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5 Ob 286/06d; OGH; 20. März 2007
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Eduard V*****, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) Dr. Renate R*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, 2.) Günther W*****, wegen §§ 24 Abs 3 und 6, 30 Abs 2 WEG iVm § 52 Abs 1 Z 3 und 4 WEG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 1. August 2006, GZ 40 R 103/06b-13, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 30. November 2005, GZ 28 Msch 13/04y-7, abgeändert wurde, den Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Sachbeschluss wird dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Begründung
Der Antragsteller ist zu 250/1290 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft T*****, wobei mit seinem Anteil das Wohnungseigentum an der Wohnung W 2 und dem Gartenstück II untrennbar verbunden ist. Die Erstantragsgegnerin ist Miteigentümerin aller übrigen Liegenschaftsanteile und Wohnungseigentümerin der Wohnung W 1 und W 3 sowie der Gartenstücke I und III.
Der Zweitantragsgegner verwaltete das Haus seit April 2004. Am 17.11.2004 kündigte der Zweitantragsgegner in einem Telefonat mit der Erstantragsgegnerin an, die Verwaltung des Hauses zurückzulegen. Daraufhin ersuchte diese ihn, ihr mitzuteilen, zu welchem Termin er dies zu tun beabsichtige. In einem Antwortschreiben vom 24.11.2004 hielt der Zweitantragsgegner fest, dass eine Kündigung des Verwaltungsvertrages gemäß den gesetzlichen Bestimmungen infolge Nichteinhaltung der dreimonatigen Frist zum Ende der Abrechnungsperiode nicht mehr per Ende 2004 möglich sei. Daraufhin teilte die Ersttantragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 25.11.2004 mit, dass sie beabsichtige, die Verwaltung des Zweitantragsgegners mit 31.12.2004 zu kündigen. Weiters sei vorgesehen, dass sie ab 01.01.2005 als Mehrheitseigentümerin die Verwaltung des Hauses übernehme.
Am 01.12.2004 teilte die Erstantragsgegnerin dem Antragsteller schriftlich mit, dass sie die Immobilienverwaltung des Zweitantragsgegners mit 31.12.2004 nach § 21 Abs 3 WEG gekündigt habe. Ab 01.01.2005 übernehme sie als Mehrheitseigentümerin die Verwaltung des Hauses.
Beide Schreiben brachte die Erstantragsgegnerin an der Mitteilungstafel im Stiegenhaus des Hauses an und befestigte zugleich an dieser Tafel jeweils ein an den Antragsteller adressiertes Kuvert. Der Antragsteller erhielt das erste Schreiben am Tag des Anschlages, das zweite am 02.12.2004.
Der Antragsteller verwehrte sich gegen die Verwalterkündigung, indem er auf die einzuhaltenden gesetzlichen Fristen zur Kündigung des Verwaltervertrags hinwies. Der Bestellung der Erstantragsgegnerin zur Verwalterin des Hauses stimme er nicht zu; ihr komme in dieser Frage gemäß § 24 Abs 3 WEG auch gar kein Stimmrecht zu.
Der Zweitantragsgegner akzeptierte die Kündigung seines Verwaltungsvertrages zum Ende des Jahres 2004 nicht. Bereits ab 27.12.2004 gerierte sich die Erstantragsgegnerin als Verwalterin.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte der Antragsteller, die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses der Zweitantragsgegnerin festzustellen, und zwar sowohl hinsichtlich der Kündigung des Zweitantragsgegners als Verwalter als auch hinsichtlich der Bestellung der Erstantragsgegnerin zur Verwalterin ab 01.01.2005. Darüber hinaus begehrte der Antragsteller, das Gericht möge der Erstantragsgegnerin die Rücknahme der Verwalterkündigung des Zweitantragsgegners auftragen.
Die weiteren Antragsteile sind, weil rechtskräftig erledigt, nicht mehr verfahrensgegenständlich.
