Ihre Suche nach dienstwohnung lieferte 249 Ergebnisse.

Dokument-ID: 692955

Judikatur | Entscheidung

3 Ob 43/14s; OGH; 25. Juni 2014

GZ: 3 Ob 43/14s | Gericht: OGH vom 25.06.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M*****, als Erbin nach dem am 10. Juli 2010 verstorbenen Dr. K*****, vertreten durch Bollmann & Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2014, GZ 40 R 46/13f-55, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. Dezember 2012, GZ 44 C 293/08b-50, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der – am 10. Juli 2010 verstorbene – frühere Lebensgefährte der Beklagten (im Folgenden: „Mieter“) hat am 3. Mai 1976 mit den Rechtsvorgängerinnen der klagenden Partei einen Mietvertrag über eine in Wien 4 gelegene, 178,77 m² große Wohnung geschlossen.

Die klagende Partei hat die am 22. April 2008 eingebrachte und am 29. April 2008 dem Mieter zugestellte Aufkündigung des Mietvertrags darauf gestützt, dass dieser ständig nach Wiener Neustadt verzogen sei; die Wohnung in Wien 4 stehe leer und werde nur gelegentlich tagsüber für einige Stunden sowie zum gelegentlichen Übernachten benutzt.

Der Mieter wandte – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – zunächst ein, er benütze die aufgekündigte Wohnung regelmäßig zu Wohnzwecken. Im Zuge des Verfahrens brachte er ergänzend vor, es sei ihm aus näher bezeichneten gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar, die Wohnung in Wiener Neustadt zu bewohnen, die über keinen Lift verfüge. Eine Besserung seines Gesundheitszustandes sei nicht zu erwarten. Er habe daher ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietvertrags.

Nach dem Tod des Mieters wurde die Bezeichnung der beklagten Partei in der Streitverhandlung vom 13. April 2011 auf die Beklagte als Erbin nach dem seinerzeitigen Mieter umgestellt.

Die Beklagte brachte im zweiten Rechtsgang (ON 29; S 4 in ON 33) vor, der Mieter habe sich wegen seiner Erkrankung seit der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang (22. April 2009) bis zu seinem Tod nahezu ausschließlich in der aufgekündigten Wohnung aufgehalten.

Das Erstgericht hat die Aufkündigung im zweiten Rechtsgang als rechtsunwirksam aufgehoben.

Es traf zusammengefasst folgende Feststellungen (die in Bezug auf das Ausmaß der Verwendung der aufgekündigten Wohnung von der beklagten Partei in der Berufungsbeantwortung bekämpft wurden):

Die aufgekündigte Wohnung ist über einen Lift am Gang erreichbar, möbliert und mit Alltagsgeräten wie Waschmaschine, Kühlschrank, Gefriertruhe, Gasherd mit Backrohr und Fernsehapparat komplett ausgestattet. Alle Räume der Wohnung liegen auf einer Ebene. Innerhalb der Wohnung sind keine Stufen vorhanden.

Der Mieter war seit 1991/1992 neben der aufgekündigten Wohnung auch Mieter eines Hauses in Wiener Neustadt; seit seinem Tod ist die Beklagte Mieterin dieses Hauses. Der Mieter war von 1989 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 beruflich in Wiener Neustadt tätig; der Grund für die Anmietung des Hauses in Wiener Neustadt lag in der Nähe zu seinem Arbeitsplatz.

Das Haus befindet sich in geschlossener Bauweise im Zentrum von Wiener Neustadt und verfügt über keinen Garten. Die Nutzfläche von 80 m² verteilt sich auf vier Ebenen. Im Erdgeschoss ist eine Garage situiert, in der sechs Motorräder abgestellt sind. Vom Erdgeschoss führt eine enge mit einem Handlauf versehene Stiege mit 15 Stufen in den ersten Stock mit einer Küche und einem Abstellraum. Die Küche verfügt über ein Kochfeld mit zwei Flammen, eine Mikrowelle und einen Kühlschrank ohne Tiefkühltruhe. Vom ersten Stock führt eine weitere Stiege mit zwölf Stufen in den zweiten Stock, in dem eine Werkstatt sowie Dusche und WC eingerichtet sind. Eine Waschmaschine findet sich im Haus nicht. Vom zweiten Stock führt eine steile Leiter mit neun Sprossen in die Dachschräge, in der eine Schlafstelle eingerichtet ist. Der Einbau eines Lifts ist nicht möglich.

Die Beklagte vertreibt medizinisch-technische Geräte und führt an diesen in der im Haus in Wiener Neustadt eingerichteten Werkstätte Service- und Reparaturarbeiten durch. Der Sitz des Unternehmens befindet sich an der Adresse der aufgekündigten Wohnung. Ab seiner Pensionierung entwickelte auch der Mieter medizinisch-technische Geräte für das Unternehmen der Beklagten und führte an diesen Service- und Reparaturarbeiten durch.

