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Dokument-ID: 009593

Judikatur | Entscheidung

3 Ob 53/10f; OGH; 28. April 2010

GZ: 3 Ob 53/10f | Gericht: OGH vom 28.04.2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** S*****, 2. M***** S*****, beide vertreten durch Mag. Werner Purr, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. S***** R*****, 2. H***** V*****, beide vertreten durch Dr. Manfred Rath, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 545,30 sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2009, GZ 3 R 131/09w-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 26. August 2009, GZ 7 C 244/08p-15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagten zur Bezahlung einer Zinsenforderung aus verspätet bezahltem Mietzins und zur Räumung des Bestandobjekts. Da sich auf der klägerischen Liegenschaft nur ein landwirtschaftlicher Betrieb und das an die Beklagten vermietete Bestandobjekt befänden, sei gemäß § 1 Abs 2 Z 5 MRG das Mietrechtsgesetz und damit auch die Regelung des § 33 MRG nicht anwendbar.

Die Beklagten machen als erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO geltend, dass Rechtsprechung zum Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG fehle, insbesondere zur Beurteilung einer Liegenschaft mit mehreren Objekten (Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude).

Rechtliche Beurteilung

Unstrittig ist, dass entsprechend den Übergangsregelungen des § 49d Abs 2 MRG auf den nach dem 31.12.2001 abgeschlossenen Mietvertrag § 1 Abs 2 Z 5 MRG idF der Mietrechtsnovelle 2001, BGBl I 2001/161, anzuwenden ist. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Rechtsprechung zu der weitgehend wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 1 Abs 4 Z 2 MRG aF weiterhin angewendet werden kann, soweit es sich nicht um die Hereinnahme der nunmehr ebenfalls erfassten Geschäftslokale handelt (8 Ob 87/08i mwN).

Für die Ausnahmebestimmung ist nicht nur entscheidend, dass weniger als drei selbstständige Wohnungen (oder nunmehr auch Geschäftslokale) vorhanden sind, sondern auch, dass neben den zwei selbstständigen Bestandobjekten keine weiteren, einer Vermietung zugänglichen Räume im Haus vorhanden sind (RIS-Justiz RS 0069389). Damit wird regelmäßig darauf abgestellt, ob selbstständig zugängliche Räume nur Bestandteile einer der im Haus vorhandenen Wohnungen sind, was nach der Verkehrsauffassung entschieden wird (RIS-Justiz RS 0069389; RS 0069320 [T4]). Grundsätzlich kommt es auf die selbstständige Vermietbarkeit dieser getrennt zugänglichen Räume an, ausgenommen es handelt sich um Räume, die üblicher Weise zu einem Ein- oder Zweifamilienhaus gehören, wie etwa Abstellräume und Garage etc, oder es handelt sich um Räume, die Bestandteil eines Wohnungsverbands sind. Entscheidend ist der tatsächliche Zustand im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des MRG oder des Mietvertragsabschlusses (RIS-Justiz RS 0112564). Alle diese Beurteilungen hängen entscheidend von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (8 Ob 87/08i mwN).

In diesem Fall befinden sich auf der Liegenschaft der Kläger neben den Wohnräumlichkeiten im Haupthaus auch noch weitere Räume in Wirtschaftsgebäuden, diese werden jedoch alle im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs von den Klägern und ihren Angehörigen bedarfsbezogen mitbenützt. Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass es abgesehen von den an die Beklagten vermieteten Geschäftsräumlichkeiten nur eine weitere Wohn- und Geschäftseinheit auf der Liegenschaft gibt.

Es ist für das Ergebnis in diesem Fall auch ohne Belang, ob man den gesamten Grundbuchskörper betrachtet, oder jenes Wirtschaftsgebäude selbstständig, in dem sich die an die Beklagten vermieteten Bestandräumlichkeiten (Heurigenbetrieb) befinden. Entweder steht den im Rahmen des Familienverbands und des landwirtschaftlichen Betriebs genützten Gebäuden und Räumen, die zweifellos eine Einheit bilden, das Bestandobjekt der Beklagten gegenüber oder es findet sich innerhalb des selbstständig beurteilten Wirtschaftsgebäudes überhaupt nur das Bestandobjekt der Beklagten.

Die Revisionswerber leiten aus dem festgestellten Umstand, dass die Kläger in der Vergangenheit verspätete Zinszahlungen akzeptierten, einen Verzicht auf den Räumungsgrund ab. Auch zu diesem Thema wird keine erhebliche Rechtsfrage releviert. Bei zunächst tolerierten verspäteten Zinszahlungen kommt es nur darauf an, dass der Vermieter mit seiner Mahnung dem Schuldner den Ernst der Lage ins Bewusstsein ruft, dass er mit weiteren Verzögerungen der Zinszahlung nicht mehr einverstanden ist (RIS-Justiz RS 0021197). Dies ist mit der Mahnung vom 06.12.2008 geschehen. Die Beklagten haben nicht in angemessener Frist den Rückstand bezahlt (vgl 1 Ob 172/08p).

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Leitsätze

  • Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG

    Die Ausnahme des § 1 Abs 2 Z 5 MRG, die den Geltungsbereich des MRG einschränkt, ist nicht daran geknüpft, dass das Wohnhaus weniger als drei selbstständige Wohnungen aufweist, sondern daran, dass neben zwei selbstständigen Wohnungen keine weiteren einer Vermietung zugänglichen Räume im Haus vorhanden sind.
    Judikatur | Leitsatz | 3 Ob 53/10f | OGH vom 28.04.2010 | Dokument-ID: 241400