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Mag. Schinnagl: Generelle Unwirksamkeit von Wartungsklauseln im Bereich des MRG?
Erstmals setzte sich der OGH in seiner Entscheidung vom 15.12.2009 (5 Ob 164/09t) mit der Frage auseinander, in welchem Ausmaß dem Mieter überbundene Wartungs- und Instandhaltungspflichten als Abschlag beim Richtwertzins zu berücksichtigen sind.
Im gegenständlichen Verfahren hat eine Hauptmieterin einer Wohnung, die dem MRG unterliegt, die Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Mietzinsvereinbarung begehrt und vorgebracht, dass auch die im Mietvertrag abgeschlossene Vereinbarung über die Überwälzung von Wartungs- und Instandhaltungspflichten eine entgeltwerte Leistung und Teil des Mietzinses darstelle, dies soferne diese Klausel wirksam sei.
Die Klausel lautete wörtlich: „Der Mieter hat den Mietgegenstand und die für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen und Geräte wie im besonderen die Elektroleitungs-, Gasleitungs-, Wasserleitungs-, Beheizungs- und sanitären Anlagen sowie Gas- und Elektrogeräte und Ofen zu warten sowie insoweit instandzuhalten und zu erneuern (insbesondere auch die Erneuerung von Warmwasser/Heizgeräten udgl), als es sich nicht um ernste Schäden des Hauses handelt. Wird die Behebung von ernsten Schäden nötig, so ist der Mieter bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Vermieter ohne Verzug Anzeige zu machen. Die Wartungs- und Instandhaltungspflicht erstreckt sich auch auf vorhandene Antennenanlagen.“
Die Begründung liegt darin, dass Erhaltungsarbeiten und Investitionen des Mieters Vermögensflüsse vom Mieter zum Vermieter darstellen und daher auch diese Leistungspflicht des Mieters in die Prüfung des Mietzinses einzubeziehen ist, anderenfalls es ein Leichtes wäre, die mietrechtsgesetzlichen Mietzinsobergrenzen zu umgehen. (5 Ob 105/87)
Nach Ansicht der antragstellenden Mieterin könnten diese Vermögensflüsse daher leicht auf adäquate Art und Weise bei der Mietzinsberechnung nach § 16 Abs 2 MRG durch Abschläge berücksichtigt werden.
Während das Landesgericht für ZRS Wien bei der Bemessung des Richtwertmietzinses für die Übernahme einer Instandhaltungspflicht für die Therme einen Abschlag von 5 % und für Gas, Wasser und Strom einen weiteren Abschlag von 5 %, also insgesamt einen Abschlag von 10 % für alle vertraglich übernommenen Wartungs- und Instandhaltungspflichten bei der Bemessung des Richtwertmietzinses einbezogen hat, korrigiert der OGH die seit 2006 bestehende Judikatur des Landesgerichtes für ZRS Wien dahingehend, dass dies unzulässig sei, da der Katalog der Zu- und Abschläge in § 16 Abs 2 Z 1-6 MRG „grundsätzlich“ taxativ wäre und sich ausschließlich auf die tatsächliche Beschaffenheit des Mietobjektes und das Haus beziehe, nicht aber auf im Mietvertrag enthaltene Vereinbarungen über die Übernahme von Verpflichtungen, insbesondere Wartungs- und Instandhaltungspflichten.
Auch aus dem Umstand, dass der Vermieter nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG berechtigt ist, einen Zuschlag zu verlangen, wenn er sich vertraglich zur Erhaltung einer von ihm errichteten Etagenheizung verpflichtet hat, kann nach Ansicht des OGH nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber auch für die Übernahme weiterer Erhaltungspflichten durch den Mieter oder den Vermieter, einen Zuschlag oder Abstrich gewähren wollte.
Das bedeutet aber noch nicht, dass diese Wartungs- und Instandhaltungsverpflichtung wirksam ist und vom Mieter neben dem laufenden in Geld zu entrichtenden Mietzins geschuldet ist, denn überraschenderweise belässt es der OGH nicht bei dem oa Verweis auf den abschließenden Zu- und Abschlagskatalog des § 16 Abs 2 Z 1-6 MRG, sondern bemüht sich vielmehr für seine Argumentation auch gesetzliche Regelungen zur Instandhaltung und Wartung.
