Änderungskündigung: Personalmaßnahme in wirtschaftlich angespannten Phasen
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten bieten Änderungskündigungen und Verschlechterungsvereinbarungen eine Möglichkeit zur Einsparung von Personalkosten.
In schwacher Wirtschaftslage – Österreich durchlebt derzeit die längste Schwächephase in der Geschichte der Zweiten Republik – suchen viele Unternehmen nach Wegen, um Personalkosten zu senken. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ist eine davon, jedoch verlieren Unternehmen dabei oft wichtiges Know-how. Deshalb bieten Verschlechterungsvereinbarungen und Änderungskündigungen eine Möglichkeit zu Einsparungen, bei denen zugleich die Mitarbeiter im Unternehmen gehalten werden können.
Verschlechterung des Arbeitsvertrages
Ohne Zustimmung des Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber an einem bestehenden Arbeitsvertrag keine Änderung vornehmen, die aus Sicht des Arbeitnehmers eine Verschlechterung bedeuten könnte. So darf er insbesondere das Arbeitsentgelt (inkl sonstiger Lohn- und Gehaltsbestandteile) nicht eigenmächtig kürzen.
Will der Arbeitgeber dennoch – etwa wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten – den Arbeitsvertrag „verschlechtern“, also insbesondere das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers oder Entgeltbestandteile kürzen, so kann er das entweder in Form einer
- Verschlechterungsvereinbarung oder in Form einer
- Änderungskündigung.
Verschlechterungsvereinbarung
Der Arbeitnehmer erklärt sich freiwillig mit der Verschlechterung der Bedingungen einverstanden (wobei aber auch der neue Vertrag den durch Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung zwingend vorgeschriebenen Mindestanforderungen zu entsprechen hat).
Änderungskündigung
Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung, die der Arbeitgeber unter der Bedingung vornimmt, dass der Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber gewünschten Änderung des Arbeitsvertrages nicht einverstanden ist.
- Stimmt der Arbeitnehmer der vorgeschlagenen Vertragsänderung zu, gilt die Kündigung als nicht ausgesprochen bzw als zurückgezogen.
- Stimmt der Arbeitnehmer der vorgeschlagenen Vertragsänderung nicht zu, wird die Kündigung wirksam.
Auch Änderungskündigungen unterliegen dem allgemeinen Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG. Bei einer Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist zunächst zu prüfen, ob wesentliche Interessen des gekündigten – seit wenigstens sechs Monaten beschäftigten – Arbeitnehmers beeinträchtigt sind, ob also dem Arbeitnehmer durch die Kündigung erhebliche soziale Nachteile entstehen, die über die normale Interessenbeeinträchtigung bei einer Kündigung hinausgehen. Für eine Änderungskündigung ist in dieser Hinsicht entscheidend, ob dem Arbeitnehmer die Annahme des Angebots des Arbeitgebers zur Änderung der Arbeitsbedingungen zumutbar ist. Diese Beurteilung kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden.
Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Annahme des Angebots des Arbeitgebers zur Änderung ist nicht der angebotene Ersatzarbeitsplatz, sondern der bisherige Arbeitsplatz unter den geänderten Entgelt- und Arbeitsbedingungen (vgl OGH 9 ObA 59/23a).
Wird die in der Änderungskündigung bedingt ausgesprochene Kündigung wirksam, so gilt diese mit allen arbeitsrechtlichen Folgen, die auch mit einer normalen Kündigung verbunden sind. Insbesondere sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abzurechnen, der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine allfällige Abfindung.
Nimmt der Arbeitnehmer das Verschlechterungsangebot nicht an, kann die Änderungskündigung nicht mehr einseitig zurückgenommen werden.
Betriebsrat und Änderungskündigung
In betriebsratspflichtigen Betrieben muss bei einer geplanten Änderungskündigung der Betriebsrat informiert (§ 105 ArbVG) und dessen Zustimmung zur Versetzung eingeholt werden (§ 101 ArbVG). Stimmt der Betriebsrat der beabsichtigten Versetzung vorweg zu, kann die Änderungskündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen werden.
Eine Versetzung des Arbeitnehmers ohne Zustimmung des Betriebsrates ist auch dann unwirksam, wenn der Arbeitnehmer selbst der Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen zugestimmt hat und dadurch der Arbeitsvertrag aufrecht bleibt. Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall der Versetzung nicht Folge leisten (OGH 28.06.2016, 8 ObA 63/15w).
Hinweis:
Es empfiehlt sich daher, dass der Arbeitgeber bereits im Vorfeld die Stellungnahme des Betriebsrats nicht nur zur Kündigung, sondern auch zu der alternativ angebotenen Versetzung einholt. Die gleichzeitige Einholung beider Stellungnahmen ist ohne zusätzlichen Aufwand möglich und zweckmäßig, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer überhaupt kein ernsthaftes Änderungsangebot unterbreiten kann, bevor er sich nicht überzeugt hat, ob die Änderungsbedingung rechtlich erfüllbar ist.
Grundsätzlich kann die Änderungskündigung formfrei erfolgen, Schriftlichkeit wird allerdings empfohlen.
Eine Änderungskündigung kann grundsätzlich auf zwei Arten gestaltet werden, nämlich
- als aufschiebend oder
- auflösend bedingte Änderungskündigung.
