Verweigerte Besuchskontakte mit dem Vater
OGH: Im vorliegenden Fall weigerte sich der Minderjährige wiederholt die Besuchskontakte zum Vater wahrzunehmen. Es bestand der Verdacht der negativen Beeinflussung des Kindes durch die Mutter. Wie hat der OGH entschieden?
Geschäftszahl
OGH 02.01.2021, 3 Ob 206/20w
Norm
§ 110 AußStrG, § 79 AußStrG, § 186 ABGB, § 187 ABGB
Leitsatz
Quintessenz:
Der erziehungsberechtigte Elternteil ist verpflichtet, einer unberechtigten Ablehnung des persönlichen Kontakts zum anderen Elternteil durch das Kind entgegenzuwirken. Daraus folgt die Verpflichtung des obsorgeberechtigten Elternteils dem Kind gegenüber, es unter Vermeidung jeglicher negativen Beeinflussung bestmöglich auf die Besuche beim nicht obsorgenberechtigten Elternteil vorzubereiten und die Kontakte mit diesem sodann unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl zu verarbeiten.
OGH: Im gegenständlichen Fall wurde der beim Minderjährigen bestehende Loyalitätskonflikt, aufgrund dessen sich dieser wiederholt geweigert hat, die festgelegten Besuchskontakte zum Vater wahrzunehmen, überwiegend durch die negative Haltung der Mutter gegenüber dem Vater und durch entsprechende Beeinflussung des Kindes herbeigeführt. Die Mutter hat das Kind entweder negativ in diesem Loyalitätskonflikt bestätigt oder zu wenig getan, um diesen aufzuweichen.
Der erziehungsberechtigte Elternteil ist verpflichtet, einer unberechtigten Ablehnung des persönlichen Kontakts zum anderen Elternteil durch das Kind entgegenzuwirken (RIS-Justiz RS0047942). Daraus folgt die Verpflichtung des obsorgeberechtigten Elternteils dem Kind gegenüber, es unter Vermeidung jeglicher negativen Beeinflussung bestmöglich auf die Besuche beim nicht obsorgeberechtigten Elternteil vorzubereiten und die Kontakte mit diesem sodann unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl zu verarbeiten (RS0047942 [T7]). Anderes gilt nur, wenn dies dem obsorgeberechtigten Elternteil aus nachvollziehbaren, vom anderen Elternteil zu verantwortenden Gründen nicht möglich ist (RS0047942 [T8]).
Gemäß § 110 Abs 2 AußStrG hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen auch im Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung des Rechts auf persönlichen Kontakt angemessene Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG anzuordnen. Der mit einem Kontaktrechtstitel Belastete muss über die Abstandnahme von einer negativen Beeinflussung des Kindes hinaus alles ihm Zumutbare unternehmen, um in aktiver Weise dem daraus Berechtigten den persönlichen Verkehr mit dem Kind selbst gegen dessen Willen zu ermöglichen (RS0007336).