Der Antragsteller stützte sein Begehren auf § 24 Abs 3 und 6 WEG sowie auf § 30 Abs 2 WEG. Die Zweitantragsgegnerin sei zufolge § 24 Abs 3 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen, weshalb der von ihr gefasste „Beschluss“ über die Verwalterkündigung und die Bestellung ihrer eigenen Person zur Verwalterin des Hauses rechtswidrig sei. Mit der gesamten Beschlussfassung habe die Erstantragsgegnerin bezweckt, einen Verwalterwechsel zu ihren Gunsten herbeizuführen. Der Antragsteller habe dem von Beginn an widersprochen. Der Grund dafür sei, dass zuvor die Mutter der Erstantragsgegnerin Verwalterin der Liegenschaft gewesen und über Antrag des Antragstellers wegen grober Pflichtverletzung vom Gericht abberufen worden sei. Der Eigentümergemeinschaft sei vom Gericht aufgetragen worden, „einen Verwalter aus dem Kreis der zur Ausübung der Immobilienverwaltung berechtigten Gewerbetreibenden namhaft zu machen". Zwischen den Wohnungseigentümern habe gerichtsbekannt ein belastetes Verhältnis bestanden, weshalb nur ein unbeteiligter Nichteigentümer in der Lage sein werde, die Verwaltung des Hauses im Interesse der gesamten Eigentümergemeinschaft zu führen (aus der Begründung des im Verfahren 15 Msch 6/95g des Bezirksgerichtes Floridsdorf ergangenen Sachbeschlusses).
Die von der Erstantragsgegnerin vorgenommene Selbstbestellung zur Verwalterin widerspreche somit auch der im Vorverfahren ergangenen Anordnung.
Weiters sei der bekämpfte Beschluss mit formellen Mängeln behaftet, weil der Antragsteller keine Gelegenheit zur Äußerung vor Fassung des Beschlusses gehabt habe, keine gesetzeskonforme Übersendung der Beschlüsse vom 25.11.2004 und 01.12.2004 an ihn stattgefunden habe (eine Anbringung des Schreibens an der Mitteilungstafel des Hauses entspreche nicht § 24 Abs 5 WEG) und überdies der Beschluss keinen Hinweis auf den Beginn und das Ende der Anfechtungsfrist enthalten habe. Der Beschluss sei auch insofern mangelhaft, als der Ausschluss der Erstantragsgegnerin vom Stimmrecht gemäß § 24 Abs 3 WEG nicht beachtet worden sei; es mangle somit an der erforderlichen Mehrheit zur Beschlussfassung.
Beide Beschlüsse, sowohl die Verwalterkündigung als auch die Selbstbestellung zur Verwalterin stünden in einem untrennbaren Zusammenhang und seien auch gleichzeitig gefasst worden. Auf Grund dieses untrennbaren Zusammenhanges komme der Antragsgegnerin auch hinsichtlich der Verwalterkündigung gemäß § 24 Abs 3 WEG ein Stimmrecht nicht zu.
Die Verwalterkündigung sei überdies gesetzwidrig, weil sie gegen die Bestimmung des § 21 WEG verstoße. Der Zweitantragsgegner hätte gemäß § 34 Abs 2 WEG nur zum Ende eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden können. Wichtige Gründe für eine Kündigung lägen nicht vor. Der genannte Beschluss sei daher gesetzwidrig.
