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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
3.4.2.1c. Einschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich der Gegenleistung und teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechtes
860d
Ist beim Einbringenden das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Gegenleistung eingeschränkt, kommt § 16 Abs. 2 UmgrStG zur Anwendung. Dies betrifft vor allem Einbringende, die im Ausland ansässig sind. Dabei ist ganz allgemein zu differenzieren:
- Ist der Einbringende in einem Mitgliedstaat der EU oder einem EWR-Staat ansässig, gelten nach § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG dieselben Grundsätze wie für im Inland ansässige Einbringende; kraft Verweises in § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG ist § 16 Abs. 1 UmgrStG anzuwenden. Dies gilt auch bei der Einbringung von inländischem Vermögen (ausgenommen Kapitalanteile) durch natürliche Personen, wenn lediglich das Besteuerungsrecht an der Gegenleistung und nicht am Vermögen selbst eingeschränkt wird (teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechts). Somit kommt im Falle der (teilweisen) Einschränkung des Besteuerungsrechts gegenüber EU/EWR-Staaten das Ratenzahlungskonzept (bis 31.12.2015: Nichtfestsetzungskonzept; siehe zur teilweisen Einschränkung aber Rz 860gc) zur Anwendung.
Im Falle der teilweisen Einschränkung des Besteuerungsrechtes bezieht sich die Ratenzahlung auf die Steuerschuld, die sich unter Anwendung des besonderen Steuersatzes gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 von 27,5 % auf den unter Ansatz des Fremdvergleichswertes ermittelten Gewinnes ergibt (§ 16 Abs. 1 vierter Satz UmgrStG idF AbgÄG 2015). Diese aufgedeckten stillen Reserven stellen betriebliche Einkünfte dar, weil sie bereits vor Einbringung im eingebrachten Vermögen entstanden sind. Der Antrag auf Ratenzahlung für diese betrieblichen Einkünfte ist in der Einkommensteuererklärung jenes Veranlagungszeitraumes zu stellen, in den der Einbringungsstichtag fällt. Dies gilt unabhängig davon, ob die übernehmende Körperschaft (wie in Beispiel 1) eine ausländische oder eine inländische Körperschaft ist, weil § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG auf § 16 Abs. 1 UmgrStG verweist und § 16 Abs. 1 UmgrStG sowohl inländische als auch ausländische Körperschaften umfasst.
Beispiel 1:
Eine in Deutschland ansässige natürliche Person A ist Kommanditist der operativen österreichischen X-KG; der KG-Anteil enthält eine beträchtliche stille Reserve in Höhe von 100.000. A bringt seinen Anteil an der X-KG nach Art. III UmgrStG zum 31.12.01 in eine deutsche GmbH ein. Einbringungsbedingt wird das zunächst „volle“ Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der stillen Reserven (bis zu 50 % Einkommensteuer) auf die Gesellschaftsebene (25 % Körperschaftsteuer; ab 1.1.2023 24 % bzw. ab 1.1.2024 23 % Körperschaftsteuer) eingeschränkt, weil Österreich die zweite Besteuerungsebene (Gesellschafterebene) nicht mehr mit 27,5 % besteuern kann. Gemäß § 16 Abs. 1 UmgrStG idF AbgÄG 2015 kommt es aufgrund der teilweisen Einschränkung des Besteuerungsrechtes zu einem Ansatz des Fremdvergleichswertes; auf den dabei entstehenden Gewinn ist der besondere Steuersatz in Höhe von 27,5 % anzuwenden. A kann gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG einen Antrag auf Ratenzahlung im Rahmen der Einkommensteuererklärung 01 stellen.
Die übernehmende Körperschaft führt das eingebrachte Vermögen (zB KG-Anteil) im Falle der teilweisen Einschränkung des Besteuerungsrechtes trotz Ansatzes der Gegenleistungsanteile mit dem Fremdvergleichswert zu Buchwerten fort (§ 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG). Aus Sicht der übernehmenden Körperschaft liegt daher trotz „Aufwertung“ der Gegenleistung eine Einbringung zu Buchwerten vor. Zu den Umständen einer vorzeitigen Fälligstellung noch offener Raten siehe Rz 860g.
Zu einer (teilweisen) Einschränkung des Besteuerungsrechts kommt es in der Regel dann nicht, wenn der ausländische Einbringende eine Körperschaft ist (das Besteuerungsniveau ändert sich nicht). Zum einbringungsbedingten Wechsel vom „KESt-Regime“ ins „KöSt-Regime“ siehe Rz 860e.
