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05.10.2022 | Gesellschaftsrecht | ID: 1123793

Abspaltung zur Aufnahme – Erforderlichkeit einer (Gründungs-)Prüfung bei der aufnehmenden Gesellschaft?

Stefan Schermaier - Florian Schönberg

Dr. Stefan Schermaier und Mag. Florian Schönberg widmen sich in ihrem Beitrag der rechtlich unklaren Frage, ob bei der Abspaltung zur Aufnahme unter bestimmten Voraussetzungen eine (Gründungs-)Prüfung erforderlich ist.

Während bei der Abspaltung zur Neugründung klar geregelt ist, dass es bei der neu gegründeten Gesellschaft einer Gründungsprüfung bedarf, stellt sich bei der Abspaltung zur Aufnahme die Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen eine (Gründungs-)Prüfung erforderlich ist. Der folgende Artikel soll aufzeigen, dass es – trotz mangelnder klarer gesetzlicher Regelung und Rechtsprechung – Fälle gibt, in denen eine Gründungsprüfung auch bei der Abspaltung zur Aufnahme geboten scheint.

1. Abspaltung zur Neugründung

Das Spaltungsgesetz sieht in § 3 Abs 3 vor, dass bei der Abspaltung zur Neugründung die für deren Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden sind, sodass für die GmbH grundsätzlich das Gründungsrecht aus dem GmbHG und bei der Aktiengesellschaft das Gründungsrecht aus dem AktG zur Anwendung kommt. Unabhängig davon, ob es sich jedoch um eine GmbH oder eine AktG handelt, verlangt § 3 Abs 4 SpaltG zudem jedenfalls die Durchführung einer aktienrechtlichen Gründungsprüfung. Diese Gründungsprüfung erfolgt durch einen gerichtlich bestellten Gründungsprüfer. Gegenstand der Prüfung ist gemäß § 26 AktG einerseits, ob die Angaben der Gründer über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital und über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen richtig und vollständig sind, und andererseits, ob der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen den Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. Da auf der Kapitalaufbringungsebene die Übertragung von Vermögen im Zuge der Spaltung zur Neugründung als Sacheinlage zu qualifizieren ist, wird im Rahmen der Gründungsprüfung daher unter anderem festgestellt, ob der Wert des auf die neue Gesellschaft übertragenen Vermögens mindestens deren Nennkapital und den Betrag der auf diese Gesellschaft allenfalls mitübertragenen gebundene Rücklagen erreicht (vgl. Kalss, Verschmelzung, Spaltung Umwandlung, § 3 SpaltG, Rz 39).

2. Abspaltung zur Aufnahme

Auf die Abspaltung zur Aufnahme sind gemäß § 17 SpaltG die Vorschriften über die Abspaltung zur Neugründung (§§ 2 bis 16 SpaltG) sinngemäß anzuwenden, sofern nicht die Sonderbestimmungen in § 17 Z 1 bis Z 7 SpaltG anderes vorsehen. Eine dieser Sonderbestimmungen (§ 17 Z 3a SpaltG) legt fest, dass eine verpflichtende Kapitalerhöhungsprüfung (Gründungsprüfung) erfolgen muss, wenn bei der aufnehmenden Gesellschaft im Zug der Abspaltung zur Aufnahme eine Kapitalerhöhung durchgeführt wird. Der Umfang der Prüfung ist – wie auch bei der Gründungsprüfung bei der Abspaltung zur Neugründung – aufgrund eines Verweises zu § 26 AktG definiert. Die Prüfung umfasst dabei vornehmlich die Werthaltigkeit des übertragenen Vermögens, um zu gewährleisten, dass die durch die Kapitalerhöhung der übernehmenden Gesellschaft ausgegebenen neuen Geschäftsanteile ausreichend mit Vermögenswerten unterlegt sind (Brix in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 17 SpaltG RZ 34).

Umgekehrt ist aber aus dem Wortlaut dieser Sonderregelung abzuleiten, dass, sofern keine neuen Anteile, die durch Kapitalerhöhung geschaffen werden, an die übertragende Gesellschaft oder die Gesellschafterin der übertragenden Gesellschaft gewährt werden, keine Kapitalerhöhungsprüfung (Gründungsprüfung) vorzunehmen ist (Kalss, Fragen zur Spaltung im Konzern, GesRz 1998, 142ff). Dies schon deshalb, weil die Regelung in § 17 Z 3a SpaltG zwecklos wäre, wenn man davon ausgehen würde, dass aufgrund des Verweises auf die Vorschriften betreffend die Abspaltung zur Neugründung eine (Gründungs-)Prüfung ohnehin in jedem Fall erfolgen müsste. Eine klare Pflicht zur Prüfung der Werthaltigkeit des zu übertragenden Vermögens bei einer Abspaltung zur Aufnahme lässt sich aus dem Gesetz sohin nicht ableiten. Dennoch könnte sich vor dem Hintergrund der zum Thema „verdeckte Sacheinlage“ ergangenen Judikatur eine solche (Gründungs-)Prüfpflicht ergeben.

