28.08.2024 | Arbeitsrecht | ID: 1183412

Private Tätigkeiten in der Arbeitszeit: Grenzen der Zulässigkeit

Albert Scherzer

In Zeiten von mobiler Arbeit und Homeoffice verschwimmen oft die Grenzen zwischen beruflichen und privaten Tätigkeiten. Was ist erlaubt und darf der Arbeitgeber die Tätigkeit von Dienstnehmern überwachen?

In der heutigen Arbeitswelt sind die Grenzen zwischen beruflichen und privaten Aktivitäten oft fließend. Beispielsweise können geschäftliche Telefonate nach Feierabend oder das Beantworten von E-Mails während der Freizeit vorkommen. Ebenso können private Angelegenheiten wie Telefonate oder Online-Einkäufe während der Arbeitszeit auftreten, besonders im Homeoffice, wo die Trennung von Arbeit und Privatleben herausfordernder sein kann als im Büro.

Die Frage, die sich stellt, betrifft die klare Abgrenzung zwischen beruflichen und privaten Tätigkeiten während der Arbeitszeit. Es ist wichtig zu verstehen, welche privaten Aktivitäten am Arbeitsplatz akzeptabel sind und welche nicht. Diese Richtlinien können je nach Unternehmen und Arbeitsumgebung variieren.

Eine klare Kommunikation und Vereinbarungen seitens des Arbeitgebers bezüglich der Erwartungen an die Mitarbeiter in Bezug auf die Trennung von Arbeit und Privatleben können helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Zudem ist es ratsam, dass Mitarbeiter selbst ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche privaten Aktivitäten angemessen sind und welche die Arbeitsleistung beeinträchtigen könnten. Eine ausgewogene Balance zwischen beruflichen Verpflichtungen und persönlichen Bedürfnissen ist entscheidend für eine gesunde Arbeitskultur und eine hohe Produktivität.

Arbeitsvertrag und Arbeitsrecht

Der Arbeitsvertrag ist ein zweiseitig verbindlicher Vertrag. Der Mitarbeiter erbringt hierbei seine Arbeitsleistung gegen Entgelt. Im Arbeitsrecht gilt als grundlegender Grundsatz, dass eine Entlohnung an die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung gebunden ist. Es besteht jedoch die Anerkennung, dass Ausnahmen von diesem Prinzip existieren, insbesondere, wenn Arbeitnehmer während genehmigter Urlaubszeiten, bei Arbeitsunfähigkeit oder anderen bezahlten Abwesenheiten ihren Lohn weiterhin beziehen. Demnach muss der Lohn durch aktive Arbeit verdient werden. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses wird kein spezifischer Erfolg erwartet, sondern vielmehr eine gewissenhafte Erfüllung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten.

Somit ist die grundlegende rechtliche Beurteilung eindeutig, private Tätigkeiten führen nicht zu einer Arbeitsleistung und erfüllen somit nicht die arbeitsvertragliche Pflicht. Infolgedessen besteht keine Verpflichtung zur Zahlung des Gehalts bzw Lohnes.

Arbeitszeit nach österreichischem Recht

Nach österreichischem Recht wird Arbeitszeit definiert als die Zeit, während der Arbeitnehmer gem den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen oder den gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Die Arbeitszeit umfasst sowohl die tatsächliche Arbeitszeit als auch Ruhepausen, die im Arbeitsvertrag oder durch Arbeitszeitregelungen festgelegt sind. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, die Arbeitsaufgaben zuzuweisen und gegebenenfalls mittels seines Weisungsrechts genau festzulegen, welche Tätigkeiten die Mitarbeiter ausführen müssen. Grundsätzlich ist es somit untersagt, private Angelegenheiten während der Arbeitszeit zu erledigen, unabhängig davon, ob sich der Arbeitsort im Unternehmen oder im Homeoffice befindet und unabhängig vom vereinbarten Arbeitszeitmodell. Private Erledigungen sollten in den Pausen oder außerhalb der Arbeitszeit erfolgen. Das Surfen im Internet aus rein privaten Gründen oder der Online-Einkauf während der Arbeitszeit ist weder gerechtfertigt noch erforderlich.

Privates während der Arbeitszeit erlaubt?

Privates während der Dienstzeit hat aber nicht immer sofort Folgen. Wenn der Arbeitgeber keine ausdrückliche Verbotsregelung für bestimmte private Tätigkeiten oder die private Nutzung von Betriebsmitteln während der Dienstzeit festgelegt hat, wie beispielsweise kurzes Surfen im Internet oder die Nutzung des Smartphones, sofern dadurch die Arbeitsleistung nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Dasselbe gilt, wenn private Tätigkeiten oder die private Nutzung von Betriebsmitteln über einen längeren Zeitraum von der gesamten Belegschaft im Betrieb ausgeübt wurden, ohne dass dies zu Konsequenzen führte, was eine stillschweigende Zustimmung des Arbeitgebers impliziert.