Aufschiebend bedingte Änderungskündigung
Bei der aufschiebend bedingten Änderungskündigung spricht der Arbeitgeber die Kündigung unter der Bedingung aus, dass sie erst wirksam wird, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsanbot nicht annimmt.
Die Kündigungsfrist beginnt erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, in dem feststeht, dass der Arbeitnehmer das Änderungsanbot nicht annimmt. Für die Praxis empfiehlt sich die Aufnahme einer Frist in das Kündigungsschreiben, deren Verstreichen als Nichtannahme des Änderungsangebotes zu werten ist. Das Ende dieser Frist muss so weit vor dem Endtermin der Kündigung liegen, dass zwischen dem Ende der Annahmefrist und dem Ende des Arbeitsverhältnisses noch die gesamte vorgeschriebene Kündigungsfrist Platz hat.
Beispiel: Aufschiebend bedingte Änderungskündigung
Der Arbeitgeber macht aufgrund schlechter Auftragslage und interner Umstrukturierungen dem Angestellten A den Änderungsvorschlag, den Arbeitsvertrag einvernehmlich ab 31.03.2025 dahingehend abzuändern, dass die Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers von bisher 38,5 Stunden auf 35 Wochenstunden reduziert und gleichzeitig sein monatliches Bruttogehalt von EUR 2.800,– auf EUR 2.400,– herabgesetzt wird.
Für den Fall, dass er das Änderungsangebot nicht bis 31.01.2025 annimmt, kündigt der Arbeitgeber zugleich mit diesem das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2025.
Auflösend bedingte Änderungskündigung
Bei der auflösend bedingten Änderungskündigung spricht der Arbeitgeber die Kündigung sofort und unbedingt aus, erklärt aber gleichzeitig, dass die Kündigung rechtsunwirksam wird, wenn der Arbeitnehmer dem zugleich mit der Kündigung gemachten Änderungsanbot zustimmt.
Die Kündigungsfrist beginnt in diesem Fall sofort mit dem Zugang der Änderungskündigung beim Arbeitnehmer zu laufen. In der Praxis empfiehlt es sich, dem Arbeitnehmer für seine Entscheidung auch noch eine angemessene Überlegungsfrist ausdrücklich einzuräumen. Diese kann entsprechend kürzer als die Kündigungsfrist sein.
Beispiel: Auflösend bedingte Änderungskündigung
Der Arbeitgeber kündigt aufgrund schlechter Auftragslage und interner Umstrukturierungen das Arbeitsverhältnis mit dem Angestellten B zum 31.03.2025. Gleichzeitig macht er aber das Angebot, die zum 31.03.2025 ausgesprochene Kündigung mit Zustimmung des Arbeitnehmers unter der Bedingung wieder zurückzunehmen, wenn der Arbeitsvertrag einvernehmlich ab 01.04.2025 dahingehend abgeändert wird, dass die Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers von bisher 38,5 Stunden auf 35 Wochenstunden reduziert und gleichzeitig sein monatliches Bruttogehalt von EUR 2.800,– auf EUR 2.400,– herabgesetzt wird. Wichtig in diesem Fall ist aber, dem Arbeitnehmer eine Frist für die Annahme des Alternativangebotes zu setzen.
Zumutbarkeit
Unabänderbare Ansprüche aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen sowie aufgrund von Betriebsvereinbarungen können durch eine Änderungskündigung nicht geändert werden. Trotz Annahme des Änderungsangebotes bleiben solche Ansprüche bestehen und somit auch einklagbar.
Von Gesetz und Rechtsprechung wird außerdem noch gefordert, dass der neu angebotene „verschlechterte“ Arbeitsvertrag nicht nur die durch Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung zwingend vorgeschriebenen Mindesterfordernisse erfüllt. Das Änderungsangebot muss dem Arbeitnehmer auch „zumutbar“ sein. Die Behauptung und der Beweis dafür, dass das Änderungsanbot unzumutbar gewesen wäre, obliegt aber dem anfechtenden Dienstnehmer (OGH 25.08.2014, 8 ObA 51/14d).
Sozialwidrigkeit
Eine Änderungskündigung ist dann nicht sozialwidrig, wenn dem Arbeitnehmer die Annahme des Angebotes des Arbeitgebers zur Änderung der Arbeitsbedingungen zumutbar war. Der OGH hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es keine starren Prozentsätze der durch die Arbeitgeberkündigung bedingten Einkommensminderung des betroffenen Arbeitnehmers gibt, bei denen das Vorliegen von Sozialwidrigkeit jedenfalls zu bejahen oder jedenfalls zu verneinen wäre (OGH 25.10.2011, 9 ObA 15/11p).
Die Einkommensminderung muss ein solches Ausmaß erreichen, dass sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat, ohne dass aber schon eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müsste. „Normale Nachteile“, die im Regelfall mit jeder Kündigung verbunden sind, reichen nicht aus. Eine „wesentliche Interessenbeeinträchtigung“ liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Lebenserhaltungskosten nach der Reduktion seiner Einkünfte nicht decken kann. Dabei sind nur die wesentlichen Lebenshaltungskosten, nicht aber Luxusaufwendungen in der Betrachtung zu berücksichtigen (OGH 22.08.2012, 9 ObA 54/12z).