Im Zeitraum von 11. Oktober 2007 bis 25. Oktober 2008 übernachteten der Mieter und die Beklagte insgesamt 36 Mal in der aufgekündigten Wohnung. An 239 Tagen in diesem Zeitraum hielt sich niemand in der aufgekündigten Wohnung auf. An den restlichen Tagen im Zeitraum von 11. Oktober 2007 bis 25. Oktober 2008 verbrachte die Beklagte – zum Teil gemeinsam mit dem Mieter – durchschnittlich zwei bis sechs Stunden pro Tag in der aufgekündigten Wohnung. Es kann nicht festgestellt werden, wie oft sich der Mieter und die Beklagte im Zeitraum von August 2007 bis 10. Oktober 2007 in der aufgekündigten Wohnung aufhielten oder dort übernachteten.

Seit Anfang des Jahres 2008 litt der Mieter infolge seiner Erkrankung an Diabetes Mellitus Typ II und Herzkranzgefäßverkalkungen an Gleichgewichtsstörungen, Gangunsicherheit und Schwindelanfällen, bei denen er etwa einmal im Monat kollabierte oder zu Sturz kam und zum Teil Platzwunden im Kopfbereich erlitt. Bei einem solchen Sturz von der im Haus zum Schlafzimmer führenden Leiter zog er sich überdies einen Rippenbruch zu. Der Mieter war bis zu seinem Tod körperlich in der Lage, die Stiegen und die Leiter im Haus in Wiener Neustadt zu überwinden; allerdings musste er sich zu diesem Zweck aufgrund der krankheitsbedingten Gangunsicherheit am Handlauf anhalten. Am 10. Juli 2010 verstarb der Mieter im Alter von 68 Jahren im Haus in Wiener Neustadt an den Folgen eines akuten Herzinfarkts.

Die Wohnverhältnisse in dem Haus in Wiener Neustadt sind einem Patienten mit einem Gesundheits- und Gefäßzustand, wie ihn der Mieter in den Jahren 2008 und 2009 aufwies, aus ärztlicher Sicht nicht zumutbar, weil das Überwinden der Stiegen und insbesondere der Leiter im Schlafzimmer bei einem solchen Krankheitsbild nicht mehr sicher gewährleistet ist.

Seit dem Tod des Mieters übernachtet die Beklagte täglich in der aufgekündigten Wohnung und war seitdem tagsüber insgesamt vier Mal in Wiener Neustadt, um Service- und Reparaturarbeiten an den von ihr vertriebenen Geräten durchzuführen.

In seiner rechtlichen Beurteilung gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, dass angesichts des beeinträchtigten Gesundheitszustandes des Mieters und der damit einhergehenden Unzumutbarkeit des Wohnens im Haus in Wiener Neustadt bereits im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung im April 2008 ein berechtigtes, schutzwürdiges Interesse an der aufgekündigten Wohnung bestanden habe, weil diese nur über eine Ebene verfüge und mit dem Lift erreichbar sei, wodurch der ständige Aufenthalt darin weniger beschwerlich und mit weniger Gefahren verbunden sei. Abgesehen davon habe auch die Beklagte als Eintrittsberechtigte nach dem Mieter ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung, weil sie über keine gleichwertige, andere Wohnmöglichkeit verfüge, auf die sie verwiesen werden könne. Aufgrund der räumlichen Situation und der damit verbundenen Beschwerlichkeiten stelle das Haus keine gleichwertige Wohnalternative zur aufgekündigten Wohnung dar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Es sei davon auszugehen, dass der gemeinsame Haushalt der Lebensgefährten bereits vor der nicht mehr regelmäßigen Benützung in der gekündigten Wohnung bestanden habe. Damit gehöre die Beklagte (zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung am 29. April 2008) zum Kreis der eintrittsberechtigten Personen gemäß § 14 Abs 3 MRG. Zum Zeitpunkt der Aufkündigung sei im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Mieters klar gewesen, dass die Lebensgefährten in absehbarer Zeit wieder auf die aufgekündigte Wohnung angewiesen seien und gemeinsam dorthin zurückkehren würden. Für den Mieter sei es aufgrund seines plötzlichen Todes nicht mehr dazu gekommen, was aber nichts daran ändere, dass das wichtige Interesse an der aufgekündigten Wohnung für die Beklagte aufrecht geblieben sei. Da das dringende Wohnbedürfnis, also die konkrete Absicht, den anderweitig nicht gedeckten Wohnbedarf in absehbarer Zeit wieder in der aufgekündigten Wohnung zu befriedigen, auf den Zeitpunkt der Aufkündigung bezogen zu prüfen sei, sei es auch unerheblich, dass die Beklagte nach dem Tod ihres Lebensgefährten Mieterin des Hauses in Wiener Neustadt geworden sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Aufrechterhaltung der Aufkündigung. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei stellt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung den Antrag, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, da das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist; sie ist im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung auch berechtigt.

