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Dokument-ID: 271625

Michaela Schinnagl | News | 27.05.2011

Gemischte Nutzung von Mietobjekten – Berufsausübung in der Wohnung

Gastautorin Mag. Schinnagl von der Mietervereinigung beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit der Frage, inwieweit eine Wohnung auch zur Berufsausübung genutzt werden darf.

Der OGH hat sich vor einiger Zeit (7 Ob 5/09z) mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, ob eine in einem ausschließlich für Wohnzwecke angemieteten Bestandobjekt ausgeübte Berufstätigkeit ohne Kundenfrequenz vom Vermieter zu dulden ist oder ob er dagegen mittels Unterlassungsklage vorgehen kann.

Im vorliegenden Falle wurde in der ausschließlich nur für Wohnzwecke angemieteten 131,39 m² großen Wohnung die PR-Agentur des Mieters geführt und in einem ca 25 m² großen Arbeitszimmer die geschäftlichen Tätigkeiten erledigt. Kundenfrequenz gab es nahezu keine.

Verwendungszweck: Widmung eines Mietobjektes zu Wohnzwecken – Zulässigkeit eines vertraglichen Verwendungsausschlusses jeglicher anderen Nutzung?

Die Art der Verwendung eines Bestandobjektes wird von den Mietvertragsparteien anlässlich des Mietvertragsabschlusses festgelegt. Es ist daher für die Frage, ob es sich um einen Mietvertrag über eine Wohnung oder eine Geschäftsräumlichkeit handelt, immer der Parteienwille bei Mietvertragsabschluss oder eine spätere einvernehmliche Widmungsänderung zu erforschen (7 Ob 199/97h).
Gesetzwidrig ist eine Vertragsbestimmung in einem als Verbrauchergeschäft zu qualifizierenden Mietvertrag, aufgrund welcher eine nachträgliche Änderung der Nutzungsart der schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedarf, da dies gegen § 10 Abs 3 KschG verstößt.

Grundsätzlich gilt, dass ein Mieter nur berechtigt ist, das Mietobjekt zu jenem Zweck zu gebrauchen, zu dem er es angemietet hat.
Wird vereinbart, dass das Mietobjekt nur zur Wohnnutzung verwendet werden darf, so ist dies zulässig, da an einem solchen vertraglichen Ausschluss jeglicher anderen Verwendung einer vermieteten Wohnung als zu Wohnzwecken ein besonderes anzuerkennendes Interesse des Vermieters bestehen kann (3 Ob 523/90).

Unzulässig ist jedoch beispielsweise eine Vereinbarung, die die Nutzung nur zu Wohnzwecken gestattet und deren Nichteinhaltung den Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen soll und den Vermieter zur Auflösung des Vertrages berechtigt.
Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob 78/06f zum Ausdruck gebracht, dass dies einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 5 MRG sowie § 1118 ABGB darstelle, da nicht jede vertragswidrige Verwendung der Wohnung zwangsläufig auch einen erheblichen Nachteil für den Vermieter darstellen muss. Eine solche Klausel ist daher gemäß § 879 Abs 1 ABGB unwirksam.

Ein zu Wohnzwecken angemietetes Bestandobjekt dient vorrangig der Befriedigung der Wohnbedürfnisse des Mieters.
Dies bedeutet aber noch nicht automatisch, dass der Mieter überhaupt keine berufliche Tätigkeit in seiner Wohnung ausüben darf.

1. Berufsausübung in einem Teil der Wohnung

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Berufe wie Rechtsanwalt, Arzt, Architekt, Journalist, Schriftsteller, Immobilienmakler oder PR-Berater üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden, die dem Mieter auch zu Wohnzwecken dienen.
Wird daher ein solches Mietobjekt sowohl als Wohnung als auch für Geschäftszwecke genutzt, sind auch die zur Berufsausübung verwendeten Teile der Wohnung als Wohn- und nicht als Geschäftsraum anzusehen, da sich in diesen Fällen das Wohnbedürfnis und der Geschäftszweck im Zweifel die Waage halten (1 Ob 177/00m).

2. Prüfung des Überwiegens der Nutzung zu Wohn- oder Geschäftszwecken

Ist das gemischt genutzte Mietobjekt die einzige Wohnung des Mieters, so kommt es zu keiner Abwägung, ob die Wohn- oder Geschäftszwecke im Vordergrund stehen, sondern tritt hier immer die Wohnnutzung in den Vordergrund (7 Ob 5/09z) .

In allen anderen Fällen darf die üblicherweise in Wohnungen ausgeübte berufliche Tätigkeit keinesfalls so intensiv wahrgenommen werden, dass der Wohnzweck nur mehr von unwesentlicher Bedeutung ist und dadurch der Charakter des Mietgegenstandes als Wohnung verloren geht. (MietSlg 56.225).
Der Vermieter ist dann zur Kündigung gemäß § 30 Abs 2 Z 6 MRG berechtigt.

3. Unterlassungsklage des Vermieters nicht möglich

Im gegenständlichen Falle wurden die Voraussetzungen für eine Unterlassungsklage – trotz der Vereinbarung im Mietvertrag zur ausschließlichen Wohnnutzung – verneint, da es keinerlei Kundenfrequenz im Mietobjekt gab und jener Teil, in dem die geschäftliche Arbeit stattfand, nur einen unbedeutenden Anteil an der Nutzfläche der Wohnung darstellte (7 Ob 5/09z).
Die Berufsausübung fand daher im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs als Wohnung statt, ohne dass es zu einer widmungsfremden Nutzung gekommen ist.
In solchen Fällen wäre es die Aufgabe des Vermieters die Motive für einen Ausschluss einer jeglichen, noch so geringfügigen geschäftlichen Tätigkeit in dem ausschließlich für Wohnzwecke angemieteten Bestandobjekt darzulegen. Der Vermieter hat die ihm aus der gewerblichen oder freiberuflichen Verwendung resultierenden erheblichen Nachteile nachzuweisen.

4. Unterlassungsklage des Vermieters zulässig

Werden durch die Berufsausübung besonders anzuerkennende schutzwürdige Interessen des Vermieters beeinträchtigt und sind zB unzumutbare Belästigungen anderer Hausbewohner oder auch weitergehende Schädigungen der Mietsache und des Stiegenhauses zu befürchten, so ist dem Unterlassungsbegehren stattzugeben und die vertragswidrige Verwendung des Mietgegenstandes zu untersagen (1 Ob 620/91, 3 Ob 523/90).

Autorin

Frau Mag. Schinnagl ist leitende Juristin der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.

www.mietervereinigung.at

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Fachbeitrag Gemischte Nutzung von Mietobjekten

Fachbeitrag Berufsausübung in der Wohnung

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