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Mediation in Wohnanlagen
Gastautor Mag. Ulrich Wanderer, Jurist und Mediator in Wien, informiert in seinem Beitrag über den Ablauf einer Mediation mit Großgruppen in Wohnhausanlagen und welche Vorteile eine solche mit sich bringen kann.
Neben den klassischen Nachbarschaftskonflikten wegen Lärmbelästigung, Schattenwurfs oder Immissionen, in denen die Medianden ihre Positionen gegenüberstellen und mit Unterstützung des Mediators einen Konsens erreichen, bietet die Mediation auch Möglichkeiten zur Meinungsbildung in Großgruppensettings an. So zum Beispiel in großen Wohnhausanlagen. Es spielt dabei nur eine nachrangige Rolle, ob es sich dabei um Miteigentümergemeinschaften oder die Mieter eines Zinshauses handelt. Wichtig ist das Ziel, die Kanalisierung der vielfältigen Einzelmeinungen hin zur Bildung einer mehrheitsfähigen Entscheidung.
Beispiele
Beispiele hierfür sind die Entscheidung hinsichtlich der Sanierung des Innenhofes eines Altbaus, in deren Rahmen auch die Meinungen der Mieter hinsichtlich der Gestaltung der Hoffläche eingeholt werden sollen; Eine Hausversammlung der Miteigentümer zur Frage der Fassadensanierung einer Wohnanlage mit 16 Stiegen; Neufestlegung der Vereinsstatuten eines Kleingartenvereins.
Die Mediatoren
Die Fragestellung der Großgruppenmediation ist freilich nebensächlich, wichtig ist die Anzahl der beteiligten Bewohner als Medianden, da sich nach ihr auch die Anzahl der MediatorInnen richtet. Während ein einzelner Mediator eine Gruppe von bis zu 15-20 Medianden bei der Lösungsfindung begleiten (mediieren) kann, so übersteigt eine Gruppengröße von 50 aufwärts die Kapazitäten der meisten Mediatoren, sodass ein Mediatorenteam bestehend aus mehreren gut eingespielten Konfliktreglern auf den Plan tritt.
Ablauf
Erst werden dabei im Plenum die Grundsätze der Mediation besprochen, wie beispielsweise die Freiwilligkeit an der Teilnahme, die Höflichkeit in der Wortwahl, der Respekt hinsichtlich der Meinung der anderen, Offenheit den Vorschlägen der anderen Parteien und den Lösungsansätzen gegenüber. Das weitere Procedere wird ebenso erklärt, wie auch die einzelnen Mediatoren und Moderatoren vorgestellt werden.
Als nächster Schritt werden möglichst homogen durchmischte Kleingruppen gebildet, in welchen jeweils ein Sprecher, der die zu findenden Ergebnisse schlussendlich zu präsentieren hat, zu bestimmen ist.
Auf bereitgestellten Karten werden in weiterer Folge dann die Wünsche der Gruppenmitglieder festgehalten und nach Dringlichkeit gereiht. Oft zeigt sich, dass die Kernthemen in den unterschiedlichen Gruppen praktisch deckungsgleich sind, so dass in einer nächsten Runde die Gruppensprecher als Vertreter der Kleingruppen nun die erarbeiteten Ergebnisse gemeinsam besprechen können. In der Regel kristallisieren sich so einige wenige Themen heraus, welche dann als Zwischenergebnis der Mediation präsentiert werden können. Dieses Ergebnis wird dann in Form einer Themensammlung, gebildet aus den einzelnen Karten dem Plenum präsentiert.
Ergebnis
Anwesende Fachleute, welche für die Umsetzung der Ergebnisse verantwortlich sind, können in weiterer Folge über die Machbarkeit der Vorschläge referieren und den Bewohnern auch Auskunft hinsichtlich der zu erwartenden Kosten geben. Sollten diese Fachkräfte bei der ersten Runde noch nicht anwesend sein, so sollte dies relativ zeitnah geschehen und das Ergebnis den Bewohnern am schwarzen Brett mitgeteilt werden. Allenfalls kann eine weitere Runde mit Fachleuten und den Bewohnern für die weitere Umsetzung geplant werden.
Vorteile
Vorteile dieser Vorgehensweise sind einerseits die Möglichkeit, den Bewohnern relativ unkompliziert eine bestmögliche Plattform zu bieten, um die eigenen Anliegen in einem möglichst demokratischen Procedere vorzubringen. Ebenso auch kann eine ausdrückliche Enthaltung festgehalten werden. Darüber hinaus bietet eine entsprechende Großrunde auch immer die Möglichkeit andere aktuelle Themen im Plenum anzusprechen und erspart so unter Umständen diverse Einzeltermine. Weiters ergeben sich durch die vielfältigen Erfahrungen und Kenntnisse der beteiligten Personen oft Synergieeffekte, welche in weiterer Folge genutzt werden können. Auch können oft in Nebengesprächen kleinere Missverständnisse ausgeräumt werden, sodass sich manchmal auch Nachbarschaftskonflikte, welche die Bewohner ebenso wie auch die Hausverwaltung beschäftigen unbürokratisch und niederschwellig klären lassen.
Wieso Mediatoren
Mediatoren können aufgrund des, der Mediation eigene Zugangs der „Allparteilichkeit“ sowohl auf die Standpunkte der Hausverwaltung, wie auch die der Mieter eingehen und allfällige als Konflikte getarnte Missverständnisse als solche entlarven. Das Angebot der Mediation ermöglicht allen Beteiligten eine aktivere Teilnahme am Geschehen, bietet der Hausverwaltung auch unmittelbaren Kontakt zu den Mietern/Eigentümern. Werden diese Treffen in regelmäßigen Abständen gehalten, so haben sie auch eine wichtige Ventilfunktion und können so zu einem gelungenen Wohnklima und einem verbesserten Miteinander beitragen.
Zusammenfassung
Wie in vielen anderen Fällen ist Mediation freilich auch hier nicht der Stein der Weisen, die Lösung für alle Probleme. Jedoch gibt es probate Hilfsmittel, die sich sowohl in der Konfliktlösung bewährt haben, wie auch einen erprobten Weg zur Entscheidungsfindung in großen Gruppe darstellen. Die Tools der Großgruppenmediation ermöglichen einerseits den Teilnehmern, ihre Meinung in die Gesamtlösung einfließen zu lassen, andererseits bietet es den letztendlichen Entscheidungsträgern, eine demokratische Basis für eine nachhaltige und zukunftsträchtige Lösung zu finden.
Autor
Mag. Ulrich Wanderer
Geboren 1971 in Wien, arbeitet als Jurist und Mediator in Wien, Kärnten und Niederösterreich
Hauptaufgabengebiete als Mediator: Familienmediation, Nachbarschaftsmediation, Arbeitsplatzmediation
Herausgeber des Handbuch Mediation (WEKA Verlag)