Trotz Vorliegens der Rechtsunwirksamkeit der Verwalterenthebung und Bestellung der Erstantragsgegnerin zur Verwalterin stehe dem Antragsteller das Recht zu, gemäß § 30 Abs 2 WEG von der Erstantragsgegnerin die Rücknahme diverser bereits gesetzter Maßnahmen, vor allem auch der Verwalterkündigung zu verlangen. Die Erstantragsgegnerin hielt dem entgegen, dass die Beschlussfassung weder mit formellen noch materiellen Mängeln behaftet sei. Die bezeichneten Schreiben seien dem Antragsteller unmittelbar zugegangen. Ihr stehe als Mehrheitswohnungseigentümerin gemäß § 28 Abs 1 Z 5 WEG das Recht zu, den Verwalter frei zu wählen. Ebenso stehe ihr das Recht zur Verwalterkündigung aus wichtigem Grund zu. Der Zweitantragsgegner habe mehrfach Anordnungen der Erstantragsgegnerin missachtet, notwendige Reparaturen unterlassen und Zahlungen erst nach Urgenz geleistet. Außerdem habe er selbst das Verwaltungsverhältnis aufgelöst.
Soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung, hat das Erstgericht sowohl den von der Erstantragsgegnerin gefassten Beschluss der Verwalterenthebung des Zweitantragsgegners zum 31.12.2004 als rechtsunwirksam aufgehoben als auch den Beschluss, mit dem sich die Erstantragsgegnerin ab 01.01.2005 selbst zur Verwalterin des Hauses bestellt hatte. Den Antrag, der Erstantragsgegnerin die Rücknahme der ausgesprochenen Verwalterkündigung aufzutragen, wies das Erstgericht ab.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Parteistellung des Zweitantragsgegners als Verwalter, weil er durch die Kündigung des Verwaltungsvertrages unmittelbar berührt werde. Dies ergebe sich aus § 52 Abs 2 Z 2 WEG.
Die Bestimmung des § 24 Abs 3 WEG sei unmittelbar auf die Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft auf die Bestellung eines Wohnungseigentümers zum Verwalter anzuwenden. Die Erstantragsgegnerin, die allein diesen Beschluss gefasst habe, hätte also über ihre eigene Verwalterbestellung nicht abstimmen dürfen. Dasselbe gelte auch für die Kündigung des Verwaltervertrages. Mit den angefochtenen Beschlüssen habe die Erstantragsgegnerin einen Verwalterwechsel zu ihren Gunsten bezweckt. Deshalb stünden beide Beschlüsse in einem untrennbaren Zusammenhang, was auch daraus hervorgehe, dass sie gleichzeitig gefasst worden seien. Ohne auf die weiteren Anfechtungsgründe einzugehen, stehe damit die Rechtsunwirksamkeit des bekämpften Beschlusses fest. Die Abweisung der auf § 30 Abs 2 WEG gestützten Begehren, die Erstantragsgegnerin habe verschiedene Verhaltungshandlungen zurückzunehmen, so auch die der Verwalterkündigung, begründete das Erstgericht damit, dass infolge der Rechtsunwirksamkeit der Verwalterbestellung der Erstantragsgegnerin ohnedies alle von ihr gesetzten Rechtshandlungen nichtig seien.
Dem gegen diesen Sachbeschluss von der Erstantragsgegnerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge und änderte ihn dahin ab, dass der Antrag, den angefochtenen Beschluss auch hinsichtlich der Verwalterkündigung für rechtsunwirksam zu erklären, abgewiesen wurde. Im Weiteren gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs nicht Folge.
Der Zweitantragsgegner hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt teilte das Rekursgericht zunächst die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass zufolge § 24 Abs 3 WEG der Erstantragsgegnerin kein Stimmrecht bei ihrer Selbstbestellung zur Verwalterin der Liegenschaft zugekommen sei. Es handle sich gerade um einen typischen Fall des § 24 Abs 3 WEG, wenn sich ein Wohnungseigentümer selbst zum Verwalter bestelle. Dabei sei nicht von Relevanz, ob durch diese Bestellung Interessen der anderen Miteigentümer gefährdet oder beeinträchtigt würden. Es liege jedenfalls keine erforderliche Mehrheit für die Bestellung der Erstantragsgegnerin als Verwalterin vor.
