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Untersagung von Kinderparties aufgrund von Lärmbelästigung?
Eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung eines Gartens durch (etwa wöchentlich) stattfindende Kinderfeste mit regem Besuch ist grundsätzlich möglich.
Geschäftszahl
OGH 25. April 2018, 3 Ob 52/18w
Norm
§ 364 ABGB
Leitsatz
Quintessenz:
Eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung eines Gartens durch (etwa wöchentlich) stattfindende Kinderfeste mit regem Besuch ist grundsätzlich möglich. Relevant für die Beurteilung sind das Ausmaß der entstehenden Geräuschentwicklung, die Häufigkeit der Feste und das zeitliche Ausmaß, in welchem der Lärm an den betroffenen Tagen jeweils auftritt.
OGH: Ein Verein betrieb auf einer Liegenschaft, die er von seiner Obfrau gemietet hatte, zwei Kindergruppen. Betreut wurden dabei maximal 14 Tageskinder gleichzeitig. Der Nebenintervenient, dessen Unternehmen die „Animation von Kinderfesten“ betrieb, war beim Verein beschäftigt und bot unter anderem die Organisation von Kindergeburtstagsfesten an. In der Folge organisierte und leitete der Nebenintervenient mehrere solche Feiern auf der betreffenden Liegenschaft, wobei teils die Obfrau des Vereins, deren Ehemann und eine Mitarbeiterin des Vereins mitwirkte. Der Verein lukrierte dabei (Unter-)Mieteinnahmen. Die Feiern verursachten häufig schrillen, unangenehmen Lärm (durch Anfeuern, Pfeifen, Schreien, Weinen und Überschreien der Kinder durch die Erwachsenen) und teils gelangten unabsichtlich Bälle auf Nachbargrundstücke. Auf Veranlassung der Kläger schritt immer wieder die Polizei wegen Lärmerregung ein. Die Kläger begehrten in der Folge die Unterlassung bestimmter (Lärm-)Einwirkungen von der durch den Beklagten benutzten Liegenschaft auf ihre eigene.
Der Eigentümer eines Grundes kann nach § 364 Abs 2 ABGB seinem Nachbarn von dessen Grund ausgehende Immissionen untersagen, sofern sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Die Eigentumsfreiheitsklage kann dabei nicht nur gegen den unmittelbaren Störer gerichtet werden, sondern gegen jeden, der die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hat, die Störung zu verhindern – insbesondere auch gegen jenen, der das entsprechende Verhalten durch die Einräumung von Rechten an Dritte herbeiführt und fördert. Im konkreten Fall wurden die Kinderfeste nicht durch den beklagten Verein selbst veranstaltet, dieser hatte aber dem Nebenintervenienten erlaubt, sie abzuhalten. Obfrau und Kassier des Vereins hatten des Weiteren an den Veranstaltungen selbst mitgewirkt. Die Passivlegitimation des Beklagten war somit gegeben.
In Hinblick auf das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung einer Liegenschaft gilt als Maßstab das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, welcher auf die allgemeinen Interessen und die gesellschaftlich bedeutsamen Gesichtspunkte Bedacht nimmt; besondere Empfindlichkeiten des Klägers sind hingegen nicht zu berücksichtigen.
Bereits von den Vorinstanzen war festgehalten worden, dass „normaler“ Kinderlärm jedenfalls zu „üblichen“ Tageszeiten geduldet werden muss (insbesondere in einem Wohngebiet), jedoch die Möglichkeit besteht, dass die regelmäßige kommerzielle Veranstaltung von Kinderfesten eine deutlich höhere Lärmbelastung der Anrainer verursachen kann, die nicht mehr hingenommen werden muss. Dies bezieht sich auf regelmäßige, in ihrer Häufigkeit das Ausmaß einer durchschnittlichen Familie übertreffende gleichzeitige Anwesenheit einer größeren Anzahl ausgelassen spielender Kinder. Mangels der erforderlichen Feststellungen konnte der OGH im vorliegenden Fall aber nicht beurteilen, ob die veranstalteten Kinderfeste (bzw der jeweils im Garten stattfindende Teil derselben) im durch sie verursachten Lärm das ortsübliche Maß überschritten und/oder die ortsübliche Nutzung der Liegenschaft der Kläger wesentlich beeinträchtigten. Grundsätzlich kann eine starke Beeinträchtigung der Nutzung eines Gartens zu Erholungszwecken durch etwa wöchentlich stattfindende Kinderfeste mit zahlreichen Teilnehmern gegeben sein. Eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung wird jedoch hingegen bei nur selten auftretendem Lärm von Kinderfesten oder einem geringen zeitlichen Ausmaß kaum vorliegen. Erforderlich wären daher Informationen darüber gewesen, welche Geräuschentwicklung konkret durch die betreffenden Kinderfeste auf der Liegenschaft des Beklagten stattfand sowie mit welcher Häufigkeit pro Woche/Monat/Quartal und in welchem zeitlichen Ausmaß pro Tag der Lärm auf die Liegenschaft des Klägers einwirkte. Die Intensität der Geräuschentwicklung (möglichst in dB), die Einwirkung durch das Eindringen von Spielzeug und ähnlichen Gegenständen auf das Nachbargrundstück, die Häufigkeit der stattfindenden Kinderfeste und die dabei im Garten verbrachte Zeit verblieben somit noch als im fortgesetzten Verfahren zu klären.
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