Das neue Bestellerprinzip – wie ist damit bestmöglich umzugehen?
Das neue Bestellerprinzip macht es notwendig, den Maklernutzen und das Honorar überzeugend zu argumentieren. Deshalb gewinnen stichhaltige Argumente für eine erfolgreiche Vermarktung an Bedeutung.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem WEKA Praxishandbuch Immobilien, in dem sich ein Register dem erfolgreichen Immobilienmarketing widmet.
In Österreich werden – je nach Umfrage – 50 %–55 % aller Immobilientransaktionen ohne Beteiligung eines Immobilienmaklers vollzogen. Damit liegt dessen Marktanteil nach den offiziellen Zahlen des europäischen Maklerverbands CEI um die 30 % unter dem Wert anderer europäischer Länder, allen voran Skandinavien, Großbritannien und Irland.
Warum läuft in Österreich nicht einmal jeder zweite Immobiliendeal unter Zuhilfenahme eines Maklers? Die Gründe dafür sind vielschichtig, haben aber ganz offensichtlich auch stark damit zu tun, dass der Maklernutzen und das Preis-/Leistungsverhältnis zu wenig evident sind:
- Kunden sehen die einzelnen Leistungen sowie den Nutzen einer professionellen Maklerbegleitung nicht.
- Konkurrenz durch Bauträger: Diese Vertriebskosten stoßen jedoch nur selten sauer auf, wenn sie in den Gesamtpreis einer Immobilie integriert sind.
- Honorierungssystem: Das in vielen Fällen bis vor Kurzem vielerorts noch praktizierte österreichische Doppelvertretungs- bzw Doppelhonorierungssystem schreckt viele Interessenten ab, vor allem finanzschwache Wohnungs-Mietinteressenten.
- Konkurrenz durch Immobilienplattformen: Die vielen Immobilienplattformen im Internet haben das Immobilienangebot viel größer und leichter zugänglich gemacht.
Vorteile transparent machen
Das Bestellerprinzip macht es noch wichtiger: Immobilienmakler sind in hohem Ausmaß gefordert, auch in eigener Sache professionellste Werbung zu machen. Denn wer die Vorteile nicht sieht, stellt auch den Preis einer Sache oder Dienstleistung bzw gar deren Existenzberechtigung infrage. Allerdings sind Kenntnis und Verstehen des Kundenutzens eine klare Bringschuld.
Um einen potenziellen Kunden wirklich neugierig zu machen, muss ein Dienstleistungsunternehmen im Prinzip nur gute, pointierte Statements auf vier Fragen vorbereiten – und dies in möglichst knapper, spannender Form:
- Welchen Nutzen biete ich als Unternehmer, welchen Nutzen offeriert mein Projekt?
- Welche Vorteile bringt die Beauftragung eines Maklers dem Vermieter/Verkäufer, welche Vorteile dem Mieter/Käufer?
- Warum sollte der Kunde gerade bei mir kaufen oder mieten? Was biete ich Besonderes, das mich von anderen abhebt?
- Was sagen andere über mein Unternehmen, mein Projekt?
Aus diesen Gründen widmen wir uns nun den so entscheidenden Aspekten der scharfen Positionierung/Abgrenzung, des gut kommunizierten Kundenutzens und der Referenzen.
Leistungen gekonnt kommunizieren
Ob Makler oder Hausverwalter: Viele Immobilienexperten rücken das, was sie für ihre Kunden tun, nicht ins rechte Licht. Folgende, beispielhafte Leistungsauflistung könnte etwa von einem Immobilienexperten im Wohn-Premium-Segment dem Abgeber einer Hochpreisimmobilie kommuniziert werden.