Das treffe aber nicht für die Abberufung des bisherigen Verwalters zu. Es möge Fälle geben, wo sich aus den Umständen eine wie vom Antragsteller dargestellte Einheit der Verwalterkündigung und Neubestellung ableiten lasse, grundsätzlich handle es sich jedoch um zwei getrennte Fragen, die auch unabhängig voneinander zu beurteilen seien. Insbesondere dann, wenn wie hier eine Verwalterkündigung aus wichtigen Gründen erfolge, was für eine sofortige Auflösbarkeit des Verwaltervertrages spreche, sei keine untrennbare Verbindung der Kündigung mit der Neubestellung eines Verwalters anzunehmen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass nach Abberufung des bisherigen Verwalters ohne wirksame Neubestellung eines anderen Verwalters die Eigentümergemeinschaft zufolge § 18 Abs 2 Z 2 lit a WEG von der Mehrheit der Wohnungseigentümer vertreten werde. Dieser Zustand könne durch jeden Minderheitseigentümer jederzeit durch einen Antrag auf Bestellung eines vorläufigen Verwalters nach § 23 WEG beendet werden. Es bestehe daher kein schutzwürdiges Interesse der Minderheit, die Mehrheit von einer Beschlussfassung über eine Verwalterkündigung auszuschließen.
Im Weiteren prüfte das Rekursgericht, ob die behaupteten Formfehler der Beschlussfassung für das Abstimmungsergebnis kausal gewesen seien. Im Ergebnis verneinte das Rekursgericht eine solche Kausalität. Dem Antragsteller sei zunächst am 25.11.2004 die beabsichtigte Beschlussfassung bekannt gegeben worden, er habe dazu auch schriftlich Stellung genommen, weshalb keine Verletzung von Verständigungs- oder Anhörungsrechten vorliege. Die Zustellung der Beschlussfassung habe zwar nicht dem Gesetz entsprechend stattgefunden, weil neben einem Hausanschlag der Antragsteller nur durch ein an der Mitteilungstafel angerachtes Kuvert individuell verständigt worden sei. Dies habe aber in Anbetracht des unstrittigen Zugangs der Verständigungen keine für den Antragsteller nachteiligen Folgen gehabt.
Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Verwalterkündigung infolge Nichteinhaltung der dafür vorgesehenen Fristen führte das Rekursgericht aus, dass diese Frage im Verfahren über eine Beschlussanfechtung nach § 24 Abs 6 WEG nicht zu überprüfen sei. Für die Frage der Wirksamkeit einer Verwalterkündigung sehe das Gesetz ein eigenes Verfahren vor (§ 52 Abs 1 Z 8 WEG). Unter „Gesetzwidrigkeit“ iSd § 24 Abs 6 WEG sei grundsätzlich nur ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften über die Verwaltung des gemeinsamen Gutes gemeint, der die Beschlussfassung über Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung rechtswidrig machen könne. Ob eine durch Mehrheitsbeschluss ausgesprochene Verwalterkündigung dem Dritten gegenüber auch durchsetzbar sei, sei im Rahmen der Anfechtung von Beschlussfassungen über ordentliche Verwaltungsmaßnahmen nicht zu prüfen.
Der Antrag, die Verwalterkündigung für rechtswirksam zu erklären, sei daher nicht berechtigt.
Mit der sich dann stellenden Frage, ob ein Auftrag zur Rücknahme der Verwalterkündigung an die Erstantragsgegnerin zu erteilen sei, wie der Antragsteller gestützt auf § 30 Abs 2 WEG ausdrücklich beantragt hatte, setzte sich das Rekursgericht nicht auseinander. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000,– nicht übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Sowohl zur Frage der Auswirkungen der Verletzung von Informationspflichten bei einer Beschlussfassung als auch dazu, ob die Prüfung der Gesetzwidrigkeit von Beschlüssen auch die Einhaltung der Voraussetzungen des § 21 WEG umfasse, liege keine höchstgerichtliche Judikatur vor.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluss dahin abzuändern, dass der Sachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Erstantragsgegnerin beantragte, dem Revisionsrekurs des Antragstellers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bei Beurteilung des Stimmrechtsausschlusses nach § 24 Abs 3 WEG den Sachzusammenhang von Beschlussteilen rechtlich unrichtig gewürdigt hat.
