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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
3.5.1.3b. Kapitalertragsteuerpflicht für Passivposten gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG
972b
Der bis zum AbgÄG 2005 mit der vorbehaltenen („unbaren“) Entnahme verbundene Effekt des (langfristigen) Hinausschiebens der Besteuerung ausschüttungsfähiger Bilanzgewinne ist im AbgÄG 2005 durch die Einführung einer Ausschüttungsfiktion neutralisiert worden. Um aber eine Doppelbesteuerung von stillen Reserven im Fall der späteren Anteilsveräußerung zu vermeiden, sieht § 20 Abs. 2 UmgrStG mit der KESt-Abfuhr eine steuerwirksame Erhöhung der Anschaffungskosten oder Buchwerte vor (siehe dazu Rz 1105a).
972c
Rückbezogene tatsächliche Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG und vorbehaltene Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG unterliegen nach § 18 Abs. 2 UmgrStG nur insoweit der Ausschüttungsfiktion, als sie zu einem Absinken des Buchwertes des einzubringenden Vermögens unter den Nullstand führen oder bei Vorliegen eines bereits negativen Buchwertes diesen erhöhen. Die Einschränkung der Ausschüttungsfiktion auf den negativen Buchwert ist keine Sanktion für die Verschlechterung des Buchwertes, sondern dient der Vermeidung der Besteuerung von Eigenkapital, das auch steuerneutral rückgezahlt werden könnte; besteuert wird die Entnahme stiller Reserven (eines „negativen Buchwerts“); siehe VwGH 25.1.2017, Ra 2016/13/0056. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Ausschüttungsfiktion sind alle rückwirkenden Korrekturen im Sinne des § 16 Abs. 5 UmgrStG zu berücksichtigen. Ergibt sich dabei eine negativer Buchwert, sind rückbezogene tatsächliche und vorbehaltene Entnahmen (iSd § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG) insoweit von der Ausschüttungsfiktion betroffen. Der Ausschüttungsfiktion können daher ausschließlich Entnahmen nach § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG unterliegen; andere rückwirkende Vermögensänderungen sind zwar für die Anwendung der Ausschüttungsfiktion zu berücksichtigen, unterliegen selbst aber nicht der Ausschüttungsfiktion. Wird vom Aufwertungswahlrecht des § 16 Abs. 6 UmgrStG Gebrauch gemacht, führt die daraus resultierende Erhöhung des Einbringungskapitals auch zu einer Erhöhung der Basis für die nicht unter die Ausschüttungsfiktion fallenden Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 und 2 UmgrStG. Dies gilt auch für die Aufwertungswahlrechte gemäß § 16 Abs. 3 UmgrStG und § 16 Abs. 4 Z 2 UmgrStG.
Beispiel:
A bringt seinen Betrieb zum 31.12.00 in die A-GmbH ein.
Buchwert zum Einbringungsstichtag vor Korrekturen | +400 |
Rückwirkende Korrekturen: |
|
Barentnahmen iSd § 16 Abs. 5 Z 1 iHv | –150 |
Vorbehaltene Entnahme iSd § 16 Abs. 5 Z 2 iHv | –150 |
Zurückbehalten der Betriebsliegenschaft iSd |
|
§ 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG iHd Buchwertes | –700 |
Anschaffungsverbindlichkeit der Betriebsliegenschaft |
|
iHd Buchwertes iSd § 16 Abs. 5 Z 3 | +200 |
Buchwert nach Korrekturen = Einbringungskapital | –400 |
Die Passivposten gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 betragen in Summe 300, sie fallen daher zur Gänze unter die Ausschüttungsfiktion.
Bei tatsächlichen Entnahmen nach Z 1 (im Beispiel iHv 150), die den Einbringenden bereits zur Gänze zugeflossen sind, ergibt sich ein Rückforderungsanspruch der übernehmenden Körperschaft in Höhe der abzuführenden KESt. Wird auf die Rückforderung der KESt verzichtet, stellt dies eine verdeckte Ausschüttung dar, sodass vom ausbezahlten Betrag im Ergebnis 37,93 % (bis 2015: 33,33 %, siehe EStR 2000 Rz 6223) KESt zu entrichten ist.
