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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
A Ertragsteuerrechtliche Grundsätze:
Grundsatz der Verknüpfung mit dem allgemeinem Ertragsteuerrecht
Das UmgrStG ist eine Dauernorm und ungeachtet der gesonderten gesetzlichen Verankerung Teil das allgemeinen Steuerrechts für bestimmte Sondertatbestände.
Es gilt die Einheitsbetrachtung, dh. zwingende Anwendung des UmgrStG bei Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen (kein Wahlrecht für eine Umgründung mit oder ohne Anwendung des UmgrStG) bzw. zwingende Anwendung des EStG 1988 bzw. KStG 1988 bei Nichtvorliegen der Anwendungsvoraussetzungen durch Verknüpfung in § 6 Z 14 lit. b und § 24 Abs. 7 EStG 1988 und § 20 KStG 1988.
Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts
Die Maßgeblichkeit gilt für Verschmelzungen nach Art. I UmgrStG, Umwandlungen nach Art. II UmgrStG, BWG- und VAG-Einbringungen als Fälle des Art. III UmgrStG und für Handelsspaltungen nach Art. VI UmgrStG dahingehend, dass der mit der Eintragung in das Firmenbuch bestätigte Vollzug steuerlich die Anwendung des UmgrStG dem Grunde nach eröffnet.
Ausnahmen von der Maßgeblichkeit:
- Unanwendbarkeit des UmgrStG bei Fehlen einer steuerlichen Anwendungsvoraussetzung
- Unmaßgeblichkeit der gesellschaftsrechtlichen Bewertungsregeln
- Voll- oder Teilunanwendbarkeit bei Vorliegen eines Missbrauchs
Grundsatz der Internationalisierung
- Auslandsverschmelzungen fallen unter Art. I UmgrStG, soweit ein Inlandsbezug (inländisches Vermögen oder inländische Gesellschafter) vorliegt.
- Auslandsumwandlungen fallen unter Art. II UmgrStG, soweit ein Inlandsbezug (inländisches Vermögen oder inländische Gesellschafter) gegeben ist. Grenzüberschreitende Umwandlungen fallen unter Art. II UmgrStG.
- Ausländereinbringung, Auslandsvermögenseinbringung und Einbringung in Auslandskörperschaften ist nach Art. III UmgrStG möglich.
- Zusammenschluss zu in- und ausländischen Mitunternehmerschaften durch in- und ausländische Übertragende mittels in- und ausländischen Vermögens ist nach Art. IV UmgrStG möglich.
- Realteilung in- und ausländischer Mitunternehmerschaften mit ausscheidenden in- und ausländischen Mitunternehmern unter Übertragung von in- und ausländischem Vermögen ist nach Art. V UmgrStG möglich.
- Auslands-Handelsspaltungen fallen unter Art. VI UmgrStG, soweit ein Inlandsbezug (inländisches Vermögen oder inländische Gesellschafter) gegeben ist. Grenzüberschreitende Handelsspaltungen sind analog zum SpaltG in Art. VI UmgrStG nicht geregelt.
- Steuerspaltungen sind auch für spaltende und übernehmende EU-Körperschaften laut Anlage zum UmgrStG nach Art. VI UmgrStG möglich.
Grundsatz des ertragsteuerlichen Formwechsels
Nahezu alle Umgründungen sind begrifflich mit einem Tauschgedanken dahingehend verbunden, dass die Vermögenshingabe unmittelbar oder mittelbar mit einer gesellschaftsrechtlichen Gegenleistung positiver Natur (Gewährung oder Erweiterung eines Anteils) oder negativer Natur (Aufgabe oder Verminderung eines Anteils) verbunden ist. Für Umgründungen iSd UmgrStG wird der Tausch- oder Veräußerungs- oder Liquidationsgrundsatz seiner Wirkung als Realisierungstatbestand entkleidet.
Daraus ergibt sich für alle Regelumgründungen die zwingende steuerliche Buchwertumgründung (= Übernahme und Fortführung der steuerlich maßgebenden Buchwerte des Rechtsvorgängers).
Ausnahmen im Rahmen des UmgrStG:
- Steuerwirksame Aufwertungsoption für umgegründetes Auslandsvermögen bei Inlandsumgründungen und für Inlandsvermögen bei Auslandsumgründungen in Fällen eines DBA mit Anrechnungsmethode.Steuerwirksame Aufwertungsoption bei der Einbringung nichtsteuerhängiger Beteiligungen zur Vermeidung der Nacherfassung von bis zur Einbringung entstandener stiller Reserven.Steuerwirksame Zwangsaufwertung bei umgründungsbedingter Einschränkung des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich hinsichtlich des übertragenen Vermögens bzw. bei einbringungsbedingter teilweiser Einschränkung des Besteuerungsrechts sowie bei einbringungsbedingter Einschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich der Gegenleistung gegenüber Drittstaaten.
- Steuerwirksame Aufwertung bei umgründungsbedingtem Entstehen des Besteuerungsrechts der Republik Österreich hinsichtlich des übertragenen Vermögens.
