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02.11.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1125659

Aktuelle Novelle: Urlaubsersatzleistung bei unbegründetem vorzeitigen Austritt

Andreas Gerhartl

Durch Novelle des UrlG wurde dem Arbeitnehmer nunmehr auch bei unbegründetem vorzeitigen Austritt ein Anspruch auf Urlaubsersatzleistung in aliquotem Ausmaß eingeräumt. Die Neuregelung gilt aber nur für den Urlaubsanspruch im Ausmaß von vier Wochen.

Vorgeschichte

Vorabentscheidungsverfahren

Dem Arbeitnehmer gebührt gem § 10 Abs 1 UrlG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich eine Urlaubsersatzleistung, wenn er weniger Urlaub konsumiert hat, als ihm für das Urlaubsjahr aliquot (bis zur Dauer des Arbeitsverhältnisses) zusteht. Ausgenommen war bisher jedoch gem § 10 Abs 2 UrlG der Fall, dass der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt.

Die Prüfung der Unionsrechtskonformität des § 10 Abs 2 UrlG wurde im Zuge eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH herangetragen. Nach der Entscheidung des EuGH steht das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegen, dass eine Urlaubsersatzleistung für das laufende letzte Arbeitsjahr nicht gebührt, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig beendet (EuGH 25.11.2021, C-233/20).

Beschränkung auf Mindesturlaub

Der OGH stellte in Folge fest, dass diese Entscheidung des EuGH nur für den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub von vier Wochen gilt. Eine finanzielle Abgeltung des über den vierwöchigen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsteils ist dagegen unionsrechtlich nicht geboten.

Da das UrlG einen Urlaubsanspruch von fünf bzw sechs Wochen einräumt, geht die innerstaatliche Rechtslage über die unionsrechtlich erforderlichen Mindestansprüche hinaus und ist insoweit günstiger als das Unionsrecht. Für diesen Urlaubsteil kann das innerstaatliche Recht somit aber die Bedingungen für die Gewährung und den Entfall selbst festlegen (OGH 17.02.2022, 9 ObA 150/21f).

Umsetzung

Gesetzesänderung

Nunmehr wurde § 10 Abs 2 UrlG geändert (BGBl I 167/2022). Die Bestimmung lautet nunmehr, dass im Falle eines unberechtigten vorzeitigen Austritts keine Ersatzleistung für die fünfte und sechste Woche des Anspruchs auf Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr gebührt. Das bedeutet daher im Umkehrschluss, dass für die Ersatzleistung für die ersten vier Urlaubswochen zusteht. Für nicht verbrauchte Urlaube aus dem der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorangegangenen Urlaubsjahren besteht gem § 10 Abs 3 UrlG (wie bisher) Anspruch auf Ersatzleistung im vollen Ausmaß des ausstehenden Urlaubsentgelts, soweit der Anspruch noch nicht verjährt ist (eine Verjährung tritt nach drei Jahren ein).

Beispiel 1:

Das Arbeitsverhältnis wird zu Mitte des Urlaubsjahres durch unbegründeten vorzeitigen Austritt beendet. Zu diesem Zeitpunkt hat der Arbeitnehmer zwei Wochen seines fünfjährigen Urlaubsanspruches verbraucht. Berechnungsbasis ist aber nicht der Urlaubsanspruch im Ausmaß von fünf Wochen nach nationalem Recht, sondern der vierwöchige Mindesturlaubsanspruch. Da von diesen vier Wochen bis zur Hälfte des Urlaubsjahres zwei Wochen verbraucht wurden, erfolgte der Urlaubsverbrauch in aliquotem Ausmaß. Dem Arbeitnehmer gebührt daher keine Urlaubsersatzleistung mehr.

Beispiel 2:

Ausgangslage wie im Beispiel 1, der Arbeitnehmer hat aber noch gar keinen Urlaubsanspruch aus dem laufenden Urlaubsjahr verbraucht und auch noch eine Urlaubswoche aus dem vergangenen Urlaubsjahr offen. Der Arbeitnehmer hat daher Anspruch auf Ersatzleistung für zwei Wochen aus dem laufenden Urlaubsjahr und auf für eine weitere Woche aus dem vergangenen Urlaubsjahr.

Inkrafttreten

Die Neuregelung trat mit 01.11.2022 in Kraft. Dies hat zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt ein Arbeitnehmer auch im Falle eines vorzeitigen Austritts ohne wichtigen Grund einen Anspruch auf Ersatzleistung für den im laufenden Urlaubsjahr nicht verbrauchten vierwöchigen Mindesturlaub hat. Dieser Anspruch besteht weiters auch, wenn ein am 31.10.2022 bereits laufendes Urlaubsjahr durch unbegründeten vorzeitigen Austritt beendet wird.

Beispiel:

Das Urlaubsjahr beginnt jeweils am 01.10. zu laufen. Am 31.01.2023 wird das Arbeitsverhältnis durch unbegründeten vorzeitigen Austritt beendet. Der aliquote Anspruch für das laufende Urlaubsjahr beträgt daher 6,66 = aufgerundet sieben Arbeitstage (vier Urlaubswochen entsprechen 20 Arbeitstagen Urlaub, bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses sind vier Monate, also ein Drittel des Urlaubsjahres, verstrichen). Hat der Arbeitnehmer von diesem Anspruch bspw fünf Arbeitstage (eine Urlaubswoche) verbraucht, gebührt ihm daher für zwei Arbeitstage eine Ersatzleistung.

Der Anspruch besteht überdies, wenn das Arbeitsverhältnis in den dem 01.11.2022 vorangegangenen Urlaubsjahren durch unbegründeten vorzeitigen Austritt beendet wurde, sofern der in dieser Urlaubsjahren jeweils entstandene Anspruch auf Mindesturlaub noch nicht verjährt ist. Auch Ansprüche aus den letzten drei Jahren können daher noch geltend gemacht werden.

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