© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at
SCE-Verordnung (SCE-VO)
(ABl. L 207 vom 18.8.2003, S. 1–24)
Berichtigt durch:
Berichtigung, ABl. L 49 vom 17.2.2007, S. 35 (1435/2003)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 308,
auf Vorschlag der Kommission • [Fußnote: ABl. C 99 vom 21.4.1992, S. 17 und ABl. C 236 vom 31.8.1993, S. 17.] ,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments • [Fußnote: ABl. C 42 vom 15.2.1993, S. 75 und Stellungnahme vom 14. Mai 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).] ,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses • [Fußnote: ABl. C 223 vom 31.8.1992, S. 42.] ,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Das Europäische Parlament hat am 13. April 1983 eine Entschließung zu den Genossenschaften in der Europäischen Gemeinschaft • [Fußnote: ABl. C 128 vom 16.5.1983, S. 51.] , am 9. Juli 1987 eine Entschließung zum Beitrag der Genossenschaften zur Regionalentwicklung • [Fußnote: ABl. C 246 vom 14.9.1987, S. 94.] , am 26. Mai 1989 ein Entschließung zur Rolle der Frau in Genossenschaften und lokalen Beschäftigungsinitiativen • [Fußnote: ABl. C 158 vom 26.6.1989, S. 380.] , am 11. Februar 1994 eine Entschließung zum Beitrag der Genossenschaften zur Regionalentwicklung • [Fußnote: ABl. C 61 vom 28.2.1994, S. 231.] und am 18. September 1998 eine Entschließung zur Rolle der Genossenschaften bei der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen • [Fußnote: ABl. C 313 vom 12.10.1998, S. 234.] angenommen.
(2) Die Vollendung des Binnenmarktes und die damit verbundene Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der gesamten Gemeinschaft macht nicht nur die Beseitigung von Handelsschranken erforderlich, sondern bedeutet auch, dass die Produktionsstrukturen an die Gemeinschaftsdimension angepasst werden müssen. Dazu ist es wesentlich, dass Gesellschaften jedweder Form, deren Geschäftstätigkeit über die Befriedigung des rein lokalen Bedarfs hinausgeht, in der Lage sein sollte, die Umstrukturierung ihres Geschäftsbetriebs zwecks Ausdehnung auf die Gemeinschaftsebene zu planen und durchzuführen.
(3) Der Rechtsrahmen für eine Geschäftstätigkeit innerhalb der Gemeinschaft beruht immer noch weitgehend auf einzelstaatlichem Recht und entspricht damit nicht dem wirtschaftlichen Rahmen, innerhalb dessen sich diese entwickeln muss, wenn die Ziele des Artikels 18 des Vertrags erreicht werden sollen. Diese Situation stellt ein erhebliches Hindernis für die Schaffung von Unternehmensgruppen mit Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten dar.
(4) Der Rat hat die Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 • [Fußnote: ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 1.] erlassen, mit der die Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE) gemäß den für Aktiengesellschaften geltenden allgemeinen Grundsätzen eingeführt wird. Dies ist kein Instrument, das den Besonderheiten der Genossenschaften gerecht wird.
(5) Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2137/ 85 • [Fußnote: ABl. L 199 vom 31.7.1985, S. 1.] erlaubt es Unternehmen zwar, gewisse Tätigkeiten gemeinsam zu betreiben und gleichzeitig ihre Eigenständigkeit zu behalten, genügt jedoch den Besonderheiten der genossenschaftlichen Tätigkeit nicht.
(6) Die Gemeinschaft muss zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen und im Interesse ihrer wirtschaftlichen Entwicklung für die in allen Mitgliedstaaten gemeinhin anerkannten Genossenschaften angemessene rechtliche Instrumente zur Verfügung stellen, die eine Entwicklung ihrer länderübergreifenden Tätigkeiten fördern können. Die Vereinten Nationen haben alle Regierungen aufgefordert, ein für Genossenschaften günstiges Umfeld zu schaffen, in dem diese auf gleicher Basis mit anderen Unternehmensformen teilnehmen können • [Fußnote: Entschließung der Generalversammlung, angenommen auf der 88. Plenarsitzung der Vereinten Nationen am 19. Dezember 2001 (A/RES/56/114).] .
