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Nachträglicher Einbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge im WEG
Gastautor Mag. Roman Reßler erläutert die rechtlichen Grundlagen und wesentlichen Aspekte, die beim Einbau von E-Ladestationen in WEG-Objekten beachtet werden müssen. Welche Problematiken können auftreten und was gilt bezüglich der Erhaltung?
Rechtliche Grundlagen
Gerade im städtischen Bereich wird die Elektromobilität in Zukunft einen wesentlichen Anteil am Individualverkehr haben. Gleichzeitig besteht für Wohnungseigentümer, denen ein dingliches Nutzungs- und Verfügungsrecht an einem KFZ-Abstellplatz zugeordnet wurde, die Notwendigkeit ihr Elektrofahrzeug auch im Wohnungseigentumsobjekt aufzuladen.
Es stellt sich daher die Frage, ob mit dem bisherigen Verwaltungsregime im WEG (§§ 16, 28 und 29 WEG) das Auslangen gefunden wird. KFZ-Abstellplätze in Wohnungseigentumsanlagen können entweder als Allgemeinfläche von den Wohnungseigentümern genutzt oder als selbstständiges Wohnungseigentum einem Wohnungseigentümer dinglich zugeordnet sein.
Vorgaben durch EU-Richtlinie
Gemäß Artikel 8 Abs 5 Richtline (EU 2018/844) des Europäischen Parlaments und des Rates von 30. Mai 2018 haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass in Bezug auf neue Wohngebäude und Wohngebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, sofern das Gebäude über mehr als 10 Stellplätze verfügt, für jeden Stellplatz die Leitungsinfrastruktur, nämlich Schutzrohre für Elektrokabel errichtet werden um die spätere Errichtung von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge zu ermöglichen.
Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich der Parkplatz innerhalb des Gebäudes befindet und die Renovierungsmaßnahmen bei größeren Renovierungen den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes umfassen; oder der Parkplatz an das Gebäude angrenzt und die Renovierungsmaßnahmen bei größeren Renovierungen den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Parkplatzes umfassen. In Österreich wird diese Verpflichtung in erster Linie durch die Bauordnungen in den Bundesländern durchgesetzt.
Rechtliche Bestimmungen für Wien
Für den Bereich von Wien wurde durch die Wiener Bauordnungsnovelle 2018, Landesgesetzblatt LGBl 69/2018 vom 21. Dezember 2018, in § 6 Abs 3 des Wiener Garagengesetzes festgelegt, dass bei der Errichtung von Garagen zur nachträglichen Schaffung von Ladeplätzen für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge brandschutztechnisch geschützte Durchgänge einer Leerverrohrung zur Herstellung einer Stromversorgung für Stellplätze vorzusehen sind.
Platzreserven für Stromverzählerung und -verteilung sowie Planungsreserven für Netzanschlussleistungen sind dabei zu berücksichtigen.
Problematik der Nachrüstung
Bei der Nachrüstung von Ladestationen sowie der Einrichtung von entsprechenden Abnahmevorrichtungen zur unmittelbaren Aufladung von E-KFZ ist die Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen der Liegenschaft und Aufstellung von Wallboxen unerlässlich.
Dabei handelt es sich um Eingriffe von Gebrauchs- und Anteilsrechten im Wege einer Sachverfügung, die eben nur im Wege einer Zustimmung aller Wohnungseigentümer (Einstimmigkeit) durchgesetzt werden können, und daher nicht in die Zuständigkeit des Verwalters fallen.
Diese an sich unbefriedigende Lösung entspricht jedoch weder den klimapolitischen Zielen der EU (CO2 Reduktion für den Verkehrssektor) noch den Erfordernissen der Zukunft des Individualverkehrs. Eine andere Möglichkeit besteht in der Durchsetzung der Nachrüstung von Ladestationen im Individualinteresse des einzelnen Wohnungseigentümers (Änderungsrecht des Wohnungseigentumes) nach § 16 WEG, wobei auch die ordentliche sowie die außerordentliche Beschlussfassung zu untersuchen ist.