Private Angelegenheiten während der Dienstzeit sind nicht gestattet. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die vereinbarte Arbeitszeit ausschließlich für dienstliche Zwecke zu nutzen und private Belange außerhalb dieser Zeit zu erledigen. Es gibt jedoch Ausnahmen in Arbeitszeitregelungen, die eine flexible Zeiteinteilung ermöglichen. Die Erlaubnis für den schnellen Weihnachtseinkauf während eines Außendienstes hängt stark von der Möglichkeit des Mitarbeiters ab, seine Zeit frei zu gestalten. Wenn der Mitarbeiter ein Dienstfahrzeug nutzt, ist zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang die private Nutzung des Dienstfahrzeugs erlaubt ist.

Grenzen und Freiräume

In der Realität verschwimmen oft die Grenzen zwischen Arbeitszeit und persönlichen Arbeitspausen. Kurze Unterbrechungen für menschliche Bedürfnisse wie Toilettengänge, das Auffüllen von Wasserflaschen oder das Lüften des Raumes können während der Arbeitszeit ohne Bedenken erfolgen. Wenn jedoch solche Unterbrechungen ausgenutzt werden, beispielsweise, wenn die Toilettenpause für das Lesen einer Zeitung oder das Surfen mit dem Smartphone ausgedehnt wird, ist sie nicht mehr als notwendige Unterbrechung anzusehen und sollte als Pause außerhalb der Arbeitszeit erfasst werden.

Ähnlich verhält es sich im Homeoffice, wenn zwischen Teams-Meetings Hausarbeiten erledigt werden. Diese Aktivitäten sollten nur dann während der Arbeitszeit durchgeführt werden, wenn sie ohne Ablenkung und Lärmbelästigung während eines Telefongesprächs ausgeführt werden können, was jedoch fraglich ist. Es mag akzeptabel sein, private Angelegenheiten während der Arbeitszeit zu erledigen, solange die Arbeit dennoch gewissenhaft erledigt wird. Dennoch ist es dem Arbeitgeber gestattet, anzuordnen, dass während der Arbeitszeit ausschließlich gearbeitet wird und private Angelegenheiten nur in den Pausen oder in der Freizeit erledigt werden dürfen.

Betriebsvereinbarung zur privaten Nutzung

Um die private Inanspruchnahme von betrieblichen Ressourcen zu verhindern, muss der Arbeitgeber explizit Verbote aussprechen oder entsprechende Bestimmungen bereits im Arbeitsvertrag festhalten. Bei Vorhandensein eines Betriebsrats kann der Arbeitgeber auch eine Betriebsvereinbarung abschließen, die Regeln zur angemessenen Nutzung von Betriebsmitteln wie Computern enthält. Diese Vereinbarung kann sogar ohne die Zustimmung des Betriebsrats durch den Schlichtungsweg vor dem Arbeitsgericht durchgesetzt werden, falls keine Einigung erzielt werden kann.

Sobald die Nutzung der Betriebsmittel durch eine Betriebsvereinbarung geregelt ist, ist die individuelle Zustimmung der Mitarbeiter nicht mehr erforderlich. Es genügt, dass die Mitarbeiter über den Inhalt der Vereinbarung informiert werden. Wenn ein Arbeitgeber beispielsweise die private Internetnutzung über einen längeren Zeitraum nicht untersagt hat, wird es für ihn schwierig, dies später zu verbieten. Es stellt sich oft die Frage, ob die private Internetnutzung unzumutbar und übermäßig ist.

Überwachung der Mitarbeiter

Die Feststellung, ob die unangemessene Nutzung vorliegt („Exzessverbot“), erfordert oft technische oder elektronische Überwachungssysteme. In Österreich sind Kontrollen mit spezieller Software jedoch ohne Kenntnis der Mitarbeiter verboten. Solche Überwachungsmaßnahmen stellen eine Verletzung der Menschenwürde dar. Nur wenn der Betriebsrat zustimmt, sind solche Maßnahmen zulässig, unter der Bedingung, dass die betroffenen Mitarbeiter im Voraus informiert werden.

Achtung:

Wenn ein Mitarbeiter durch private Internetnutzung (zB durch Ransomware) Schäden an den Betriebsmitteln verursacht, greift das Dienstnehmerhaftungsprivileg (Haftung nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit) nicht. Der Mitarbeiter haftet daher für die entstandenen Schäden

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