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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
4.1.7.1. Allgemeines
1303
Unabhängig von steuerlichen Erfordernissen ist bei jedem Zusammenschluss eine zivil- bzw unternehmensrechtliche Einigung über die geplanten Beteiligungsverhältnisse erforderlich. Ebenso wie in allen anderen gesellschaftsrechtlichen Kooperationen prägt dem Grunde nach der Wert des zusammengefassten Vermögens und damit das Umtauschverhältnis die Beteiligungen.
1304
Neben der auch steuerlich relevanten Frage der Beteiligungsverhältnisse ist bei Zusammenschlüssen die Frage der Steuerlastverhältnisse vor und nach dem Zusammenschluss von Bedeutung. § 24 Abs 2 UmgrStG macht die Fortführung der Buchwerte des zusammengeschlossenen Vermögens in der übernehmenden Personengesellschaft von einer Vorsorge dahingehend abhängig, dass es durch den Zusammenschluss zu keiner endgültigen Verschiebung von persönlichen Steuerlasten (betreffend Einkommen- oder Körperschaftsteuer, nicht Gebühren und Verkehrsteuern) auf Partner kommt. Eine endgültige Verschiebung von Steuerlasten liegt vor, wenn die im Zusammenschlussvermögen vorhandenen Gesamtreserven ganz oder teilweise auf den (die) anderen Zusammenschlusspartner übergehen und auch von diesem (diesen) versteuert werden muss (müssen). Unmaßgeblich ist dabei der auf den Steuerpflichtigen anzuwendende Steuertarif. Da grundsätzlich jeder Steuerpflichtige die von ihm selbst erwirtschafteten Gesamtreserven auch selbst versteuern muss, ist eine solche Steuerlastverschiebung durch geeignete Vorsorgemaßnahmen zu vermeiden. Da die Vorsorge „für die weitere Gewinnermittlung“ erfolgen muss, ist eine Methode erforderlich, die nicht als entgeltlich zu werten ist. Dies kann zB im Wege der Speicherung der Gesamtreserven oder im Wege eines gewinnabhängigen Ausgleichs erfolgen.
Die Vorsorge gegen eine Verschiebung von Steuerlasten kann sich nur auf steuerhängige stille Reserven einschließlich eines allfälligen Firmenwertes beziehen. Daher sind etwa stille Reserven des zum Anlagevermögen gehörenden Grund und Bodens, die bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1988 bzw § 4 Abs 3 EStG 1988 außer Ansatz bleiben, nicht Gegenstand einer Vorsorge.
Zusammenschlüsse mit einem Stichtag bis 31.3.2012:
Stille Reserven des zum Anlagevermögen gehörenden Grund und Bodens blieben vor dem 1. StabG 2012 bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 bzw. § 4 Abs. 3 EStG 1988 außer Ansatz, und waren daher nicht Gegenstand einer Vorsorge. Zur späteren Realisierung der stillen Reserven siehe Rz 1314b.
Zusammenschlüsse mit einem Stichtag ab 1.4.2012:
Da die stillen Reserven von Grundstücken (Grund und Boden, Gebäude und grundstücksgleiche Rechte) ab dem 1.4.2012 unabhängig von der Gewinnermittlungsart immer steuerhängig sind, hat die gewählte Vorsorgemaßnahme auch diese stillen Reserven zu umfassen (siehe weiters Rz 1314, Rz 1320 und Rz 1457a).
1305
Wird gegen eine endgültige Steuerlastverschiebung nicht vorgesorgt, bleibt Art IV UmgrStG trotzdem anwendbar. Es sind dann für die übertragenen Wirtschaftsgüter einschließlich Sonderbetriebsvermögen die Teilwerte anzusetzen. Dies bedeutet eine vollständige Gewinnrealisierung innerhalb des Anwendungsbereiches des Art IV UmgrStG. Die anderen Bestimmungen des Art IV UmgrStG (Rückwirkung, Gebühren und Verkehrsteuern) bleiben anwendbar (siehe Rz 1427 ff). Ergibt sich aus dem Zusammenschlussvertrag eindeutig, dass wegen der vorliegenden Verkehrs- bzw Buchwerte eine Vorsorge nicht erforderlich erscheint, ist bei nachträglicher Berichtigung dieser Werte eine Korrektur insofern vorzunehmen, als eine richtige Vorsorge getroffen wird. Zur Frage der Folgen einer sich nachträglich aufgrund abgabenbehördlicher Feststellungen als unrichtig herausstellenden Vorsorge siehe Rz 1503 ff.
1306
Gesamthaft betrachtet müssen im konkreten Fall Maßnahmen in der zivil- oder unternehmensrechtlichen Zusammenschlussvereinbarung definiert werden, die die Fortführung der Buchwerte garantieren, der Maßgeblichkeit des Mitunternehmeranteilsbegriffes Rechnung tragen und die Verschiebung der persönlich bestehenden Steuerlasten vermeiden. Zulässige Maßnahmen sind:
- das vertragliche Abstellen auf die Verkehrswerte des jeweils zu übertragenden Vermögens in Verbindung mit der Abstimmung der den Kapitalkonten nicht entsprechenden Verkehrswertverhältnisse und dem Erstellen von Ergänzungsbilanzen für die einzelnen Mitunternehmer (Verkehrswertzusammenschluss, Rz 1311 ff)
- das vertragliche Abstellen auf den Buchwert des zu übertragenden Vermögens und im Falle der fehlenden Übereinstimmung der Beteiligungsverhältnisse mit den Verkehrswerten in Verbindung mit gewinnabhängige Ergebnisverteilungsvereinbarungen (Kapitalkontenzusammenschluss, Rz 1316 ff)
Haben die Zusammenschlusspartner eine zulässige Maßnahme im Rahmen der Zusammenschlussvereinbarung getroffen, ist eine Änderung der vertraglich festgelegten Maßnahme nach dem Vollzug des Zusammenschlusses nicht mehr wirksam.
1307
Neben den sich aus den zum Stichtag vorhandenen Verkehrswerten und steuerlichen Gesamtreserven ergebenden vertragsrechtlichen Fragen des Zusammenschlusses ist auch die Anpassung der Verkehrs- bzw Buchwerte der zusammenzuschließenden Vermögen an vorgegebene Beteiligungsverhältnisse im Wege rückwirkender Korrekturen eine Gestaltungsfrage, die auf die Vorsorgetechnik Einfluss nimmt. Siehe dazu Rz 1431 ff.
1308
Sollten die unternehmensrechtlich maßgebenden Buchwerte von den steuerlich maßgebenden Buchwerten zum Zusammenschlussstichtag abweichen und wird das Beteiligungsverhältnis auf die handelsrechtlichen Werte bezogen, ist dessen ungeachtet die Vorsorge gegen eine Steuerlastverschiebung auf die steuerlich maßgebenden Buchwerte zu beziehen.