Technische Varianten der Nachrüstung von Ladestationen für E-KFZ
Im Endbericht zur Nachrüstung von Ladestationen in bestehenden großvolumigen Wohngebäuden des BMVIT in Koordination mit e7-Energiemarkt Analyse GmbH, der WU Wien sowie dem Institut für Zivil- und Unternehmensrecht wurden drei Varianten in Hinblick auf eine Nachrüstung vorgestellt.
Variante A
In der Umsetzungsvariante A werden die bestehenden elektrischen Anschlüsse von Wohnungen zur Versorgung von Ladepunkten an PKW-Stellplätzen genutzt.
Die Erfassung und Abrechnung der bezogenen Energiemenge für die Ladung eines Elektroautos erfolgt dabei über den vorhandenen Wohnungszähler. Diese Variante eignet sich für fix zugeordnete Stellplätze. Bei Bestandsbauten ist diese Variante jedoch aus elektrotechnischen Gründen nur eingeschränkt möglich.
Variante B
Bei der technischen Umsetzungsvariante B wird eine neue hausinterne Elektroanbindung zur Versorgung von Ladepunkten an PKW-Stellplätzen errichtet. Dabei ist die Errichtung eines zusätzlichen Zählerverteilers in zentraler Lage erforderlich.
Von dort aus erfolgt die Anspeisung der einzelnen Wallboxen. Die Erfassung und Abrechnung der bezogenen Energiemenge für die Ladung des Autos erfolgt dabei über einen zusätzlich anzuschaffenden Stromzähler, der sich im neuen Zählerverteiler befindet.
Die Variante B eignet sich ebenfalls für fix zugeordnete Stellplätze.
Der Vorteil bei der Variante B liegt darin, dass die Wallboxanspeisung unabhängig von der Wohnungsanspeisung erfolgt und ein von der Wohnung unabhängiger Stromlieferant bzw Tarif bei der Ladestation herangezogen werden kann.
Darüber hinaus ist eine Erweiterung über weitere, künftig anzubindende Stellplätze möglich.
Nachteile der Variante B bestehen jedoch in den höheren Kosten im Vergleich zu Variante A.
Variante C
Bei der Variante C wird eine neue hausinterne Elektroanbindung zur Versorgung von Ladepunkten an PKW-Stellplätzen errichtet, wobei es bei dieser Variante eines Ladestellenbetreibers bedarf, zu dessen Aufgaben die Errichtung der Infrastruktur, des ordnungsgemäßen Betriebes sowie der Verrechnung der Kosten zählen.
Der interne Ladestellenbetreiber sorgt dabei für die Errichtung der Ladeinfrastruktur und sichert den Anlagenbetrieb.
Die Erfassung und Abrechnung der bezogenen Energiemenge für die Ladung eines Elektroautos erfolgt bei dieser Variante über das Verrechnungssystem des Ladestellenbetreibers.
Die Variante C eignet sich daher sowohl für nicht fix zugeordnete als auch für fix zugeordnete Abnehmer.
Durch diese Variante können auch Besucherstellplätze versorgt werden.
Zur rechtlichen Durchsetzung im WEG
Änderungsrecht nach § 16 WEG
Möchte ein einzelner Wohnungseigentümer eine Nachrüstung von Ladestationen für E-Fahrzeuge durchsetzen, so kann er diese als Maßnahme im Individualinteresse (Änderungsrecht des Wohnungseigentümers) nach § 16 WEG durchsetzen. Über diesen Antrag des änderungswilligen Wohnungseigentümers entscheidet das Bezirksgericht im außerstreitigen Verfahren (§ 16 Abs 2 i. V. m. § 52 Abs 1 Z 2 WEG). Praktisch denkbar wäre dabei die Subsummierung unter § 16 Abs 2 Z 2 WEG, wobei hier auch die Nachrüstung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge explizit angeführt werden könnte, sodass diese Maßnahme als privilegierte Änderung keines Nachweises eines wichtigen Interesses oder der Verkehrsüblichkeit der Maßnahme bedürfte. Die Wartung sowie Instandhaltung der entsprechenden Anlagen, welche für ihn bestimmt sind, wird entsprechend § 16 Abs 3 WEG der jeweilige Wohnungseigentümer zu tragen haben. Dies würde sowohl die Technischen Varianten A als auch B betreffen.
