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5 Ob 256/12a; OGH; 16. Juli 2013
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig und Dr. Harald Skrube, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei P***** AG, *****, vertreten durch Baier Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 79.200 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2012, GZ 3 R 168/12h-14, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 14. August 2012, GZ 69 Cg 143/11h-10, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.077,38 (darin EUR 346,23 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil „die für den konkreten Fall gefundene Lösung (Verneinung eines - adäquaten -
Kausalzusammenhangs der Vermittlertätigkeit als Voraussetzung für das Entstehen eines Provisionsanspruchs) als Abgehen von der Judikatur des OGH beurteilt werden kann, namentlich zu der in der Entscheidung OGH 8 Ob 68/11z gefundenen Lösung“.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig; dies ist gemäß § 510 Abs 3 ZPO - kurz - zu begründen:
1. Der Senat hat das Vorliegen der von der Klägerin behaupteten Mängel des zweitinstanzlichen Verfahrens geprüft; die angeblichen Mängel liegen indes nicht vor:
1.1.1. Die Klägerin bemängelt, dass das Berufungsgericht nicht nach § 473a ZPO vorgegangen ist; dazu sei das Berufungsgericht deshalb verpflichtet gewesen, weil es die von der Beklagten - erstmals in deren Berufung und somit entgegen dem Neuerungsverbot - vorgetragene Behauptung zugrundegelegt habe, dass „durch Zahlung der Provision für die Teilliegenschaft samt Vorkaufsrecht (…) die beklagte Partei den Geschäftsfall genehmigt und die verdienstliche Tätigkeit der klagenden Partei zum Abschluss dieses Hauptgeschäfts zur Gänze abgegolten (hat)“.
1.1.2. Die wiedergegebene Annahme des Berufungsgerichts ist die rechtliche Bewertung eines in der Berufung der Beklagten enthaltenen Zugeständnisses im Zusammenhang mit dem von der Beklagten bezweifelten Bestand und Umfang einer Vertragsbeziehung der Streitteile. Das Berufungsgericht hat daraus - nur und gerade zugunsten der Klägerin - Einwände der Beklagten in Richtung der ihr vermeintlich fehlenden Passivlegitimation entkräftet. Schon aus diesem Grund kann daraus kein die Klägerin - belastender - Mangel des Berufungsverfahrens abgeleitet werden. Weitergehende Schlussfolgerungen, insbesondere in Richtung einer fehlenden adäquaten Verdienstlichkeit der Klägerin, hat das Berufungsgericht daraus nicht gezogen.
1.2.1. Die Klägerin bezeichnet das den geltend gemachten Provisionsanspruch abweisende Urteil des Berufungsgerichts als „Überraschungsentscheidung im Sinne des § 182a ZPO“. Nach Ansicht der Klägerin wäre das Berufungsgericht verpflichtet gewesen, die von ihm verneinte Frage der Adäquanz der Vermittlertätigkeit zu erörtern.
1.2.2. Eine überraschende Rechtsansicht des Gerichts zweiter Instanz und ein dadurch bewirkter Verstoß gegen § 182a ZPO liegt nur dann vor, wenn die Parteien an die vom Gericht vertretene Rechtsansicht mangels Erörterung nicht dachten oder denken mussten (RIS-Justiz RS0037300 [T16, T24]). Davon kann aber entgegen der Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rede sein, weil die Beklagte bereits im Verfahren erster Instanz ausdrücklich geltend gemacht hat, dass die Tätigkeit der Klägerin für das hier als provisionspflichtig in Anspruch genommene Rechtsgeschäft nicht kausal, sondern inadäquat gewesen sei (Klagebeantwortung S 4 in ON 2), die Klägerin darauf auch erwidert hat (S 4 in ON 4) und die Frage der Verdienstlichkeit insgesamt wesentlicher Gegenstand des Verfahrens erster Instanz war.
Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens liegen somit nicht vor; einer weitergehenden Begründung bedarf es für diese Beurteilung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
2.1. Im Rahmen ihrer Rechtsrüge vertritt die Klägerin weiterhin den Standpunkt, dass die Tätigkeit ihres (des früheren) Vermittlers, die zum Kaufvertragsabschluss über einen Liegenschaftsteil geführt habe, auch für den späteren Erwerb der Restliegenschaft aufgrund des im ersten Kaufvertrag erwirkten Vorkaufsrechts adäquat verdienstlich gewesen sei. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts weicht aber nicht von den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu dieser Frage ab, sondern wendete diese - bezogen auf den konkreten Einzelfall - vertretbar an (zur grundsätzlichen Einzelfallbezogenheit von Adäquitätsfragen vgl RIS-Justiz RS0110361; 1 Ob 260/00t; 7 Ob 155/01x):
2.2. Zwischen der Tätigkeit des Vermittlers und dem Zustandekommen des Geschäfts ist für das Entstehen des Provisionsanspruchs ein - adäquater - Kausalzusammenhang erforderlich (RIS-Justiz RS0062878). Entscheidend ist, ob die an sich verdienstliche und (zumindest mit-)kausale Tätigkeit des Maklers für das letztlich zustandegekommene Geschäft bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall als (in-)adäquat anzusehen ist (vgl RIS-Justiz RS0062878 [T5]; RS0029415 [T1]).
