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Dokument-ID: 647105

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

3.4.2.6.1.1. Funktion

873
Grundsätzlich sind bei rückwirkenden Einbringungen Vermögensveränderungen in der Zeit zwischen dem dem Einbringungsstichtag folgenden Tag und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages nicht mehr dem Einbringenden, sondern bereits der übernehmenden Körperschaft zuzurechnen. Dies gilt nicht,

  • soweit Korrekturen im Sinne des § 16 Abs. 5 UmgrStG vorgenommen werden (Rz 874 ff)
  • soweit einzelne im Einbringungsvertrag ausdrücklich bestimmte Geschäftsvorfälle zurückbehalten werden (Rz 889).

Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 1 UmgrStG, womit der Einbringungsstichtag als steuerlicher Vermögensübergangsstichtag festgelegt wird.

874
§ 16 Abs. 5 UmgrStG eröffnet dem Einbringenden verschiedene Möglichkeiten, das einzubringende Vermögen in seinem zum Einbringungsstichtag bestehenden Umfang und Wert zu verändern. Die Besonderheit der Vorschrift des § 16 Abs. 5 UmgrStG liegt in der Schaffung eines Instrumentariums, mit dessen Hilfe im Regelfall der rückwirkenden Einbringung sowohl Erhöhungen als auch Verminderungen des Umfanges des einzubringenden Vermögens zu dem in der Vergangenheit liegenden Einbringungsstichtag mit steuerlicher Wirkung (entgegen dem sonst geltenden steuerlichen Rückwirkungsverbot) durchgeführt werden können.

875
Der Katalog des § 16 Abs. 5 UmgrStG umfasst folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Rückbeziehung von im Rückwirkungszeitraum tatsächlich getätigten Bar- und Sacheinlagen und Bar- und Sachentnahmen (§ 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG)
  • Rückbeziehung von nicht getätigten, dh. vorbehaltenen Entnahmen durch Einstellen einer (über getätigte Entnahmen hinausgehenden) Passivpost (§ 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG)
  • Rückbeziehung des Zurückbehaltens von Anlagevermögen als Entnahmetatbestand und Verbindlichkeiten als Einlagetatbestand (§ 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG)
  • Rückbeziehung des Zurückbehaltens von Wirtschaftsgütern im verbleibenden Betrieb des Einbringenden oder der Zuführung aus demselben (Verschiebetechnik; § 16 Abs. 5 Z 4 UmgrStG)
  • Rückbeziehung von Gewinnausschüttungen, Gesellschaftereinlagen und Einlagenrückzahlungen auf das einzubringende Vermögen der Körperschaft (§ 16 Abs. 5 Z 5 UmgrStG).

876
Durch diese Korrekturen werden der Buch- wie auch der Verkehrswert des übertragenen Vermögens verändert. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bestehen keine Bedenken, bei einer auf die Feststellung des Verkehrswertes folgenden Korrektur dieser durch lineare Absenkung oder Erhöhung von Buch- und Verkehrswert Rechnung zu tragen.

877
Die rückwirkenden Korrekturen im Sinne des § 16 Abs. 5 UmgrStG sind auf jene Tatbestände beschränkt, die in Z 1 bis 5 der genannten Vorschrift aufgezählt sind. Maßnahmen des Einbringenden außerhalb dieses Kataloges können daher nicht auf den Einbringungsstichtag rückbezogen werden, sondern sind – sofern sie nach dem Einbringungsstichtag stattfinden – ertragsteuerlich als Geschäftsfälle zwischen dem Einbringenden und der übernehmenden Körperschaft zu behandeln. Zu den außerhalb der rückbezogenen Korrekturen möglichen Dispositionen siehe Rz 889.

878
Das Instrumentarium des § 16 Abs. 5 UmgrStG kann insb. zu folgenden Zwecken eingesetzt werden:

  • Herstellung des am Einbringungsstichtag nicht vorliegenden positiven Verkehrswertes des einzubringenden Vermögens
  • Veränderung der Kapitalstruktur des einzubringenden Vermögens zur Anpassung an vorgegebene Beteiligungsverhältnisse in der übernehmenden Körperschaft
  • Trennung von Besitz und Betrieb durch das Zurückbehalten von Anlagevermögen
  • Minderung/Erhöhung des Wertes des einzubringenden Vermögens zur Erreichung einer niedrigeren/höheren Beteiligungsquote des Einbringenden.

879
Die Maßnahmen im Sinne des § 16 Abs. 5 UmgrStG sind insoweit beschränkt, als die Voraussetzungen des § 12 UmgrStG gewahrt bleiben müssen. Sie dürfen daher weder zum Verlust der Betriebs- oder Teilbetriebseigenschaft noch zu einem negativen Verkehrswert des einzubringenden Vermögens führen.

880
In sachlicher Hinsicht beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 5 UmgrStG auf Korrekturen bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen. Bei der Einbringung von Mitunternehmeranteilen bezieht sich das Instrumentarium des § 16 Abs. 5 UmgrStG neben dem Gesellschaftsanteil auch auf variable Kapitalkonten (siehe Rz 719) und das Sonderbetriebsvermögen. Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens können daher insb. nach Maßgabe der § 16 Abs. 5 Z 1, 3 oder 4 UmgrStG zurückbehalten werden.

881
Bei Einbringung von Kapitalanteilen steht das Instrumentarium des § 16 Abs. 5 UmgrStG nicht zur Verfügung, sodass etwa eine im Rückwirkungszeitraum an den Einbringenden erfolgte Ausschüttung steuerlich bereits der übernehmenden Körperschaft zuzurechnen ist. Ein Zurückbehalten dieses Anspruchs durch einen im Einbringungsvertrag verankerten Vorbehalt der Ausschüttung zugunsten des Einbringenden stellt jedoch im Hinblick auf die wirtschaftliche Vergleichbarkeit mit einer rückwirkenden Entnahme keinen Verstoß gegen die Anwendungsvoraussetzungen des Art. III UmgrStG dar. Die im Rückwirkungszeitraum erfolgte Ausschüttung ist aber steuerlich dennoch in einem ersten Schritt der übernehmenden Körperschaft (als steuerfreier Beteiligungsertrag gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988) zuzurechnen. In einem zweiten Schritt ist dann eine als Einkommensverwendung zu qualifizierende Auszahlung an den Einbringenden anzunehmen, die sohin nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Die Innenfinanzierung der übernehmenden Körperschaft bleibt von diesen Vorgängen unberührt. Diese Auszahlung ist bei einbringenden Körperschaften wiederum als steuerfreier Beteiligungsertrag zu behandeln und fällt bei einbringenden natürlichen Personen unter die Endbesteuerung gemäß § 97 EStG 1988. Bei einbringenden Körperschaften führt die Ausschüttung zu einer Erhöhung der Innenfinanzierung.