- Steuerwirksame Aufwertungsoption für Grund und Boden bei Einbringungen, Zusammenschlüssen und Realteilungen, wenn im Falle der Veräußerung des Grund und Bodens am Umgründungsstichtag § 30 Abs. 4 EStG 1988 anwendbar wäre.
- Steuerwirksame Zwangsaufwertung bei fehlender Vorsorge zur Vermeidung einer endgültigen Steuerlastverschiebung auf Grund von Zusammenschlüssen und Realteilungen.
Äquivalenzgrundsatz
Umgründungen sind im Regelfall von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung getragen, wobei dieser Grundsatz nicht zu den Anwendungsvoraussetzungen der einzelnen Umgründungstatbestände gehört; ein bewusster Verzicht auf eine gleichwertige Gegenleistung führt als Verletzung dieses Grundsatzes zu einer Bereicherung der dadurch begünstigten Umgründungspartner.
Grundsatz der rückwirkenden Umgründung (Rückwirkungsfiktion)
Die unternehmensrechtliche Neunmonatsfrist ist steuerlich maßgebend. Im Gegensatz zur zivilrechtlich möglichen schuldrechtlichen Rückbeziehung gilt ertragsteuerlich die Umgründung als mit Ablauf des vereinbarten Stichtages als vollzogen. Das Vermögen und die Einkünfte sind daher dem Rechtsvorgänger bis zum Ende des Stichtages und dem Rechtsnachfolger mit Beginn des Folgetages zuzurechnen.
Die Rückwirkungsfiktion gilt
- generell innerhalb und außerhalb des Anwendungsbereiches des UmgrStG für Verschmelzungen, Umwandlungen und Handelsspaltungen, auch wenn der Rechtsnachfolger erst nach dem Umgründungsstichtag zivilrechtlich entstanden ist
- generell für Einbringungen, Zusammenschlüsse, Realteilungen und Steuerspaltungen innerhalb der Art. III bis VI UmgrStG, wenn das zu übertragende Vermögen dem Übertragenden zum Umgründungsstichtag zuzurechnen war (gilt nicht bei Erbfolge), und für solche Umgründungen außerhalb der Art. III bis VI UmgrStG, soweit Vermögen iSd UmgrStG betroffen ist
- speziell in allen Umgründungstatbeständen für Veränderungen des umzugründenden Vermögens im Wege rückbezogener Erhöhungen oder Verminderungen im Rahmen entsprechender Bewertungsregeln.
Die Rückwirkungsfiktion gilt nicht
- generell bei Anmeldung oder Meldung einer Umgründung nach Ablauf der Neunmonatsfrist
- für die Ansprüche abfindungsberechtigter Gesellschafter bei Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen
- generell für die Empfänger von nach dem Umgründungsstichtag erfolgenden Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 oder Einlagenrückzahlungen iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 bzw. fiktiven Ausschüttungen bei Umwandlungen nach Art. II UmgrStG
- für Arbeitsvergütungen für Zeiträume nach dem Umgründungsstichtag (Art. I bis III und VI UmgrStG, zum Teil Art. IV UmgrStG)
- für Vergütungen für die Nutzungsüberlassung von Geld und Wirtschaftsgütern nach dem Einbringungsstichtag, sofern nicht § 18 Abs. 3 letzter Satz UmgrStG zur Anwendung gelangt (Art. III UmgrStG)
- generell für die Lohnsteuerabfuhr, Umsatzsteuer, Gebühren und Verkehrsteuern.
Grundsatz der Neutralität von Buchgewinnen und -verlusten
Ausnahmen davon (dh. Steuerwirksamkeit) bestehen für Confusiotatbestände.
Grundsatz des objektbezogenen Verlustabzugs
Der einkommen- und körperschaftsteuerliche Verlustvortrag folgt bei Umgründungen nach Art. I bis III und VI UmgrStG zwingend dem verlustverursachenden übertragenen Vermögen, auch der eigene vortragsfähige Verlust übernehmender Körperschaften ist nur bei Vorhandensein des verlustverursachenden Vermögen weiterhin abzugsfähig.
Ausnahmen vom Verlustübergang:
- Kürzung übergehender Verluste bei Verschmelzung oder Umwandlung verbundener Körperschaften bei Zusammentreffen in Höhe teilwertberichtigter Beteiligungen an der verbundenen Körperschaft (Vermeidung der Doppelverlustverwertung)
- Wegfall des Verlustabzugs bei Vorliegen des Mantelkauftatbestandes, soweit keine Ausnahmetatbestände vorliegen (Art. I bis III und VI UmgrStG)
- Aufteilung des vortragsfähigen Verlustes in einen übergehenden und zurückbleibenden (im Schätzungswege) bei mangelnder eindeutiger Zurechenbarkeit zum übertragenen Vermögen (kein Wahlrecht)
Grundsatz des modularen Umgründungssteuerrechtes
Mehrfache Umgründungsschritte, die dasselbe Vermögen ganz oder zum Teil betreffen, können ertragsteuerlich zur Vermeidung von Zwischenwirtschaftstagen wie Module auf ein und denselben Stichtag verknüpft werden, wenn ein Umgründungsplan erstellt wird (§ 39 UmgrStG).