Der OGH wortwörtlich: „Im Übrigen enthält das Mietrechtsgesetz ohnehin Regelungen betreffend die Er- und Instandhaltung des Bestandobjekts und den Ersatz an Aufwendungen auf eine Wohnung (§§ 3, 8, 10 MRG), was – ohne gesetzlichen Anhalt – ebenfalls nicht für eine zusätzliche Berücksichtigung darüber getroffener mietvertraglicher Vereinbarungen im Wege von Ab- bzw Zuschlägen im Richtwertzinssystem sprechen kann.“
Logisch weitergedacht kann dies aber nichts anderes bedeuten, als dass die Regelung des § 8 Abs 1 S 2 MRG zur Er- und Instandhaltung des Mietgegenstandes als zu Gunsten des Mieters relativ zwingend mietrechtliche Norm zu qualifizieren ist, von der nicht zu Lasten des Mieters abgewichen werden darf.
Dies hat zur Folge, dass kein Vermieter – egal ob privat oder Unternehmer – über den Bereich des § 8 Abs 1 MRG hinausgehend weitergehende Wartungs- und Reparatur- bzw Erneuerungspflichten auf den Mieter (egal ob Verbraucher oder Unternehmer), insbesondere auch im gesetzlich ungeregelten Graubereich (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 14 zu § 8 MRG), der weder durch § 3 MRG noch durch § 8 Abs 1 S 2 MRG geregelt wird, überwälzen kann.
Mag eine solche vertragliche Überbindung in der Praxis zwar allgemein üblich sein, müsste sie der Entscheidung des OGH entsprechend jedoch generell unzulässig sein.
Im gegenständlichen Falle hatte der OGH ja eben nicht eine Instandhaltungsverpflichtung des Mieters zu beurteilen gehabt, die von den §§ 3 und 8 MRG umfasst gewesen wäre.
Damit ergebe sich ein logisches Bild und wäre dies eine konsequente Weiterentwicklung der neueren Rechtsprechungslinie, welche mit dem Urteil 7 Ob 78/06f (mietrechtliche Verbandsklage) begonnen hat und systematisch mit den Entscheidungen 6 Ob 104/09a (Ausmalverpflichtung im MRG-Bereich ist als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 MRG anzusehen.) und 6 Ob 39/09t (Mieter trifft keine Pflicht zur Erneuerung einer schadhaft gewordenen Heiztherme.) fortwährt, und zwar mit dem positiven Aspekt, dass aufgrund der jetzigen Entscheidung endlich auch klargestellt sein müsste, dass generell jegliche Wartungs- und Instandhaltungsüberwälzung außerhalb der gesetzlichen Regelung der § 8 Abs 1 S 2 MRG im Bereich des Mietrechtsgesetzes unzulässig ist, egal ob es sich bei dem Mietvertrag um ein Verbrauchergeschäft handelt oder nicht.
Wenn man diese Judikaturlinie weiter konsequent fortsetzt, ist nur mehr eine Änderung der Rechtsprechung zur Mietzinsminderung erforderlich, um somit dauerhaft während eines Bestandverhältnisses die Äquivalenz zwischen den wechselseitigen Leistungen Mieter – Vermieter zu wahren.
Schon nach der momentanen Rechtsprechung hat der Mieter auch im gesetzlich ungeregelten Bereich, der weder durch §§ 3 oder 8 MRG abgedeckt ist, einen Mietzinsminderungsanspruch nach § 1096 ABGB, wenn es im Laufe der Mietdauer zu einer Störung des vertraglich vereinbarten Zustandes kommt (z.B. Heiztherme wird kaputt).
Dieses Mietzinsminderungsrecht endet momentan jedoch bei Behebung durch den Mieter (1 Ob 27/97w, 9 Ob 57/08k, 9 Ob 58/98i u.v.a). Diese Judikatur erscheint nicht angemessen, da der bedungene Gebrauch des Mietgegenstandes vom Vermieter während der gesamten Mietzeit zu gewähren ist.
Erst wenn auch eine Entscheidung des OGH darüber gefällt wird, dass das Mietzinsminderungsrecht solange anwährt, bis der Vermieter bereit ist, den Mangel zu beheben oder dem Mieter etwaige Kosten für die Behebung des Schadens zu bezahlen, wird dauerhaft die Äquivalenz zwischen der Leistung des Mieters (Mietzins) und jener des Vermieters auf Erhaltung des vereinbarten Zustandes des Mietobjektes gewährleistet sein (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 8 MRG Rz 19, Worthing-Smith. Unzulässige Klauseln in Mietverträgen [2009] 83 f, Böhm, OGH 5 Ob 17/09z: Ein Pyrrhussieg für die Vermieter!, immolex 2009, 198ff, Riss, Erhaltungspflicht 216 f).
Autorin
Frau Mag. Schinnagl ist leitende Juristin der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.