Erhaltung
Es muss jedoch auch klargestellt werden, dass dabei auch die zukünftige Erhaltung der jeweilige änderungswillige Wohnungseigentümer zu tragen hat. Darüber hinaus stellt sich sowohl Variante B und überhaupt Variante C als Maßnahme einer nützlichen Verbesserung sowie eine über die Erhaltung hinausgehende bauliche Veränderung von allgemeinen Liegenschaftsanteilen im Sinne des § 29 Abs 1 WEG dar.
Beschluss und Anfechtung
Für einen wirksamen Beschluss reicht zwar die einfache Mehrheit der Anteile nach § 29 WEG, die Willensbildung ist aber in dieser Bestimmung durch einen starken Minderheitenschutz charakterisiert. Die überstimmte Minderheit kann den Beschluss aus den im § 29 Abs 2 WEG genannten inhaltlichen Gründen grundsätzlich innerhalb von 3 Monaten ab Aushang anfechten.
Der Anfechtungsgrund nach § 29 Abs 2 Z 2 WEG liegt insbesondere dann vor, wenn die Kosten der Veränderung nicht in der Rücklage gedeckt sind.
Wenn die Kosten der Anlage durch die Rücklage nicht gedeckt sind, kann die Mehrheit den Beschluss insofern noch zustande kommen lassen, in dem sie sich bereit erklärt, den Fehlbetrag zu übernehmen (§ 29 Abs 3 1. Fall WEG)
Andererseits kann eine Maßnahme der Verbesserung ungeachtet der fehlenden Kostendeckung auch ohne Kostenübernahme der Mehrheit beschlossen werden, wenn sie allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht (§ 29 Abs 3 Fall 2 WEG)
Dies ist allerdings in den meisten Fällen aufgrund der Begrenztheit von Abstellplätzen bei großen Wohnungseigentümergesellschaften fraglich. Unbestritten erscheint jedoch die Tatsache, dass Variante C als Gemeinschaftsanlage wohl nur nach § 29 WEG als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme beschlossen werden kann.
Ordentliche Verwaltung gem § 28 WEG?
Die Nachrüstung von Ladestationen als ordentliche Verwaltungsmaßnahme gemäß § 28 WEG zu beschließen, ist insbesondere bei der erstmaligen Nachrüstung nicht als Erhaltungsmaßnahme vertretbar, zumal diese Maßnahme keine Erhaltung im Sinne des § 28 WEG betrifft und der Verwalter auch Maßnahmen nach § 28 WEG autonom ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer im Rahmen der Mehrheitsbeschlussfassung ohne Minderheitsbeteiligung fassen könnte, was nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprechen würde. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, bei schon länger existierenden Anlagen, könnten aufgrund des sich auch im WEG gemäß § 28 Abs 1 Z 1 WEG iV § 3 MRG etablierten, dynamischen Erhaltungsbegriffes zeitgemäße Anpassungen im Wege einer ordentlichen Verwaltungsmaßnahme beschlossen beziehungsweise durchgeführt werden.
Fazit
Bei jeder Nachrüstung von Ladestationen wird sich zumindest langfristig die Frage der Erhaltung dieser ergeben. Das WEG kennt ex lege keinen abweichenden Aufteilungsschlüssel für E-Ladestationen in Bezug auf deren zukünftige Erhaltung.
Gemäß § 16 Abs 3 WEG hat der Wohnungseigentümer das Wohnungseigentumsobjekt und die dafür bestimmten Einrichtungen, insbesondere die Strom-, Gas- und Wasserleitungen sowie die Beheizungs- und sanitären Anlagen, auf seine Kosten zu warten und in Stand zu halten. Werden solche Nachrüstungen im Wege der Beschlussfassung errichtet, so sollte jedoch für die Zukunft in Bezug auf die Erhaltung der Ladeeinrichtungen zumindest ein abweichender Aufteilungsschlüssel gemäß § 32 Abs 2 WEG geschaffen werden, um die zukünftige Erhaltung ausschließlich den Nutzern anzulasten, was jedoch der Einstimmigkeit bedarf. Somit kann mit dem derzeitigen Verwaltungsregime zwar grundsätzlich das Auslangen gefunden werden, jedoch sollte darüber hinaus auch über die Möglichkeit eines gesetzlich abweichenden Aufteilungsschlüssels für Ladestationen zumindest nachgedacht werden.
Autor
Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.
Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.