121904) in dem – auch hier gegebenen – Fall, dass die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft in einem Willensakt des Mehrheitseigentümers besteht und es zu einer fristauslösenden Bekanntmachung dieses Beschlusses kommt, die Bekämpfung eines solchen „Dominatorbeschlusses“ formell nur nach Beschlussrecht und nicht nach § 30 Abs 2 WEG 2002 zu richten hat, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage der Verfristung des Antrags nach dieser Gesetzesstelle.

[29] 3.11. Zusammengefasst ist die beschlossene Sanierung der Balkone der Wohnungen Top 1 und Top 3 in ihrer Gesamtheit (Balkonsanierung, Balkonabdichtung und Ersatz der schadhaften Balkonbrüstung) hier nicht Verfügung, sondern ordentliche Verwaltungsmaßnahme iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002, selbst wenn es durch den Austausch des Materials des Balkongeländers zu einer Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses gekommen ist. Ein Anfechtungsgrund nach § 24 Abs 6 WEG 2002 ist nicht ersichtlich.

[30] 4.1. Vergleichbares gilt für die beschlossene Zaunerrichtung. Nach den Feststellungen ist im Süden der Liegenschaft im Bereich einer Allgemeinfläche eine am höchsten Punkt fünf Meter hohe Stützmauer errichtet, die bis zum Jahr 2011 durch eine Hecke abgesichert war. 2011 wurde anstelle dieser Hecke ein Maschendrahtzaun errichtet, dies war Gegenstand der Beschlussfassung. Der Zaun verläuft beginnend bei der Terrasse über eine befestigte Allgemeingrünfläche gegen Süden und entlang der Mauer nach Südosten. Der Zaun wurde errichtet um zu verhindern, dass auf der Terrasse vor dem Gebäude spielende Kinder über die Böschung abstürzen. Durch den von Süden nach Norden verlaufenden Zaunteil wurde den Antragstellern die Benützung der anschließenden Allgemeinfläche nicht unmöglich gemacht.

[31] 4.2. Auf Basis dieser Feststellungen ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass das Anbringen des Maschendrahtzauns zur Absturzsicherung auf der Allgemeinfläche eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft iSd § 3 MRG war. Dies zieht im Revisionsrekursverfahren auch niemand mehr in Zweifel. Der Umstand, dass zwischenzeitig nach Entfernung der Hecke über Jahre eine Absturzsicherung nicht vorhanden war, ändert nichts daran, dass hier tatsächlich (wie vom Sachverständigen hervorgehoben) Gefahr in Verzug bestand. Die für die Zaunerrichtung der Eigentümergemeinschaft in Rechnung gestellten Kosten von EUR 674,02 sind angemessen, ein krasser Verstoß gegen die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ist dazu weder behauptet noch zu erkennen.

[32] 5.1. Die Frage des untrennbaren Zusammenhangs der in diesem Beschluss genannten Maßnahmen (Balkonsanierung einerseits und Zaunerrichtung andererseits) und des daraus abzuleitenden allenfalls einheitlichen Beschlussgegenstands (vgl 5 Ob 216/15y; 5 Ob 51/15h), der nur gegeben wäre, wenn nach der aus der Formulierung des Beschlussgegenstands zu erschließenden Willensrichtung bei der Beschlussfassung nur die Gesamtmaßnahme als solche Gegenstand der Abstimmung ist, ist hier nicht zu erörtern. Nach seinem Wortlaut soll der angefochtene Beschluss zur Finanzierung beider Sanierungsarbeiten die Entnahme von EUR 14.232,93 vom Baukonto genehmigen, ohne dass dem angeschlagenen Beschlussinhalt eine Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Maßnahmen zu entnehmen wäre.

[33] 5.2. Die beschlossenen Sanierungsmaßnahmen erforderten nach den Feststellungen des Erstgerichts insgesamt folgende – der Höhe nach angemessene – Kosten:

Betonsanierung Balkone

4.763,42 EUR

Abdichtung Balkone und Flachdach im Eingangsbereich

6.673,34 EUR

Ersatz der Holzprofile durch Eternitplatten

8.007,08 EUR

Errichtung Maschendrahtzaun

674,02 EUR

Summe

20.117,86 EUR.

[34] Wenn die Eigentümergemeinschaft nun angesichts dieser Gesamtsanierungskosten die bloß teilweise Abdeckung in Höhe von EUR 14.232,93 im Weg der Entnahme vom „Baukonto“ beschloss, ist auch dies eine ordentliche Verwaltungsmaßnahme, deren behauptete Gesetzwidrigkeit nicht zu erkennen ist. Nach § 28 Abs 1 Z 2 WEG 2002 wäre nämlich auch die Bildung einer angemessenen Rücklage Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung. Der Sache nach betraf die beschlossene Maßnahme die Finanzierung der Sanierungsarbeiten. Ob im Gesamtbetrag allenfalls insgesamt EUR 1.462,45 für den Maschendrahtzaun enthalten sind (dies haben die Antragsteller bekämpft, das Rekursgericht hat diese Beweisrüge aber nicht erledigt) ist nicht maßgeblich, weil selbst unter Berücksichtigung der gewünschten Ersatzfeststellung der aus dem Beschluss zu entnehmende Gesamtbetrag deutlich unter den Gesamtkosten der beschlossenen Sanierungsmaßnahmen an Balkonen und Zaun gelegen war.