972d
Die KESt-Schuld entsteht mit der Anmeldung oder Meldung der Einbringung. Binnen einer Woche hat daher eine KESt-Anmeldung mittels Formular Ka 1 (Punkt II 2.a und 2.b) beim Finanzamt der übernehmenden Körperschaft zu erfolgen. Die Abfuhr der KESt hat für tatsächliche Entnahmen spätestens eine Woche nach der (An)Meldung der Einbringung und hinsichtlich der vorbehaltenen Entnahme binnen einer Woche nach Tilgung bzw. nach Beschluss auf Liquidation oder Umgründung mit Erlöschen der Körperschaft (Verschmelzung, Umwandlung und Aufspaltung) zu erfolgen. Weiters löst hinsichtlich vorbehaltener Entnahmen auch die Zuwendung der Beteiligung, die der Einbringende (als Gegenleistung) an der übernehmenden Körperschaft hält, an eine Privatstiftung die Verpflichtung zur Abfuhr der Kapitalertragsteuer aus.
Erfolgt die Anmeldung oder Meldung der Einbringung spätestens zum 31.12.2015, kommt auf die Ausschüttungsfiktion unabhängig von einer späteren Abfuhr der KESt der 25-prozentige Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 idF vor StRefG 2015/2016 zur Anwendung.
972e
Sind die tatsächlichen oder/und vorbehaltenen Entnahmen teilweise im positiven Buchwert gedeckt, gelten zunächst die im positiven Buchwert Deckung findenden und damit KESt-freien Entnahmen als vorgenommen.
Beispiel:
Ergibt sich nach Berücksichtigung sämtlicher rückwirkender Korrekturen iSd § 16 Abs. 5 UmgrStG ein negativer Buchwert von -100 und wurde eine vorbehaltene Entnahme iHv 300 getätigt, unterliegt die Tilgung die „ersten“ 200 der vorbehaltenen Entnahme nicht der Ausschüttungsfiktion. Wäre hingegen der Buchwert schon vor den rückwirkenden Korrekturen negativ gewesen, würde die gesamte vorbehaltene Entnahme iHv 300 der Ausschüttungsfiktion unterliegen.
Wurde im Beispiel mit dem negativen Buchwert iHv –100 nach sämtlichen Korrekturen neben der vorbehaltenen Entnahmen eine rückbezogene tatsächliche Entnahme iHv 200 getätigt, ist ausschließlich die vorbehaltene Entnahme im Ausmaß von 100 von der Ausschüttungsfiktion erfasst, weil die rückbezogenen tatsächlichen Entnahmen zeitlich vorgehen und im positiven Buchwert volle Deckung finden.
972f
Die einbringungsveranlasst entstandene Ausschüttungsfiktion bleibt unabhängig von einem späteren Gesellschafter- oder Gläubigerwechsel wirksam. Auch wenn der Einbringende seine Beteiligung an eine Körperschaft veräußert oder in eine Körperschaft einbringt und die Forderung an diese abtritt, bleibt die KESt-Abfuhrverpflichtung bestehen, § 10 Abs. 1 KStG 1988 bzw. § 94 Z 2 EStG 1988 sind diesfalls unbeachtlich.
972g
Für Einbringungen mit einem Stichtag nach dem 31.12.2006:
Sollte die Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft vor der Fälligkeit der KESt (also vor Tilgung der vorbehaltenen Entnahme) entgeltlich veräußert werden, löst die spätere Tilgung der vorbehaltenen Entnahme keine KESt-Abfuhrverpflichtung aus. In diesem Fall werden auch nicht die Anschaffungskosten bzw. Buchwerte der Beteiligung erhöht.
