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Dokument-ID: 356637

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

1.5.1. Allgemeines

256
Während die §§ 2 bis 4 UmgrStG im Wesentlichen die steuerrechtlichen Folgen für eine Verschmelzung nach Art I UmgrStG bei der übertragenden und übernehmenden Körperschaft regeln, befasst sich § 5 UmgrStG mit den steuerlichen Folgen für den Anteilsinhaber, insb der steuerlichen Behandlung des verschmelzungsbedingten Anteilstausches.

257
Nach allgemeinem Steuerrecht gilt dieser Anteilstausch als Tausch, der nach § 6 Z 14 EStG 1988 für jeden Tauschpartner eine Anschaffung und eine Veräußerung bewirkt (siehe EStR 2000 Rz 2588 ff) und im Betriebsvermögen sowie im Rahmen des § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu einer Besteuerung führt. § 5 Abs. 1 UmgrStG stellt den verschmelzungsbedingten Anteilstausch steuerneutral, sofern die Anwendungsvoraussetzungen des Art. I UmgrStG vorliegen (siehe Rz 264 ff). Die Steuerneutralität des Anteilstausches wird nicht beeinträchtigt, wenn die übertragende Körperschaft von der Aufwertungsoption des § 2 Abs. 2 UmgrStG Gebrauch macht.

258
Im Rahmen einer Verschmelzung erhalten die Gesellschafter für den Verlust der Anteile an der übertragenen Gesellschaft als Ausgleich idR entsprechende Gegenleistungen.

Diese Abfindungen können etwa sein:

  • neue Gesellschaftsanteile der übernehmenden Körperschaft aufgrund einer durchgeführten Kapitalerhöhung (siehe Rz 264 ff);
  • eigene Anteile der übernehmenden Gesellschaft (siehe Rz 282);
  • Anteile der übernehmenden Gesellschaft, die von den Altgesellschaftern der übernehmenden Gesellschaft überlassen werden (siehe Rz 286 ff);
  • durchgereichte Anteile an der übernehmenden Körperschaft im Zuge eines Downstream-Mergers (siehe Rz 280 f);
  • Zuzahlungen zum Spitzenausgleich (siehe Rz 266 ff);
  • entgeltlicher Verzicht durch Barabfindungen oder sonstige Vermögenswerte (zB Anteile an dritten Gesellschaften; siehe Rz 289).

Mit Ausnahme des letzten Falles liegt grundsätzlich infolge des § 5 UmgrStG Steuerneutralität vor.

259
§ 5 UmgrStG ist auch anzuwenden, wenn die Gesellschafter der übertragenen Gesellschaft aufgrund des vor der Verschmelzung vorliegenden Beteiligungsverhältnisses keine Abfindung erhalten, zB bei Konzernverschmelzungen in der Form eines Upstream-Mergers, eines Downstream-Mergers oder bei Schwesternverschmelzungen (siehe Rz 280 f und Rz 282), sowie beim (unentgeltlichen) Verzicht nach § 224 Abs 2 Z 2 AktG (siehe Rz 287 f).

260
§ 5 UmgrStG hat nur ertragsteuerliche Bedeutung und gilt nicht für den Bereich der Verkehrsteuern (siehe Rz 302 ff).

261
§ 5 UmgrStG sieht im Allgemeinen für den verschmelzungsbedingten Anteilstausch keine Rückwirkung vor. Es ist daher der Zeitpunkt des Anteilstausches bzw des tatsächlichen Erwerbes der Abfindungsanteile maßgebend. Dies ist der Eintragungszeitpunkt der Verschmelzung im Firmenbuch (§ 225a Abs 3 Z 3 AktG).

262
Anteile an der übernehmenden Körperschaft gelten gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Satz 2 UmgrStG mit Beginn des dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tages als erworben. Dieser rückwirkend fingierte Anteilserwerb ist nach § 9 Abs. 5 dritter Satz KStG 1988 für die finanzielle Verbindung im Rahmen der Gruppenbesteuerung relevant (siehe Rz 349b), sofern die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft auch tatsächlich spätestens am Folgetag des Verschmelzungsstichtages angeschafft wurde.

Beispiel:

Die X-GmbH ist Gruppenträger einer Unternehmensgruppe. Seit Mitte 01 hält die X-GmbH einen 30-prozentigen Anteil an der A-GmbH und einen 40-prozentigen an der B-GmbH (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr). Zum 31.12.01 wird die A-GmbH auf die B-GmbH aufgrund des Verschmelzungsbeschlusses vom 28.9.02 rückwirkend verschmolzen. Verschmelzungsbedingt erhält der Gruppenträger von den übrigen Anteilsinhabern weitere 15 %, sodass er ab 1.1.02 mit 55 % an der B-GmbH beteiligt ist.

Die Aufnahme der B-GmbH in die Unternehmensgruppe ist ab der Veranlagung 02 möglich, weil die X-GmbH sowohl an der übertragenden als auch der übernehmenden Körperschaft durchgehend im Jahr 02 beteiligt war.

Sollte die X-GmbH die Beteiligung an der A-GmbH hingegen erst im Rückwirkungszeitraum angeschafft haben, kann die B-GmbH erst im Jahr 03 in die Gruppe aufgenommen werden.