Rechtslage und Haftung des Werkunternehmers bei Besorgung des Materials durch den Kunden
Rechtsexpertin RA Dr. Karin Zahiragic erläutert, worauf Werkunternehmer, wie zB Installateure, achten sollten, wenn der Kunde das Material selbst besorgt, um Haftungsfälle möglichst zu vermeiden.
Heutzutage kommt es nicht selten vor, dass sich der Kunde das Material (beispielsweise Lampen und Steckdosen) selbst besorgt und dieses dem Werkunternehmer zur Vornahme der Arbeiten zur Verfügung stellt. Wenn sich im Zuge der Arbeiten oder nach deren Fertigstellung herausstellt, dass das vom Kunden beigestellte Material schadhaft ist, stellt sich die Frage, ob eine Haftung des Werkunternehmers besteht. Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit dieser Frage eingehend.
Allgemeines
Grundsätzlich gilt für Werkunternehmer die Regel:,,Derjenige, der die Arbeiten ausführt, haftet auch.“ In der Praxis bedient sich der Unternehmer zur Erfüllung seines Auftrags eines bzw mehrerer Gehilfen oder eines bzw mehrerer Subunternehmer.
Gemäß § 1313a ABGB haftet der Unternehmer dem Kunden als Auftraggeber für das Verschulden von Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes Verschulden. Vorausgesetzt wird, dass der Erfüllungsgehilfe in Erfüllung gehandelt hat und, dass es sich um einen Schaden handelt, der durch den Erfüllungsgehilfen bei Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen zugefügt wurde.
Davon unberührt bleibt jedoch der Regressanspruch des Unternehmers gegen seinen Erfüllungsgehilfen im Rahmen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: ABGB) und im Rahmen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (kurz: DHG).
Die Beantwortung der Frage, ob der Unternehmer für den Dritten gemäß § 1313a ABGB haftet oder nicht, beurteilt sich in erster Linie nach der Vereinbarung, die zwischen ihm und dem Auftraggeber zustande gekommen ist. Gerade bei der Zurechnung selbstständiger Subunternehmer ist der konkrete Inhalt zwischen dem Auftraggeber und dem Unternehmer entscheidend.
Sofern eine Haftung des Unternehmers gemäß § 1313a ABGB laut Vereinbarung zwischen ihm und den Auftraggeber nicht in Betracht kommt, bleibt die Haftung des Werkunternehmers gemäß § 1315 ABGB bestehen. Gemäß § 1315 ABGB haftet der Werkunternehmer nur dann, wenn er sich zur Besorgung seiner Angelegenheiten einer wissentlich gefährlichen oder einer untüchtigen Person bedient.
Bei Vornahme der Arbeiten
Wenn sich im Zuge der Arbeiten herausstellt, dass das vom Auftraggeber dem Werkunternehmer zur Verfügung gestellte Material schadhaft ist, trifft ihm eine Warnpflicht gegenüber dem Auftraggeber.
In diesem Fall behält der Werkunternehmer den Anspruch auf das volle Entgelt gegenüber seinen Auftraggeber, wenn der Auftrag infolge offenbarer Untauglichkeit des ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Materials mangelhaft oder überhaupt nicht ausgeführt werden konnte.
Gemäß § 1168 Abs 1 ABGB gebührt dem Werkunternehmer zusätzlich zum Werklohn eine angemessene Entschädigung, wenn der Auftrag vom ihm nicht rechtzeitig ausgeführt werden konnte und die Verzögerung der Ausführung des Auftrags auf Umstände zurückzuführen sind, die in der Sphäre des Auftraggebers liegen. Dies bedeutet, dass der Unternehmer den Auftraggeber rechtzeitig davor gewarnt hat, dass das von ihm bereitgestellte Material offenbar untauglich ist. Die Höhe der vereinbarten Entschädigung ist zum einen vom vereinbarten Entgelt, zum anderen von der Dauer der Verzögerung abhängig.
Lediglich dann, wenn der Werkunternehmer die Arbeiten infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Materials nicht beenden konnte und er den Auftraggeber trotz Kenntnis schuldhaft nicht gewarnt hat, trägt der Werkunternehmer die Preisgefahr. Der Auftraggeber ist in solch einem Fall keinesfalls verpflichtet, ihm den Werklohn zu bezahlen.
Nach Fertigstellung
Grundsätzlich gilt die Regel, dass bis zur Erfüllung des Auftrags durch den Werkunternehmer dem Auftraggeber Erfüllungsansprüche, danach nur mehr Gewährleistungsansprüche zustehen. Wenn man davon ausgeht, dass nach Fertigstellung der Arbeiten Mängel bzw Schäden auftreten, so stehen dem Auftraggeber in erster Linie gegenüber dem Werkunternehmer gemäß § 1167 ABGB ivm § 922 ff ABGB Gewährleistungsansprüche zu.
Im Rahmen der Gewährleistung kann der Werkunternehmer zunächst nur Verbesserung (Austausch) verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung (Austausch) unmöglich ist oder für den Unternehmer, verglichen mit einer anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.
Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Werkunternehmer mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat der Auftraggeber das Recht auf Preisminderung oder, sofern es sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt, das Recht auf Wandlung (Aufhebung des Vertrags). Dasselbe gilt, wenn der Werkunternehmer die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, oder wenn diese Abhilfen für den Auftraggeber mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Werkunternehmers liegenden Gründen unzumutbar sind.
Sofern den Werkunternehmer an der Verursachung des Mangels ein Verschulden trifft, so kann der Auftraggeber zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich ist oder für den Auftraggeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Werkunternehmer die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, oder wenn diese Abhilfen für den Auftraggeber mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Werkunternehmers liegenden Gründen unzumutbar sind.
Pflichten
Wenn das Material vom Kunden dem Werkunternehmer zur Verfügung gestellt wird, dann trifft ihn in erster Linie die Prüfpflicht (Untersuchungspflicht). Dies bedeutet, dass der Werkunternehmer das beigestellte Material auf vorhandene Schäden eingehend zu untersuchen hat. Er hat dabei jene Sorgfalt anzuwenden, die bei Fachleuten seiner Art in seiner Branche zu erwarten ist.
Kommt der Werkunternehmer dabei zum Ergebnis, dass das Material offenbar untauglich ist, hat er den Kunden sofort davon zu verständigen. Die Warnpflicht besteht auch dann, wenn sich die offenbare Untauglichkeit des Materials erst im Zuge der Arbeiten herausstellt.
Fazit
Kommt der Werkunternehmer zu Beginn seiner Arbeiten seiner Prüf- und Untersuchungspflicht sorgfältig nach, kann er bestehende Mängel und Schäden am verwendeten Material schon frühzeitig erkennen und somit böse Überraschungen vermeiden.