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Eva-Maria Hintringer | News | 15.07.2019
Zur Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen
Wertsicherungsklauseln im Bereich des § 16 Abs 1 MRG sind grundsätzlich zulässig und durch das legitime Interesse des Vermieters, das Entgelt an die tatsächliche Geldwertveränderung anzupassen, sachlich gerechtfertigt.
Geschäftszahl
OGH 24.04.2019, 6 Ob 226/18f
Norm
§§ 3 MRG, 16 MRG; §§ 879 ABGB, 1096 ABGB
Leitsatz
Quintessenz:
Wertsicherungsklauseln im Bereich des § 16 Abs 1 MRG sind grundsätzlich zulässig und durch das legitime Interesse des Vermieters, das Entgelt an die tatsächliche Geldwertveränderung anzupassen, sachlich gerechtfertigt. Die Nichtanwendbarkeit des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB im Vollanwendungsbereich des MRG rechtfertigt die Unzulässigkeit von Wertsicherungsklauseln nicht, zumal ein Mietzinsminderungsrecht vorgesehen ist, falls die Wohnung nicht mehr zum bedungenen Gebrauch taugt.
Klauselentscheidung – Zur Klausel 2 (Wertsicherung):
OGH: Nach stRsp sind Wertsicherungsklauseln im Bereich des § 16 Abs 1 MRG grundsätzlich zulässig. Sie verstoßen an sich weder gegen das Gesetz noch gegen die guten Sitten, wenngleich sie dennoch einer Überprüfung nach § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unterliegen. Zentral ist daher die Frage, ob die für die Entgeltänderung maßgeblichen Umstände iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sachlich gerechtfertigt sind. Das Vorliegen solcher maßgeblicher Umstände kann auch gegen eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB sprechen. Wertsicherungsklauseln im Bereich des § 16 Abs 1 MRG sind insofern gerechtfertigt, als das Bedürfnis des Vermieters, das Entgelt – insbesondere bei längeren Vertragslaufzeiten – an die tatsächliche Geldwertveränderung anzupassen und damit das Äquivalenzverhältnis zu wahren, nachvollziehbar ist.
Dem Argument, dass sich die Leistung des Vermieters im Vollanwendungsbereich des MRG durch § 3 MRG im Zeitablauf dadurch entwerte, dass § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB nicht anwendbar sei, weswegen ein Ausgleich durch die Unzulässigkeit von Wertsicherungsklauseln zu erfolgen habe, kann nicht gefolgt werden.
Es liegt im Wesen eines (langfristigen) Bestandvertrags und entspricht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch durch den Mieter, dass das Bestandobjekt einer gewissen Abnutzung unterliegt. Dieser Umstand kann keinen (real) degressiven Mietzins rechtfertigen, weswegen der stRsp zufolge der Mieter den Vermieter für die Abnutzung auch nicht zusätzlich zu entschädigen hat.
Die Überlegung, dass die Sicherstellung der Wertsicherung (also der Ausgleich der allgemeinen Inflation) betraglich der angeblichen Wertverminderung der Wohnung durch Unterlassen von über § 3 MRG hinausgehenden Erhaltungsarbeiten entspreche, überzeugt nicht.
Das gilt auch für das Argument, dass sich durch die Unanwendbarkeit des § 1096 erster Satz ABGB und die Anwendbarkeit des § 3 MRG bei wertgesichertem (also real gleichbleibendem) Mietzins das Äquivalenzverhältnis zu Lasten des Mieters verändert. Dabei wird nicht das (weiterhin geltende und unabdingbare) Mietzinsminderungsrecht nach § 1096 zweiter und dritter Satz ABGB berücksichtigt, das für den Fall, dass die Wohnung nicht mehr zum bedungenen Gebrauch taugt, greift. Aus diesem Recht ergibt sich aber, dass der brauchbare Zustand der Wohnung und der Mietzins sehr wohl in einem Äquivalenzverhältnis stehen. Der Vermieter kann nur nicht unmittelbar zur Brauchbar-Erhaltung gezwungen werden. Die möglicherweise geringere Effektivität der Durchsetzungsmöglichkeit ändert nichts daran, dass das Äquivalenzverhältnis bei einem vertragswidrigen Zustand der Wohnung durch eine solche Mietzinsminderung hergestellt wird. Es wäre jedenfalls unausgewogen, einem Mieter nur aufgrund des Umstands, dass der Vermieter nicht zur Brauchbar-Erhaltung der Wohnung gezwungen werden kann, zusätzlich zur Mietzinsminderung auch einen real sinkenden Mietzins zuzugestehen.