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Dokument-ID: 356466

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

1.3.1.3.2.2 Gewinnfreibetrag und Investitionsfreibetrag

122
§ 10 Abs. 5 EStG 1988 sieht eine vierjährige Behaltefrist für jene Wirtschaftsgüter vor, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde (siehe EStR 2000 Rz 3839 ff). Im Falle der Übertragung eines Betriebes im Rahmen einer Umgründung muss aufgrund von § 10 Abs. 6 EStG 1988 der Rechtsnachfolger den gewinnerhöhenden Ansatz vornehmen, wenn im Zeitpunkt der Umgründung die Behaltefrist noch nicht abgelaufen ist und in der Sphäre des Rechtsnachfolgers ein die Nachversteuerung auslösendes Ereignis eintritt; die Behaltefrist für Zwecke der Nachversteuerung ist tagesweise zu ermitteln (vgl. EStR 2000 Rz 3715 f). Dabei ist nicht zwischen Umgründungen unter Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge zu unterscheiden.

Wird daher von einer natürlichen Person für einen Betrieb ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag gemäß § 10 EStG 1988 geltend gemacht und wird in der Folge dieser Betrieb gemäß Art. III UmgrStG eingebracht, geht die Nachversteuerungsverpflichtung gemäß § 10 Abs. 5 EStG 1988 auf die übernehmende Körperschaft über (§ 10 Abs. 6 EStG 1988). Auch Folgeumgründungen der übernehmenden Körperschaft vor Ablauf der Behaltefrist (zB Verschmelzung nach Art. I UmgrStG) führen zu einem weiteren Übergang der Nachversteuerungsverpflichtung auf den Rechtsnachfolger.

123
§ 11 EStG 1988 idF ÖkoStRefG 2022, BGBl. I Nr. 10/2022, sieht für Anschaffungen und Herstellungen nach dem 31.12.2022 einen Investitionsfreibetrag für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens in Höhe von 10 % bzw. 15 % vor, der zusätzlich zur Abschreibung des Wirtschaftsgutes als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. Im Hinblick auf Umgründungen ist dabei insbesondere Folgendes zu beachten:

  • Der Investitionsfreibetrag (10 % bzw. 15 %) kann höchstens von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von 1.000.000 Euro pro Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden. Kommt es durch eine Umgründung zu einem Rumpfwirtschaftsjahr bei der übertragenden Körperschaft, hat diese nach § 11 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 den Investitionshöchstbetrag von 1.000.000 Euro aliquot zu berücksichtigen, dh. für jeden angefangenen Monat des Rumpfwirtschaftsjahres zu einem Zwölftel. Die übernehmende Körperschaft kann für die von ihr vorgenommenen Anschaffungen bzw. Herstellungen des Wirtschaftsjahres, in das der Umgründungsstichtag fällt, den Investitionshöchstbetrag ihrerseits (zur Gänze bzw. aliquot bei Rumpfwirtschaftsjahren) berücksichtigen.

Beispiel 1:

Die A-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) hat am 1.4.X1 eine Maschine um 2.000.000 Euro angeschafft, für die der Investitionsfreibetrag gemäß § 11 EStG 1988 geltend gemacht wurde. Mit Beschluss vom 15.11.X1 wird die A-GmbH zum 30.6.X1 auf die B-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) nach Art. I UmgrStG verschmolzen. Die übernehmende B-GmbH hat ihrerseits Wirtschaftsgüter in Höhe von 3.000.000 Euro angeschafft und dafür den Investitionsfreibetrag geltend gemacht.

Da es durch die Verschmelzung zu einem Rumpfwirtschaftsjahr bei der übertragenden A-GmbH kommt, kann diese nach § 11 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 den Investitionshöchstbetrag von 1.000.000 Euro nur anteilig ausschöpfen, dh. in Höhe von 500.000 Euro (für jeden angefangenen Monat des Rumpfwirtschaftsjahres ein Zwölftel).

Die B-GmbH hat für die von ihr getätigten Investitionen den Investitionshöchstbetrag in Höhe von 1.000.000 Euro zu berücksichtigen, weshalb der Investitionsfreibetrag durch die B-GmbH im Ausmaß des Höchstbetrages von 1.000.000 Euro ausgeschöpft werden kann.

Für die von der übertragenden Körperschaft vor dem Umgründungsstichtag getätigten Anschaffungen bzw. Herstellungen kann die übernehmende Körperschaft den Investitionsfreibetrag nicht zusätzlich (anteilig) geltend machen.

Beispiel 2 Variante 1:

Die A-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) hat am 1.4.X1 eine Maschine um 2.000.000 Euro angeschafft, für die der Investitionsfreibetrag gemäß § 11 EStG 1988 geltend gemacht wurde. Mit Beschluss vom 15.11.X1 wird die A-GmbH zum 30.6.X1 auf die B-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) nach Art. I UmgrStG verschmolzen. Die übernehmende B-GmbH hat ihrerseits keine Wirtschaftsgüter für Zwecke des Investitionsfreibetrages angeschafft.