[35] 6. In Bezug auf den Beschluss betreffend Balkone und Zaun war die Entscheidung des Erstgerichts daher mittels Teilsachbeschluss wiederherzustellen.

[36] 7. Da die erforderlichen Billigkeitserwägungen erst im Endsachbeschluss angestellt werden können (RS0123011 [T1]) waren die Kosten gemäß § 78 Abs 1 zweiter Satz AußStrG in Verbindung mit § 37 Abs 3 Z 17 MRG und § 52 Abs 2 WEG der Endentscheidung vorzubehalten.

[37] II. Zum Beschluss auf Sanierung/Instandsetzung des Vorplatzes durch Asphaltierung:

[38] 1. Im Revisionsrekursverfahren ist nicht mehr strittig, dass die beschlossene Sanierung des Vorplatzes außerordentliche Verwaltungsmaßnahme iSd § 29 Abs 1 WEG 2002 ist, weil eine Sanierung der Gesamtfläche aus technischer Sicht nicht erforderlich wäre, sondern eine Teilsanierung ausreicht. Daher hat das Gericht den Mehrheitsbeschluss gemäß § 29 Abs 2 WEG 2002 aufzuheben, wenn 1. die Veränderung den Antragsteller übermäßig beeinträchtigen würde oder 2. die Kosten der Veränderung – unter Berücksichtigung auch der in absehbarer Zeit anfallenden Erhaltungsarbeiten – nicht aus der Rücklage gedeckt werden könnten. Daneben ist auch bei beschlossenen Maßnahmen außerordentlicher Verwaltung die Anfechtung des Beschlusses wegen der Gründe des § 24 Abs 6 WEG 2002, somit formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder des Fehlens der erforderlichen Mehrheit zulässig. Das Rekursgericht hat – ohne auf die Anfechtungsgründe des § 29 Abs 2 WEG 2002 einzugehen – den Beschluss betreffend Vorplatzsanierung schon deshalb als gesetzwidrig iSd § 24 Abs 6 WEG 2002 angesehen, weil der Verwalter nur einen Kostenvoranschlag eingeholt habe. Diese Auffassung widerspricht der Rechtsprechung:

[39] 2. § 20 WEG 2002 befasst sich mit Aufgaben und Befugnissen des Verwalters. Nach § 20 Abs 4 zweiter Satz WEG hat der Verwalter für Erhaltungsarbeiten, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen, und für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einzuholen. Nach der Rechtsprechung des Fachsenats soll diese Bestimmung lediglich die den Verwalter treffenden Treue- bzw Sorgfaltspflichten konkretisieren und damit die leichtere Überprüfbarkeit von Verwaltungsmaßnahmen durch die Wohnungseigentümer sicherstellen (5 Ob 186/08a). Aus § 20 Abs 4 Satz 2 WEG ist aber keine Verpflichtung des Verwalters abzuleiten, bei Einholung eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft über anstehende Erhaltungsarbeiten alle ihm vorliegenden Anbote zum Gegenstand der Abstimmung zu machen (RS0124147). In der Entscheidung 5 Ob 186/08a hat der Fachsenat eine – die Anfechtung rechtfertigende – Gesetzwidrigkeit aus dem auch dort behaupteten Verstoß gegen § 20 Abs 4 Satz 2 WEG 2002 mit ausführlicher Begründung verneint. An den Erwägungen dieser Entscheidungen ist festzuhalten, zumal die Verpflichtung Vergleichsanbote einzuholen nur den Verwalter, nicht aber die Eigentümergemeinschaft selbst trifft (Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht4 § 20 WEG Rz 55). Das Nichteinholen der vorgeschriebenen drei Angebote allein kann daher nicht zur Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft führen.

[40] 3.1. Damit ist auf die weiteren von den Antragstellern geltend gemachten Anfechtungsgründe einzugehen. Zur behaupteten Unbestimmtheit dieses Beschlusses ist zunächst auf die Ausführungen unter Punkt I.3.1. zu verweisen. Beschlossen wurde nach dem schriftlichen Beschlussinhalt die Sanierung des Vorplatzes in der Variante Asphaltierung samt Nebenarbeiten, deren Kosten die Hausverwaltung zuvor mit EUR 2.891,45 zuzüglich Baustellengemeinschaftskosten von EUR 561,74 und der Ergänzung der Rollierung und Plattenverlegung auf Allgemeinflächen vor dem Vorplatz von EUR 1.791,02 bekannt gegeben hatte. An wen dieser Auftrag erteilt werden sollte, ist nicht notwendiger Beschlussinhalt, eine Unbestimmtheit somit nicht zu erkennen.

