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Andrea Weisert | News | 29.06.2011
Aufkündigung eines Mietvertrages nach einer Zwangsversteigerung
Gastautorin Dr. Weisert beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit den grundlegenden Aspekten, die bei der Aufkündigung eines Mietvertrags zu beachten sind.
Oft lohnt es sich Immobilien anlässlich einer Zwangsversteigerung zu erwerben – aber Vorsicht ist geboten, abgesehen von meist hohem Sanierungsaufwand sind auch mögliche Nutzungsrechte Dritter zu beachten.
Nur was tun, wenn zB Mietverträge bestehen – kann der Erwerber „einfach so“ aufkündigen, enden die Verträge (wie es offensichtlich die verbreitete Meinung zu sein scheint) automatisch durch den Wechsel des Eigentümers?
In diesem Zusammenhang drängt sich auch die Frage auf, ob man als Mieter, um seine Rechte zu schützen, den Mietvertrag verbüchern, also in das Grundbuch eintragen lassen soll.
Es ist zu unterscheiden:
1. Der Mietvertrag unterliegt dem MRG
Der Erwerber des Hauses/Wohnung tritt gemäß § 2 Abs 1 MRG ohne (außerordentliche) Kündigungsmöglichkeit in das Mietverhältnis ein, ist jedoch an für ihn unbekannten Nebenabreden ungewöhnlichen Inhaltes nicht gebunden.
Kündigungsmöglichkeiten bestehen daher nur gem §§ 30 MRG.
Aufgrund dieser zwingenden Regelung im MRG erübrigt sich eine Eintragung des Mietvertrages im Grundbuch.
2. Mietvertrag unterliegt dem ABGB
2.1. Im Grundbuch nicht verbücherter Mietvertrag:
Der Erwerber tritt mit der rechtlich wirksamen Übergabe, bei verbücherten Liegenschaften gemäß § 431 ABGB mit der Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch, in den jeweiligen Bestandvertrag ein. Dies bedeutet keinen bloßen Schuldbeitritt, sondern wird das Schuldverhältnis abgesehen von dessen Dauer übernommen. Das Bestandverhältnis wird jedoch insoweit verändert, als es sich mangels seiner Verbücherung bzw einer besonderen Vereinbarung (Volleintritt des Erwerbers) in ein solches auf unbestimmte Dauer mit gesetzlichen Kündigungsfristen zu den gesetzlichen Kündigungsterminen (§§ 560 ff ZPO) verwandelt. An längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen ist der Erwerber dabei nicht gebunden, kürzere vertragliche Fristen kommen ihm zu statten.
Mit der Verbücherung gehen die Rechte des Bestandgebers, wie Kündigungsrecht und Räumungsanspruch, auf den Erwerber über. Vorzeitig steht dem Erwerber das Kündigungsrecht zu, wenn ihm bereits Besitz und Verwaltung (Nutznießung) der Liegenschaft übertragen wurden.
Der Erwerber tritt daher in das Mietverhältnis ex lege ein, der Mietvertrag wird dadurch verändert, sodass er falls vorher befristet nunmehr in einen unbestimmter Dauer verwandelt wird und mit gesetzlichen Kündigungsfristen zu den gesetzlichen Terminen aufkündbar ist. Kündigungsverzicht oder sonstige vertragliche Beschränkungen des Kündigungsrechts entfallen.
Der Erwerber und der Bestandnehmer haben ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 1120 ABGB, inwieweit dieses ausgeübt werden darf, hängt von den jeweils anzuwendenden Kündigungsschutzbestimmungen (zB KLGG) ab.
Für den Ersteher im Zwangsvollstreckungsweg gilt selbiges gemäß § 1121 ABGB.
2.2. Der Mietvertrag wurde im Grundbuch verbüchert:
Der Ersteher ist gemäß § 150 Abs 1 und 3 EO an den Mietvertrag gebunden, hat daher kein Recht zur vorzeitigen Kündigung gemäß § 1121 ABGB.
Ausnahme: Wenn die Einverleibung entweder dem Recht des ersten betreibenden Gläubigers im Rang vorgeht oder im Meistbot völlig Deckung findet, besteht jedoch schon die Möglichkeit vom vorzeitigen Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine Bindung des Erwerbers oder Erstehers des Bestandgegenstandes an die vertragliche Bestandzeit (befristete Verträge) nur bei verbücherten Bestandrecht besteht. Entsprechend der letzten Rechtsprechung ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Übernahme des nicht verbücherten Bestandvertrages im Falle des § 1121 ABGB jedenfalls der Zuschlag der Liegenschaft an den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren (MietSlg 52.190). Ein vor Zuschlag eingetragener Mietvertrag ist daher ebenso zu beachten, eine Grundbuchsnachschau vor der Versteigerung ist daher zu empfehlen.
Die Rechtsstellung des Liegenschaftserstehers (im Zwangsvollstreckungsverfahren) kennzeichnet sich daher wie folgt:
- Durch Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer (Auflösung bedingt),
- Gefahrenübergang mit Tage der Erteilung des Zuschlages (gem. § 156 EO), das heißt ihm gebühren Früchte und Einkünfte, er hat auch die Lasten voll zu tragen,
- Bestandnehmer muss gem § 1121 ABGB nach gehöriger Aufkündigung weichen – gem § 2 MRG nicht. Bestandverträge gehen grundsätzlich über.
Exkurs:
Interessant erscheint die Betrachtung der Möglichkeit der Kündigung gem MRG, beispielsweise wenn kein Mietzins bezahlt wurde – Gestaltungsrechte gehen, wie alle übrigen Positionen aus dem Vertrag, auf den eintretenden Teil über. Auch vor Veräußerung (Zuschlag) entstandene Kündigungsrechte können daher vom Erwerber geltend gemacht werden. Dies war nach der älteren Rechtssprechung nicht so, ist aber natürlich sinnvoll, damit man an säumige Mieter nicht länger als notwendig gebunden sein muss.
Sohin wäre die Möglichkeit der Eintragung eines Mietvertrages durchaus beachtenswert, insbesondere bei länger befristeten Mietverträgen, an die ein Erwerber gebunden werden soll.
Autorin
Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.
Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online.