Da es durch die Verschmelzung zu einem Rumpfwirtschaftsjahr bei der übertragenden A-GmbH kommt, kann diese nach § 11 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 den Investitionshöchstbetrag von 1.000.000 Euro nur anteilig ausschöpfen, dh. in Höhe von 500.000 Euro (für jeden angefangenen Monat des Rumpfwirtschaftsjahres ein Zwölftel).

Die B-GmbH kann den von der A-GmbH nicht ausschöpfbaren Investitionshöchstbetrag nicht geltend machen. Da die B-GmbH selbst keine begünstigten Wirtschaftsgüter angeschafft hat, kann sie auch keinen eigenen Investitionshöchstbetrag in Anspruch nehmen.

Anschaffungen und Herstellungen, die von der übertragenden Körperschaft nach dem Umgründungsstichtag (im Rückwirkungszeitraum) getätigt werden, sind bereits der übernehmenden Körperschaft zuzurechnen, sodass die übernehmende Körperschaft im Hinblick auf diese Anschaffungen und Herstellungen der übertragenden Körperschaft den Investitionshöchstbetrag iHv 1.000.000 Euro für Zwecke des Investitionsfreibetrages ausschöpfen kann.

Beispiel 2 Variante 2:

Die A-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) hat am 1.8.X1 eine Maschine um 1.000.000 Euro angeschafft, für die der Investitionsfreibetrag gemäß § 11 EStG 1988 geltend gemacht wurde. Mit Beschluss vom 15.11.X1 wird die A-GmbH zum 30.6.X1 auf die B-GmbH (Bilanzstichtag 31.12.) nach Art. I UmgrStG verschmolzen. Die übernehmende B-GmbH hat ihrerseits keine Wirtschaftsgüter für Zwecke des Investitionsfreibetrages angeschafft.

Die im Rückwirkungszeitraum von der A-GmbH getätigte Anschaffung ist bereits der übernehmenden B-GmbH zuzurechnen, sodass die B-GmbH gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 den Investitionshöchstbetrag von 1.000.000 Euro geltend machen kann. Für weitere Anschaffungen oder Herstellungen (durch die A-GmbH oder B-GmbH) könnte der IFB nicht mehr geltend gemacht werden, weil der Investitionshöchstbetrag bereits zur Gänze für die Anschaffung der Maschine ausgeschöpft ist.

  • Der Investitionsfreibetrag kann betriebsbezogen in Anspruch genommen werden, wobei bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften von einem einheitlichen Betrieb auszugehen ist (siehe in diesem Zusammenhang auch Rz 923a und Rz 926e betreffend Maßnahmen nach § 16 Abs. 5 UmgrStG im Rückwirkungszeitraum).
  • § 11 Abs. 2 iVm Abs. 5 EStG 1988 sieht eine vierjährige Behaltefrist für jene Wirtschaftsgüter vor, für die ein Investitionsfreibetrag in Anspruch genommen wurde. Scheiden diese Wirtschaftsgüter vor Ablauf der Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen aus (insbesondere durch Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsgutes) oder werden diese Wirtschaftsgüter ins Ausland - ausgenommen im Falle der entgeltlichen Überlassung in einen Mitgliedstaat der EU oder in einen Staat des EWR - verbracht, ist der Investitionsfreibetrag im Jahr des Ausscheidens oder des Verbringens insoweit gewinnerhöhend anzusetzen (Nachversteuerung). Bei der Ermittlung der Mindestbehaltedauer von vier Jahren für Zwecke der Nachversteuerung ist wie beim Gewinnfreibetrag (siehe Rz 122) von einer taggenauen Betrachtung auszugehen. Im Falle der Übertragung eines Betriebes im Rahmen einer Umgründung muss der Rechtsnachfolger den gewinnerhöhenden Ansatz vornehmen, wenn bei diesem im Zeitpunkt der Umgründung die Behaltefrist noch nicht abgelaufen ist und in der Sphäre des Rechtsnachfolgers ein die Nachversteuerung auslösendes Ereignis eintritt. Dabei ist nicht zwischen Umgründungen unter Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge zu unterscheiden.

Beispiel 3:

Die A-GmbH schafft am 1.5.X1 ein Wirtschaftsgut an und macht dafür den Investitionsfreibetrag geltend. Die vierjährige Behaltefrist würde am 30.4.X5 ablaufen. Zum 31.12.X3 wird

  1. die A-GmbH auf die B-GmbH nach Art. I UmgrStG verschmolzen;
  2. der Betrieb der A-GmbH (einschließlich des IFB-begünstigten Wirtschaftsgutes) in die B-GmbH nach Art. III UmgrStG eingebracht.

Die übernehmende B-GmbH veräußert am 31.3.X4 das Wirtschaftsgut. Da die Nachversteuerungsverpflichtung gemäß § 11 Abs. 5 EStG 1988 auf die B-GmbH anlässlich der Umgründung übergegangen ist, hat die B-GmbH in beiden Varianten den Investitionsfreibetrag im Jahr X4 gewinnerhöhend anzusetzen.