972h
Für Einbringungen mit einem Stichtag nach dem 31.12.2006:
Sollte die Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft vor der Fälligkeit der KESt (also vor Tilgung der vorbehaltenen Entnahme) unentgeltlich übertragen werden, geht die steuerhängige Reserve auf den Rechtsnachfolger über. Bleibt der unentgeltlich Übertragende weiterhin Gläubiger, fallen Veräußerungs- und KESt-Tatbestand auseinander. Wird die vorbehaltene Entnahme sodann getilgt, führt dies beim Rechtsnachfolger zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten bzw. Buchwerte. Sollte der Rechtsnachfolger die Beteiligung vor Tilgung veräußern, kommt es zu einem Entfall der KESt-Pflicht. In diesem Fall werden die Anschaffungskosten bzw. Buchwerte beim Rechtsnachfolger nicht nachträglich korrigiert.
972i
Die unter die KESt-Pflicht fallenden rückbezogenen Entnahmen werden als Ausschüttungen fingiert und stellen daher auch Beteiligungserträge iSd § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 dar. Alternativ zur KESt steht daher auch die Regelbesteuerungsoption gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 in jenem Veranlagungszeitraum zu, in dem die KESt-Abfuhrverpflichtung nach § 18 Abs. 2 Z 1 UmgrStG entsteht.
972j
Die vorbehaltene Entnahme führt zu einer Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem zum Gesellschafter gewordenen Einbringenden. Verzichtet der Gesellschafter nach der Einbringung auf diese Forderung, ist dies zunächst als Einlage des Gesellschafters zu werten. Sie stellt einen tauschartigen unter § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 fallenden Vorgang dar, der zur Aktivierung der eingelegten Forderung auf die Anschaffungskosten der Beteiligung führt, bei der übernehmenden Körperschaft nach allgemeiner Auffassung zu einem Eingang der Forderung in Verbindung mit dem nachfolgenden gemäß § 8 Abs. 1 KStG steuerfreien Wegfall infolge des Zusammentreffens von Forderung und Verbindlichkeit führt. Beim Gesellschafter führt der Verzicht zunächst zu einer Einnahme, die den Wert der Beteiligung erhöht. Diese Einnahme für sich ist im Privatvermögen steuerneutral, sie bewirkt bei der Körperschaft im Sinne einer „Doppelmaßnahme“ zunächst eine Tilgung der aus der vorbehaltenen Entnahme entstandenen Verbindlichkeit mit anschließender Einlage. Der Verzicht ist in eine Tilgung und eine Einlage aufzulösen. Beide Vorgänge erhöhen jeweils die Anschaffungskosten oder Buchwerte der Beteiligung, die Tilgung nach § 20 Abs. 2 UmgrStG und die Einlage nach § 6 Z 14 lit. b EStG:
Beispiel:
Der einzubringende Betrieb hat zum Einbringungsstichtag einen negativen Buchwert von -100 und einen positiven Verkehrswert von 900. Bei einer vorbehaltenen Entnahme iHv 450 und ursprünglichen Anschaffungskosten für die übernehmende GmbH iHv 35 ergeben sich negative Anschaffungskosten iHv –515 (35 – 100 – 450). Verzichtet der Gesellschafter in weiterer Folge auf die vorbehaltene Entnahme, löst der Verzicht als Tilgung zunächst einerseits KESt-Pflicht aus, führt andererseits zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten auf –65 (–515 + 450). Da der Verzicht als „Doppelmaßnahme“ einzustufen ist, erhöht der Verzicht als Einlage sodann noch einmal die Anschaffungskosten auf 385 (–65 + 450). Diese Erhöhung der Anschaffungskosten sowohl bei Tilgung als auch bei Einlage vermeidet eine „Doppelbesteuerung“.
972k
Die Zession (Forderungsabtretung) der aus der vorbehaltenen Entnahme resultierenden Forderung des Einbringenden löst für sich selbst keine KESt-Abfuhrverpflichtung aus, sondern erst die nachfolgende Tilgung.
Eine andere Situation ergibt sich im Fall der Umfinanzierung der aus der vorbehaltenen Entnahme entstandenen Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft. Nimmt die Körperschaft zwecks Auszahlung der Verbindlichkeit einen Bankkredit auf, liegt mit der Auszahlung der Kreditvaluta an den Einbringenden eine KESt-pflichtige Tilgung vor.