(7) Bei Genossenschaften handelt es sich vor allem um Vereinigungen von natürlichen oder juristischen Personen, für die besondere und andere Funktionsprinzipien als für andere Wirtschaftssubjekte gelten. Dazu gehören beispielsweise das Prinzip der demokratischen Struktur und Kontrolle oder das der Verteilung des Netto-Jahresüberschusses nach dem Billigkeitsgrundsatz.
(8) Diese besonderen Prinzipien betreffen vor allem den Grundsatz des Vorrangs der Person gegenüber dem Kapital, der seinen Ausdruck in spezifischen Regeln für den Eintritt, den Austritt und den Ausschluss der Mitglieder sowie in der Regel „ein Mitglied, eine Stimme“ findet, wobei das Stimmrecht an die Person gebunden ist und beinhaltet, dass es den Mitgliedern verwehrt ist, auf das Vermögen der Genossenschaft zurückzugreifen.
(9) Genossenschaften sind mit einem Grundkapital in Form von Geschäftsanteilen ausgestattet und ihre Mitglieder können sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen sein. Diese Mitglieder können ganz oder teilweise Kunden, Angestellte oder Lieferanten sein. Sind die Mitglieder einer Genossenschaft ihrerseits genossenschaftlich organisierte Unternehmen, so wird sie als „sekundäre“ Genossenschaft oder als Genossenschaft zweiten Grades bezeichnet. Unter gewissen Umständen können einer Genossenschaft auch eine bestimmte Zahl investierender, aber nicht nutzender Mitglieder und Dritte angehören, die Nutzen aus der Tätigkeit der Genossenschaft ziehen oder für deren Rechnung Arbeiten ausführen.
(10) Eine Europäische Genossenschaft (nachstehend „SCE“ genannt) sollte zum Hauptzweck haben, im Einklang mit den nachstehenden Grundsätzen den Bedarf ihrer Mitglieder zu decken und/oder deren wirtschaftliche und/oder soziale Tätigkeiten zu fördern:
- Zweck der Geschäftstätigkeit sollte der gegenseitige Nutzen ihrer Mitglieder in der Form sein, dass jedes Mitglied einen seiner Beteiligung entsprechenden Nutzen aus der Tätigkeit der SCE zieht.
- Ihre Mitglieder sollten gleichzeitig Kunden, Angestellte oder Lieferanten oder auf eine sonstige Art und Weise in die Geschäftstätigkeit der SCE eingebunden sein.
- Die Kontrolle sollte von allen Mitgliedern gleichermaßen ausgeübt werden, wobei jedoch eine gewichtete Stimmabgabe zulässig sein kann, um den Beitrag des einzelnen Mitglieds zu der SCE korrekt wiederzugeben.
- Die Verzinsung des Fremdkapitals und der Geschäftsguthaben sollte begrenzt sein.
- Gewinne sollten im Verhältnis zu den mit der SCE getätigten Geschäften ausgeschüttet oder zur Deckung des Bedarfs der Mitglieder einbehalten werden.
- Es sollte keine künstlichen Beitrittsschranken geben.
- Im Fall der Auflösung sollten ein Vermögen und Rücklagen nach dem Grundsatz der nicht gewinnorientierten Übertragung auf eine andere genossenschaftlich konstituierte Stelle, die vergleichbare Ziele verfolgt oder dem Allgemeininteresse dient, übertragen werden.
(11) Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Genossenschaften stößt in der Gemeinschaft gegenwärtig auf rechtliche und administrative Schwierigkeiten; diese sollten in einem Markt ohne Grenzen beseitigt werden.
