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7 Ob 75/12y; OGH; 30. Mai 2012
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. B***** K***** und 2. F***** K*****, beide: *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei D***** D*****, vertreten durch Dr. Clemens Gärner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.315,01 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. Februar 2012, GZ 38 R 318/11p‑31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Ein Verfahrensmangel erster Instanz, der vom Berufungsgericht verneint wird, kann nicht in der Revision noch einmal geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963). Ob ein Akt der Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Strafverfahrens übermittelt wird, ist eine Frage der Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043278). Diese kann mit Revision nicht bekämpft werden.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens liegt nicht vor. Werden im Berufungsverfahren neue Beweismittel vorgelegt, die die Unrichtigkeit einer entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellung belegen sollen, ist darin eine Verletzung des in § 482 Abs 2 ZPO geregelten Neuerungsverbots und nicht bloß eine erlaubte Darlegung eines geltend gemachten Berufungsgrundes zu erblicken (RIS‑Justiz RS0105484). Die Revision übergeht auch, dass sich das Berufungsgericht ohnehin mit der vorgelegten Urkunde im Rahmen der Beweiswürdigung auseinandergesetzt hat.
Ist der Hauptmieter eines Mietgegenstands aufgrund des Mietvertrags oder einer anderen Vereinbarung berechtigt, eine der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienende Anlage des Hauses, wie einen Personenaufzug, zu benützen, so bestimmt sich sein Anteil an den Gesamtkosten des Betriebs dieser Anlage nach den Grundsätzen des § 17 MRG (§ 24 Abs 1 MRG). Kriterium einer Gemeinschaftsanlage ist, dass es jedem Mieter rechtlich freisteht, sie ‑ gegen Beteiligung an den Kosten des Betriebs ‑ zu benützen (RIS‑Justiz RS0069987). Es handelt sich dabei um Anlagen, die schon aufgrund ihrer Art dazu bestimmt sind, der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses, wenn schon nicht aller, dann einer einheitlichen Gruppe, zu dienen. Eine Gemeinschaftsanlage liegt nur dann nicht vor, wenn einzelnen Mietern das Recht eingeräumt wurde, die Benützung der Anlage durch andere Mieter von der Zahlung eines über die Beteiligung an den Kosten des Betriebs hinausgehenden Entgelts abhängig zu machen oder andere überhaupt von der Benützung auszuschließen (RIS‑Justiz RS0070297). Es kommt für die Beteiligung an den Betriebskosten nur auf die objektive Benützungsmöglichkeit eines Aufzugs an. Dabei ist eine objektiv nachvollziehbare vernünftige Nutzungsmöglichkeit maßgebend. Ein praktisch inhaltsleeres Recht, den Lift zu benützen, verpflichtet den Mieter nicht zur Beteiligung an den Betriebskosten der Gemeinschaftsanlage (RIS‑Justiz RS0109557).
Das Berufungsgericht übergeht, dass die Kläger nach den Feststellungen allen Mietern einen Aufzugsschlüssel ausgefolgt haben. Durch die Ausfolgung und Annahme des Schlüssels wurde konkludent mit den Mietern eine Benützungsvereinbarung geschlossen. Damit wurde die Aufzugsanlage ‑ im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Berufungsgerichts ‑ zur Gemeinschaftsanlage. Grundsätzlich müsste sich der Mieter im oben dargelegten Sinn an den Betriebskosten der Gemeinschaftsanlage beteiligen.
Damit ist aber für die Kläger nichts gewonnen:
Die Parteien haben nämlich einen Pauschalmietzins vereinbart. Eine echte Pauschalmietzinsvereinbarung besteht in der Zusammenfassung sämtlicher Mietzinsbestandteile in einem einzigen Betrag (5 Ob 121/11x mwN). Sie liegt vor, wenn unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben ein Globalbetrag zu entrichten ist. Eine solche Vereinbarung lässt eine gesonderte Einhebung von Betriebskosten nicht zu (RIS‑Justiz RS0069848). Es liegt im Wesen der Pauschalmietzinsvereinbarung, dass der Vermieter das Risiko vorhersehbarer Erhöhungen der ihn treffenden Lasten (Betriebskosten und öffentliche Abgaben) zu tragen hat (RIS‑Justiz RS0069868).
Im vorliegenden Fall ließ der Vermieter eine Gemeinschaftsanlage errichten und folgte den Aufzugsschlüssel aus, ohne vorher eine Erhöhung des Pauschalmietzinses zu verlangen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Ergebnis im Rahmen der Judikatur, weil darin eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien, dass für die Benützung der Aufzugsanlage kein weiteres Entgelt zu entrichten ist, erblickt werden kann.
Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Leitsätze
-
Ändert die nachträgliche Liftnutzungsmöglichkeit den ursprünglich vereinbarten Pauschalmietzins?
Wird ein Pauschalmietzins vereinbart, so hat der Vermieter das Risiko vorhersehbarer Erhöhungen der ihn treffenden Lasten zu tragen. Eine Pauschalmietzinsvereinbarung lässt folglich keine gesonderte Einhebung von Betriebskosten zu. Eine echte Pauschalmietzinsvereinbarung besteht in der Zusammenfassung sämtlicher Mietzinsbestandteile in einem Globalbetrag. Auch eine nachträgliche Liftnutzungsmöglichkeit vermag nichts an dem ursprünglich vereinbarten Pauschalmietzins zu ändern.Iman Torabia | Judikatur | Leitsatz | 7 Ob 75/12y | OGH vom 30.05.2012 | Dokument-ID: 440041