Das Revisionsvorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass ein dringendes Wohnbedürfnis zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht bestanden habe. Beim Mieter und erst recht bei der Beklagten habe keine Absicht bestanden, in die aufgekündigte Wohnung zurückzukehren. Das Haus in Wiener Neustadt sei der gekündigten Wohnung zumindest gleichwertig; die (gesundheitsbezogenen) Gründe, die allenfalls für eine Rückkehr des Mieters in die Wiener Wohnung gesprochen hätten, träfen für die Beklagte nicht zu.

Dazu wurde erwogen:

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Kündigungsgrund vorliegt, ist prinzipiell derjenige des Zugangs der Aufkündigung an den Mieter (RIS-Justiz RS0070282).

2. Die klagende Partei macht den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG geltend („wenn … die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, dass der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;“).

Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0070217) setzt der Kündigungsgrund

a) das (vom Vermieter nachzuweisende) Fehlen einer regelmäßigen Verwendung des Mietgegenstandes zu Wohnzwecken (RIS-Justiz RS0079253) sowie

b) das Nichtvorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen voraus; für das Vorhandensein des dringenden Wohnbedürfnisses trifft den Gekündigten die Beweislast (RIS-Justiz RS0079350 [T6]).

Im Fall einer regelmäßigen Verwendung der Wohnung zu Wohnzwecken (Punkt a) kommt es nach der Rechtsprechung auf den dringenden Wohnbedarf des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (Punkt b) nicht mehr an (RIS-Justiz RS0070217 [T6]).

3. Ausgehend von den im zweiten Rechtsgang getroffenen Feststellungen, die allerdings in maßgeblichen Teilen in der Berufungsbeantwortung bekämpft wurden, ohne dass das Berufungsgericht die Rüge erledigte, verwendeten weder der Mieter noch seine Lebensgefährtin, die nunmehrige Beklagte und Gesamtrechtsnachfolgerin, die Wohnung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung regelmäßig zu Wohnzwecken.

3.1 Voraussetzung für eine regelmäßige Verwendung ist, dass der Mieter die Wohnung wenigstens während eines beachtlichen Zeitraums im Jahr als wirtschaftlichen und familiären Mittelpunkt benützt (stRsp; RIS-Justiz RS0079240).

3.2 Die Rechtsprechung verneinte eine regelmäßige Verwendung einer Wohnung, wenn sich der Mieter nur ein- bis zweimal monatlich zu Nächtigungszwecken in der Wohnung aufhält (9 Ob 96/03p = RIS-Justiz RS0079240 [T3]) oder wenn er durchschnittlich nur alle 14 Tage für ein bis zwei Tage in die aufgekündigte Wohnung kommt (5 Ob 233/07m).

3.3 Im maßgeblichen Zeitraum bis zur Zustellung der Kündigung verwendete der Mieter die Wohnung weniger als einmal wöchentlich zu Übernachtungszwecken. Dass die Wohnung für den Mieter und die Beklagte zumindest teilweise einen familiären Mittelpunkt bildete, steht nicht fest. Die festgestellte (eingeschränkte) Benützung für Übernachtungszwecke reicht daher auch in Verbindung damit, dass der Mieter bzw die Beklagte die Wohnung stundenweise tagsüber benützten, für die Annahme einer regelmäßigen Verwendung nicht aus (vgl 9 Ob 2072/96p, 3 Ob 165/00m).

4. Ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses ist nach den getroffenen Feststellungen zu verneinen:

4.1 Die Rechtsprechung bejaht ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses an einer nicht regelmäßig verwendeten Wohnung dann, wenn feststeht, dass der Mieter die Wohnung mit Sicherheit in naher Zukunft wieder benötigen wird. Dabei ist auf ungewisse, in der Zukunft liegende Möglichkeiten nicht Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0079210).

4.2 Darunter ist zu verstehen, dass der Mieter nachweist, dass er in absehbarer Zeit in die Wohnung zurückkehren, sie also wieder regelmäßig zu Wohnzwecken verwenden wird (RIS-Justiz RS0079350; 8 Ob 606/90; 9 Ob 311/00a; 7 Ob 251/05w; 5 Ob 5/10m; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet-und Wohnrecht I22 § 30 MRG mwN). Fehlt es an einem Nachweis der Rückkehrabsicht des Mieters, ist ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses im aufgekündigten Mietobjekt selbst dann zu verneinen, wenn die bisher vom Mieter genutzte Wohngelegenheit nach objektiven Kriterien zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse nicht geeignet ist (3 Ob 552/95 – Kleingartenhaus ohne Winterwasserleitung).

