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Ruhestörung durch Baulärm: Welche Möglichkeiten haben Mieter?
Gastautor Mag. Sandrini von der Mietervereinigung Österreichs erläutert in seinem Beitrag, wie sich Mieter zur Wehr setzen können. Wann ist eine Mietzinsminderung gerechtfertigt?
Gerade in den Sommermonaten kann nachhaltig andauernder Baulärm durch Presslufthämmer, Bohrmaschinen udgl massiv an den Nerven betroffener Wohnungsmieter zerren. Schließlich soll das eigene Heim Raum für Ruhe und Erholung bieten. Verfügt die Wohnung über Terrasse oder Balkon, die ohnehin nur in den warmen Jahreszeiten benützt werden können, ist Baulärm im Sommer oft doppelt ärgerlich.
Die permanente Lärmbeeinträchtigung durch umgebende Baustellen stellt daher ohne jeden Zweifel eine erhebliche Einbuße der Wohnqualität und letztlich der Gebrauchsfähigkeit der gemieteten Wohnung dar.
Ein von Baulärm betroffener Mieter ist gemäß § 1096 ABGB berechtigt, die Miete in einem der Beeinträchtigung entsprechendem Ausmaß zu reduzieren. Beim Mietzinsminderungsanspruch handelt es sich um eine Zufallshaftung, die den Vermieter auch dann trifft, wenn er die Gebrauchsbeeinträchtigung des Mietgegenstandes nicht selbst zu vertreten hat, weil der Baulärm etwa von einem Nachbargrundstück oder vom öffentlichen Grund herüber dringt.
Allerdings sind bei der Beurteilung des Ausmaßes der Lärmbeeinträchtigung, die der Mieter hinzunehmen hat, die Grundsätze des § 364 Abs 2 ABGB analog heranzuziehen (7 Ob 253/09w). § 364 Abs 2 ABGB besagt, dass ein Eigentümer den Grundstücksnachbarn die von ihren Grundstücken ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung usw insoweit untersagen kann, als diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen.
Das hat zur Konsequenz, dass gerade im städtischen Bereich Baustellen durchaus als ortsüblich angesehen werden und daher – sofern keine besondere vertragliche Abrede vorliegt – grundsätzlich kein Mietzinsminderungsanspruch aus diesem Grund geltend gemacht werden kann. Somit steht eine Mietzinsminderung nur dann zu, wenn mit der eingetretenen Beeinträchtigung dem Ausmaß nach nicht zu rechnen war. Voraussetzung für die Mietzinsminderung ist im Falle einer Dauerbeeinträchtigung durch Lärm neben der bloßen Anzeige auch eine entsprechende Dokumentation der Störungen. Dabei ist insbesondere auch festzuhalten, ob sich die Bauarbeiten auf die üblichen Zeiten beschränkten oder etwa auch an Wochenenden oder bei Nacht gearbeitet wurde.
Die Frage, ob eine durch Baustellen verursachte Lärmbeeinträchtigung noch als ortsüblich angesehen werden kann oder nicht ist ebenso schwierig wie jene, wie eine solche Beeinträchtigung überhaupt betragsmäßig quantifiziert werden kann und in welchem Ausmaß die Miete daher letztlich gemindert werden kann.
Trotzdem muss es ein von Baulärm geplagter Mieter nicht hinnehmen, dass jeglicher Minderungsanspruch mit dem bloßen Hinweis auf die Üblichkeit von Bauarbeiten im Siedlungsgebiet grundwegs abgelehnt wird.
Allerdings ist ein vorschnelles Reduzieren der Mietzinszahlungen aufgrund der relativen Unbestimmtheit des Minderungsanspruches nicht zu empfehlen, da sich der Mieter bei dieser Vorgehensweise der Gefahr einer Räumungsklage aussetzt. Geeigneter erscheint es, die Miete zunächst weiterhin in voller Höhe, jedoch unter ausdrücklichem Vorbehalt und mit Hinweis auf die gegebenen Beeinträchtigungen zu leisten. Zugleich sollte der Mieter versuchen, mit dem Vermieter in Verhandlungen zu treten und sich auf eine gewisse Minderungsquote zu einigen. Sofern die Bauarbeiten im Haus selbst stattfinden, kann bei Vollanwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes auch eine angemessene Entschädigung für wesentliche Beeinträchtigungen gemäß § 8 Abs 3 MRG geltend gemacht werden.
In allen Fällen hängt der Mietzinsminderungsanspruch - neben der ordnungsgemäßen Anzeige und Dokumentation der Dauerbeeinträchtigung – auch davon ab, welchen vereinbarungsgemäßen Zustand der Vermieter schuldet. Wurde die besondere Ruhelage der Wohnung also ausdrücklich vereinbart, kann die Mietzinsminderung auch dann zum Tragen kommen, wenn sich die Beeinträchtigungen in einem an sich noch ortsüblichen Ausmaß bewegen.
Gerade bei Geschäftsräumlichkeiten ist eine differenziertere Betrachtung vorzunehmen, da es sich dort mitunter aus dem Vertragszweck ergibt, dass die Ausübung des Geschäftszwecks bei übermäßigem Baulärm gar nicht möglich ist (zB therapeutische Praxis usw). Hinzu kommt, dass sich die üblichen Geschäftszeiten meist weitgehend mit jenen Zeiten decken, zu denen auch die Arbeit an der Baustelle stattfindet.
Für eine effektive Abklärung der möglichen Ansprüche und deren anschließende Durchsetzung empfiehlt es sich, in schwierigen Fällen eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Autor
Mag. Hans Sandrini ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.
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