Beispiel 2:
Eine deutsche GmbH ist Kommanditist einer operativen österreichischen KG; der KG-Anteil enthält eine beträchtliche stille Reserve. Die GmbH bringt ihren KG-Anteil nach Art. III UmgrStG in eine deutsche GmbH ein. Einbringungsbedingt wird das Besteuerungsrecht Österreichs nicht eingeschränkt, weil die stillen Reserven vor der Einbringung wie nach der Einbringung mit 25 % Körperschaftsteuer (ab 1.1.2023 24 % bzw. ab 1.1.2024 23 %) steuerverfangen sind. Solche Einbringungen können aber unter Missbrauchsverdacht stehen.
- Ist der Einbringende außerhalb der EU oder des EWR (= Drittstaat) ansässig, führt – außerhalb des Anteilstauschregimes gemäß § 16 Abs. 1a oder § 17 Abs. 1a UmgrStG bei Kapitalanteilseinbringungen – jede Einschränkung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich hinsichtlich der Gegenleistung insoweit zur sofortigen Besteuerung; das Ratenzahlungskonzept (bis 31.12.2015: Nichtfestsetzungskonzept) kommt diesfalls nicht zur Anwendung. Daraus folgt, dass auch jede Beschränkung des Besteuerungsrechts an den Gegenleistungsanteilen zu einer Sofortbesteuerung des eingebrachten Vermögens führt (§ 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG; siehe dazu unten Rz 862).
860e
Der einbringungsbedingte Wechsel vom „KESt-Regime“ ins „KöSt-Regime“ (Besteuerung mit 25 %) stellt keine teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechts iSd § 16 Abs. 2 Z 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG dar, zumal die Einbringung eines Kapitalanteils schon dem Grunde nach nicht unter den von der teilweisen Einschränkung des Besteuerungsrechtes betroffenen Vermögensbegriff iSd § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG fällt.
860f
Wird anlässlich einer Vorumgründung (Umwandlung iSd Art. II UmgrStG) das Besteuerungsrecht der Republik Österreich zunächst der Höhe nach erweitert, durch eine darauffolgende Einbringung sodann aber wieder eingeschränkt, bestehen keine Bedenken, von keiner einbringungsbedingten Einschränkung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich gemäß § 16 UmgrStG auszugehen, wenn das Besteuerungsrecht nach der Einbringung wirtschaftlich betrachtet dem Besteuerungsrecht vor der Vorumgründung entspricht.
Beispiel:
Die in Deutschland ansässigen natürlichen Personen A und B sind zu je 50 % an der inländischen AB-GmbH beteiligt. Die AB-GmbH soll mit Stichtag 31.12.15 errichtend in eine GmbH & Co KG (unter Beitritt einer neu gegründeten in Deutschland ansässigen GmbH als Arbeitsgesellschafterin) umgewandelt werden. Umwandlungsbedingt entsteht das Besteuerungsrecht Österreichs (vorher: 25 % KöSt; ab 1.1.2023 24 % bzw. ab 1.1.2024 23 % KöSt, nachher 50 % beschränkte ESt); gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 UmgrStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und gemeinem Wert der Kapitalanteile am Umwandlungsstichtag in Evidenz zu nehmen und bei späterer Realisierung bei den natürlichen Personen mit 25 % für vor dem 1.1.2023 gelegene Umgründungsstichtage (24 % für zwischen dem 31.12.2022 und dem 1.1.2024 gelegene Umgründungsstichtage bzw. 23 % für nach dem 31.12.2023 gelegene Umgründungsstichtage) festzusetzen. Die GmbH & Co KG führt das Vermögen zu Buchwerten fort.
Mit 1.1.16 bringen A und B ihre Mitunternehmeranteile sodann in eine deutsche GmbH ein, wodurch das Besteuerungsrecht der Höhe nach wieder eingeschränkt wird (von 50 % beschränkte ESt auf 25 % beschränkte KöSt (ab 1.1.2023 24 % bzw. ab 1.1.2024 23 % beschränkte KöSt). In wirtschaftlicher Betrachtungsweise entspricht dies jedoch dem Besteuerungsrecht Österreichs vor der Umwandlung (25 % KöSt), weshalb keine Bedenken bestehen, nicht von einer Einschränkung des Besteuerungsrechtes gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG auszugehen, wenn sichergestellt ist, dass im Falle einer späteren Veräußerung durch die übernehmende deutsche GmbH der volle Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und gemeinem Wert zum Umwandlungsstichtag mit 25 % KöSt (ab 1.1.2023 24 % bzw. ab 1.1.2024 23 % KöSt) besteuert wird.