[41] 3.2. Dem Einwand der Antragsteller, es handle sich um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, sind die Vorinstanzen ohnedies gefolgt. Als Anfechtungsgrund haben die Antragsteller iSd § 29 Abs 2 Z 1 WEG 2002 behauptet, die – nicht notwendige - Veränderung würde sie übermäßig beeinträchtigen. Sie stützen sich auch auf den Anfechtungsgrund nach § 29 Abs 1 Z 2 WEG 2002 (mangelnde Kostendeckung in der Rücklage). Zu prüfen ist demnach zunächst, ob es sich bei der beschlossenen Maßnahme um eine nützliche Verbesserung iSd § 29 Abs 1 WEG 2002 handelte und bejahendenfalls, ob diese Veränderung iSd § 29 Abs 2 Z 1 WEG 2002 die Antragsteller übermäßig beeinträchtigen würde. Sollte eine übermäßige Beeinträchtigung nicht vorliegen, wäre zu prüfen, ob die Kosten der Veränderung – unter Berücksichtigung auch der in absehbarer Zeit anfallenden Erhaltungsarbeiten – nicht aus der Rücklage gedeckt werden können. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist der Mehrheitsbeschluss nach § 29 Abs 3 WEG 2002 nicht aufzuheben, wenn der nicht gedeckte Kostenanteil von der beschließenden Mehrheit getragen wird oder wenn es sich um eine Verbesserung handelt, die auch unter Berücksichtigung der fehlenden Kostendeckung allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht.

[42] 4.1. Unter § 29 Abs 1 WEG 2002 fällt jegliche Veränderung (nicht nur eine nützliche Verbesserung) gemeinsamer Liegenschaftsteile, die über die ordnungsgemäße Erhaltung iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 hinausgeht. Die Voraussetzung des § 29 Abs 2 Z 1 WEG 2002 fehlt nicht schon bei jeder Beeinträchtigung der Überstimmten, sondern erst bei einer übermäßigen (RS0083136). Geringfügige Einschränkungen müssen hingenommen werden (RS0083136 [T7]); der Antragsteller ist beweispflichtig für eine erhebliche Beeinträchtigung (5 Ob 157/02b; 5 Ob 296/05y).

[43] 4.2. Dass es sich um eine grundsätzlich nützliche Veränderung handelt, den gesamten Vorplatz zu asphaltieren und damit die – wenn auch nur in Teilbereichen schadhafte – Pflasterung zu sanieren, bedarf keiner weiteren Erörterung. Eine übermäßige Beeinträchtigung der Antragsteller mangels Begehbarkeit der Allgemeingrünfläche hat das Erstgericht unbekämpft verneint, eine gewisse Erschwerung des Zugangs müssen sie in Kauf nehmen. Allerdings haben die Antragsteller ihre übermäßige Beeinträchtigung auch auf die Behauptung gestützt, im Hinblick auf die geplante und bereits baubehördlich bewilligte Errichtung zweier Parkplätze im Bereich des Vorplatzes mache die Vorplatzsanierung erst Sinn, wenn diese im Zug der neu zu errichtenden Parkplätze miterledigt wird. Dazu hat das Erstgericht eine Negativfeststellung getroffen (und eine übermäßige Beeinträchtigung der Antragsteller daher verneint), die die Antragsteller in ihrem Rekurs mit Beweisrüge bekämpft haben. Das Rekursgericht hat – ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung – diese Beweisrüge nicht erledigt, sodass derzeit mangels gesicherten Sachverhalts nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die beschlossene Vorplatzsanierung durch Asphaltierung (ohne die Errichtung der bewilligten Parkplätze abzuwarten) die Antragsteller allenfalls übermäßig beeinträchtigt. Relevant ist die bekämpfte Feststellung aber auch für den Anfechtungsgrund nach § 29 Abs 2 Z 2 WEG 2002. Selbst wenn – wozu ebenfalls Feststellungen fehlen – die Kosten in der Rücklage nicht gedeckt sein sollten, könnte eine Anfechtung aus diesem Grund daran scheitern, dass die beschlossene Verbesserung allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht.

[44] 5. In diesem Umfang war der angefochtene Sachbeschluss daher aufzuheben und dem Rekursgericht die Erledigung der Beweisrüge aufzutragen.

[45] 6. Auch insoweit können die erforderlichen Billigkeitserwägungen erst aufgrund des Ergebnisses der Endentscheidung angestellt werden, die Kostenentscheidung war dieser daher vorzubehalten (§ 37 Abs 3 Z 17 iVm § 52 Abs 2 WEG).

Leitsätze

  • Balkonsanierung: Ordentliche Verwaltung iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002?

    Zur ordentlichen Verwaltung gehört gemäß § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 insbesondere die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft iSd § 3 MRG einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen und die Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt. Im Fall eines schadhaften Balkonaufbaus, der zur Gänze erneut werden musste, betreffen die Schäden funktionell die Substanz des Hauses, sodass deren Sanierung ordentliche Verwaltung ist.
    Stanislava Doganova | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 154/20p | OGH vom 15.04.2021 | Dokument-ID: 1098394