Der Revisionsrekurs ist auch im Sinne des Begehrens auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses berechtigt. Eingangs sei nur kurz auf die mangelnde Parteistellung des Verwalters im gegenständlichen Beschlussanfechtungsverfahren eingegangen. Die Interessen des Verwalters werden durch den Akt der Willensbildung über seine Kündigung noch nicht unmittelbar betroffen, weshalb ihm im Verfahren über die Anfechtung des Kündigungsbeschlusses selbst keine Parteistellung zukommt (5 Ob 2382/96x = MietSlg 49/43). Das hat auch nach der Novellierung des § 52 Abs 2 Z 1 WEG durch die WRN 2006 – in Kraft seit 01.10.2006 – zu gelten (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Wohnrecht 2007, Anm 2 zu § 52 WEG). Die Interessen des Verwalters sind auch so ausreichend gewahrt, weil ihm im Verfahren über die Feststellung der Wirksamkeit einer solchen Kündigung jedenfalls Parteistellung eingeräumt ist. Hier steht ihm sogar ein Antragsrecht zu (vgl RIS-Justiz RS 0108767; zuletzt 5 Ob 116/06d). Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor. Das Rekursgericht ist nämlich nicht von einem (tatsächlich nicht festgestellten) Sachverhalt über das Vorliegen wichtiger Gründe zur Verwalterkündigung ausgegangen, sondern hat es in der rechtlichen Beurteilung für maßgeblich erachtet, dass sich die Erstantragsgegnerin bei ihrer Kündigung auf ein außerordentliches Kündigungsrecht berufen habe. Das trifft in Anbetracht des Zitates des § 21 Abs 3 WEG sowohl im Ankündigungsschreiben als auch in der Mitteilung über die Beschlussfassung vordergründig zu. Auf die damit verbundene Rechtsfrage wird im Zusammenhang mit der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen sein.
In der Sache selbst hat der erkennende Senat erwogen:
In Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft, so auch bei Bestellung des Verwalters und Auflösung eines Verwaltungsvertrages, entscheidet unbeschadet der Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 30 WEG die Mehrheit der Wohnungseigentümer (§ 28 Abs 1 Z 5 WEG). Zur Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft dient vornehmlich die Eigentümerversammlung, doch können Beschlüsse auch auf andere Weise, etwa auf schriftlichem Weg zustandekommen. Fehlt es einem solchen Beschluss aber an der erforderlichen Mehrheit, so kann jeder Wohnungseigentümer innerhalb eines Monates verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses festgestellt wird (§ 24 Abs 6 WEG).
Besteht – wie hier – nur ein Willensakt des Mehrheitseigentümers und kommt es zu einer fristauslösenden Bekanntmachung dieses „Beschlusses", so hat sich die Bekämpfung eines solchen „Dominator"- Beschlusses formell nach Beschlussrecht (und zunächst nicht nach § 30 Abs 2 WEG) zu richten (vgl H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 56 zu § 24 WEG).
Die Rechtswirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Beschlusses vom 01.12.2004 (konkret des Teils über die Verwalterkündigung) hängt zunächst einmal davon ab, ob die Erstantragsgegnerin in diesem Umfang stimmberechtigt war.