3. Sachgründung und „verdeckte Sacheinlage

Eine Sachgründung liegt bei einer GmbH vor, wenn das gesamte Stammkapital (oder zumindest die Hälfte des Stammkapitals) durch eine Sacheinlage aufgebracht wird. § 6a GmbHG sieht für solche Fälle vor, dass die aktienrechtlichen Vorschriften über die Gründung durch Sacheinlagen zwingend eingehalten werden müssen, weshalb eine Gründungsprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer als Gründungsprüfer zu erfolgen hat. Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn eine (spätere) Einlage in eine Gesellschaft wirtschaftlich einer Sachgründung entspricht. Der OGH definiert die verdeckte Sacheinlage als „Bareinlagen, die mit einem Rechtsgeschäft zwischen der Kapitalgesellschaft und dem einlegenden Gesellschafter in zeitlicher und sachlicher Hinsicht derart gekoppelt sind, dass – unter Umgehung der Sachgründungsvorschriften – wirtschaftlich der Erfolg einer Sacheinlage erreicht wird, etwa weil die Barmittel umgehend als Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters an diesen zurückfließen“ (vgl. RIS‑Justiz RS0114160). Nach der Judikatur ist eine Gründungsprüfung beim Vorliegen einer derartigen verdeckten Sacheinlage zwingend durchzuführen.

4. Judikatur zur Einbringung nach Art III UmgrStG

Den Überlegungen des OGH folgend, kann sich das Problem einer verdeckten Sacheinlage auch bei einer Abspaltung zur Aufnahme ergeben, nämlich dann, wenn die Gründung der aufnehmenden Gesellschaft im nahen zeitlichen Zusammenhang mit der Abspaltung steht und so eine Gründungsprüfung, wie diese bei der Abspaltung zur Neugründung klar gesetzlich vorgesehen ist, umgangen werden soll. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang daher, dass es in diesem Zusammenhang zur Abspaltung zur Aufnahme keine Judikatur gibt. Entsprechende Judikatur liegt jedoch in Zusammenhang mit Einbringungen gemäß Art III UmgrStG vor. Vorweg muss klargestellt werden, dass die Gläubigerschutzbestimmungen in Bezug auf die Einbringung nicht so stark ausgeprägt sind wie jene bei der Abspaltung zur Aufnahme und daher die Anwendung dieser Judikatur fraglich ist. Eine Gründungsprüfung bei der Einbringung ist nach der Rechtsprechung dann erforderlich, wenn (i) ein Rechtsgeschäft zwischen der Kapitalgesellschaft und dem einlegenden Gesellschafter abgeschlossen wird, (ii) welches in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Kapitalaufbringungsmaßnahme steht. Dementsprechend sind bei der Einbringung eines Betriebes als Sacheinlage in eine neu gegründete GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen die zwingenden Vorschriften über die Sachgründung (§ 6a GmbHG) einzuhalten. Eine Sacheinlage liegt aber nach der Definition des OGH dann nicht vor, wenn die Einbringung ohne Gegenleistung erfolgt.

5. Conclusio

Eine eindeutige Pflicht zur Durchführung einer (Gründungs-)Prüfung bei einer verdeckten Sacheinlage im Rahmen einer Abspaltung zur Aufnahme besteht nicht. Ebenso fehlt es an unmittelbarer Judikatur und selbst die analoge Anwendung der für die Einbringung aufgestellten Grundsätze des OGH führt nicht zu einer entsprechenden Prüfpflicht. Dennoch kann es uE Sachverhaltskonstellationen geben, welche für eine Prüfpflicht auch bei der Abspaltung zur Aufnahme sprechen. Beispielsweise dann, wenn ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Gründung der aufnehmenden Gesellschaft und der Abspaltung besteht und/oder die aufnehmende Gesellschaft vor der Aufnahme keine operative Tätigkeit durchgeführt hat und im Zug der Abspaltung zur Aufnahme eine Gegenleistung an die übertragende Gesellschaft erbracht wird. Die Klärung dieser Frage bleibt – entsprechender Anlassfall vorausgesetzt – jedenfalls den Gerichten vorbehalten.

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Florian Schönberg Rechtsanwalt bei TONNINGER | SCHERMAIER & Partner Rechtsanwälte (http://www.ts.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vertragsrecht.

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