4.3 Nun steht zwar – unbestritten – fest, dass die Wohnung in Wiener Neustadt dem ursprünglichen Mieter bereits 2008, also auch zum Zustellzeitpunkt der Aufkündigung, aus gesundheitlichen Gründen objektiv nicht zumutbar war. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen reicht aber dieser Umstand allein für die Annahme eines schutzwürdigen Interesses nicht aus. Es bedürfte vielmehr des Nachweises, dass bereits zum Zustellzeitpunkt der Aufkündigung eine konkrete Rückkehrabsicht des Mieters bestand.

Hier steht weder eine konkrete Rückkehrabsicht noch eine tatsächliche Rückkehr des Mieters in die Wohnung in dem mehr als zwei Jahre dauernden Zeitraum zwischen Zustellung der Kündigung und seinem Tod fest. Obwohl das Haus in Wiener Neustadt dem Mieter objektiv nicht zumutbar war, benützte er die aufgekündigte Wohnung nur äußerst selten, sondern wohnte im Haus in Wiener Neustadt, wo er dann auch verstarb.

4.4 Hat sich aber an den konkreten Benützungsverhältnissen der Wohnung über einen Zeitraum von zwei Jahren nichts geändert, ohne dass feststünde, dass der Mieter überhaupt je die Absicht hatte, die Wohnung wieder regelmäßig für Wohnzwecke zu verwenden, ist der dem Mieter obliegende Beweis eines schutzwürdigen Interesses an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nicht gelungen (1 Ob 278/03v ua).

5. Ob ein schutzwürdiges Interesse allfälliger Eintrittsberechtigter – hier der Beklagten – zur Aufhebung der Aufkündigung führen könnte, kann dahingestellt bleiben, weil sie ein solches Interesse – wiederum bezogen auf den Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung – gar nicht behauptet hat. Auf ein aktuelles, nach dem maßgeblichen Zeitpunkt entstandenes Interesse kommt es ebenso wenig an wie auf ihren zum Ausdruck gebrachten Wunsch (vgl S 4 in ON 33), die Wohnung behalten zu wollen.

6. Gänzlich außer Betracht zu bleiben hat im nunmehrigen Verfahren die Frage der Eintrittsberechtigung der Beklagten.

Wäre die Aufkündigung – bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Zustellung – berechtigt, würde der nachfolgende Tod des Mieters diese Aufkündigung nicht ungeschehen machen. Ein Eintritt würde in diesem Fall ausscheiden, weil das Mietverhältnis zum Todeszeitpunkt des Mieters nicht mehr aufrecht war.

Wäre hingegen die Aufkündigung nicht aufrecht zu erhalten, müsste die Frage der Eintrittsberechtigung nach § 14 Abs 3 MRG nicht in diesem Verfahren, sondern in einem allenfalls von den Vermietern einzuleitenden Kündigungsverfahren nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG geklärt werden.

7. Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht hat das Berufungsgericht die in der Berufungsbeantwortung enthaltene Tatsachenrüge zur entscheidungserheblichen Frage der regelmäßigen Verwendung des aufgekündigten Mietobjekts nicht erledigt, weshalb dem Berufungsgericht zur Erledigung der Tatsachenrüge eine neuerliche Entscheidung aufzutragen ist.

8. Auf den im ersten Rechtsgang noch behaupteten Verzicht auf den Kündigungsgrund kam der Mieter schon in der im ersten Rechtsgang erhobenen Berufung nicht mehr zurück.

9. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Leitsätze

  • Das schutzwürdige Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses an einer nicht regelmäßig verwendeten Wohnung

    Gekündigt kann man nur werden, wenn man den Mietgegenstand nicht regelmäßig nutzt oder kein dringendes Wohnbedürfnis vorliegt. Dennoch existiert ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung eines Mietverhältnisses, wenn feststeht, dass der Mieter die Wohnung in naher Zukunft wieder benötigen wird. Dabei muss nachgewiesen werden, dass eine Rückkehrabsicht besteht bzw eine Rückkehr bald erfolgen wird. Unbeachtlich sind ungewisse, in der Zukunft liegende Möglichkeiten einer Rückkehr.
    WEKA (wed) | Judikatur | Leitsatz | 3 Ob 43/14s | OGH vom 25.06.2014 | Dokument-ID: 692947