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Eva-Maria Hintringer | News | 13.11.2019
Liegt erheblich nachteiliger Gebrauch bei eigenmächtigem Schlosstausch des Mieters vor?
Das Anbringen eines Vorhängeschlosses an einer Tür, deren dazugehöriger Raum vom Mieter lediglich mitgemietet wird bzw der Austausch eines von der Vermieterin angebrachten Schlosses, kann den Tatbestand erfüllen, muss es aber nicht.
Geschäftszahl
OGH 11.09.2019, 3 Ob 108/19g
Norm
§ 30 Abs 2 MRG
Leitsatz
Quintessenz:
Versucht ein Mieter laufend, sein Benützungsrecht auf von ihm nicht mitgemietete Objekte auszudehnen, kann das den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG verwirklichen. Das Anbringen eines Vorhängeschlosses an einer Tür, deren dazugehörige Raum vom Mieter lediglich mitgemietet wird bzw der Austausch eines von der Vermieterin angebrachten Schlosses, kann den Tatbestand erfüllen, allerdings ist das Verhalten des Vermieters zu berücksichtigen.
OGH: Von unleidlichem Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG spricht man nach gesicherter Rechtsprechung dann, wenn das friedliche Zusammenleben durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen gestört wird. Ein solches Verhalten kann insbesondere auch in laufenden Versuchen des Mieters bestehen, sein Benützungsrecht auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen.
Im Anlassfall betrat der Mieter bis zur Zustellung der Aufkündigung eine nicht von ihm in Bestand genommene Wohnung, deren Vorraum er mitmietete, verwendete dafür einen ihm von der verstorbenen Mieterin überlassenen Schlüssel, nahm diese Wohnung in Besitz und versperrte die Tür zum gemeinsamen Vorraum mit einem Vorhangschloss. Nachdem die Vermieterin dieses Schloss austauschen hatte lassen, führte der Mieter einen nochmaligen Wechsel durch und ließ die Tür zu der nicht gemieteten Wohnung öffnen, um wieder den Strom für den von ihm mitgemieteten Vorraum einschalten zu können. Als die Vermieterin das Schloss erneut auswechseln ließ, nahm der Mieter einen weiteren Austausch des Schlosses vor.
Das Begehen der nicht gemieteten Wohnung unter Verwendung eines von der verstorbenen Mieterin zur Verfügung gestellten Schlüssels stellte für sich allein noch keine unzulässige Ausdehnung des Benützungsrechts des gekündigten Mieters dar. Als eine solche Ausdehnung ist allerdings das Anbringen eines Vorhangschlosses an der Tür zum Vorraum zu qualifizieren.
Ebenfalls nicht rechtskonform war, dass der Mieter das Schloss zur Vorraumtür nach dem ersten Austausch durch die Vermieterin wieder durch das alte ersetzen ließ. Eine Besitzstörungsklage wäre hier die richtige Vorgehensweise gewesen. Für den Mieter spricht allerdings, dass sich die Vermieterin geweigert hatte, ihm mehr als nur einen neuen Schlüssel zur Vorraumtür auszufolgen, obwohl ihm und seiner Familie bis dahin vier Schlüssel zur Verfügung gestanden hatten.
Dass der Mieter die Tür zur nicht von ihm gemieteten Wohnung öffnen ließ, erfüllt insofern nicht den Tatbestand des iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG, als er diese Maßnahme nicht zum Zweck der Ausweitung seiner Mietrechte setzte, sondern um den von der Vermieterin damals abgeschalteten Strom für den von ihm mitgemieteten Vorraum wieder einschalten zu können. Der letzte vom Mieter veranlasste Schlosstausch ist ihm schon deshalb nicht als Ausweitung seiner Mietrechte anzulasten, weil er trotz entsprechender Aufforderung an die Vermieterin über keinen einzigen passenden Schlüssel zum Vorraum mehr verfügte. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung erreichte das Verhalten des Mieters gerade noch nicht jene Intensität, die für den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens notwendig wäre.