Einem Wohnungseigentümer steht dann kein Stimmrecht zu, wenn Gegenstand der (beabsichtigten) Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit einem Wohnungseigentümer ist. Unter Bezug auf Würth (in: Die Wohnrechtsnovelle 1999 kritisch betrachtet, Teil II, wobl 2000, 133 f) hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung 5 Ob 246/03t (= wobl 2004/76 [Call] = immolex 2005/21 [Vonkilch]) bereits ausgesprochen, dass die Enthebung und Bestellung des Verwalters zu jenen Rechtsgeschäften gehört, die gemäß § 24 Abs 3 WEG einen Stimmrechtsausschluss gebieten, wenn durch das Naheverhältnis eines Wohnungseigentümers zum Verwalter Gemeinschaftsinteressen auf dem Spiel stehen. Das kann auch dazu dienen, den Einfluss des dominanten Miteigentümers auf die Verwaltung der Liegenschaft zu unterbinden (iSd auch Illedits Das Wohnungseigentum 3 Rz 541). Umso mehr hat das Gesagte zu gelten, wenn ein Miteigentümer selbst zum Verwalter bestellt werden soll. Auch in dem der Entscheidung 5 Ob 246/03t zugrundeliegenden Fall ging es um die Anfechtung eines Beschlusses, mit dem einerseits der Verwalter gekündigt und gleichzeitig ein neuer Hausverwalter bestellt wurde, also um einen Verwalterwechsel. Infolge eines dort bejahten Stimmrechtsausschlusses wurde der gesamte Beschluss als rechtsunwirksam aufgehoben, also implizit die Einheitlichkeit des Beschlussgegenstandes unterstellt. Das hat auch im hier zu beurteilenden Fall zu gelten.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes lässt sich der gegenständliche „Beschluss“ des Mehrheitseigentümers, den bisherigen Verwalter zu entheben und sich selbst als Verwalter einzusetzen, nicht in zwei verschieden zu behandelnde Entscheidungen zerlegen. Wird wie hier nach vorausgegangenen Querelen gleichsam handstreichartig ein Verwalterwechsel angestrebt, dann stellt die gleichzeitige Kündigung des bestehenden Verwaltungsverhältnisses und Bestellung eines neuen Verwalters dergestalt eine Einheit dar, dass der Stimmrechtsausschluss eines Wohnungseigentümers die gesamte Beschlussfassung, sohin beide Akte des Verwalterwechsels umfasst. Das hat jedenfalls bei einem vom „Dominator" intendierten Verwalterwechsel zu gelten, ohne dass es auf den zur Kündigung herangezogenen Grund ankäme.
Weil somit der bekämpfte Beschluss ausschließlich vom Willen jenes Mehrheitswohnungseigentümers getragen war, dem zufolge § 24 Abs 3 WEG kein Stimmrecht zukam, liegt insgesamt ein rechtsunwirksamer Beschluss vor.
Es bedarf daher keines Eingehens mehr auf die übrigen Anfechtungsgründe. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob die dem Antragsteller kraft Gesetzes einzuräumende Äußerungsmöglichkeit (§ 24 Abs 1 WEG) zur geplanten Abberufung des Verwalters nicht die Bekanntgabe der Gründe erfordert hätte (vgl Würth in Rummel 3. Aufl, Rz 3 zu § 1118 ABGB zur Notwendigkeit, in einer außerordentlichen Kündigung die Auflösungsgründe anzuführen).
Weil die Beschlussaufhebung ex tunc wirkt, fehlt es dem auf § 30 Abs 2 WEG gestützten Begehren, der Erstantragsgegnerin die Rücknahme der Verwalterkündigung aufzutragen, an einer sachlichen Berechtigung. Das hat – wie schon das Erstgericht ausführte – zur Abweisung des diesbezüglichen Begehrens zu führen.
In Stattgebung der Revision war daher der erstgerichtliche Sachbeschluss wiederherzustellen.
Leitsätze
-
Stimmrechtsausschluss des Mehrheitseigentümers nach § 24 Abs 3 WEG 2002
Besteht die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft im Willensakt des Mehrheitseigentümers, richtet sich die Bekämpfung eines derartigen „Dominator“-Beschlusses formell nach Beschlussrecht (zunächst nicht nach § 30 Abs 2 WEG 2002).Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 286/06d | OGH vom 20.03.2007 | Dokument-ID: 374660