(12) Mit der Einführung einer europäischen Rechtsform für Genossenschaften, die sich auf gemeinsame Grundsätze stützt, aber ihren Besonderheiten Rechnung trägt, sollen die Voraussetzungen für ein grenzüberschreitendes Tätigwerden im gesamten Gebiet der Gemeinschaft oder in einem Teil derselben geschaffen werden.
(13) Hauptziel dieser Verordnung ist es, natürlichen Personen mit Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten oder nach dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten gegründeten juristischen Personen die Gründung einer SCE zu ermöglichen. Sie ermöglicht ferner die Gründung einer SCE durch Verschmelzung zweier bereits bestehender Genossenschaften oder durch Umwandlung einer bestehenden nationalen Genossenschaft in die neue Rechtsform ohne vorherige Auflösung; Voraussetzung hierfür ist, dass diese Genossenschaft ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat und eine Tochtergesellschaft oder Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat.
(14) Angesichts des besonderen Gemeinschaftscharakters einer SCE gilt die in dieser Verordnung vorgesehene Regelung über den „tatsächlichen Sitz von SCE“ unbeschadet der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und greift Entscheidungen, die für andere Gemeinschaftstexte im Bereich des Gesellschaftsrechts zu treffen sind, nicht vor.
(15) Bezugnahmen auf das Kapital/Grundkapital in dieser Verordnung sollten ausschließlich die gezeichneten Geschäftsanteile betreffen. Nicht ausgeschüttetes Vermögen bzw. Eigenkapital der SCE sollten hiervon nicht berührt werden.
(16) Von dieser Verordnung nicht erfasst sind Bereiche wie
Steuerrecht, Wettbewerbsrecht, geistiges Eigentum oder Insolvenzrecht. In diesen sowie in anderen, von der Verordnung nicht erfassten Bereichen gelten daher die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und das Gemeinschaftsrecht. 18.8.2003 DE Amtsblatt der Europäischen Union L 207/3
(17) Die Richtlinie 2003/72/EG • [Fußnote: Siehe Seite 25 dieses Amtsblatts.] enthält die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Genossenschaft; diese Bestimmungen bilden eine untrennbare Ergänzung dieser Verordnung und sind gleichzeitig anzuwenden.
(18) Bei den Arbeiten zur Annäherung der einzelstaatlichen Vorschriften des Gesellschaftsrechts sind beträchtliche Fortschritte erzielt worden, so dass in den Bereichen, in denen für das Funktionieren der SCE keine einheitlichen Gemeinschaftsvorschriften notwendig sind, sinngemäß auf bestimmte Vorschriften verwiesen werden kann, die der Sitzmitgliedstaat der SCE in Durchführung der nachstehend aufgeführten Richtlinien über Handelsgesellschaften erlassen hat, da diese als Regelung für die SCE geeignet sind. Dies sind insbesondere
- Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten • [Fußnote: ABl. L 65 vom 14.3.1968, S. 8. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994.] ,
- Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen • [Fußnote: ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/65/EG (ABl. L 283 vom 27.10.2001, S. 28).] ,
- Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 über den konsolidierten Abschluss • [Fußnote: ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/65/EG.] ,
- Achte Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen • [Fußnote: ABl. L 126 vom 12.5.1984, S. 20.] ,
- Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen gegründet werden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen • [Fußnote: ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 36.] .
(19) Aktivitäten im Bereich der Finanzdienstleistungen, speziell solche von Kreditinstituten und Versicherungsgesellschaften, wurden durch folgende Richtlinien geregelt:
- Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten • [Fußnote: ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/65/EG.] ,
- Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) • [Fußnote: ABl. L 228 vom 11.8.1992, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2002/13/EG (ABl. L 77 vom 20.3.2002, S. 17).] ,
(20) Die Inanspruchnahme dieses Statuts ist wahlfrei –
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: