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Kündigungsfrühwarnsystem – Die Tücken bei Massenkündigungen
Massenkündigungen von Mitarbeitern sind bei Nichteinhaltung der AMS-Anzeigepflicht und der 30-tägigen Sperrfrist unwirksam. Doch was gilt, wenn der Unternehmer in Tranchen kündigt bzw Dienstverhältnisse einvernehmlich auflöst?
Allgemeine Regel
Unternehmer haben das AMS zu verständigen, wenn sie beabsichtigen, Arbeitsverhältnisse von
- mindestens fünf Arbeitnehmern in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Beschäftigten oder
- mindestens 5 % der Arbeitnehmer in Betrieben mit 100 bis 600 Beschäftigten oder
- mindestens 30 Arbeitnehmern in Betrieben mit in der Regel mehr als 600 Beschäftigten oder
- mindestens fünf Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben,
innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen aufzulösen. Kündigungen, die vor Ablauf der dreißigtägigen Sperrfrist und ohne vorherige Zustimmung des Arbeitsmarktservices ausgesprochen werden, sind daher rechtsunwirksam (vgl § 45a AMFG).
Die 30-tägige Sperrfrist
Die 30-tägige Frist wandert jedoch kontinuierlich. Der Arbeitgeber kann daher durch die zeitliche Streuung von Kündigungen das Erreichen des Schwellenwerts der genannten Bestimmung verhindern. Aber Achtung: Maßgeblich für eine zulässige, zeitliche Streuung ist die Absicht des Dienstgebers und nicht, ob sich die Kündigungen über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Beispiel:
In einem Betrieb mit 90 Mitarbeitern werden zehn davon gekündigt. Nachdem neun Mitarbeiter Klage gegen ihre Kündigung erhoben hatten, spricht der Unternehmer nun die Kündigungen innerhalb von zwei Monaten in Trancen aus, um die Schwellenwerte nicht zu überschreiten.
In diesem Fall dienen die zweiten Kündigungen nur der Korrektur der fehlerhaften ersten Kündigungen. Damit ist von einer einheitlichen Auflösungsabsicht auszugehen. Somit sind auch diese Kündigungen rechtsunwirksam (vgl § 45a Abs 5 AMFG), da der Unternehmer das AMS nicht rechtzeitig von einer Massenkündigung informierte (vgl OGH 9 ObA 33/21z).
Im Falle von Kündigungen in Tranchen muss daher tunlichst der Anschein von einer einheitlichen Auflösungsabsicht vermieden werden. Die Nichteinhaltung der 30-tägigen Sperrfrist bringt nicht nur die Rechtsunwirksamkeit der Kündigungen mit sich, sondern kann auch zu kostspieligen Gerichtsverfahren führen.
Einvernehmliche Auflösungen
Die Verständigungspflicht wird schon dann ausgelöst, wenn ein Arbeitgeber beabsichtigt, eine den jeweiligen Schwellenwert überschreitende Anzahl von Arbeitsverhältnissen innerhalb von 30 Tagen aufzulösen. Dabei ist auch die Zahl der einvernehmlichen Auflösungen von Arbeitsverhältnissen auf den Schwellenwert anzurechnen (vgl 9 ObA 119/17s). Nicht in die Schwellenwerte einzurechnen sind jedoch Arbeitnehmerkündigungen oder unberechtigte Austritte.
Hinweis:
Die Rechtsunwirksamkeit von aufgelösten Dienstverhältnissen (gem § 45a Abs 5 AMFG) bezieht sich nur auf Kündigungen, aber nicht auf einvernehmliche Auflösungen. Einvernehmliche Auflösungen, die vom Arbeitgeber ausgehen, sind auch vor Ablauf der Sperrfrist bzw Zustimmung des AMS rechtswirksam, wenn der Unternehmer das AMS rechtzeitig von der beabsichtigten Auflösung von Arbeitsverhältnissen über den Schwellenwert verständigt hat (vgl OGH 9 ObA 47/21h).