Was der Makler leistet, aber oft nicht sagt:
- Ausreichende Marktkenntnis zur realistischen Miet-/Kaufpreiseinschätzung
- Beschaffung/Organisation fehlender Unterlagen (zB Grundbuchsauszug, Energieausweis)
- Marketingkonzept: Zielgruppenbestimmung, Definition von Vorteilsauslobung und weiteren Hauptargumenten, Werbemittel- und Werbeträgerstrategie
- Erstellung professioneller Fotos, verständlicher Grundrisszeichnung und Organisation weiterer Visualisierungen (zB Videorundgang, Einrichtungsanimation)
- Erstellung eines professionellen, wettbewerbsfähigen Print- und Online-Exposés
- Schaltung von Inseraten in Zielgruppenmedien (Print und Online-Plattformen), ansprechende Präsentation des Objekts auf der eigenen Makler-Website
- Beratung zum Home Staging, Organisation der nötigen „Requisiten“
- Wahrnehmung von Besichtigungsterminen (auch am Wochenende, falls erforderlich)
- Bonitätsprüfung des Käufers/Mieters
- Ausverhandlung des Mietvertrags/Beratung bei der Erstellung eines Kaufanbots
- Persönliches Reporting an den Abgeber in regelmäßigen, vorher zu vereinbarenden Abständen
- „Krisenintervention“, Vermitteln zwischen den beiden Parteien
- Erstellung des Wohnungsübergabeprotokolls mit Bebilderung
- Anwesenheit bei Vertragsunterzeichnung und Schlüsselübergabe
- An- und Abmeldung beim Energieversorger, auf Wunsch beim Telekom-Anbieter
- Fremdsprachenkenntnisse, vor allem verhandlungsfähiges Englisch
- …
Dieser Leistungskatalog sollte nicht nur irgendwo auf der Makler-Website ersichtlich sein, sondern muss dem Kunden im Zuge des Erstgesprächs mit klaren Erläuterungen übergeben werden – am besten gemeinsam mit einer möglichst plakativen Selbstdarstellung, die eine kurze, spannende Antwort auf vorrangige, aber selten gestellte Grundsatzfragen des Kunden gibt.
Wenn der Kunde sich selbst als Experte sieht
Faktum ist: Obwohl der Großteil aller Kunden wenig Ahnung vom Immobiliengeschäft hat, glauben viele echte Experten zu sein. Daher ist es fallweise durchaus legitim, zaudernden Kunden einige Fallstricke vor Augen zu führen, indem Sie etwa folgende Fragen stellen:
- Wie oft haben Sie schon eine Wohnung ge-/verkauft, bzw angemietet/vermietet?
- Können Sie kleine Bausünden ganz klar von verdeckten Mängeln unterscheiden?
- Wie gut kennen Sie die Preisentwicklung in Ihrer Region? Zu viel oder zu wenig schlägt sich bei einer Immobilie sehr oft groß zu Buche.
- Verfügen Sie über die nötige Zeit, sich um jedes Detail der Abwicklung zu kümmern?
- Wissen Sie, was ein wirklich guter Mietvertrag beinhalten muss?
- Hatten Sie schon oft mit Scheinkäufern zu tun, die, wenn man sie nicht erkennt, viel Zeit rauben und oft auch noch die Immobilie schlecht reden?
- Wissen sie, wie viele Immobiliengeschäfte in letzter Minute platzen, weil man die Zahlungsfähigkeit des Gegenübers nicht professionell überprüft hat?
Eine andere, echt treffsichere Möglichkeit, potenzielle Kunden vom Nutzen eines Makler-Engagements zu überzeugen, ist das Erwähnen eines drastischen Beispiels, wo es so gar nicht im Sinne des Abgebers oder Käufers lief … Stories mit „Testimonials“ gehen erwiesenermaßen besonders unter die Haut, da sie gut nachvollziehbar sind.
Honorarargumentation
Fast täglich bekommen Sie zu hören: „Ihre Maklerprovision ist zu hoch, Kollegen machen es billiger“. Dieser Einwand muss nicht sachlich gerechtfertigt sein. In Zeiten des Verdrängungswettbewerbs durch immer mehr Markteilnehmer ist es durchaus üblich, grundsätzlich jedes Angebot zunächst als zu teuer zu argumentieren.
So sind auch die Honorare der Immobilienmakler längst unter Druck geraten. Viele Makler geben dem Marktdumping nach und arbeiten zu Sonderkonditionen, von denen sie nie mehr wegkommen und die letztlich die Honorare anderer Marktteilnehmer noch mehr unter Druck bringen.
Den Preis nach Möglichkeit relativieren
Was bedeutet „zu teuer“? Holen Sie daher zunächst die Konkretisierung dieser (Standard) Aussage ein, indem Sie hinterfragen, in welchem Verhältnis ist das Angebot zu teuer ist:
- Zum Mitbewerb?
- Zum Budget des Kunden?
- Zu den Vorstellungen des Kunden?
- Zum wahrgenommenen Nutzen des Kunden?
Das gewichtigste Argument ist letzteres: Der auf den Vorseiten erwähnte Kundenutzen, der nicht ausreichend kommuniziert wurde.
Keine Patentrezepte, aber Anregungen
Es gibt auch keine Patentrezepte für die Preisargumentation, da letztlich jedes Gespräch anders verläuft und kein Gesprächspartner programmierbar ist. Weitere Anregungen, um unangenehme Gesprächssituationen zu mildern und dem Erfolg einen Schritt näher zu kommen, finden Sie im Register Immobilienmarketing in unserem WEKA Praxishandbuch Immobilien.