2.3. Die Klägerin stützt sich zunächst auf die Entscheidung 1 Ob 563/95 (ecolex 1995, 800), in welcher der Oberste Gerichtshof (ua) ausführte, dass „im Geschäftszweig der Immobilienmakler (...) im Zweifel schon die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit als verdienstliche Tätigkeit den Provisionsanspruch des Vermittlers (begründet), ohne daß es noch einer weiteren Zuführungs- oder Vermittlungstätigkeit von seiner Seite bedürfte, soferne er für den späteren Abschluß des Rechtsgeschäfts ursächlich war“. Insofern ist der Klägerin durchaus einzuräumen, dass hier auch das Berufungsgericht die „natürliche Kausalität“ der Tätigkeit des Vermittlers der Klägerin für den in Anspruch genommenen Vertragsabschluss bejahte. Allerdings hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 563/95 (ecolex 1995, 800) auch darauf hingewiesen, dass der „Gegenbeweis“ fehlender „Mitveranlassung“ der Vermittlertätigkeit erbracht sein kann, wenn - wie hier für den Kauf der Gesamtliegenschaft - „die Verhandlungen wegen der Höhe des geforderten Preises gescheitert waren und dann das angestrebte Geschäft ausschließlich aufgrund anderer Umstände“ (dort: wegen eigener Aktivitäten des Verkäufers zu einem wesentlichen niedrigeren Kaufpreis) abgeschlossen wurde.
2.4. Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung 4 Ob 543/94 beruft, unterscheidet sich der dort beurteilte Sachverhalt von der vorliegenden Fallkonstellation insbesondere durch abweichende zeitliche Zusammenhänge und überdies hat der Oberste Gerichtshof in der genannten Entscheidung einen Provisionsanspruch des Maklers inhaltlich gar nicht abschließend beurteilt.
2.5. Aus der bisher vorliegenden Rechtsprechung lassen sich als Umstände, die zur Verneinung der Adäquanz einer an sich verdienstlichen und (mit-)kausalen Tätigkeit des klagenden Immobilienmaklers führen können, etwa das Scheitern der ursprünglichen Vertragsverhandlungen an sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen der Parteien, die für den folgenden Vertragsabschluss maßgebliche spätere Eigeninitiative der anderen Vertragspartei oder eines unbeteiligten Dritten ohne neuerliche Aktivität des Maklers und der (sehr) lange Zeitabstand zwischen dem Tätigwerden des Maklers und dem Vertragsabschluss ableiten (vgl RIS-Justiz RS0062768; 8 Ob 13/70 SZ 43/27).
2.6. Im vorliegenden Fall war es im Jahr 2002 nur zum Abschluss eines (verprovisionierten) Kaufvertrags über einen Liegenschaftsteil gekommen, wobei allerdings über Anraten des Vermittlers ein Vorkaufsrecht betreffend den weiteren Liegenschaftsanteil in den Kaufvertrag aufgenommen worden war. Der Vertragsabschluss über die Gesamtliegenschaft scheiterte seinerzeit an deutlich unterschiedlichen Preisvorstellungen; der Käufer wollte für die Gesamtliegenschaft nur 1.526.000 bzw 1.672.000 EUR anstatt der vom Vermittler angeratenen 1.900.000 EUR bezahlen. Die Käuferin (Beklagte) nahm dann zwar das seinerzeit vereinbarte Vorkaufsrecht in Anspruch, doch geschah dies erst Jahre später, nämlich 2008, außerdem nicht gegenüber der ursprünglichen Verkäuferin, sondern gegenüber deren Erben und zu einem Kaufpreis von 2.200.000 EUR. Wenn das Berufungsgericht unter diesen spezifischen Umständen des vorliegenden Einzelfalls die Adäquanz der an sich verdienstlichen und mitkausalen Tätigkeit des Immobilienmaklers verneinte, dann hält sich die Beurteilung zwanglos im Rahmen der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze. Auch der vom Berufungsgericht als möglich erachtete Widerspruch zur Entscheidung 8 Ob 68/11z (wobl 2012, 210/77 [Kothbauer]) besteht nicht, lag doch dort insbesondere ein zeitlich wesentlich engerer Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Maklers und dem Abschluss des zu verprovisionierenden Rechtsgeschäfts vor.
3.1. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und deshalb zurückzuweisen.
3.2. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).
Leitsätze
-
Zur Adäquanz beim Maklervertrag
Zwischen der Tätigkeit des Vermittlers und dem Zustandekommen des Geschäfts ist für das Entstehen des Provisionsanspruchs ein – adäquater – Kausalzusammenhang erforderlich.Iman Torabia | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 256/12a | OGH vom 16.07.2013 | Dokument-ID: 622800